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Warum ich diese Schule nicht empfehle...


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#1
Rolf

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Auch wenn es hier nicht um die W+G "Fernbibelschule" geht, so ist sie doch in vielen Punkten vergleichbar. Letztlich funktioniert nicht, was einem verucht wird beizubringen.




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Warum ich diese Schule nicht empfehle...





persönlicher Eindruck



Schulbeginn


Zunächst einmal: Hier geht es nicht um Wort & Geist, sondern eine andere Schule mit christlich-charismatischem Verständnis, deren Namen ich zu ihrem Schutz hier nicht veröffentlichen möchte, da es sich um persönliche Erfahrungen und eine persönliche Einschätzung handelt. Mein Wunsch ist es, mit Lesern ins Gespräch zu kommen, nicht, diese Institution zu verurteilen.


Ich habe während der zwei Jahre, die ich dort Schüler war, viele sehr engagierte und ehrlich bemühte Leute getroffen, auch im Leitungsteam. Wenn ich im Folgenden kritische Anmerkungen mache, dann denke ich, dass die Ursache eher am System und den verbreiteten Lehren liegt, die dann aber auch Auswirkungen auf das Verhalten der Beteiligten hat.


Was ist das selbst definierte Ziel der Schule? Ein wesentlicher Teilbereich ist folgender:


Die Vision: Wir haben einerseits ein Verlangen danach, Gott in Wahrheit und im Geist zu begegnen. Gleichzeitig liegt uns der Leib Christi im deutschsprachigen Raum auf dem Herzen. Unser Anliegen ist es, dass Gottes Volk überall in Deutschland, Österreich und der Schweiz voller Leidenschaft Jesus anbetet und ihm begegnet - dem Gott, der von sich sagt, im Lobpreis seines Volkes zu wohnen (Ps. 22,4). Und wo das geschieht, da berührt der Himmel die Erde und Menschen erleben die Herrlichkeit Gottes - seine Liebe, seine Güte, seine Gnade, innere und äußere Heilung sowie vieles andere mehr. [Link auf Nachfrage]


So wie ich es damals verstanden habe, wurden wir durch Lobpreis, Anbetung, Gebet und prophetische Zeichenhandlungen zu „Kämpfern im Geist“ ausgebildet, die als „Armee des Herrn“ feindliche geistliche Territorien zurückerobern und den Geistlichen Himmel über Deutschland öffnen, damit in der Folge Menschen es geistlich leichter haben, zu Jesus Christus zu finden. Wenn „der Himmel über Deutschland offen“ und die „Shekinah-Herrlichkeit des Herrn“ offenbar wäre (so zum Beispiel bei 2. Chronik 5.14 geschehen) , wären endlich die Voraussetzungen für eine Erweckung gegeben. Dafür haben wir in Lobpreis- und Anbetungszeiten ausdauernd gekämpft.

Als verborgene Armee habe ich das damals für eine geistlich sehr wichtige Aufgabe gehalten und diese „Bürde“ sehr ernst genommen. Es hat aber auch Spaß gemacht, bei guter Musik mit Profi-Musikern, gutem Soundsystem, Tonmalerei, visuellen Effekten, bunten Flaggen und Bannern jeden Tag mindestens 1 Stunde zu singen und zu tanzen. Unser Ziel war der „Durchbruch“ in neue Geistliche Räume, die Nähe Gottes, Seine Herrlichkeit. Nach einem „Kampfeinsatz“ fühlte ich mich dann auch manchmal angenehm entspannt, erschöpft, und hatte das Gefühl, etwas Wichtiges geleistet zu haben. Ich fühlte mich einer „Geistlichen Elite-Spezialeinheit“ zugehörig und kam mir gut vor.

Zweifel


Schlimm wurde es erst, als ich zweifelnde Gedanken an diesem ganzen Tun und System bekam. Zwar fand ich auch etwas zum Thema „geistlicher Kampf“ in der Bibel, zum Beispiel


2. Kor. 10. 3-5 3 Denn obwohl wir im Fleisch wandeln, kämpfen wir nicht nach dem Fleisch; 4 denn die Waffen unseres Kampfes sind nicht fleischlich, sondern mächtig für Gott zur Zerstörung von Festungen; so zerstören wir überspitzte Gedankengebäude 5 und jede Höhe, die sich gegen die Erkenntnis Gottes erhebt, und nehmen jeden Gedanken gefangen unter den Gehorsam Christi ….


