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Leiderfahrungen im Angesicht eines liebenden Gottes


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4 Antworten in diesem Thema

#1
Rolf

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Copyright by Rolf Wiesenhütter
Der Abrdruck oder Verlinkung dieses Vortrages bedarf der schriftlichen Genehmigung durch den Autor und ist nur unter Quellenangabe möglich. Anfragen unter www.rolf.wiesenhuetter@t-online.de



Leiderfahrungen in dieser Welt
oder die Frage –

gibt es im Angesicht des Leids
einen liebenden Gott ?





Ein Vortrag von Rolf Wiesenhütter



Teil 1


Ich bedanke mich ganz herzlich, dass ich heute Gelegenheit habe, hier wieder einen Vortrag zu halten.

An den Anfang stelle ich ein Zitat aus einem Buch von
Nicholas Gommez Davilla. Er ist ein Denker, unfassbar belesen und er ist vor kurzem gestorben. Nicholas Gommez Davilla hatte die Fähigkeit ganze Bücher in einem Satz zusammenzubringen, von einer Klugheit, die ist erstaunlich.

Und ich habe von diesem Mann einen erstaunlichen Satz gefunden, der lautet:

„ Die Seelen, die das Christentum nicht erreicht, reifen nie! Wenn es jemals in der europäischen Geschichte eines Beweises bedurft hätte, was Atheismus an Verwahrlosung hervorbebringen kann, dann haben wir das in den letzten 70 Jahren erlebt.“


Nun will ich erzählen, wie ich zu diesem Thema – Leid - und den Gedanken, die ich hier vortragen möchte, gekommen bin.

Mein Freund, Herr Karge hat mich darauf gebracht, als er eines Tages ein Besuch bei uns machte und dabei mit einem Anliegen an uns herantrat.

Er hatte für eine Öffentlichkeitsarbeit ein Lied geschrieben und komponiert und bat uns, ob wir dieses Lied nicht einüben und aufnehmen könnten.
Und darüber hinaus gab es noch das Problem, dass das Lied nicht ganz fertig war. Er sagte, er tut sich schwer mit dem Lied, dahingehend, den Schluß zu formulieren.

Wir wollten uns also gemeinsam Gedanken machen, wie wir den Text zu Ende bringen könnten. Nur, die Geschichte, die sich hinter diesem Lied verbarg, die kannte ich gar nicht.

Zuerst lese ich mal den Text, so wie er ihn mitgebracht hat. Bitte erschrecken Sie und Ihr nicht beim Hören dieses Textes, es geht hier nicht um einen Schlager oder ein Volkslied, das man so vor sich hinträllert, sondern es geht hier in diesem Lied, um das sicherlich finsterste Kapitel deutscher Geschichte und Wahrheit.

Das Lied geht so: Es heißt:



Das Blumle


Refrain:
Das Blumle soll hören
Die Vögel im Walde,
die Amsel, die Drossel, und auch den Star.

Das Blumle will singen
Das Blumle will springen,
das Blumle will leben wie jedes Kind.

Intermezzo:
Renn, Blumle, renn, so schnell wie du kannst!
Renn, Blumle, renn, so schnell wie du kannst!
Renn, Blumle, renn, sie Razzia, die kommt. Versteck dich.

Vers:
Das kleine Mädchen
Lebte im Städtchen
Mit der Familie einfach und fromm.

Angst lähmt die Menschen
SS - jagt die Juden
Treibt sie aus den Häusern zum Tod hinaus.

Refrain:
Das Blumle will malen
Ein Bild mit viel Blumen
Mit Rosen und Tulpen und Sonnenschein.

Das Blumle will singen
Das Blumle will springen
Das Blumle will leben wie jedes Kind.

Vers:
Blumles Schwester
Entkommt ihrem Häscher
Flieht zu den Nachbarn ins Polenhaus.

Im Erdlochkeller
In kalten Verstecken
Überlebt die Shifra das Ende des Kriegs.


Refrain:
Das Blumle soll träumen
Von Blumen an Wegen
Von Veilchen, von Bienen und Zauberkraut.

Das Blumle wird singen
Das Blumle wird springen
Das Blumle wird leben wie jedes Kind.

