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Die lautlose Gender-Revolution


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3 Antworten in diesem Thema

#1
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Die lautlose Gender-Revolution



- zu einem neuen Buch von Gabriele Kuby –

von Inge M. Thürkauf
Januar 2007


Seit einigen Jahren tauchen in den Medien immer öfter die Wörter "Gender" oder "Gender Mainstreaming" auf, doch nur wenige wissen damit etwas anzufangen. Eingehende Untersuchungen ergeben jedoch, dass sich diese Begriffe schon weitgehend etabliert und ihren Weg in den öffentlichen Dienst, die Universitäten und Ausbildungseinrichtungen bis hinein in die Schulen und Kindergärten gebahnt haben.

Die Soziologin und Schriftstellerin Gabriele Kuby geht in ihrem neuen Buch "Die Gender-Revolution - Relativismus in Aktion" der Entwicklung und vor allem den Auswirkungen dieser von der Öffentlichkeit noch kaum wahrgenommenen lautlosen Umwälzung der Gesellschaft nach. In drei Aufsätzen entwirft die Autorin das Szenarium einer neuen Ideologie, die nach dem Nationalsozialismus, dem Kommunismus und der sich weltweit in alle Lebensbereiche eingenisteten New-Age-Bewegung dem Christentum nun - menschlich gesehen - den Todesstoß versetzen will.

Als erstes weist Frau Kuby in "Die Diktatur des Relativismus" auf die philosophischen Hintergründe des Zerfalls unserer christlichen Kultur hin, die letztlich in der Leugnung der Existenz einer objektiven Wahrheit liegen. Nach Überzeugung der Gender-Ideologen gibt es keine allgemeingültigen Werte und Maßstäbe. Gott, falls er überhaupt existiert, ist lediglich ein Gedanke des rein subjektiven Empfindens.
Der zweite Aufsatz behandelt die Ursache der Zerstörung der Familie durch die sexuelle Revolution, und der dritte "Ausbruch zur Liebe - Wir brauchen eine sexuelle Gegenrevolution" ist ein Aufruf zur Umkehr durch "Sexuelle Reinheit und Evangelisation" (S. 133).

Der Begriff Gender beinhaltet ein neues Menschenbild, d.h. ein gewandeltes Verständnis von "Geschlecht", wie die deutsche Übersetzung aus dem Englischen heißt. Und dieses Phänomen "Geschlecht" unterstellt, "dass jede sexuelle Orientierung - heterosexuell, schwul, lesbisch, bisexuell und transsexuell - gleichwertig ist und von der Gesellschaft akzeptiert werden muss" (9). Nicht mehr das biologische Geschlecht (engl. sex), also die Tatsache, dass der Mensch von Gott als Mann oder als Frau geschaffen wurde, ist von Belang. Die Gender-Ideologen reißen jegliche bisher geltende Normen ein und verwerfen die Differenzierung in Mann und Frau als eine Erfindung des "hetero-sexuellen Patriarchats", als ein soziales Konstrukt, da jedes Geschlechterverhalten nicht angeboren, sondern erlernt sei. Genitale Unterschiede zwischen Mann und Frau seien kulturell nicht mehr von Bedeutung. Deshalb muß dort, wo die Natur der Revolution im Wege steht, die Natur weichen. Aus diesem Grund haben die Geschlechter das Recht auf freien Lebensstil, sexuelle Freizügigkeit und im Gefolge das Recht, statt der natürlichen Kinderzeugung, die medizinische und technische Entwicklung der künstlichen Fortpflanzung in Anspruch zu nehmen.

