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Bruder Dr. L. Gassmann zum Thema Gesetzlosigkeit und Lieblos


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#1
Guest_Matthes_*

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Liebe Freunde,

zur Zeit erleben wir eine zunehmende Gesetzlosigkeit und Lieblosigkeit in der Welt, aber leider auch unter vielen Gläubigen. Manchmal kann man es nicht fassen, wenn quasi über Nacht Menschen, die man für Brüder und Schwestern im HERRN hielt, aggressiv und zu Feinden werden. Habt Ihr das auch schon erlebt? Zunehmend hört man davon und erfährt es auch am eigenen Leib. Es ist, wie wenn eine Schleuse aus der unsichtbaren Welt aufgerissen worden sei.

So möge jeder von uns beten, dass wir selber uns nicht in diesen bösen Sog hineinziehen lassen.

Folgende Gedanken, die ich schon vor einigen Jahren in meinem Buch ZUKUNFT.ZEITZEICHEN zu Papier brachte, können hierfür vielleicht eine geistliche Hilfe sein:





Die Aufweichung des christlichen Glaubens wird insbesondere auf zwei Gebieten deutlich: an der Preisgabe der göttlichen Ordnungen und an dem Erkalten der Liebe. Im griechischen Urtext von Matthäus 24,12 finden sich die Begriffe „anomia“ (= Gesetzlosigkeit, Ungerechtigkeit) und „agape“ (= die göttlich gewirkte, geistliche Liebe, mit der wir Gott und den Nächsten wieder lieben können). Das Überhandnehmen der Gesetzlosigkeit und das Erkalten der Liebe stehen in einem unmittelbaren Zusammenhang miteinander.



Das überrascht, denn viele meinen, wo das Gesetz aufhöre, komme die Liebe erst zum Blühen. Man beruft sich dabei noch auf die Bibel und argumentiert ungefähr so: In 1. Johannes 4,16 steht: „Gott ist die Liebe.“ Christus ist Gottes Sohn und damit ebenfalls Liebe. Nun steht in Römer 10,4: „Christus ist des Gesetzes Ende.“ Also hebt die Liebe das Gesetz auf.



Hinter solchen Vorstellungen steht jedoch ein falscher Gesetzes- und Liebesbegriff. Gesetz und Liebe sind nämlich keine Gegensätze, wo sie in den Glauben eingebunden sind. Nur wo sich das Gesetz verselbständigt und unabhängig vom rettenden Glauben an Jesus zum Heilsweg werden möchte, wo man also das Heil von den eigenen guten Werken erwartet ‑ da betrügt sich der Mensch selbst und gelangt nicht zur Erlösung (Röm 3,27 f.).



Hingegen haben die Gebote Gottes und die guten Werke sehr wohl ihren Platz im Leben des glaubenden, erlösten Christen. Gute Werke sind nicht Mittel zur Selbsterlösung ‑ von diesem Leistungsdruck ist der Christ befreit. Nein, sie sind Früchte der am Kreuz bereits vollbrachten und im Glauben angenommenen Erlösung, die ‑ wie an einem Obst­baum ‑ automatisch wachsen und aus Liebe (Agape) und Dankbarkeit zu Gott getan werden.



Es ist daher eine verhängnisvolle Verfälschung der biblischen Botschaft, wenn die göttliche Agape-Liebe zu einer sentimentalen Allerweltsliebe ‑ oder gar einer religionsvermischenden Weltverbrüderungsliebe ‑ umgedeutet und damit geradezu in ihr Gegenteil verkehrt wird. Nein, die göttlich gewirkte Liebe dankt Gott für das Geschenk der Erlösung und hält seine Gebote. Liebe und Gehorsam gegenüber Gottes Ordnungen sind untrennbar. In den guten Werken wird die Liebe konkret: „Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses. So ist nun die Liebe die Erfüllung des Gesetzes“ (Röm 13,10). „Das ist die Liebe zu Gott, dass wir seine Gebote halten; und seine Gebote sind nicht schwer“ (1. Joh 5,3; vergleiche auch Gal 5,6; Hebr 10,24; Jak 2,17).