Vers:
Ganze Familie
Bringt man ins Lager
In dem der Hunger und der Tod regiert.
Mit zwanzig Kindern
Muß das Blumle leiden.
Mit tödlichen Keimen impft sie ein Arzt.
Im Keller der Schule werden sie erhängt.



Bis hierher erst einmal. Und wir waren überein gekommen, so kann das nicht zu Ende sein. Da fehlt das Entscheidende. Was da fehlt, das ist ein Wort des Trostes.

Nun möchte ich zunächst kurz die Geschichte erzählen, die hinter diesem Lied steckt. Ich habe dazu umfangreich recherchiert und auch mehrere Bücher gelesen.

Wir schreiben den 17. August 1944. Der Reichsführer Heinrich Himmler hatte auf Anraten des Reichsärzteführers Dr. Leonardo Conti einen Erlass ausgestellt, der anordnete, dass ab sofort Juden von der medizinischen Langzeittherapie der Lungen - TBC auszuschließen seien, weil der finanzielle Aufwand für das minderwertige Leben zu hoch sei.

Adolf Hitler hatte bereits zwei Jahre vorher entschieden, dass grundsätzlich, wenn es um das Staatswohl geht, der Menschenversuch zugelassen sei, und dass man dafür
Häftlinge nehmen solle.

Himmler hatte sich diese Anweisungen zueigen gemacht, weil der dem Wahn unterlag, eine eigene
SS – Wissenschaft aufziehen zu wollen.


Auf diesen Zug sprang am 17. August 1944 ein 38 jähriger Oberarzt auf, der schon seit zehn Jahren Arzt war, und gerne Professor werden wollte. Sein Name ist

Dr. Kurt Heißmeyer.

Um nun sein angestrebtes Ziel zu erreichen, musste er eine wissenschaftliche Arbeit vorweisen. Er schlug dem Reichsärzteführer einen Versuch zur Bekämpfung der
Tuberkulose vor. Die notwendigen Experimente sollten nicht an Tieren, sondern an Menschen vorgenommen werden.

Heißmeyer wollte die Theorie der österreichischen Tuberkuloseforscher A. und H. Kutschera – Aichbergen über die Bekämpfung schwerer Lungentuberkulose durch künstlich erzeugte Hauttuberkulose, in der Praxis erproben.

Die beiden Österreicher hatten in mehreren Veröffentlichungen die Ansicht vertreten, die Immunitätslage eines an offener Tuberkuloseerkrankten Patienten werde durch das künstliche Setzen eines zusätzlichen Tuberkuloseherdes verbessert.

Obwohl sich in fast allen Ländern der Erde zu diesem Zeitpunkt alle namhaften Tuberkuloseforscher bereits einig waren, dass diese These falsch sei, bekam Heißmeyer die Genehmigung, seine Forschungen aufzunehmen.

Es wurde entschieden, dass er seine Arbeiten in Neuengamme durchführen sollte.

Nun brauchte man Versuchspersonen. Der SS-Arzt Dr. Josef Mengele, von dem ja bekannt ist, dass er bei den eintreffenden Transportzügen unmittelbar entschied, wer noch leben durfte, und wer sofort in den Tod geschickt wurde, bekam den Auftrag, 20 gesunde Kinder auszuwählen.

Zu diesen Kindern gehörte das Mädchen Blumel Meckler, 11 Jahre alt, deportiert aus Polen. Und Blumle war ihr Rufname.

Die Kinder wurden von den übrigen Häftlingen abgesondert und in der Baracke 4a einquartiert, weil man die Versuche vor den übrigen Häftlingen verbergen wollte. Dort genossen sie einen Sonderstatus, die Baracke wurde beheizt und sie bekamen gutes Essen, denn sie sollten unbedingt gesund sein für die Versuche.

Und dann begann die Behandlung. Man ritzte mit einem Skalpell die Haut an den Oberarmen der Kinder ein und rieb Tuberkulosebakterien in die offenen Wunden.

Das war Heißmeyer bald nicht mehr genug. Er wollte nun feststellen, ob sich in den Lymphdrüsen der Kinder Abwehrstoffe gegen die TBC – Erreger gebildet hätten. Da er selbst kein Chirurg war, wurde ein tschechischer Arzt gezwungen, den Kindern die Lymphdrüsen in den Achselhöhlen herauszuoperieren.