Was seit Anbeginn der Menschheit als "natürlich" und "normal" gegolten hat, die Einordnung als Mann und Frau, soll nun von gesellschaftlichen Vorstellungen und Zuordnungen abhängen und durch Umerziehung geändert werden können.
Zwangsläufig taucht die Erinnerung an den oft zitierten Ausspruch von Simone de Beauvoir auf: "Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es." An anderer Stelle empfiehlt sie, dass jeder Mensch seinen Stolz jenseits der geschlechtlichen Differenzierung in die schwierige Glorie seiner freien Existenz zu setzen habe. Das war der Beginn von "alles ist gender".
Der "Internationalen Charta der Gender-Rechte" liegt der Gedanke zugrunde, dass "alle menschlichen Wesen das Recht haben, ihre geschlechtliche Identität selbst zu bestimmen, unabhängig von dem durch die Chromosomen vorgegebenen Geschlecht bei der Geburt, den geschlechtlichen Merkmalen oder dem angeborenen Geschlechtsverhalten. Alles komme nur auf "gender" an, d.h., dass jeder Mensch sein Geschlecht - schwul, lesbisch bi- oder transsexuell - nach seinem eigenen Empfinden frei wählen kann, und dass die Wahl durch ein Gesetz geschützt werden müsse. Wer hier an den gesunden Menschenverstand appelliert und diesem Ansinnen das Prädikat "ver-rückt" verpasst, verletzt die political correctness und hat mit ernsthaften Sanktionen zu rechnen. Zielgruppen sind dabei jene, die an der geschlechtlichen Polarität von Mann und Frau festhalten, z.B. christliche Eltern, die ihre Kinder von den Auswüchsen des Sexual- oder Ethikunterrichts befreien und diese Rechte als Eltern vor Gericht einklagen wollen. Sie werden mit der Begründung abgewiesen, man wolle keine "Parallelgesellschaften" begünstigen, m. a. W., Christen dürfen ihre Kinder nicht nach christlichen Grundsätzen erziehen. Mit Recht fragt Frau Kuby: "Wem schaden Christen, wenn sie ihre Kinder gar lehren würden, jungfräulich in die Ehe zu gehen?"

Wie weit die Diktatur des Genderismus schon gediehen ist, zeigt ein Blick auf den "Entschließungsantrag" des Europäischen Parlaments vom 11. Januar 2006. Dort wird Homophobie, "die irrationale Furcht vor und Aversion gegen Homosexualität und schwule, lesbische, bisexuelle und transsexuelle Menschen", gleichgestellt mit Rassismus, Xenophobie und Antisemitismus ... (155).

Der Begriff Gender Mainstreaming tauchte zuerst bei der 4. UN-Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking auf und wurde von den dort agierenden Frauen in die politische Diskussion getragen. In Europa ist er im Rahmen der EU aufgegriffen und in verschiedenen Empfehlungen umgesetzt worden. Mit den am 1.5.1999 in Kraft getretenen Amsterdamer Verträgen wurde er - ohne dass sich wirksam Widerstand gezeigt hätte - als neue politische Strategie verbindlich für alle europäischen Mitgliedsländer festgelegt.

Jede Ideologie will sich mit dem Mantel der Wissenschaftlichkeit schmücken, so auch der Genderismus. Die meisten Universitäten weltweit unterhalten Institute für Gender-studies, wo Modelle entwickelt und gelehrt werden, bei denen zwischen fünf verschiedenen Geschlechtern, statt biologisch zwei, unterschieden wird. An einigen Universitäten ist es sogar möglich geworden, einen Abschluss in Gender als Hauptfach zu erlangen.

Die Tatsache, dass das Gender-Prinzip vor allem auf der intellektuellen Ebene abgehandelt wird, macht es für "Mann/Frau auf der Straße" so schwer zu erkennen, wo die Gefahr liegt. Doch die unmittelbaren Folgen einer universitären Ausbildung, die die Zerstörung moralisch-ethischer Werte zum Inhalt hat, bekommen wir alle zu spüren. "Von dem, was man heute an den Universitäten denkt, hängt ab, was morgen auf den Plätzen und Straßen gelebt wird!", schreibt der Philosoph José Ortega y Gasset (63), oder - so kann man hinzufügen - von dem, was in die politischen Programme aufgenommen wird. Und dies ist nicht wenig!