Epheser 6. 10-13 10 Schließlich: Werdet stark im Herrn und in der Macht seiner Stärke! 11 Zieht die ganze Waffenrüstung Gottes an, damit ihr gegen die Listen des Teufels bestehen könnt! 12 Denn unser Kampf ist nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen die Gewalten, gegen die Mächte, gegen die Weltbeherrscher dieser Finsternis, gegen die geistigen Mächte der Bosheit in der Himmelswelt. 13 Deshalb ergreift die ganze Waffenrüstung Gottes, damit ihr an dem bösen Tag widerstehen und, wenn ihr alles ausgerichtet habt, stehen bleiben könnt!

Aber aus diesen Stellen konnte ich nicht so viel entnehmen, als dass ich mir sicher war, dass wir es mit dem geistlichen Kampf richtig machten und wirklich geistliche Territorien dabei eroberten. Mir schien es nach einer Zeit eher eine Wiederholung und ich wurde immer unsicherer, ob die Proklamationen von „Durchbrüchen“ in der Geistlichen Welt wirklich stimmten. Konnte es nicht auch sein, dass wir da ganz nette virtuelle Kämpfe praktizierten, Jesus es aber viel besser gefunden hätte, wenn wir mehr Zeit und Energie damit verbracht hätten, zu den Menschen zu gehen, die Ihn nicht kennen, und mit ihnen zusammen zu sein? Er hatte ja auch nicht so viele Lobpreis-Festivals veranstaltet (genauer gesagt: gar keines), sondern ist durch das Volk gewandert und hat mit ihm gelebt.


Mit der Zeit kam mir unser Lebensstil in der Schule immer exotischer vor. Zwar versuchte ich, meine „Identität in Christus“ zu leben und meinen „geistlichen Stand“ einzunehmen, aber innerlich fühlte ich mich dabei immer leerer, auch wenn ich das anfangs „wegzuproklamieren“ versuchte. Doch der innere Konflikt wuchs. Was tun?

Eine weitere Lehre dieser Schule besagte, dass in der Unterordnung unter das Leitungsteam der Segen Gottes liege und man dann geistlich wachsen würde. Kritische Gedanken könnten einem rebellischen Geist entstammen (dem Geist Isebels) oder Angriffe des Teufels sein. Wenn man solchen Gedanken Raum geben würde, würde man sich selbst unter einen Fluch bringen und sich von Gott entfernen. Solchen Impulsen gälte es, „standhaft im Glauben“ zu widerstehen, die Wahrheit zu proklamieren, das Fleisch nicht zu pflegen und Satan keinen Raum zu geben. Auch solle man solche Gedanken nicht weiter verbreiten, vor allem nicht unter Mitschülern. Sollte eine innere Not sein, sollte man damit zum Leitungsteam gehen und Seelsorge-Gespräche führen.

Es wurde erwartet, dass man sich den Regeln fügte, an allen Veranstaltungen teilnahm, alle Studienaufgaben erledigte und Kritik – wenn überhaupt – nur mit dem Leitungsteam besprach. Grundsätzlich war Kritik nicht verboten und wurde auch nicht pauschal verteufelt, aber es wurde darauf geachtet, dass das Leitungsteam sich der entsprechenden Leuten annahm und diese nicht untereinander darüber sprachen. Vereinzelt haben Leute dann während des Schuljahres, oft stillschweigend, die Schule verlassen. Nur in seltenen Fällen wurden vom Leitungsteam alle Schüler offiziell darüber informiert, dass es unvereinbare Differenzen gegeben hätte.

Die Schule vertrat eine feste geistliche Position. Dem Einzelnen stand es frei, sie zu verlassen, aber grundsätzliche Kritik war nicht erwünscht. Dies wurde deutlich so gelebt. Wenn man gehen wollte, wurde man nicht mit einem Fluch belegt, allerdings konnte man aufgrund der vermittelten Unterordnungslehre zu dem Eindruck kommen, dass man möglicherweise, nämlich bei rebellischer Grundeinstellung, nicht mehr unter „geistlicher Abdeckung“ stände und damit eventuell verstärkten geistlichen Angriffen ausgesetzt sei. Außerdem würde man möglicherweise im Widerstand zu Gott stehen und dadurch keine geistliche Vollmacht mehr haben.