Man kann sozusagen auf zwei Seiten vom Pferd fallen: Auf der einen Seite droht die Gesetzlichkeit, die das Heil von ihren guten Werken, von der Beachtung selbstauferlegter Normen und „Zusatzevangelien“ abhängig macht und die Erlösungstat Jesu durch Menschensatzungen zudeckt (vergleiche Gal 1,6; Kol 2,16‑23). Auf der anderen Seite droht die Gesetzlosigkeit, die alle Ordnungen und Gebote Gottes über Bord wirft, welche ihr nicht gefallen, und ausruft: „Alles ist erlaubt!“ (1. Kor 10,23). Beides kommt seit der neutestamentlichen Zeit bis heute in christlichen Gemeinden vor ‑ und beides ist falsch. Es gilt demgegenüber, das Gleichgewicht zu bewahren und sich nicht auf einer Seite vom Pferd ziehen zu lassen. Und das gelingt nur, wenn man das Zentrum des Glaubens vor Augen behält: Jesus Christus und sein rettendes Sühneopfer am Kreuz, aus dem Segen und Heil für den Glaubenden und ‑ durch diesen hindurch ‑ auch für die Welt fließen.



Nun kommt offensichtlich die massivere Gefahr in der Endzeit von der Gesetzlosigkeit, sonst würde Jesus nicht so betont vor ihr warnen. In die Gesetzlosigkeit nämlich möchte uns die ganze Welt mit ihren Verführungen hineinziehen. Auch die Welt gebraucht das Wort „Liebe“ ‑ aber nicht im biblischen Sinn, sondern in einer zutiefst verflachten und gefährlichen Bedeutung: Liebe als Toleranz, Duldung von allem und jedem, hemmungslose Freiheit, totaler Pluralismus. Wo solche „Liebe“ herrscht, zieht sich die göttliche Liebe zurück; sie „erkaltet“.



„Die Liebe erkaltet dann, wenn sie sich von der Bindung an Gottes Gebote emanzipiert“, schreibt zu Recht Gerhard Maier. Gesetzlosigkeit bedeutet, dass das Evangelium „vom Gesetz Gottes gelöst und damit zur flachen, billigen Gnade (wird), die unter dem schwammigen Begriff ´Freiheit` alles erlaubt ... Die Gesetzlosigkeit wird sich oft im Bereich der Sexualität und Ehe auswirken ... Sie führt weithin zu einer Lösung menschlicher und glaubensmäßiger Bande in der Familie und in der Gemeinde. Sie zerstört Vertrauen, Zuverlässigkeit, Demut, Pflicht, Hingabe und Gehorsam ... Der Begriff ´erkalten` spiegelt den Sieg des eiskalten Egoismus und der hohlen Phrasen.“



Anders ausgedrückt: Das Lustprinzip ‑ auch in christlichen Gemeinden ‑ verdrängt Gottes Gebote sowie die Liebe zu Gott und den Menschen. Alles dreht sich nur noch um das Selbst. Selbstbestimmung, Selbstverwirklichung und Selbstliebe werden zu Schlüsselbegriffen. Die Kehrseite der Selbstbezogenheit jedoch ist Isolation und Vereinsamung. „Keiner kümmert sich um mich“ ‑ dieser Hilferuf ertönt auch in christlichen Gemeinden immer lauter. Ich fürchte, dass die rapide Zunahme seelischer Krankheiten und auch von Trennungen und Scheidungen in den letzten Jahrzehnten bereits mit diesem „Erkalten der Liebe“ zusammenhängt, von dem Jesus spricht.[1]



Doch zum Glück ist das Bild nicht einheitlich düster. Die Liebe wird zwar in „vielen“, aber nicht in allen erkalten (Mt 24,12). Es wird immer wieder selbstlose Gottesboten ‑ gewissermaßen „Engel in Menschengestalt“ ‑ geben, die uneigennützig dem Nächsten dienen. Sie werden Jesus die Treue halten. Und ihnen gilt die Verheißung: „Wer beharrt bis ans Ende, der wird selig“ (Mt 24,13).



Lothar Gassmann

www.L-Gassmann.de



[1] Vgl. hierzu: L. Gassmann/H. Jantzen/J. Kuberski, Geschieden - und doch Hoffnung. Ehescheidung und Wiederheirat in christlicher Sicht, Birkenfeld 2002.
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