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Vatikan: Glaubenskongregation gibt Antworten


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Vatikan: Glaubenskongregation gibt Antworten



Hier der Wortlaut (ohne Fußnoten):


KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE

Antworten auf Fragen zu einigen Aspekten
bezüglich der Lehre über die Kirche




Einleitung


Das Zweite Vatikanische Konzil hat mit der dogmatischen Konstitution Lumen gentium und mit den Dekreten über den Ökumenismus (Unitatis redintegratio) und über die Ostkirchen (Orientalium Ecclesiarum) maßgeblich zur Erneuerung der katholischen Ekklesiologie beigetragen. Auch die Päpste wollten diese Lehre vertiefen und Orientierungen für die Praxis geben: Paul VI. in der Enzyklika Ecclesiam suam (1964) und Johannes Paul II. in der Enzyklika Ut unum sint (1995).

Das Mühen der Theologen, das sich daraus ergibt und darauf abzielt, die verschiedenen Aspekte der Ekklesiologie immer besser zu erklären, hat sich in einer reichhaltigen Literatur niedergeschlagen. Die Thematik erwies sich nämlich als sehr fruchtbar. Manchmal war es aber auch notwendig, einzelne Punkte genauer zu umreißen und in Erinnerung zu rufen, wie es in der Erklärung Mysterium Ecclesiae (1973), im Schreiben an die Bischöfe der katholischen Kirche Communionis notio (1992) und in der Erklärung Dominus Iesus (2000) – alle veröffentlicht durch die Kongregation für die Glaubenslehre – geschehen ist.

Der Umfang der Fragestellung und die Neuheit vieler Themen fordern das theologische Nachdenken beständig heraus und führen fortwährend zu neuen Beiträgen, die nicht immer frei sind von irrigen Interpretationen. Diese erwecken Verwirrung und Zweifel, von denen einige der Kongregation für die Glaubenslehre unterbreitet worden sind. Unter Voraussetzung der gesamten katholischen Lehre über die Kirche möchte die Kongregation darauf antworten, indem sie die authentische Bedeutung einiger ekklesiologischer Ausdrücke des Lehramts klärt, die in der theologischen Diskussion in Gefahr sind, missverstanden zu werden.


ANTWORTEN AUF DIE FRAGEN

1. Frage: Hat das Zweite Vatikanische Konzil die vorhergehende Lehre über die Kirche verändert?

Antwort: Das Zweite Vatikanische Konzil wollte diese Lehre nicht verändern und hat sie auch nicht verändert, es wollte sie vielmehr entfalten, vertiefen und ausführlicher darlegen.

Genau das sagte Johannes XXIII. am Beginn des Konzils mit großer Klarheit. Paul VI. bekräftigte es und äußerte sich bei der Promulgation der Konstitution Lumen gentium folgendermaßen: „Der beste Kommentar zu dieser Promulgation ist wohl der folgende: Nichts hat sich an der überlieferten Lehre verändert. Was Christus gewollt hat, das wollen auch wir. Was war, das ist geblieben. Was die Kirche durch die Jahrhunderte gelehrt hat, das lehren auch wir. Nur ist nun das, was früher bloß in der Praxis des Lebens enthalten war, auch offen als Lehre zum Ausdruck gebracht. Nun ist das, was bis jetzt Gegenstand des Nachdenkens, der Diskussion und zum Teil auch der Auseinandersetzungen war, in einer sicher formulierten Lehre dargelegt“. Die Bischöfe haben wiederholt dieselbe Absicht bekundet und zur Ausführung gebracht.

2. Frage: Wie muss die Aussage verstanden werden, gemäß der die Kirche Christi in der katholischen Kirche subsistiert?

Antwort: Christus hat eine einzige Kirche „hier auf Erden... verfasst“ und sie als „sichtbare Versammlung und geistliche Gemeinschaft“ gestiftet, die seit ihrem Anfang und durch die Geschichte immer da ist und immer da sein wird und in der allein alle von Christus eingesetzten Elemente jetzt und in Zukunft erhalten bleiben. „Diese ist die einzige Kirche Christi, die wir im Glaubensbekenntnis als die eine, heilige, katholische und apostolische bekennen... Diese Kirche, in dieser Welt als Gesellschaft verfasst und geordnet, subsistiert in der katholischen Kirche, die vom Nachfolger des Petrus und von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird“.

In der Nummer 8 der dogmatischen Konstitution Lumen gentium meint Subsistenz jene immerwährende historische Kontinuität und Fortdauer aller von Christus in der katholischen Kirche eingesetzten Elemente, in der die Kirche Christi konkret in dieser Welt anzutreffen ist.

Nach katholischer Lehre kann man mit Recht sagen, dass in den Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften, die noch nicht in voller Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen, kraft der in ihnen vorhandenen Elemente der Heiligung und der Wahrheit die Kirche Christi gegenwärtig und wirksam ist. Das Wort „subsistiert“ wird hingegen nur der katholischen Kirche allein zugeschrieben, denn es bezieht sich auf das Merkmal der Einheit, das wir in den Glaubensbekenntnissen bekennen (Ich glaube ... die „eine“ Kirche); und diese „eine“ Kirche subsistiert in der katholischen Kirche.

3. Frage: Warum wird der Ausdruck „subsistiert in“ und nicht einfach das Wort „ist“ gebraucht?

Antwort: Die Verwendung dieses Ausdrucks, der die vollständige Identität der Kirche Christi mit der katholischen Kirche besagt, verändert nicht die Lehre über die Kirche. Er ist begründet in der Wahrheit und bringt klarer zum Ausdruck, dass außerhalb ihres Gefüges „vielfältige Elemente der Heiligung und der Wahrheit“ zu finden sind, „die als der Kirche Christi eigene Gaben auf die katholische Einheit hindrängen“.

„Daher sind diese getrennten Kirchen und Gemeinschaften, auch wenn sie, wie wir glauben, mit jenen Mängeln behaftet sind, keineswegs ohne Bedeutung und Gewicht im Geheimnis des Heils. Denn der Geist Christi weigert sich nicht, sie als Mittel des Heils zu gebrauchen, deren Kraft sich von der Fülle der Gnade und Wahrheit herleitet, die der katholischen Kirche anvertraut ist“.

4. Frage: Warum schreibt das Zweite Vatikanische Konzil den Ostkirchen, die von der voller Gemeinschaft mit der katholischen Kirche getrennt sind, die Bezeichnung „Kirchen“ zu?
Antwort: Das Konzil wollte den traditionellen Gebrauch dieser Bezeichnung übernehmen. „Da nun diese Kirchen trotz ihrer Trennung wahre Sakramente besitzen, und zwar vor allem kraft der apostolischen Sukzession das Priestertum und die Eucharistie, wodurch sie in ganz enger Gemeinschaft bis heute mit uns verbunden sind“, verdienen sie den Titel „Teil- oder Ortskirchen“ und werden Schwesterkirchen der katholischen Teilkirchen genannt.

„So baut die Kirche Gottes sich auf und wächst in diesen Einzelkirchen durch die Feier der Eucharistie des Herrn“. Weil aber die Gemeinschaft mit der katholischen Kirche, deren sichtbares Haupt der Bischof von Rom und Nachfolger des Petrus ist, nicht eine bloß äußere Zutat zur Teilkirche ist, sondern eines ihrer inneren Wesenselemente, leidet das Teilkirchesein jener ehrwürdigen christlichen Gemeinschaften unter einem Mangel.