Schuld an einer vorzeitigen Trennung von der Schule schien eigentlich immer der Schüler zu haben. Meinem Eindruck nach präsentierte und proklamierte sich die Schule als von Gott gewollt, eingesetzt, gesegnet und richtig. Es wurde nicht vermittelt, dass möglicherweise auch die Schule Fehler machen oder in Teilen fehlerhaft sein könnte. Um Kritik wurde nicht gebeten, sie war nicht willkommen und es wurde nicht ermutigt, dazu beizutragen.

Mir schien, dass die Schüler nicht als gleichwertige ernsthafte Partner wahrgenommen wurden, sondern als grundsätzlich unreifer, so dass sie sich unterzuordnen und mögliche Missstände auszuhalten hätten. Allerdings wurde freigestellt, Kritik im Gebet Gott sagen zu können, der es dann ja an das Leitungsteam weitergeben könnte.

Nun war mir aber nicht klar, ob meine kritischen Gedanken ein Mangel an Unterordnung waren. Eigentlich hatte ich nicht das Gefühl, das Leitungsteam zu missachten oder zu rebellieren, trotz meiner Fragen und inneren Konflikte. Allerdings befürchtete ich sehr, dass mir solches unterstellt würde, wenn ich diese Gedanken äußern würde. Anhand mancher Aussagen, die ich in Predigten oder Unterrichtslektionen gehört habe, hatte ich den Eindruck gewonnen, dass meine kritischen Gedanken zum praktizierten „Geistlichen Kampf“ mit hoher Wahrscheinlichkeit als Rebellion gegen das Leitungsteam und seine geistlichen Eindrücke interpretiert würden. So behielt ich diese Gedanken für mich und entschied mich, äußerlich weiter mit zu machen, ob das nun geistlich war oder nicht.

Ausstieg

Was ich zu diesem Zeitpunkt unterschätzte, war die beständige Wirkung der Umgebung auf mich. Alle ca. 200 Leute „kämpften“ so ernsthaft, hingegeben und standhaft. Könnte es sein, dass wir alle auf dem falschen Dampfer waren oder lag mein Problem mit dem „geistlichen Kampf“ doch nur in mir selbst, dass ich mich in der Schule nur als außenstehender „Gast“ empfand, wiederholt den Unterricht schwänzen und einfach nur abhauen wollte? Das verunsicherte mich.

Dazu kamen die geistlichen Szenerien, die mit kurzen einprägsamen Texten oft in Liedform proklamiert wurden und sich bei mir bildhaft einprägten. Mein Weltbild wurde dadurch immer mehr von dunklen negativen "weltlichen" oder "satanischen" Kräften geprägt, die es „in der Kraft des Herrn“ mit „der Waffenrüstung Gottes“ zu bekämpfen gälte, indem wir beständig Seinen Sieg proklamierten.

Die „Welt“ schien mir immer dunkler und bedrohlicher zu werden und das Schulgelände wurde in meinen Gefühlen immer mehr zur „Oase des Lichts“. Nach einiger Zeit fühlte ich mich „draußen“ immer fremder und bedrückter und mochte das Schulgelände gar nicht mehr verlassen. Anderen fiel das kaum auf, da ich auch nur selten „raus“ musste. Essen, schlafen, Veranstaltungen… alles war auf dem Schulgelände möglich und im angrenzenden Wald konnte ich Sport treiben und mich entspannen. Wozu also noch in die Stadt? Dadurch wurde ich immer „weltfremder“.

Ein anderer Einfluss, der mich zusätzlich verunsicherte, waren einige rhetorisch sehr begabte Redner, die auf den Veranstaltungen zum Teil hypnose-induzierende Techniken anwendeten und die Wirkungen, die sie auf manche Teilnehmer hatten, als „Kraft des Heiligen Geistes“ beschrieben. Dies beeindruckte mich anfangs tief, später verunsicherte es mich immer mehr. War es wirklich der Heilige Geist, der diese „Manifestationen“ hervorrief?