Als auch das nicht zufriedenstellend war, wurden den Kindern schließlich Lungenkatheder gesetzt und die Tuberkulosebakterien wurden den Kindern direkt in die Lungenflügel eingespritzt.

Damit der Herr Dr. Heißmeyer den Vorgang beobachten konnte, mussten die Kinder bei diesem Vorgang hinter einem Röntgenapparat stehen, weil die Veränderung der Lungenflügel beobachtet werden sollten.

Kaum vorstellbar welche Grausamkeiten, welches Leid
diesen Kindern über Monate hinweg widerfahren ist.


Als dann der Krieg zu Ende ging, die Engländer immer näher kamen, wurden die Kinder schließlich abgeholt und in die Schule in Hamburg am Bullenhuser Damm gebracht. Hier wurden sie mit Morphium bewusstlos gespritzt und dann wie Vieh an Fleischerhaken im Keller der Schule erhängt.

Man kann sich kaum vorstellen, dass es Menschen waren, die hier diese unmenschliche Tat vollbrachten, wenn man nachliest, dass sich die Erwachsenen Schergen mit ihrem ganzen Körpergewicht an die aufgehängten Kinder klammerten, um ganz sicher zu gehen, dass man sie auch wirklich umgebracht hatte.

Ein unsägliches Leid, dass hier geschehen ist. Und dazu kommt dann in der Folge das Unrecht, dass im nachhinein stattfindet.


Dr. Heißmeyer wäre für seine Untaten niemals bestraft worden, wenn nicht am 21. Mai 1959 ein pensionierter Diplomvolkswirt den Stern gekauft hätte. Der Redakteur Jürgen von Kornatzki erzählte in einem Artikel die Geschichte des Außenlagers von Neuengamme, bei dem die zwanzig jüdischen Kinder im Alter von 4 bis 12 Jahren schließlich getötet worden waren. Und er erwähnte den Namen Kurt Heißmeyer.

Da dieser aber zwischenzeitlich in der DDR wohnte, dauerte es noch fünf Jahre, bis Heißmeyer endlich am 13. Dez. 1964 in seinem Haus in Magdeburg verhaftet wurde. Er hatte inzwischen eine große Praxis und ihm gehörte die einzige Tuberkulose – Fachklinik der DDR.

Am 21.6. 1966 wurde ihm schließlich am Amtsgericht Magdeburg der Prozess gemacht.

Sein Verteidiger Dr. Wolfgang Vogel sagte in seinem Plädoyer:

„ Der Angeklagte hat nunmehr 20 Jahre unbestreitbar das Gegenteil von dem getan, was ihn auf die Anklagebank brachte. Deshalb sitze er auch nicht als Akteur des faschistischen Vernichtungsprogramms auf der Anklagebank. Er war nicht der Henker im weißen Kittel, es ging ihm nicht um die Mitwirkung an der Endlösung der Judenfrage. Ihm ging es nur um freie Bahn für seine pseudowissenschaftliche Besessenheit, die nichts dabei fand, den Menschen einem Kaninchen gleichzustellen.“

So zeichnete Wolfgang Vogel nicht das Bild eines geborenen Verbrechers, eines Teufels, sondern das eines weichen Durchschnittsbürgers aus jener Schicht, die ihrem Staat bis ins letzte Verbrechen treu ist.

Er sagte weiter, ....“man solle das in der Bundesrepublik nicht vergessen, die ehemalige Nazis zu Ministerpräsidenten (Beispiel Filbinger) zu Bundeskanzlern (Beispiel Kiesinger) und Bundespräsidenten (Beispiel Lübcke) machte, während sie jahrelang kommunistische Briefträger, Lehrer und Lokomotivführer aus dem Amt entfernte.

Heißmeyers Schuld am Tode der Kinder sei nicht erwiesen, fasste Vogel zusammen, denn: „Für die strafrechtliche Verfolgung des Angeklagten reicht es nicht aus, damit zu argumentieren, dass durch die Versuche an den Kindern objektiv eine Ursache für den Mord gesetzt worden ist.“

Schließlich wurde am 30. Juni 1966 das Urteil gesprochen. Dr. Kurt Heißmeyer wurde 21 Jahre nach der Tat wegen verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft verurteilt.