Während der Regierungszeit von Bundeskanzler Schröder hat die Bundesregierung das Konzept von Gender Mainstreaming (die Gleichstellung von Frauen und Männern) ihrer Geschäftsordnung eingegliedert und zum Hauptprinzip für alle Bundesbehörden erklärt. Die CDU-Familienministerin von der Leyen übernahm diese in der Tendenz totalitäre Ideologie einer sowohl geistigen als auch "politischen Geschlechtsumwandlung" (Volker Zastrow). Auf ihrer Website kann man lesen, dass Geschlechtsrollen im Gegensatz zum biologischen Geschlecht nur erlernt seien. Und Alice Schwarzer? Sie freut sich, dass "die konservative Familienministerin die rot-grüne Familienpolitik nicht nur fortsetzt, sondern weitertreibt" (60).
Wundern wir uns infolgedessen nicht, wenn die Homolobby auf Adoption von Kindern, künstliche Insemination und Leihmutterschaft drängt. Obwohl nur eine Minderheit in der Gesellschaft, gelang ihr eine ideologische Umerziehung von bisher noch unabsehbarem Ausmaß.

Das Menschenbild der freien Geschlechtswahl kann nur familienfeindlich sein. Es ist eine substantielle Entwürdigung des Geschöpfs und des Schöpfers, eine folgenschwere Missachtung der gottgegebenen Ordnung. Daher brauchen wir eine "Reinheitsbewegung, eine sexuelle Gegenrevolution", schreibt die Autorin, "eine Befreiung unserer Gesellschaft aus dem Sumpf der Sexualität" (95). Richtschnur ist ihr dabei die katholische Morallehre als Wegweisung zur Evangelisation, die zu verkünden - opportune importune - die Maxime eines jeden Christen sein soll. Eine dringende Bitte richtet sie an die Bischöfe, die "Königsteiner Erklärung" zu revidieren, in der die Frage der Empfängisverhütung in die Gewissensentscheidung des Einzelnen gestellt wurde. Der Ungehorsam der Hirten gegenüber der prophetischen Enzyklika "Humanae vitae" von Papst Paul VI. lastet heute noch auf der Herde.

Gabriele Kuby hat das (Un)wesen dieser schleichenden Revolution in beklemmender Deutlichkeit herausgearbeitet. Ihr Buch gehört in die Hände aller, denen die christlich-abendländische Kultur noch ein Anliegen ist. Nach der Lektüre wird niemand mehr behaupten können: das habe ich nicht gewusst!

Inge M. Thürkauf
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#2
Rolf

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Rezension in Junge Freiheit vom 02.02.2007



Eine faule Frucht des Relativismus



Die christliche Publizistin Gabriele Kuby rechnet mit der Ideologie des Gender Mainstreaming ab

Aufmerksamen Zeitungslesern wird nicht entgangen sein, wie in den vergangenen Monaten die Leitmedien FAZ und Spiegel kritische Beiträge zum „Gender Mainstreaming“ veröffentlicht haben. Von der „Dekonstruktion von Identitäten“ und „politischer Geschlechtsumwandlung“ war da die Rede. Wer hellhörig geworden ist und nach intensiver Aufklärung über die Inhalte des sperrigen Modewortes verlangt, dem sei das neue Buch von Gabriele Kuby „Die Gender-Revolution – Relativismus in Aktion“ empfohlen.

In drei leicht lesbaren Aufsätzen arbeitet die Soziologin und christliche Vortragsrednerin die weltanschaulichen Grundlagen der „Gender“-Theorie heraus und zeigt deren Früchte auf. Die Ursache, so wird unzweifelhaft deutlich, ist das relativistische Denken der Zeit. Kein moderner Denker hat es so treffend gekennzeichnet wie Joseph Ratzinger, als er von der „Diktatur des Relativismus“ sprach, die „als letzten Maßstab nur das eigene Ich und dessen Wünsche“ gelten läßt. Relativismus bedeutet: „Wir können das Gute und das Wahre nicht erkennen“, weswegen es keine verbindliche Basis unseres Zusammenlebens in Freiheit sein könne. „Wer den Anspruch erhebt, zu wissen, was gut und wahr ist, gilt als intolerant und muß deswegen bekämpft werden.“ Gibt es keine Erkenntnis des Wahren und Guten, so auch kein verbindliches Urteil über Gut und Böse.