Da ich schon vorher in anderem „weltlichen“ Rahmen mit Hypnose-Phänomenen zu tun gehabt hatte, die recht ähnlich eingeleitet wurden, war ich mir nicht sicher über die Kraftquelle dieser Phänomene. Aber ich wollte den Heiligen Geist „nicht betrüben“ und betete an solchen Veranstaltungen immer wieder: „Herr, wenn das von dir ist, möchte ich das auch erleben, sonst nicht.“ Während der ganzen Zeit erlebte ich dann in solchen Veranstaltungen oft ein friedliches Gefühl, war aber nie „überwältigt“, „erschlagen“ oder sonst irgendwie extrem berührt. Einmal wollte mich ein Redner beim Gebet mit sanftem Druck zum umfallen bringen, was ich aber nicht wollte und „widerstand“. Aber sonst haben mich diese dominant auftretenden, oft witzigen redegewandten Redner schon beeindruckt, weil sie so „stark“ schienen.

All dies hatte Effekte auf mich: Durch die hohe Informationsdichte während der Unterrichts- und Veranstaltungszeiten und die wenige Zeit, über alles nachzudenken und anhand der Bibel zu prüfen, nahm ich unbemerkt immer mehr der Aussagen dieses Lehrsystems in mir auf. Das Prüfen der Lehrinhalte wurde auch nicht sehr ermutigt und es gab keinen Raum, kritische Gedanken zu den unterrichteten Lehren zu äußern oder mit Gesprächspartnern zu erörtern.

Innerlich bekam ich immer mehr das Weltbild einer düsteren, von Dämonen beherrschten feindlichen Welt, die durch unsere „geistliche Kampfführung“ freigebetet werden musste. Das schien mir eine unendliche Mammut-Aufgabe, die mir anfangs viel Spaß machte, mir aber zunehmend laut, seltsam, ermüdend und manchmal langweilig monoton erschien. Außerdem schien es auch keine wirklichen Ergebnisse zu geben - außer den Aussagen der geistlichen Leitung mit ihren Eindrücken von „Durchbrüchen“ in der geistlichen Welt.



Die ersehnte "Herrlichkeit Gottes" - seine gefühlte Nähe - erlebte ich irgendwie nie so richtig, auch wenn andere wiederholt davon sprachen, wie „gesalbt“ diese Lobpreiszeit gewesen wäre. Innerlich fühlte ich mich immer isolierter: nicht richtig in die Gemeinschaft der Schule integriert, aber auch die Außenwelt schien mir düster und bedrohlich. Mehr und mehr zog ich mich in die Nische des Tanzens zurück und wurde dort in Ruhe gelassen, wusste aber nicht, wie es nach der Schulzeit weitergehen sollte.

Als die Schulzeit dann beendet war und ich ängstlich und verzagt wieder zurück in die Welt zog, war mir diese sehr fremd geworden. Ich versuchte wieder, in meiner Gemeinde Fuß zu fassen, vermisste aber sehr die gewohnten Strukturen der Schule, vor allem die täglichen Musik- und Tanzzeiten. Nun fühlte ich mich sehr einsam und auch CDs mit „Lobpreismusik“ konnten das nur wenig lindern. Andererseits war ich sehr stolz auf meine Ausbildung zum „geistlichen Kämpfer“ und ich glaubte, nun mehr Einblicke in die geistliche Welt zu haben als die meisten der übrigen Gemeindemitglieder.

Da ich es gewohnt war, laut, ausdrucksstark, bunt und proklamierend zu beten, fühlte ich mich „vollmächtiger“ und „kühner“ als die Gemeindemitglieder, die dies leise und zurückhaltend zu tun gewohnt waren. Heute ist mir das sehr unangenehm, wie stolz und arrogant ich zu dieser Zeit gedacht und mich ihnen gegenüber verhalten habe. Dadurch verstärkte ich außerdem die innere Distanz zu ihnen und wurde noch einsamer.

In der Folgezeit besuchte ich hin und wieder Veranstaltungen der Schule und fühlte mich kurzfristig wieder „zuhause“ und „frei“. Nur dort schien mir ein „offener geistlicher Himmel“ zu sein, eine Oase inmitten einer dunklen Welt und einer „unerweckten fleischlichen“ Gemeinde. Ich merkte nicht, wie stark geprägt und abhängig ich von dem „charismatischen“ System geworden war, wie arrogant anderen ruhigeren Christen gegenüber, aber auch wie anfällig gegenüber schmeichelnden, manipulativen oder einschüchternden Techniken dominanter Redner, die ich damals so sehr bewunderte und gern so werden wollte wie sie.