Andererseits wird durch die Trennung der Christen die katholische Universalität – die der Kirche eigen ist, die vom Nachfolger des Petrus und von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird – in ihrer vollen Verwirklichung in der Geschichte gehindert.

5. Frage: Warum schreiben die Texte des Konzils und des nachfolgenden Lehramts den Gemeinschaften, die aus der Reformation des 16. Jahrhunderts hervorgegangen sind, den Titel „Kirche“ nicht zu?

Antwort: Weil diese Gemeinschaften nach katholischer Lehre die apostolische Sukzession im Weihesakrament nicht besitzen und ihnen deshalb ein wesentliches konstitutives Element des Kircheseins fehlt. Die genannten kirchlichen Gemeinschaften, die vor allem wegen des Fehlens des sakramentalen Priestertums die ursprüngliche und vollständige Wirklichkeit des eucharistischen Mysteriums nicht bewahrt haben, können nach katholischer Lehre nicht „Kirchen“ im eigentlichen Sinn genannt werden.

Papst Benedikt XVI. hat in der dem unterzeichneten Kardinalpräfekten der Kongregation für die Glaubenslehre gewährten Audienz diese Antworten, die in der Ordentlichen Versammlung dieser Kongregation beschlossen worden sind, gutgeheißen, bestätigt und deren Veröffentlichung angeordnet.

Rom, am Sitz der Kongregation für die Glaubenslehre, am 29. Juni 2007, dem Hochfest der heiligen Apostel Petrus und Paulus.
William Kardinal LevadaPräfekt

@ Angelo Amato, S.D.B.
Titularerzbischof von Sila
Sekretär




Kommentar zu den Antworten auf Fragen zu einigen Aspektenbezüglich der Lehre über die Kirche


Die verschiedenen Fragen, auf welche die Kongregation für die Glaubenslehre antworten möchte, betreffen das allgemeine Verständnis der Kirche, wie es sich aus den dogmatischen und ökumenischen Dokumenten des Zweiten Vatikanischen Konzils ergibt. Denn diesem „Konzil der Kirche über die Kirche“, das nach den Worten von Paul VI. eine „neue Epoche für die Kirche“ eingeleitet hat, kommt das Verdienst zu, „das wahre Antlitz der Braut Christi besser beschrieben und enthüllt“ zu haben. Darüber hinaus werden die wichtigsten Dokumente von Papst Paul VI. und Papst Johannes Paul II. sowie Äußerungen der Kongregation für die Glaubenslehre in Erinnerung gerufen. Alle diese Verlautbarungen wollen zu einem vertieften Verständnis der Kirche beitragen und bieten häufig Klärungen zur beachtlichen theologischen Produktion nach dem Konzil, die nicht immer frei war von Abweichungen und Ungenauigkeiten.

Dieselbe Zielsetzung findet sich im vorliegenden Dokument, mit dem die Kongregation die authentische Bedeutung einiger Äußerungen des Lehramts im Bereich der Ekklesiologie in Erinnerung rufen möchte, damit die gesunde theologische Forschung nicht beeinträchtigt werde durch Irrtümer, die Unklarheiten verursachen können. In diesem Zusammenhang ist die literarische Gattung der „Antworten auf Fragen“ (Responsa ad quaestiones) zu beachten, die ihrer Natur nach nicht Argumentationen für den Aufweis der dargelegten Lehre liefern, sondern sich darauf beschränken, Äußerungen des vorhergehenden Lehramts in Erinnerung zu rufen und somit ein sicheres und zuverlässiges Wort zum Thema zu sagen.


In der ersten Frage geht es darum, ob das Zweite Vatikanum die vorhergehende Lehre über die Kirche verändert habe.

Die Frage bezieht sich auf die Bedeutung jenes neuen Antlitzes der Kirche, welches das Zweite Vatikanum nach den zitierten Worten von Paul VI. geboten hat.

Die Antwort, die auf das Lehramt von Johannes XXIII. und Paul VI. gründet, ist sehr klar: Das Zweite Vatikanum wollte die vorhergehende Lehre über die Kirche nicht verändern und hat sie auch nicht verändert, sondern vielmehr vertieft und organischer dargelegt. In diesem Sinn werden die Worte von Paul VI. aus seiner Ansprache bei der Promulgation der dogmatischen Konzilskonstitution Lumen gentium angeführt, mit denen er bekräftigt, dass die überlieferte Lehre in keiner Weise verändert worden ist: „Nur ist nun das, was früher bloß in der Praxis des Lebens enthalten war, auch offen als Lehre zum Ausdruck gebracht. Nun ist das, was bis jetzt Gegenstand des Nachdenkens, der Diskussion und zum Teil auch der Auseinandersetzungen war, in einer sicher formulierten Lehre dargelegt“.

In gleicher Weise besteht Kontinuität zwischen der Lehre des Konzils und den nachfolgenden Verlautbarungen des Lehramts, die diese Lehre aufgegriffen und vertieft und zugleich zu ihrer Entfaltung beigetragen haben. In diesem Sinn hat etwa die von der Kongregation für die Glaubenslehre veröffentlichte Erklärung Dominus Iesus nur die Texte des Konzils und der Nachkonzilsdokumente aufgegriffen, ohne etwas hinzuzufügen oder wegzulassen.

Trotz dieser klaren Äußerungen war die Lehre des Zweiten Vatikanums in der Zeit nach dem Konzil – und sie ist es noch immer – Gegenstand von Interpretationen, die abwegig und in Diskontinuität zur überlieferten katholischen Lehre über das Wesen der Kirche sind. Auf der einen Seite sah man in der Lehre des Konzils eine „kopernikanische Wende“, auf der anderen Seite konzentrierte man sich auf einige Themen, die als gleichsam gegensätzlich zu anderen Themen betrachtet wurden. In Wirklichkeit lag die Grundabsicht des Zweiten Vatikanischen Konzils eindeutig darin, die Rede von der Kirche der Rede von Gott ein- und unterzuordnen und so eine im eigentlichen Sinn theo-logische Ekklesiologie vorzulegen. Die Rezeption des Konzils hat dieses bestimmende Vorzeichen aber häufig zugunsten einzelner ekklesiologischer Aussagen vernachlässigt, sich auf einzelne Stichworte konzentriert und einseitige, partielle Auslegungen der Konzilslehre begünstigt.
Was die Ekklesiologie von Lumen gentium angeht, sind im kirchlichen Bewusstsein einige Stichworte haften geblieben: der Begriff Volk Gottes, die Kollegialität der Bischöfe als Aufwertung des Bischofsamtes gegenüber dem Primat des Papstes, die Neubewertung der Teilkirchen innerhalb der Gesamtkirche, die ökumenische Öffnung des Kirchenbegriffs und die Öffnung zu den anderen Religionen, und schließlich die Frage nach dem spezifischen Status der katholischen Kirche, die sich in der Formel festmacht, dass die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche, von der das Glaubensbekenntnis spricht, „in der katholischen Kirche subsistiert“ (subsistit in Ecclesia catholica).

Einige dieser Begriffe, vor allem die Aussage über den spezifischen Status der katholischen Kirche mit seinen Auswirkungen auf dem Gebiet der Ökumene, bilden die Hauptthemen, die von dem Dokument in den nachfolgenden Fragen behandelt werden.