Die Krise unserer Kultur, argumentiert Kuby so stringent wie engagiert, wurzelt in der Zerstörung ihres christlichen Wertefundaments, allen voran der Normen zum Umgang mit der Sexualität. Diese hegten die Sexualität auf die Ehe zwischen Mann und Frau, auf Erwachsene, auf Nicht-Verwandte, auf einen intimen Raum ein. Die „sexuelle Revolution“ hat alles das hinweggespült, was bis vor zwei Generationen eine Selbstverständlichkeit war und dieser Kultur ihre weltgestaltende Kraft gab. Sie zitiert das große Werk des britischen Anthropologen James Dobson Unwin (Sex and Culture, 1934), der die ausnahmelose Regel nachwies, daß das kulturelle Niveau einer jeweiligen Gesellschaft desto höher reiche und überhaupt Gottesverehrung praktiziert werde, je größer die sexuelle Beschränkung sei. Kuby zeigt, daß die „Gender“-Ideologie, seit 1999 „durchgängiges Leitprinzip und Querschnittsaufgabe“ der Bundesregierung, die konsequente Fortsetzung jener sexuellen Umwälzung und der „extremste Auswuchs des Relativismus, der denkbar ist“:

Die Geschlechtsdifferenzierung in Mann und Frau wird von den Gender-Aktivisten als bloßes soziales Konstrukt angesehen, das vom „heterosexuellen Patriarchat“ erfunden wurde, um „Zwangsheterosexualität“ durchzudrücken. Der Mensch solle sein soziales Geschlecht (gender) unabhängig von seinem biologischen Geschlecht (sex) bestimmen, das heißt sich aussuchen können, ob er Mann oder Frau sei, sich homo-, bi- oder transsexuell verhalte. Die „rigide Norm“ der Zweigeschlechtlichkeit gelte es durch „Transgenders“ und „fließende Identität“ zu beseitigen: „Die Gender-Perspektive erkennt keinerlei wesenhafte oder angeborene Unterschiede zwischen Mann und Frau an.“ Warum gerade Homosexuelle sich diese Sicht zu eigen machen, erklärt Kuby psychologisch einleuchtend: „Wenn die Zweigeschlechtlichkeit als ontologische Vorgabe der menschlichen Existenz aufgegeben wird, dann kann jede sexuelle Abweichung von der Heterosexualität als normal und erlaubt erklärt werden.“

Das sei, so Kuby, die eigentliche Zielstellung der Genderisten und faule Frucht des Relativismus. Die Werte und Lebensweisen einer abnormen Minderheit richten sich gegen fundamentale christliche Werte, sollen jedoch via staatliche Anerkennung, Gleichstellung, Propagierung im Sexualkundeunterricht für das ganze Volk verbindlich gemacht werden. Ob Kindergarten, Schule, Universität, Parlament: kein Ort, in den die neue Ideologie nicht hineingetragen würde. Wer dagegen angeht, wird selber als „homophob“, „frauenfeindlich“ etc. diskriminiert. Eindringlich warnt die Autorin, Tochter des linken Publizisten Erich Kuby, die vor zehn Jahren zum Katholizismus konvertierte: „Die Gender-Revolution spaltet und schwächt die westliche Zivilisation. Können wir uns das leisten?“

Eine der Stärken ihres Buches sind die Arbeiten anderer Autoren, die Kuby ergänzend und untermauernd herangezogen hat, darunter die Studie J. D. Unwins sowie weitere wissenschaftliche Untersuchungen, zwei grundlegende Aufsätze Volker Zastrows aus der FAZ (Gender. Politische Geschlechtsumwandlung. Manuscriptum Verlagsbuchhandlung, Waltrop 2006, siehe JF 2/07) sowie verschiedene Enzykliken der Päpste.