Am 29. August 1967 starb Heißmeyer an den Folgen eines Herzinfarktes.



Einen zweiten Namen, Arnold Strippel möchte ich abschließend erwähnen. Strippel war der Außenkommandant vom Bullenhuser Damm und verantwortlich für die Ermordung der Kinder. Er wurde dafür rechtmäßig vom Schwurgericht Frankfurt am 1. Juni 1949 zu 21 fach lebenslänglich Zuchthaus verurteilt.

1969 wird er entlassen, nachdem es ihm gelungen ist, seinen Prozess neu aufzurollen.

Im Verlauf dieses Prozesses hält der Staatsanwalt Münzberg die Anschuldigungen gegen den Angeklagten Strippel für weitgehend widerlegt. In seinem Plädoyer sagt Münzberg als rechtliche Würdigung der Morde:

„Die Kinder seien zwar aus niedrigen Beweggründen, und zur Verdeckung einer anderen Straftat getötet worden. Die Tat sei auch heimtückisch ausgeführt, aber nicht grausam gewesen. Denn den Kindern seien keine besonderen Schmerzen oder Qualen zugefügt worden.



Die Ermittlungen haben nicht mit der erforderlichen Sicherheit ergeben, dass sich die Kinder über Gebühr lange quälen mussten, bevor sie starben.


Im Gegenteil spricht manches dafür, dass sämtliche Kinder gleich dem Empfang der ersten Spritze das Bewußtsein verloren, und aus diesem Grunde alles weitere, was mit ihnen geschah, nicht wahrgenommen haben.

Ihnen ist also über die Vernichtung ihres Lebens hinaus
kein weiteres Übel zugefügt worden, sie hatten insbesondere nicht besonders lange seelisch oder körperlich zu leiden.“



So steht des wörtlich in der Gerichtsakte.

Am Ende des Prozesses wird das Urteil korrigiert. Strippel wird nicht mehr als Verantwortlicher, sondern nur noch als Mordgehilfe zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt. Er verlässt als freier Mann den Gerichtssal.

Für die 14 Jahre Haft, die er nun zuviel eingesessen hat, wird ihm eine Haftentschädigung von 121.500 DM
zugesprochen. Daraufhin kommt es zu einem Eklat im Deutschen Bundestag, als der Abgeordnete Norbert Gansel eine Beurteilung der Regierung zu diesem Fall forderte.

Der Staatssekretär Wermsdorf antwortete in der Fragestunde am 9. Mai 1973, die Entschädigung des
KZ – Schergen Strippel bezog sich nur auf materielle Schäden wie Verdienstausfall, Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen, sowie Auslagen im Strafverfahren.

In dergleichen Fragestunde sagte er, dass die Entschädigung für NS – Verfolgte hätten jedoch nur im Rahmen der Finanzkraft von Bund und Ländern geschehen können.


Am 20. April 1979 standen die Angehörigen der ermordeten Kinder zum ersten mal an der Mordstätte.
Es folgte eine einjährige Verhandlung mit dem Hamburger Senat, dann wurde die Schule am Bullenhuser Damm zur Gedenkstätte erklärt.

Die Hamburger rechtsextremistische Szene reagierte darauf unter Anführung von Manfred Röder am 27. April 1980 mit einer Rohrbombe, durch die nur durch Zufall niemand getötet wurde.

Nun wird die ganze Geschichte wieder publik, ein Aufschrei geht durch Bevölkerung und am 18. April 1986 wird der Prozess gegen Strippel noch einmal aufgerollt. Die Schirmherrschaft für diese Verhandlung übernahm der damals regierende Bürgermeister Klaus von Dohnani. Am 28. Januar 1987, als das Urteil verkündet werden soll, wird das Verfahren gegen Strippel wegen Verhandlungsunfähigkeit endgültig eingestellt.

Ihm wird aus der Staatskasse Kostenentschädigung zugesprochen. Der regierende Bürgermeister ließ sich
Anlässlich der Urteilverkündigung wegen dringender Amtsgeschäfte entschuldigen. Später wurde bekannt, dass Klaus von Dohnanyi zu diesem Zeitpunkt an der Premiere des Musicals Cats teilgenommen hatte.


Soweit die Geschichte.


