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Islamische Rechtsgelehrte streiten über das Rauchen


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Beim Barte des Propheten: Islamische Rechtsgelehrte streiten über das Rauchen





Von Dietrich Alexander


8. März 2010

Juristen suchen in den prophetischen Textquellen nach Hinweisen auf ein Tabakverbot - In den Teestuben und Cafés verfolgen rauchende Muslime diesen Disput eher amüsiert


Berlin - Im gesamten Koran, dem heiligen Buch der Muslime, lässt sich kein Vers finden, der dem Propheten Mohammed zugeschrieben wird und der da hieße: "Rauchen ist verboten!" Das mag daran liegen, dass der Genuss von Tabak zu Lebzeiten des Propheten, zu Anfang des 7. Jahrhunderts nach Christus also, auf der Arabischen Halbinsel unbekannt war.

Berlin - Im gesamten Koran, dem heiligen Buch der Muslime, lässt sich kein Vers finden, der dem Propheten Mohammed zugeschrieben wird und der da hieße: "Rauchen ist verboten!" Das mag daran liegen, dass der Genuss von Tabak zu Lebzeiten des Propheten, zu Anfang des 7. Jahrhunderts nach Christus also, auf der Arabischen Halbinsel unbekannt war.

Es gibt nicht wenige islamische Rechtsgelehrte, die das in muslimischen Ländern sehr stark verbreitete Rauchen für Teufelszeug halten und es per Fatwa (religiöses Rechtsgutachten) untersagen wollen. Sie suchen in Koran und überlieferten Sammlungen der Sprüche und Handlungen Mohammeds (Hadithe) nach Hinweisen, der Prophet könne in Sorge um das Wohl seiner Anhänger einen Satz gesagt haben, der es durch juristische Interpretation oder Analogieschluss rechtfertige, den Rauch aus den Teestuben und Cafés zu verbannen.

Ihr Erfolg ist bisher überschaubar. Die Gelehrten bemühen gern Sure 7, Verse 156/157 im Koran: "Allah sagt, meine Barmherzigkeit kennt keine Grenzen. Ich werde sie denen zukommen lassen, die dem Propheten folgen, der ihnen gebietet, was Recht ist, und verbietet, was verwerflich ist, der die guten Dinge für erlaubt und die schlechten für verboten erklärt." Die Textstelle lässt viel Raum für Deutung und Interpretation, aber da Rauchen schädlich sei, könne man mit dieser Sure ein Rauchverbot rechtfertigen, meinen die Autoren weit über 400 einschlägiger Fatwas.

Das saudi-arabische Komitee für akademische Forschung und Fatwa ist bei der Quellensuche gern behilflich und konstatiert: "Im Hinblick auf den Schaden, den Tabakgenuss verursacht, ist die Anpflanzung, der Handel und das Rauchen von Tabak als Haram (streng verboten) zu betrachten. Der Prophet Mohammed hat gesagt: Füge dir selbst und auch anderen keinen Schaden zu!" (Sure 2, Vers 195). Und schließlich: Zigaretten sind teuer, und der Prophet, das immerhin ist glaubhaft überliefert, verabscheute Verschwendung: "Die Verschwender sind die Brüder der Teufel" (Sure 17, Vers 27).

Der osmanische Sultan Murad IV. (1610 bis 1640) machte sich nicht die Mühe, nach überlieferten Quellen zu suchen, sondern verbot Kraft seines Amtes den Tabakgenuss und schloss, um es durchzusetzen, diverse Kaffeehäuser in Istanbul. Aber den Triumphzug des blauen Dunstes der Zigaretten und Zigarren Anfang des 17. Jahrhunderts in der arabisch-islamischen Welt konnte er nicht aufhalten. Er starb mit gerade 29 Jahren - nicht an Lungenkrebs, sondern an Gicht.

Im Iran konnte Großayatollah Mirza Hassan Shirazi im Jahr 1891 per weitgehend vom Volk befolgter Fatwa eine Tabakrevolte auslösen. Damals ging es aber weniger um das Wohl der Perser als um den religiös motivierten Protest gegen die Kolonialmacht Großbritannien. Herrscher Naser al-Din Schah gedachte damals, dem britischen Major G. F. Talbot eine Tabaklizenz zu erteilen. Der Tabakumsatz brach ein, die Lizenz wurde wieder entzogen, die schiitische Geistlichkeit gerierte sich als erste Front im Kampf gegen westlich-koloniale Begierden. Und nach gewonnener Machtprobe rauchte tout Teheran.

Der Streit ist noch immer aktuell und weit davon entfernt, gelöst zu sein. Im September 2000 sorgte der damalige ägyptische Großmufti Scheich Nasr Farid Wassel für Aufsehen, als er das Rauchen in einem Atemzug mit Alkoholgenuss und Drogenmissbrauch als große Sünde und mit dem Islam unvereinbar geißelte. Der Mufti ging so weit, zu erklären, dass das Rauchen des Ehepartners als Scheidungsgrund anerkannt werde und weit schlimmer sei als der Genuss von Alkohol, da der Rauch auch die Mitmenschen schädige.

Damit begab er sich in Opposition zu Mohammed Sayed Tantawi, Großscheich der für den sunnitischen Islam richtungsweisenden Kairoer Al-Azhar-Universität. "Ich stimme nicht zu. Kein vernünftiger Mensch würde je behaupten, dass Rauchen schädlicher sei als Alkoholgenuss - eine der größten Sünden im Islam." Diesen internen Machtkampf entschied der Großscheich jedenfalls für sich: 2003 löste Ali Gomaa den auch in anderen Fragen aufmüpfigen Großmufti ab.

Gerade in Ägypten wird die Diskussion aber weiterhin leidenschaftlich geführt: Einer Erhebung aus dem Jahr 2007 zufolge rauchen die Ägypter 19 Milliarden Zigaretten jährlich. Ein religiöses Verbot scheint kaum durchsetzbar. Dabei hat die Diskussion um das ebenfalls weitverbreitete Rauchen der Wasserpfeife - auch Narghile, Schischa oder Hookah genannt - noch gar nicht eingesetzt.
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