Angelehnt an Johannes Pauls II. „Theologie des Leibes“ ruft sie die Christen auf, der Kultur des Todes mit Millionen von abgetriebenen Kindern zu widerstehen und um Tugend und Reinheit zu ringen: „Die Einführung von Enthaltsamkeit in eine Gesellschaft, die an sexuelle Freiheit gewöhnt ist, ist die wichtigste und schmerzhafteste aller sozialen Revolutionen“, zitiert sie Unwin. Die Christen müßten heraus aus ihren „Mauselöchern“ und den Kampf für das Leben auf die Straße tragen.
Ein sorgfältigeres Lektorat hätte noch manche Flüchtigkeitsfehler und unklare Verweise durch Fußnoten aufgespürt, und ein Verzeichnis der benutzten Literatur würde den Gebrauchswert erhöhen. Dessenungeachtet hat Kuby ein Buch vorgelegt, das wohl keinen Leser unverändert läßt und einem die Augen öffnet über die wahren Triebkräfte aktueller gesellschaftlicher Erscheinungen. Die Mahnung Romano Guardinis steigt einem ins Gedächtnis: „Europa wird christlich sein, oder es wird gar nicht sein.“

Christian Rudolf
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#3
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Vorbemerkung

Sie lesen hier einen Verriss meines Gender-Buches in der FAZ. Ziehen Sie Ihre eigenen Schlüsse aus der schrillen Aufgeregtheit der Gender-Philosophin Petra Gehring. Nach der Besprechung folgt meine Erwiderung, die mit einigen Kürzungen (schattiert) in der FAZ veröffentlicht wurde.


Rezension in der FAZ vom 22.02.2007

Glaubt man dem düsteren Büchlein mit dem in manichäischer Manier diagonal zweigeteilten Umschlag, so steht der Zerfall unserer Kultur unmittelbar bevor. Man weiß nicht genau, warum, denn zu viele Ursachen auf einmal werden genannt: der Verlust der Wahrheit, der "relativistische Kern" moderner Demokratien, eine "Diskriminierung von Christen weltweit", außerdem neue harte Zeiten, denn der Spaßgesellschaft geht das Geld aus, vor allem aber eines: die Krise der Moral.


Gabriele Kubys Buch kennt die Schuldigen: Es sind die "Gender-Aktivisten" (Gabriele Kuby: "Die Gender Revolution". Relativismus in Aktion. fe-medienverlag, Kisslegg 2006, 157 S., br., 9,95 [Euro]). Langsam, aber unaufhörlich haben sie seit '68 strategisch geplant das öffentliche Sprechen und die Gesetzgebung verändert. Haben falsche Toleranz erzwungen. Nein, schlimmer: eine regelrechte "Gender-Revolution". Deren Folgen? Aufklärungsunterricht in den Schulen, zerrüttete Ehen, Abtreibung, Homosexualität, Klonierung, Geschlechtsumwandlung. Der Kampf um Pädophilie und Polygamie sei voll im Gang. Die Hoffnung und Absicht der Gender-Aktivisten sei es, in allen diesen Hinsichten "das Empfinden der Kinder umzuprogrammieren, wenn man sie nur vom Kindergarten an entsprechend indoktriniert". Kurzum: Wir stehen vor dem Abgrund, wie dies unnachahmlich in der Aneinanderreihung von Klischees bislang nur Peter Hahne in seiner Schrift "Schluss mit lustig" vorzuführen verstand. Nun wird das Untergangspanorama mit anderen Akzenten auch von Gabriele Kuby gezeichnet. Die Gender-Revolution, so erklärt Kuby, "spaltet und schwächt die westliche Zivilisation".

Nichts im Text ist originell. Das bräuchte es auch nicht unbedingt zu sein, wäre es wenigstens durchdacht. Stattdessen stößt man auf ein Konglomerat von falschen Voraussetzungen, Fehlschlüssen und Ressentiments. Vor der homophoben Polemik prallt man zurück. Die von Zitaten durchsetzte Sprache wirkt angestrengt, die politisch aggressiven Umkehrfiguren lassen schaudern: Wer anders liebt, macht angeblich die Mehrheit zum Opfer, Antidiskriminierung verbiete die "Identifikation mit dem eigenen Standpunkt", und: warne man die Betroffenen nicht vor den Folgen ihrer Homosexualität, dann seien deren Freiheitsrechte "verletzt".