In der zweiten Frage geht es darum, wie man die Aussage verstehen müsse, gemäß der die Kirche Christi in der katholischen Kirche subsistiert.

Als G. Philips schrieb, der Ausdruck subsistit in werde Ströme von Tinte fließen lassen, hatte er wohl nicht vorhergesehen, dass die Debatte so lange und mit solcher Heftigkeit andauern und die Kongregation für die Glaubenslehre dazu drängen würde, das vorliegende Dokument zu veröffentlichen.

Eine solche Eindringlichkeit, die übrigens in den Texten des Konzils und des nachfolgenden Lehramts verankert ist, entspricht der Sorge um die Wahrung der Einheit und der Einzigkeit der Kirche, die verloren gingen, wenn man annehmen würde, dass es mehrere Subsistenzen der von Christus gegründeten Kirche gäbe. Wenn es so wäre, müsste man sich nämlich – wie in der Erklärung Mysterium Ecclesiae festgehalten wird – „die Kirche Christi als eine gewisse Summe von Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften“ vorstellen, „zwar getrennt, aber doch irgendwie eine“, oder man müsste annehmen, „die Kirche Christi bestehe heute in Wahrheit nirgendwo mehr, sondern sei nur als ein Ziel zu betrachten, das alle Kirchen und Gemeinschaften suchen müssen“. Die einzige Kirche Christi würde als eine Kirche in der Geschichte nicht mehr bestehen oder nur in ideeller Weise bestehen, also in fieri in einer zukünftigen durch den Dialog ersehnten und geförderten Konvergenz oder Wiedervereinigung der verschiedenen Schwesterkirchen.

Noch klarer ist die Notifikation der Kongregation für die Glaubenslehre zu einem Buch von Leonardo Boff, gemäß dem die einzige Kirche Christi „auch in anderen christlichen Kirchen subsistieren kann“. Im Gegensatz dazu präzisiert die Notifikation: „Das Konzil hingegen hatte das Wort ‚subsistit’ gerade deshalb gewählt, um klarzustellen, dass nur eine einzige ‚Subsistenz’ der wahren Kirche besteht, während es außerhalb ihres sichtbaren Gefüges lediglich ‚Elemente des Kircheseins’ gibt, die – da sie Elemente derselben Kirche sind – zur katholischen Kirche tendieren und hinführen“.


In der dritten Frage geht es darum, weshalb der Ausdruck „subsistiert“ und nicht einfach das Wort „ist“ gebraucht wurde.

Genau diese terminologische Veränderung beschreibt die Beziehung zwischen der Kirche Christi und der katholischen Kirche, die – vor allem auf ökumenischem Gebiet – für die unterschiedlichsten Schlussfolgerungen Anlass gegeben hat. In Wirklichkeit wollten die Konzilsväter einfach anerkennen, dass es in den nicht katholischen christlichen Gemeinschaften selbst kirchliche Elemente gibt, die der Kirche Christi eigen sind. Daraus folgt, dass die Identifikation der Kirche Christi mit der katholischen Kirche nicht so zu verstehen ist, dass es außerhalb der katholischen Kirche ein „kirchliches Vakuum“ gäbe. Zugleich bedeutet dies, dass – unter Berücksichtigung des Kontextes, in den der Ausdruck subsistit in eingefügt ist, nämlich der Beziehung zur einzigen Kirche Christi, die „in dieser Welt als Gesellschaft verfasst und geordnet..., vom Nachfolger des Petrus und von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird“ – dem Übergang von „ist“ zu „subsistiert“ keine besondere theologische Bedeutung im Sinn einer Diskontinunität mit der vorausgehenden katholischen Lehre zukommt.

Weil nämlich die so von Christus gewollte Kirche tatsächlich in der katholischen Kirche weiter besteht (subsistit in), besagt die Fortdauer der Subsistenz eine substantielle Identität zwischen dem Wesen der Kirche Christi und der katholischen Kirche. Das Konzil wollte lehren, dass die Kirche Jesu Christi in der katholischen Kirche als konkretes Subjekt in dieser Welt anzutreffen ist. Dies geht nur einmal, und die Vorstellung, das subsistit sei zu multiplizieren, verfehlt genau das Gemeinte. Mit dem Wort subsistit wollte das Konzil das Besondere und nicht Multiplizierbare der katholischen Kirche ausdrücken: Es gibt die Kirche als Subjekt in der geschichtlichen Wirklichkeit.

Entgegen einer Vielzahl von unbegründeten Interpretationen bedeutet darum der Ersatz des est mit subsistit in nicht, dass die katholische Kirche von der Überzeugung ablasse, die einzige wahre Kirche Christi zu sein. Diese terminologische Veränderung bedeutet einfach, dass die Kirche offener ist für das besondere ökumenische Anliegen, den wirklich kirchlichen Charakter und die wirklich kirchliche Dimension der christlichen Gemeinschaften anzuerkennen, die nicht in voller Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen, und zwar aufgrund der in ihnen vorhandenen „vielfältigen Elemente der Heiligung und der Wahrheit“ (plura elementa sanctificationis et veritatis). Folglich gibt es, obwohl die Kirche nur eine ist und nur in einem geschichtlichen Subjekt „subsistiert“, auch außerhalb dieses sichtbaren Subjekts echte kirchliche Wirklichkeiten.


In der vierten Frage geht es darum, weshalb das Zweite Vatikanische Konzil den Ostkirchen, die nicht in voller Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen, die Bezeichnung „Kirchen“ zuschreibt.

Trotz der klaren Aussagen, dass die Kirche Christi in der katholischen Kirche „subsistiert“, beinhaltet die Tatsache, dass es auch außerhalb ihres sichtbaren Gefüges „vielfältige Elemente der Heiligung und der Wahrheit“ gibt, die Anerkennung des obgleich unterschiedlichen kirchlichen Charakters der nicht katholischen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften. Auch diese sind nämlich „keineswegs ohne Bedeutung und Gewicht“ in dem Sinn, dass der Geist Christi sich nicht weigert, „sie als Mittel des Heils zu gebrauchen“.

Der Text zieht zunächst die Wirklichkeit der Ostkirchen in Betracht, die nicht in der vollen Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen. Unter Verweis auf verschiedene Konzilstexte wird anerkannt, dass diese den Titel „Teil- oder Ortskirchen“ verdienen und Schwesterkirchen der katholischen Teilkirchen genannt werden, weil sie mit der katholischen Kirche verbunden bleiben aufgrund der apostolischen Sukzession und der gültigen Eucharistie, durch welche die Kirche Gottes aufgebaut wird und wächst. Die Erklärung Dominus Iesus nennt sie sogar ausdrücklich „echte Teilkirchen“.