Hätte nicht ein "apostolischen" Team solcher Redner es etwa ein Jahr nach Verlassen der Schule wirklich versucht, mich zu solcher Dominanz und solchen Techniken zu coachen, und hätten sie nicht an einem Punkt den Bogen überspannt, hätte ich vielleicht den Ausstieg aus dieser Szene gar nicht geschafft. Mit ihrem extremen, dominanten und arrogant wirkenden Verhalten führten sie mir drastisch vor Augen, auf welchem Weg ich bereits war und wie meine geistliche „Karriere“ möglicherweise weitergehen würde. Das schockierte mich sehr und ich beendete den Kontakt zu ihnen und der charismatischen Szene.

Es begann ein harter und einsamer Prozess, wo ich mich mithilfe von Bibel und Internet-Artikeln mit den Sonderlehren der charismatischen Szene auseinandersetzte und Abstand gewann. Darunter war die Wort-des-Glaubens-Bewegung mit den Proklamationen der Identität in Christus, dem „Binden“ und „Lösen“ und „In Existenz sprechen“, die Lehre der Geistlichen Kampfführung, die Lehre zur Bedeutung des „Lobpreises“ und der sog. „Hütte Davids“, den „Manifestationen“, dem „Sprachengebet“ als „geistlich stärkend“, und anderen Themen.


Schlussfolgerungen

Den Leuten, die sich in dieser „charismatischen“ Szene engagieren, geht es meiner Meinung nach nicht um finanzielle Zwecke oder die Lust, andere zu beherrschen. Ich glaube, sie sind von den Visionen, den Zielen und dem System überzeugt und möchten es anderen interessierten Menschen weitergeben. Ich glaube aber auch, dass Teile des Systems nicht aus der Bibel entnommen sind oder sich aus biblischen Elementen verselbstständigt haben. Hier meine ich zum Beispiel den übersteigerten Wert des Bekennens und Proklamierens, die Ausgestaltung der „Geistlichen Kampfführung“, das Weltbild mit Territorien, Dämonen und Geistlichen Wolken, den Kampfwert des „Hohen Lobpreises“. Diese Verschiebungen bewirken eine Kanalisation der Zeit, Kraft und Aufmerksamkeit auf virtuelle Räume und lenkt von der tatkräftigen Begegnung mit Menschen und Problemen der Welt ab.

Manchen Menschen wird es dadurch leicht gemacht, vor anstrengenden Auseinandersetzungen mit anderen Menschen in eine geschützte „Gebetskammer“ auszuweichen und dort zu „kämpfen“. Das kann zu Stolz und einem falschen Selbstbild führen. Durch die Vermittlung des Weltbildes mit "territorialen Dämonen" können aber auch Ängste erzeugt werden. Beides kann die Beziehung zur Außenwelt erschweren.

Durch einen autoritären Leitungsstil, der auch mit geistlicher Manipulation arbeitet (wenn zum Beispiel in Veranstaltungen immer wieder vermittelt wird, wie sehr Gott Unterordnung segnet, und dass geistliches Wachstum durch Unterordnung geschähe, während ein kritischer Geist Rebellion und Widerstand gegen Gott sei), besteht die Gefahr, dass ungefestigte Persönlichkeiten in ihren inneren Konflikten pauschal vorverurteilt, isoliert, allein gelassen und so zusätzlich belastet werden, statt ihnen Hilfestellung zu geben.

Wenn das Leitungsteam nach außen hin eine Unberührbarkeit signalisiert, indem es sich als „von Gott eingesetzt und gesalbt“ proklamiert, keine Kritik willkommen heißt und offiziell keinen Fehler zugibt, induziert dies beim Gegenüber, dass mögliche Konflikte und Fehler bei den Kritisierenden liegen müssen. Ihnen wird freigestellt, das System zu verlassen, aber das System bleibt unverändert bestehen. Dies mag auch eine Folge der Wort-des- Glaubens-Proklamationskultur sein, wo auch Konflikte „wegproklamiert“ werden, da bereits das Aussprechen von unbequemen Themen ein „in Existenz sprechen“ von Negativem angesehen wird. In einem solchen Fall scheint es keine andere Möglichkeit zu geben, als sich (mit traurigem Herzen) vom System abzuwenden und Gott den Rest zu überlassen.
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