Ein argumentatives Detail fällt freilich auf, welches - sagen wir es vorsichtig - die Bedeutung der Biologie betrifft. In Anlehnung an die päpstliche Enzyklika "Humanae Vitae" von 1968 beschwört Kubys Büchlein die normative Kraft des Biologischen und die Aufgabe von Eheleuten, "das Leben weiterzugeben". Ist Leben hier aber ein schöpfungstheologischer Begriff? Augenscheinlich nicht. Im Gegenteil: Die abendländische Bedrohungslage wird im Text unter Berufung auf die modernen Lebenswissenschaften modelliert. Die "Gender-Ideologen", so Kuby, "ignorieren und unterdrücken die Forschungsergebnisse der Hirnforschung, Medizin und Psychologie, welche die unterschiedliche Identität von Mann und Frau in der Gehirnstruktur, im Hormonhaushalt und in der psychischen Struktur nachweisen". Mit verblüffender, an dieser Stelle gar nicht erwarteten Wissenschaftsgläubigkeit heißt es über die Ideen der "Gender-Ideologen", sie seien "eine zynische Verleugnung aller Erkenntnisse der Psychologie". Gehört der Mythos vom weiblichen Gehirn etwa auch zu den angeblich unbezweifelbaren Forschungsergebnissen?
Das Sexuelle erscheint bei Kuby als die Bedrohung schlechthin, zugleich aber wird die Sexualität selbst naturalistisch fixiert. Tue unsere Gesellschaft alles, um "den Menschen in die unmittelbare Bedürfnisbefriedigung zu treiben", so treffe dies den Menschen "am innersten Kern seiner Existenz, nämlich der Sexualität". Und: Wie sei es möglich, dass in unserer Zivilisation "der Fortpflanzungsmechanismus der Spezies Mensch" beschädigt worden sei?

Werfen wir einen Blick in die einschlägige Enzyklika, so lag der Biologismus allerdings schon damals in der Luft. Der päpstliche Text ist hier zumindest missverständlich. Was er objektivistisch als Naturrecht ausgibt, ließe sich auch als naturalistischer Fehlschluß kritisieren. Ausdrücklich ist dort im Abschnitt über die verantwortliche Elternschaft - mit der erklärten Absicht, die "leges naturales" des Thomas von Aquin zu aktualisieren - in einem normativen Sinne von "biologischen" Prozessen ("biologici processus") die Rede sowie von den "biologischen" Gesetzen ("biologicae leges") in den "Fortpflanzungskräften" ("facultas vitae procreandae"), die zur menschlichen Person gehören. Die Tendenz, das Sexuelle "naturgemäß" normieren zu wollen und die empirischen Abweichungen als "widernatürlich" hinzustellen, amalgamiert sich mit dessen Biologisierung offenbar recht gut. Kuby gibt noch eine Prise Kulturverfallstheorie hinzu: "Wenn eine Gesellschaft drei Generationen lang völlige sexuelle Freiheit vor der Ehe gewährt, dann sinkt sie auf das unterste Niveau."

Sollten Moral und Biologie tatsächlich derart kurzzuschließen sein, wie Kuby das behauptet? Aus ihrem Buch spricht nicht nur Panik, sondern auch eine befremdliche Mischung aus Schöpfungstheologie und dem szientifischen Naturalismus der Lebenswissenschaft.

Petra Gehring

Text: F.A.Z., 12.02.2007, Nr. 36 / Seite 37
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Rolf

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Brief von Gabriele Kuby, veröffentlicht in der FAZ am 22. 02. 2007




Betrifft: Buchbesprechung, Körperliches, kurzgeschlossen


von Petra Gehring, 12. 02. 2007




Mit Buchveröffentlichungen, Vorträgen und Seminaren engagiere ich mich dafür, jungen Menschen die Option der sexuellen Reinheit zu eröffnen, die für sie in dieser Gesellschaft kaum mehr sichtbar ist. Ich tue das, weil ich die sexuelle Verwahrlosung (s. dazu den Bericht im Stern vom 1. 2. 2007: „Voll Porno. Die sexuelle Verwahrlosung vieler Jugendlicher) nicht nur für ein Indiz, sondern für eine wesentliche Ursache des gesellschaftlichen Verfalls halte, der sich in Familienzusammenbruch, Bildungsverfall, Abtreibung und demographischer Krise äußert.