Trotz der klaren Anerkennung ihres „Teilkircheseins“ und des damit verbundenen Heilswertes konnte das Dokument nicht unterlassen, den Mangel (defectus) zu erwähnen, unter dem sie gerade in ihrem Teilkirchesein leiden. Denn wegen ihrer eucharistischen Kirchenvorstellung, die den Akzent auf die Wirklichkeit der im Namen Christi in der Eucharistiefeier und unter der Leitung des Bischofs versammelten Teilkirche legt, betrachten sie die Teilkirchen als vollständig in ihrem Teilsein. Daraus folgt, dass in Anbetracht der grundlegenden Gleichheit zwischen allen Teilkirchen und allen Bischöfen, die sie leiten, jede von ihnen eine eigene innere Autonomie besitzt. Dies hat offenkundige Auswirkungen auf die Lehre vom Primat, der nach katholischem Glauben „ein inneres Wesenselement“ für das Bestehen einer Teilkirche ist. Natürlich muss immer unterstrichen werden, dass der Primat des Nachfolgers Petri, des Bischofs von Rom, nicht als äußere Zutat oder als Konkurrenz gegenüber den Bischöfen der Teilkirchen verstanden werden darf. Der Primat muss als Dienst an der Einheit des Glaubens und der Gemeinschaft ausgeübt werden, und zwar innerhalb der Grenzen, die sich aus dem Gesetz Gottes und der in der Offenbarung enthaltenen, unantastbaren göttlichen Verfassung der Kirche ergeben.


In der fünften Frage geht es darum, weshalb den kirchlichen Gemeinschaften, die aus der Reformation hervorgegangen sind, der Titel „Kirche“ nicht zugeschrieben wird.

Dazu muss man sagen: „Die Wunde ist allerdings noch viel tiefer bei den kirchlichen Gemeinschaften, die die apostolische Sukzession und die gültige Eucharistie nicht bewahrt haben“. Deshalb sind sie „nicht Kirchen im eigentlichen Sinn“, sondern „kirchliche Gemeinschaften“, wie die Konzils- und Nachkonzilslehre bezeugt.

Auch wenn diese klaren Aussagen bei den betroffenen Gemeinschaften und auch in katholischen Kreisen Unbehagen verursacht haben, ist nicht ersichtlich, wie man diesen Gemeinschaften den Titel „Kirche“ zuschreiben könnte. Denn sie nehmen den theologischen Begriff von Kirche im katholischen Sinn nicht an; ihnen fehlen Elemente, die von der katholischen Kirche als wesentlich betrachtet werden.

Man muss aber daran erinnern, dass diese Gemeinschaften selbst – wegen der verschiedenen Elemente der Heiligung und der Wahrheit, die in ihnen wirklich vorhanden sind – zweifellos einen kirchlichen Charakter und einen daraus folgenden Heilswert haben.


Das neue Dokument der Kongregation für die Glaubenslehre, das im Wesentlichen die Konzilslehre und das Nachkonzilslehramt aufgreift, ruft mit Klarheit die katholische Lehre über die Kirche in Erinnerung. Es weist unannehmbare Auffassungen zurück, die immer noch verbreitet sind, selbst in katholischen Kreisen, und es bietet wertvolle Hinweise für die Fortführung des ökumenischen Dialogs, der immer eine der Prioritäten der katholischen Kirche bleibt, wie Benedikt XVI. schon in seiner ersten Botschaft an die Kirche (20. April 2005) und bei vielen anderen Gelegenheiten bekräftigt hat, besonders bei seiner Apostolischen Reise in die Türkei (28. November – 1. Dezember 2006). Damit der Dialog aber wirklich konstruktiv sein kann, bedarf es neben der Offenheit für die Gesprächspartner der Treue zur Identität des katholischen Glaubens. Nur auf diese Weise kann man zur Einheit aller Christen in der einen Herde und dem einen Hirten (vgl. Joh 10,16) gelangen und so jene Wunde heilen, welche die katholische Kirche immer noch an der vollen Verwirklichung ihrer Universalität in der Geschichte hindert.

Der katholische Ökumenismus mag auf den ersten Blick paradox erscheinen. Mit dem Ausdruck subsistit in wollte das Zweite Vatikanische Konzil zwei Lehraussagen miteinander verbinden: Auf der einen Seite besteht die Kirche Christi – trotz der Spaltungen der Christen – voll nur in der katholischen Kirche fort; auf der anderen Seite gibt es viele Elemente der Heiligung und der Wahrheit außerhalb ihres Gefüges, also in den Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften, die noch nicht in voller Gemeinschaft mit ihr stehen. In diesem Zusammenhang hat das Dekret des Zweiten Vatikanischen Konzils über den Ökumenismus Unitatis redintegratio den Ausdruck „Fülle“ (der Einheit/Katholizität) – plenituto (unitatis/catholicitatis) – eingeführt, eben um zu helfen, diese in gewissem Sinn paradoxe Situation besser zu verstehen. Auch wenn die katholische Kirche die Fülle der Heilsmittel besitzt, „sind die Spaltungen der Christen für die Kirche ein Hindernis, dass sie die ihr eigene Fülle der Katholizität in jenen Söhnen wirksam werden lässt, die ihr zwar durch die Taufe zugehören, aber von ihrer vollen Gemeinschaft getrennt sind“. Es geht also um die Fülle der katholischen Kirche, die schon gegenwärtig ist und die zunehmen muss in den Brüdern und Schwestern, die nicht in voller Gemeinschaft mit ihr stehen, aber auch in den eigenen Söhnen und Töchtern, die der Sünde ausgesetzt bleiben, bis das Volk Gottes „zur ganzen Fülle der ewigen Herrlichkeit im himmlischen Jerusalem freudig gelangt“. Das Voranschreiten in der Fülle ist in der Dynamik des Einsseins mit Christus grundgelegt: „Die Vereinigung mit Christus ist zugleich eine Vereinigung mit allen anderen, denen er sich schenkt. Ich kann Christus nicht allein für mich haben, ich kann ihm zugehören nur in der Gemeinschaft mit allen, die die Seinigen geworden sind oder werden sollen. Die Kommunion zieht mich aus mir heraus zu ihm hin und damit zugleich in die Einheit mit allen Christen“.
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Die Erklärung der Glaubenskongregation sei eine Einladung zum Dialog



Ein Statement von Kardinal Walter Kasper

Die Erklärung der Glaubenskongregation „Zu einigen Aspekten bezüglich der Lehre über die Kirche“ hat in raschen ersten Reaktionen bei evangelischen Christen zu Irritationen geführt. Eine ruhige zweite Lektüre wird zeigen, daß das Dokument nichts Neues sagt, sondern die schon bisher vertretene Position der katholischen Kirche in knapper Zusammenfassung darlegt und erläutert. Deshalb ist keine neue Situation entstanden und auch kein sachlicher Grund zu Empörung oder ein Anlass sich brüskiert zu empfinden gegeben. Jeder Dialog setzt Klarheit über die unterschiedlichen Positionen voraus. In diesem Sinn waren es gerade evangelische Partner, die in letzter Zeit einer Ökumene der Profile das Wort redeten. Wenn nun die Erklärung das katholische Profil darlegt und ausspricht, was uns aus katholischer Sicht leider noch immer trennt, dann hindert dies nicht den Dialog sondern fördert ihn.

Eine sorgfältige Lektüre des Textes macht deutlich, daß das Dokument nicht sagt, die evangelischen Kirchen seien keine Kirchen, sondern sie seien keine Kirchen im eigentlichen Sinn, d.h. sie sind nicht in dem Sinn Kirchen wie die katholische Kirche sich als Kirche versteht. Das ist für jeden auch nur halbwegs Unterrichteten eine pure Selbstverständlichkeit. Denn die evangelischen Kirchen wollen gar nicht Kirche im Sinn der katholischen Kirche sein; sie legen Wert darauf, ein anderes Kirchen- und Amtsverständnis zu haben, das Katholiken wiederum nicht für das eigentliche halten. Hat nicht das jüngste evangelische Dokument über Amt und Ordination etwas Ähnliches getan und in der Sache behauptet das katholische Kirchen- und Amtsverständnis sei aus evangelischer Sicht nicht das eigentliche?