Dass ich für dieses Projekt keinen Raum in den großen Medien bekomme, ist nicht überraschend. Dass aber die kleinsten Ansätze sofort eine wütende Reaktion der großen Meinungsmacher auf den Plan rufen, das erstaunt mich doch.
Im November letzten Jahres war es der Süddeutsche Zeitung eine dreiviertel Seite wert auf mein Seminar „Sexualität und Lebensglück“, an dem elf junge Leute teilgenommen hatten – einzuschlagen. Nun veröffentlicht die FAZ eine vernichtende Rezension über mein Buch Die Gender Revolution – Relativismus in Aktion. Warum die Ehre? Warum widmet die FAZ einem abgründig schlechten Buch, geschrieben von einer Autorin, die jenseits der katholischen Parallelgesellschaft kaum bekannt ist, veröffentlicht in einem Verlag, der ebenfalls noch nie das Interesse der FAZ gestreift hat, eine ganze Spalte?

Die Verfasserin, Petra Gehring, Professorin für Philosophie, gibt sich keine Mühe, zu argumentieren oder auch nur korrekt zu zitieren, sie diffamiert. Der Umschlaggestaltung, der einen Riss zwischen den Geschlechtern zeigt, wirft sie „manichäische Manier“ vor. Nichts liegt mir als Katholikin ferner, als die Spaltung zwischen Geist und Leib – das Buch ist ein Plädoyer für deren Einheit. Sie spricht von einem „Konglomerat von falschen Voraussetzungen, Fehlschlüssen und Ressentiments“, ohne diese Verdammung auch nur an einer Stelle dingfest zu machen. Sie stigmatisiert mich als „homophob“ und macht sich damit zum Vollzugsorgan des Europäischen Parlaments, das mit seiner Entschließung zur Homophobie vom 11. Januar 2006 (B6-0025/2006) selbige „ausmerzen“ will. Das Schimpfwort „Homophobie“ besagt, das alle jene von krankhafter Angst vor Homosexualität besessen sind, welche die verbindliche Beziehung zwischen Mann und Frau als den einzig gedeihlichen Ort der Sexualität ansehen. Das Europäische Parlament stellt Menschen mit dieser Ansicht auf eine Stufe mit Rassisten, Antisemiten und Fremdenhassern. Damit werden die Religionsfreiheit und die Meinungsfreiheit eingeschränkt. Kann man den Hinweis auf die Ergebnisse der Neurobiologie über die unterschiedliche Gehirnstruktur von Mann und Frau einfach als Mythos abtun? Ist das Festhalten an der Tatsache, dass der Mensch als Mann und Frau geschaffen ist, berufen „ein Fleisch“ zu werden, eine verwerfliche „naturalistische Fixierung der Sexualität“?

Warum legt mir die Verfasserin einen Satz in den Mund, der eindeutig als Ergebnis einer anthropologischen Werkes zitiert wird, nämlich jener großen Untersuchung von J. D. Unwin mit dem Titel Sex and Culture, in der er zu dem Schluss kommt: „Wenn eine Gesellschaft drei Generationen lang völlige sexuelle Freiheit vor der Ehe gewährt, dann sinkt sie auf das unterste Niveau.“

Es ist der FAZ zu danken, dass sie 2006 zwei Artikel von Volker Zastrow veröffentlicht hat, in der die Gender-Ideologie und deren Durchsetzung entlarvt wurde. Umso mehr erstaunt mich, dass die FAZ ihre Meinungsmacht benutzt, um eine Sicht im Keim zu ersticken, die versucht den totalitären Tendenzen dieser Ideologie entgegenzutreten.

Gabriele Kuby, Rimsting
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