Wenn ich nach der Erklärung „Dominus Jesus“ formulierte, die protestantischen Kirchen seien Kirchen anderen Typs, so war dies nicht – wie einige Reaktionen von evangelischer Seite vorauszusetzen scheinen – ein Gegensatz zu der Formulierung der Glaubens-kongregation sondern der Versuch einer sachgemäßen Interpretation, an der ich festhalte. Das um so mehr als Katholiken nach wie vor von evangelischen Landeskirchen, von der EKD als der Evangelischen Kirche Deutschlands, von der VELKD als der Vereinigten evangelisch lutherischen Kirche Deutschlands, von der Church of England usw. sprechen. Die Erklärung der Glaubenskongregation tut nichts anderes als daß sie zeigt, daß wir dabei das eine und selbe Wort Kirche nicht völlig in demselben Sinn gebrauchen. Eine solche Feststellung dient der Klarheit und damit dem Fortschritt des Dialogs.

Grundlage des Dialog ist freilich nicht das, was uns trennt sondern das Größere, das uns verbindet. Deshalb sollten wir nicht überlesen, was die Erklärung positiv über die evangelischen Kirchen sagt, nämlich daß Jesus Christus in ihnen zum Heil ihrer Glieder wirksam gegenwärtig ist. Das ist im Blick auf die Vergangenheit keineswegs eine selbst-verständliche Aussage; sie schließt die Anerkennung der Taufe ein und – bei allen wichtigen bestehenden Unterschieden – nach dem II. Vatikanum auch eine Reihe von positiven Aussagen über das evangelische Abendmahl (Ökumenismusdekret, 22). So wird in der Erklärung nichts von den erreichten ökumenischen Fortschritten zurückgenommen, sondern auf die ökumenische Aufgabe hingewiesen, die noch vor uns steht. Diese Unterschiede sollten uns aufregen und nicht diejenigen, die sie beim Namen nennen. Das letztere ist vielmehr eine dringliche Einladung zu einem sachbezogenen weiterführenden Dialog.
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Vatikan-Dokument brüskiert Ökumene



10.07.2007

(epd) - Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat das neue Vatikan-Dokument zum katholischen Kirchenverständnis als Brüskierung der Ökumene bezeichnet. Die in Rom vorgelegten «Antworten auf Fragen zu einigen Aspekten bezüglich der Lehre über die Kirche» der Glaubenskongregation seien eine «vertane Chance», erklärte der EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber am Dienstag in Hannover. Nach wie vor würden evangelische Kirchen abgewertet. Die Hoffnung auf einen positiven Wandel der Ökumene sei «erneut in die Ferne gerückt».

Huber kritisierte vor allem, dass das neue Dokument insbesondere den Kirchen der Reformation die Anerkennung als «Kirchen im eigentlichen Sinn» erneut verweigere. Damit erweise es sich als «unveränderte Neuauflage der anstößigen Aussagen» der umstrittenen Vatikan-Erklärung «Dominus Iesus». In vollem Bewusstsein der innerkatholischen wie der ökumenischen Diskussion seit dem Jahr 2000 würden die damaligen Aussagen wiederholt. Huber: «Von Fahrlässigkeit kann niemand mehr sprechen; es handelt sich um Vorsatz.»

In den vergangenen Jahren seien viele Vorschläge gemacht worden, um die anstößige Ausdrucksweise zu überwinden, reformatorische Kirchen seien «nicht Kirchen im eigentlichen Sinn», so Huber. «Es würde ja auch vollständig reichen, wenn gesagt würde, die reformatorischen Kirchen seien 'nicht Kirchen in dem hier vorausgesetzten Sinn', oder sie seien 'Kirchen anderen Typs'», bekräftigte der Berliner Bischof. Aber keine dieser Brücken seien vom Vatikan betreten worden. Insofern seien diese «Antworten» eine vertane Chance.

Die Einsicht, dass ökumenische Fortschritte wechselseitigen Respekt für das «Kirchesein des ökumenischen Partners» voraussetzen, bleibe in dem neuen Dokument unberücksichtigt, fügte Huber hinzu. Er hoffe, dass die ökumenische Sensibilität, von der die Beziehungen zwischen den christlichen Kirchen in Deutschland weithin geprägt seien, sich dennoch bewahren lasse. Die römischen «Antworten» jedoch ließen einen tieferen Sinn für die Relativität des eigenen Standpunkts vermissen. «Dadurch wirken sie ökumenisch brüskierend.»

Der Gedanke freilich, auch der römisch-katholischen Kirche könnten Elemente fehlen, die anderen Kirchen wichtig sind, erhalte in dem neuen Dokument keinen Raum, kritisierte Huber. Als Beispiel nannte er den Respekt vor der Urteilsfähigkeit der Gemeinden, der gleiche Zugang von Frauen zum geistlichen Amt oder die Einsicht in die Fehlbarkeit des kirchlichen Lehramts.
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Herausforderung zu mutigen weiteren Schritten in der Ökumene’



Ist die Kirche eine Demokratie?




Hinführung zu den theologischen Hintergründen des neuen Dokuments der Glaubenskongregation über die Lehre der Kirche. Von Bischof Kurt Koch, Basel.

Solothurn (www.kath.net)


Anlässe und Hintergründe

Im Jahre 2000 erschien die Erklärung der römischen Kongregation für die Glaubenslehre „Über die Einzigartigkeit und die Heilsuniversalität Jesu Christi und der Kirche“ mit dem Titel „Dominus Iesus“. Sie war als Beitrag zum interreligiösen Dialog gedacht und wollte mitten im Heiligen Jahr das christliche Bekenntnis zur Einzigartigkeit Jesu Christi vertiefen, was ein zentrales ökumenisches Anliegen ist.

Als solches wurde es allerdings kaum wahrgenommen. In den öffentlichen Auseinandersetzungen standen vielmehr die kleineren Abschnitte über die Kirche im Mittelpunkt. Vor allem die Aussage, dass die apostolische Sukzession im Weiheamt und die Fülle des eucharistischen Geheimnisses für die katholische Kirche grundlegend sind und dass deshalb die aus der Reformation hervorgegangenen kirchlichen Gemeinschaften nicht als „Kirchen im eigentlichen Sinne“ bezeichnet werden können, hat zu heftigen Disputen geführt.

Auf diese kritischen Reaktionen und Auseinandersetzungen zurückkommend sieht sich sieben Jahre nach dieser Erklärung die Kongregation für die Glaubenslehre veranlasst, zu dieser Thematik erneut Stellung zu nehmen auf der einen Seite mit dem Dokument „Antworten auf Fragen zu einigen Aspekten bezüglich der Lehre der Kirche“ und auf der anderen Seite mit einem „Kommentar“, in dem das Dokument eingehender erklärt wird.

An erster Stelle wird festgehalten, dass das Zweite Vatikanische Konzil keine neue Lehre über die Kirche entwickelt hat, sondern die von der Tradition überkommene Lehre entfalten und vertiefen wollte. Die zweite und dritte Antwort rufen die Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils in Erinnerung, dass die Kirche Jesu Christi in der katholischen Kirche „subsistiert“ (= „verwirklicht ist“).

Bei der vierten und fünften Antwort wird dargelegt, warum die katholische Kirche die orthodoxen Kirchen als „Kirchen“ bezeichnet, wohingegen sie den aus der Reformation hervorgegangenen kirchlichen Gemeinschaften den Titel „Kirche im eigentlichen Sinn“ nicht zuspricht.

Auf den ersten Blick mag dies als eine nur schwer verständliche und noch schwerer vermittelbare Aussage erscheinen. Denn auf der empirischen Ebene werden selbstverständlich auch die aus der Reformation hervorgegangenen Gemeinschaften als Kirchen wahrgenommen, und sie verstehen und bezeichnen sich selbst auch als solche. Vor allem in Ländern wie Deutschland und der Schweiz, in denen die christlichen Konfessionen eng neben- und miteinander leben und sich bereits zahlenmässig beinahe die Waage halten, werden auch von den Katholiken die aus der Reformation hervorgegangenen kirchlichen Gemeinschaften als „Kirchen“ erfahren.

Das Dokument der Glaubenskongregation stellt aber – wie bereits „Dominus Iesus“ – die strikt theologische Frage nach dem eigentlichen Wesen der Kirche und sieht dieses in den aus der Reformation hervorgegangenen Gemeinschaften nicht voll verwirklicht. Es wird zwar betont, dass auch in ihnen die Kirche Jesu Christi „gegenwärtig und wirksam“ ist, dass sie aber aufgrund des Fehlens der apostolischen Sukzession im Weiheamt und der vollen Fülle des eucharistischen Geheimnisses nicht „Kirchen im eigentlichen Sinne“ genannt werden können.

Differenzen im Kirchenverständnis

Zu dieser Aussage sieht sich die katholische Kirche veranlasst, weil sie nicht auf der einen Seite die Glaubensüberzeugung vertreten kann, dass das eucharistische Geheimnis und die apostolische Sukzession zum Wesen der Kirche Jesu Christi gehören, und auf der anderen Seite zugleich urteilen könnte, dass kirchliche Gemeinschaften, die eben diese Wirklichkeiten nicht, zumindest nicht im gleichen Sinn, zum unaufgebbaren Wesen der Kirche zählen, dennoch im gleichen Sinn als Kirchen anerkannt werden können. Dies ist mit dem Ausdruck „nicht Kirchen im eigentlichen Sinne“ gemeint.

Kardinal Walter Kasper hat diese Aussage dahingehend präzisiert, dass die aus der Reformation hervorgegangenen kirchlichen Gemeinschaften „Kirchen eines anderen Typs“ oder ein „neuer Typ von Kirche“ seien. Damit wird auch dem Selbstverständnis dieser reformatorischen kirchlichen Gemeinschaften entsprochen, die bewusst nicht Kirche im katholischen – und orthodoxen – Sinn sein wollen, sondern ihr Kirchesein von ihrer spezifischen Tradition her profilieren, beispielsweise als „Kirche der Freiheit“, wie auf reformierter Seite neuerdings oft pointiert herausgestrichen wird.

Der eigentliche strittige Punkt besteht dabei in der Frage, ob es angesichts einer Vielzahl von Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften in der geschichtlichen Wirklichkeit die eine Kirche Jesu Christi als konkretes Subjekt überhaupt gibt. Davon ist die katholische Kirche überzeugt, weshalb sie das „subsistit“ (ist verwirklicht in) nur von der katholischen Kirche aussagt. Denn in katholischer Sicht ist die Kirche Jesu Christi nicht unsichtbar und ungreifbar hinter den vielfältigen menschlichen Bildungen verborgen; es gibt sie vielmehr als geschichtliche Wirklichkeit in der katholischen Kirche, die sich im Glaubensbekenntnis, in den Sakramenten und in der apostolischen Nachfolge ausweist.

Demgegenüber tendieren die reformatorischen kirchlichen Gemeinschaften dahin, die Einheit der Kirche bereits in der Summe aller bestehenden Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften zu sehen, so dass man von verschiedenen „Subsistenzen“ (Verwirklichungen) der von Christus gegründeten Kirche ausgehen müsste. Demgemäss wären die grossen westlichen Konfessionen bloss zwei verschiedene Formen oder Varianten der einen Kirche Jesu Christi.

In dieser auf reformierter Seite vertretenen pluralistischen Sicht der Einheit der Kirche kann sich aber die katholische Kirche nicht wieder finden. Die beiden grossen Kirchengestalten im weltweiten Christentum sind ohnehin die Kirchen des Ostens auf der einen und die Kirche des Westens auf der anderen Seite, während die aus der Reformation hervorgegangenen kirchlichen Gemeinschaften Sonderentwicklungen nur innerhalb der Westkirche sind.

Hier scheint auch der tiefste Grund auf, dass Kardinal Walter Kasper als Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen bereits vor Jahren im Blick auf das fünfhundertjährige Jubiläum der Reformation im Jahre 2017 die entscheidende Frage an die aus der Reformation hervor gewachsenen kirchlichen Gemeinschaften gerichtet hat, wie sie sich heute selbst verstehen: ob sie die Reformation – wie die Reformatoren selbst – als Reform und Erneuerung der einen universalen Kirche verstehen können, oder ob sie die Reformation als ein neues Paradigma verstehen, das sich durch eine bleibende Grunddifferenz „protestantisch“ vom Katholischen abgrenzt?

Oder anders gewendet: Teilen die reformatorischen Gemeinschaften heute noch die Überzeugung und Absicht der Reformatoren, die nicht die Bildung einer neuen Kirche, sondern die Wiederherstellung der alten Kirche wollten, oder gehen sie davon aus, dass es sich bei den reformatorischen Gemeinschaften um neue kirchliche Bildungen handelt?

Weil es von der Beantwortung dieser entscheidenden Frage abhängt, welches Ziel der ökumenischen Bewegung anvisiert wird, bleibt zu hoffen, dass diese Anfrage zu sinnvollen und weiterführenden Gesprächen zwischen den reformatorischen Gemeinschaften und der katholischen Kirche über das theologische Wesen der Kirche führt.

Das römische Dokument macht damit erneut deutlich, dass die zweifellos grösste Schwierigkeit in der ökumenischen Verständigung heute im unterschiedlichen Kirchenverständnis liegt: Die reformatorischen Gemeinschaften verstehen sich als Teil der einen Kirche in jeweils unterschiedlicher Gestalt. Davon unterscheidet sich das Selbstverständnis der katholischen Kirche grundlegend, insofern sie nämlich beansprucht, dass sie nicht bloss ein Teil der einen Kirche ist, sondern dass in ihr die eine Kirche Jesu Christi konkret verwirklicht ist.

Damit aber ist offenkundig, dass weder die reformatorischen Kirchengemeinschaften das Selbstverständnis der katholischen Kirche voll anerkennen können noch die katholische Kirche dasjenige der reformatorischen Kirchengemeinschaften. Diese harte, aber realistische und ehrliche Feststellung kann nur bedeuten, dass wir in der Ökumene heute nur dann weiterkommen können, wenn wir über die theologisch sehr unterschiedlichen Sichten der Kirche miteinander ins Gespräch kommen.

Vergewisserung über das ökumenische Ziel

Dieser Schritt erweist sich auch deshalb als unabdingbar, weil sich hinter den verschiedenen Verständnissen der Kirche auch sehr unterschiedliche Sichten des Ziels der Ökumene verbergen. Dass in den bisherigen Phasen der ökumenischen Bewegung auf der einen Seite erfreuliche und weitgehende Konsense über sehr viele Einzelfragen erzielt werden konnten, dass sich aber auf der anderen Seite die noch bestehenden Differenzpunkte im nach wie vor recht unterschiedlich profilierten Verständnis der ökumenischen Einheit der Kirche selbst bündeln und dass somit das Ziel der ökumenischen Bemühungen zwischen den verschiedenen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften noch immer strittig ist, dies macht die eigentliche Paradoxie in der gegenwärtigen Situation der Ökumene aus.

Dieses Problem hängt vor allem damit zusammen, dass jede Kirche ihr spezifisches konfessionelles Konzept von der Einheit ihrer eigenen Kirche hat und verwirklicht und von daher beinahe selbstverständlich bestrebt ist, diese konfessionelle Konzeption auch auf das Ziel der Ökumenischen Bewegung zu übertragen, so dass sich in der Diskussion um das Ziel der ökumenischen Bewegung die unterschiedlichen Kirchenverständnisse wiederholen und auswirken.

Wir stehen deshalb heute vor einer grundlegenden Unterscheidung der Geister zwischen zwei verschiedenen Konzeptionen der Ökumene, nämlich zwischen einem Ökumenismus, für den sich die orthodoxen Kirchen und die katholische Kirche einsetzen und der weiterhin die sichtbare Einheit der Kirche anstrebt und für diese Einigung betet und arbeitet, und einem Ökumenismus, der sich mit dem heutigen Zustand der Vielheit und Verschiedenheit der Kirchen zufrieden gibt und die Einheit der Kirche bereits in der gegenseitigen Anerkennung der verschiedenen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften erblickt, die sich dann nicht mehr zu einen bräuchten, sondern sich in ihrer Verschiedenheit, freilich auch in ihrer teilweise bekenntnismässigen Widersprüchlichkeit, gegenseitig annehmen sollen.

Letztere – von den reformatorischen Gemeinschaften – vertretene Sicht stellt sich für die katholische Kirche zumindest als widersprüchlich dar und kann von ihr nicht geteilt werden, weil auf diesem Weg die eine Kirche Jesu Christi letztlich in einen unverbundenen Pluralismus von Kirchen aufgelöst würde, die gleichsam nur noch auf dem Weg der Addition die eine Kirche Jesu Christi bilden würden. Die katholische Kirche aber will gleichsam mehr Ökumene und erblickt deren Ziel deshalb in der Wiedergewinnung der sichtbaren Einheit der Kirche Jesu Christi.

Das römische Dokument legt seinen Finger erneut auf die unerledigten Aufgaben und in die eigentliche Wunde in der heutigen ökumenischen Situation und fordert diese heraus, die unaufschiebbaren Fragen des theologischen Kirchenverständnisses und des Ziels der ökumenischen Bewegung entschieden anzugehen. Das römische Dokument kann insofern gerade kein Hindernis für die Ökumene darstellen, sondern bildet eine Herausforderung zu mutigen weiteren Schritten in der Ökumene, die sich entschieden auch der Frage nach der Wahrheit des Glaubens stellen muss.

+ Bischof Kurt Koch




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Bischof Huber: Vatikan-Papier ist Rückschritt in Ökumene




Jesus.de


14.07.2007

(epd) - Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, hat seine scharfe Kritik
an dem neuen Vatikan-Papier zum Kirchenverständnis bekräftigt. «Die Hoffnungen auf einen Wandel unserer ökumenischen Situation sind damit weiter in die Ferne gerückt», sagte Huber der Tageszeitung «Die Welt» (Online-Ausgabe) vom Freitag.

Der Vatikan hatte am Dienstag ein Dokument veröffentlicht, in dem sich die katholische Kirche erneut von den Protestanten abgrenzt. Nur in der katholischen bestehe die von Jesus Christus begründete Kirche weiter, betont die Glaubenskongregation in fünf «Antworten auf Fragen zu einigen Aspekten bezüglich der Lehre über die Kirche». Der
evangelischen Kirche wird darin der Status einer Kirche verwehrt.

Dass die «Antworten» die Aussagen des umstrittenen Dokuments «Dominus Iesus» aus dem Jahr 2000 einfach wiederholen, halte er für «bedenklich», sagte Huber. Die intensive innerkatholische und ökumenische Diskussion seitdem sei dabei nicht berücksichtigt worden. Die römischen «Antworten» ließen einen tieferen Sinn für die Relativität des eigenen Standpunkts vermissen.

«Wir sind natürlich nicht davon abhängig, ob die römisch-katholische Kirche uns als Kirche anerkennt oder nicht», bekräftigte der Repräsentant von rund 25 Millionen Protestanten. Eine Kirche, in der das Evangelium auf rechte Weise gepredigt und die Sakramente auf rechte Weise verwaltet werden, «ist Kirche in vollem Sinn». Es hätte gereicht, wenn die römische Glaubenskongregation formuliert hätte, die aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen seien «nicht Kirchen
in dem hier vorgesetzten Sinn» oder «Kirchen anderen Typs».

Für die evangelische Kirche gebe es keine Abkehr von der ökumenischen Aufgabe, «auch wenn wir unser reformatorisches Profil in die Diskussion einbringen», betonte der Berliner Bischof weiter: «Einen Verzicht auf dieses Profil kann niemand von uns erwarten, am wenigsten die römisch-katholische Kirche, die ihr eigenes Profil gerade in diesen Wochen denkbar scharf hervorkehrt.»
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Kritik an Vatikanpapier ebbt nicht ab
Jesus.de

15.07.2007

(epd) - Die evangelische Kritik an dem Vatikan-Papier zum Kirchenverständnis ebbt nicht ab. «Die Hoffnungen auf einen Wandel unserer ökumenischen Situation sind damit weiter in die Ferne gerückt», sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, der Zeitung «Die Welt» vom Samstag. Dagegen zeigten katholische Christen Verständnis für das Schreiben der Glaubenskongregation.

Der Vatikan hatte am 10. Juli ein Dokument veröffentlicht, in dem sich die katholische Kirche erneut von den Protestanten abgrenzt. Nur in der katholischen bestehe die von Jesus Christus begründete Kirche weiter, betont die Glaubenskongregation in fünf «Antworten auf Fragen zu einigen Aspekten bezüglich der Lehre über die Kirche». Der evangelischen Kirche wird darin der Status einer Kirche verwehrt.

«Wir sind natürlich nicht davon abhängig, ob die römisch-katholische Kirche uns als Kirche anerkennt oder nicht», bekräftigte der Repräsentant von rund 25 Millionen deutschen Protestanten. Die evangelische Kirche werde sich von der Ökumene nicht abkehren, sagte der Berliner Bischof. «Dieses Papier aber enthält Spielregeln, die einen ökumenischen Dialog ausschließen», wird Huber im Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» zitiert.

Der TV-Journalist Peter Hahne, der auch dem EKD-Rat angehört, erklärte in der «Bild»-Zeitung: Das päpstliche Papier komme einer «kalten Dusche gleich». Der Papst sollte aus der Kirchengeschichte wissen, dass Protestanten und Katholiken Brüder und Schwestern mit den gleichen Eltern sind. Hahne: «Das Zäuneziehen sollten wir den Fundamentalisten überlassen - Benedikt hat das nicht nötig.»

Dagegen hielt der katholische Publizist Eckhard Nordhofen der evangelischen Kirche Minderwertigkeitskomplexe vor. «Sie sind von der Erklärung des Vatikans beleidigt, aber sind sie nicht gern beleidigt?», sagte der Bildungsexperte dem Magazin «Focus». Da Protestanten tatsächlich ein anderes Kirchenverständnis hätten, bräuchte die römische Sicht sie nicht zu stören: «Ein selbstbewusster Protestantismus hätte das gar nicht nötig.»

Fürstin Gloria von Thurn und Taxis sagte der «Bild am Sonntag»: «In dem Dokument wird viel Positives zur Ökumene gesagt.» Dennoch dürfe man die Unterschiede im Kirchenverständnis nicht wegwischen, unterstrich die engagierte Katholikin.

Eine Entschuldigung des Papstes hält dagegen der Sprecher der katholischen Reformbewegung «Wir sind Kirche», Christian eisner, für angebracht. Nach seiner Wahl habe Benedikt XVI. sichtbare Schritte zur Ökumene angekündigt. «Doch davon ist jetzt leider nichts mehr zu erkennen», sagte Weisner der «Bild am Sonntag». Auch Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) wertete das Vatikan-Papier als Rückschlag für die Ökumene: «Ich bin enttäuscht von der Verlautbarung aus Rom.»

Der evangelische Ökumene-Experte Reinhard Frieling warnte davor, dass sich die Kirchen durch solche Diskussionen, «die kaum einen Laien interessieren», von den Menschen entfernen. «Anstatt zu vermitteln, warum es plausibel ist auf Gott und das Jenseits zu vertrauen, verlieren sich die Kirchen in Details und Begriffstreitigkeiten», sagte der Theologieprofessor der «Welt am Sonntag».
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Nach dem Papstpapier: Biblisch-missionarische Ökumene statt Profilneurosen



Von Jörg Beyer

15.07.2007

„Wenn über eine dumme Sache endlich einmal Gras gewachsen ist, kommt sicher ein Kamel und frisst es wieder ab.“ So sagt es der Volksmund und beschreibt treffend, was das aktuelle römische Papier „Antworten auf Fragen zu einigen Aspekten bezüglich der Lehre über die Kirche“ anrichtet. Es bringt nichts Neues, vertieft aber durch seine Betonung von „Dominus Jesus“ das Trennende.

Dies ist das Ergebnis eines Machtkampfes innerhalb der römisch-katholischen Christenheit. Er wird zwischen denen ausgetragen, die die römisch-katholischen Dogmen und Lehren als allein legitime Interpretation der Bibel sehen und jenen, die trotz aller Unterschiede die gemeinsame Mitte in Christus suchen, finden und leben. Die Erstgenannten haben jetzt einen weiteren Sieg nach Punkten errungen, indem sie wichtige Elemente ihrer Rückkehr-Theologie schriftlich verankern konnten und damit den Aufbruch des II. Vatikanischen Konzils massiv einschränken, wie es die Konzils-Minderheit seit damals versucht.

Denn in Zukunft wird immer die Möglichkeit bestehen, den hierarchischen Anspruch der Glaubenskongregation zum Vorschein zu bringen. Dabei geht ganz offensichtlich um eine Entwertung der evangelischen Konfessionen und den Versuch, das römische Amts- und Kirchenverständnis zum absoluten Kriterium für eine Anerkennung zu machen.

So muss vieles Positives während des Pontifikats von Benedict XVI im Flackern des aktuellen Irrlichts verblassen: zurückhaltende, leise Töne, geistlich kluge Worte zu entscheidenden Fragen, die die Welt bewegen, und nicht zuletzt das Jesus-Buch des bemerkenswerten Theologen Prof. Dr. Joseph Ratzinger.

Diese über theologisch zumindest auch innerhalb der römisch-katholischen Theologie höchst fragwürdige Ansprüche ausgetragen Machtspielchen disqualifizieren sich selbst. Die evangelische Christenheit könnte so angesichts der eigenen Zerrissenheit bequem abtauchen und die Debatten um Gender-Gerechtigkeit, Schöpfungslehre, Bedeutung von Ehe und Familie, ja selbst um die Kernpunkte des christlichen Glaubens, die Bedeutung des Kreuzes und der Auferstehung ausblenden.

Es wäre jetzt leicht, mit einem gemeinsamen Bekenntnis zur „Kirche der Freiheit“ und zur „Ökumene der Profile“ abzulenken. Doch die dahinter stehende Einstellung wird zunehmend sichtbar: „Wir wissen nicht, was wir glauben, aber römisch-katholisch sind wir nicht.“ Sie führt letztlich dazu, dass oft genug der eigentliche Graben bei der Suche nach der Einheit der Christen jener ist, der quer durch die evangelische Christenheit geht.

Kleine Gemeinde als Gewinner?

Sind jetzt die kleinen Konfessionen und freie Gemeinden Nutznießer der Profilneurosen der großen? Zahlenmäßig vielerorts ja, doch zu oft mit einer Kultur des Denominationen-Hoppings, in der Gemeinde nur noch eine virtuelle Erscheinung ist.

Außerdem finden vielerorts selbst auf Gemeinde¬ebene Kämpfe statt, die das Gezerre in den großen Konfessionen noch übertrumpfen: Durch wechselnde Machtansprüche, die alle wunderbar geistlich begründet und mit ähnlichem Dogmatismus wie „Dominus Jesus“ vorgetragen werden.

Und ein überzogener 'Willow-Creekismus' - die Zergliederung von Gemeinde und Gottesdienst in lauter einzelne Zielgruppen – führt dazu, dass bei der Suche nach einem Himmelchen auf Erden statt des Leibes Christi so etwas wie eine Edelmetzgerei entsteht: Schnitzel neben Schnitzel, Nierchen neben Nierchen, Haxe neben Haxe – alles in chromblitzenden Edelstahlschalen: nur noch Gleichartiges unter sich, richtig hübsch, aber nicht lebendig.

Gott sei Dank! Es gibt in allen genannten Teilen des Leibes Christi Mitglieder, für die Leben, Tod und Auferstehung von Jesus Christus gemeinsame, über alle konfessionelle Grenzen hinweg verbindende Grundlage sind. Doch der Schaden, den die genannten Profilneurosen anrichten, ist immens: Verletzt wird der Leib Christi, wie Paulus die schon immer konfliktreiche Vielfalt in Einheit beschreibt.

Durch das jüngste Papier aus Rom ist eine neue schwere Wunde an diesem Leib hinzugekommen. Die Berufung auf das Gebet Jesu „dass sie alle eins seien“ wird zunehmend zum frömmelnden Lippenbekenntnis. Doch es geht nicht um eine Kuschel-Kirche und entsprechende Gemeinden. Das Ziel der Einheit lautet für Jesus: „damit die Welt glaube“. Dieser biblisch-missionarischen Ökumene dienen wir nur gemeinsam – oder gar nicht.
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