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#2
Rolf

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Leiderfahrungen in dieser Welt
oder die Frage –

gibt es im Angesicht des Leids
einen liebenden Gott ?




Ein Vortrag von Rolf Wiesenhütter



Teil 2




Soweit die Geschichte.

Unsägliches Leid und daraus resultierende Ungerechtigkeiten. Da stellt sich uns unweigerliche die Frage: Wo ist Gott denn da eigentlich. Kann man im Angesicht solcher Erfahrungen überhaupt noch an einen existierenden, liebenden Gott glauben?




Warum lässt ein liebender Gott so etwas zu? Ist er nicht ein ziemlich machtloser Allmächtiger?



Und wenn ja, warum lässt er so etwas zu? Das unschuldigen Menschen, Kindern, so etwas wiederfahren muß. Wir haben lange darüber nachgedacht, und ich denke, die Frage nach der Ursache des Leids ist eine schmerzhafte Angelegenheit, gerade im Angesicht solcher Kinderschicksale.

Man kann mit Recht die Frage stellen, ob Gott in dieser Frage nicht ein ziemlich „Machtloser Allmächtiger“ ist. Und tatsächlich, überall wo das frohe Evangelium verkündigt wird, kommt bei uns Menschen immer wieder die Frage durch: Wie kann ein Gott der Liebe Leid und himmelschreiendes Unrecht zulassen? Man muß sich bei dieser Frage vor „billigen“ Antworten hüten. Leider wird in unserer Gesellschaft viel zu sehr zwischen Leid und Leid unterschieden. Über das Elend in dieser Welt wird heute am Biertisch oder bei einem Fernsehbericht, beim Genuß von Käse und Rotwein, über vergewaltigte Frauen oder verhungernde Kinder philosophiert. Erst wenn das Leid an unsere eigene Türe klopft, ändert sich die Situation schlagartig.

In diesem Moment kann man zweierlei Reaktionen beobachten. Die erste sehen wir in dem großen Heer von Menschen, die in ihrem Leben kaum einmal nach Gott fragen, ihn aber sofort empört anklagen, wenn in ihrem Leben irgend etwas schief geht oder Leid und Not ihr Leben erschüttern. Ich denke an die Geschichte eines Theologen, der, nachdem er an seinem Finger Verbrennungen erlitt, seinen Beruf an den Nagel hängte und Schauspieler wurde, weil ihn der Unfall zu der Erkenntnis führte: „Gott gibt es nicht.“ Er war wirklich der Meinung, wenn es Gott gäbe, müßte er eingreifen und Leid und Schmerz verhindern.

Ich denke auch an die Erfahrungen von Wolfgang Borchert, der mit einem schweren Lungenleiden aus dem zweiten Weltkrieg heimkehrte. Er hat seine Gedanken in dem Hörspiel „Draußen vor der Tür“ verarbeitet, das von Millionen Hörern gehört wurde. Eine Geschichte, die das Leid, die Schrecken und die Verzweiflung dieses Krieges in die Gegenwart zurückholt und für viele Menschen auch die Zukunft prägt. Wolfgang Borchert sagt von sich, daß er ein jähes Erwachen erlebte und er von jedweder religiösen Enttäuschung und Illusion befreit wurde. Sein Glaube erlosch.

Und so läßt er in seinem Hörspiel den Soldaten Beckmann immer wieder schreien:

„Wo warst Du eigentlich, als die Bomben brüllten? Wir haben nach Dir gebrüllt, geweint, geflucht. Wo warst Du da, lieber Gott? Warst Du lieb, als von einem Spähtrupp elf Mann fehlten? Elf Mann zuviel, lieber Gott, und Du warst nicht da, lieber Gott. Die elf Mann haben gewiß laut geschrieen in dem einsamen Wald, aber Du warst nicht da. Einfach nicht da, lieber Gott! Warst Du in Stalingrad lieb, lieber Gott? Warst du Da lieb? Wie? Wann warst Du eigentlich lieb, Gott, wann? Wann hast Du Dich jemals wirklich um uns gekümmert?“

Und Millionen von Menschen nehmen diese Frage, diesen Aufschrei auf: „Gott, wo bist Du?“ In Ex – Jugoslawien, im Kosovo, in Somalia, im Sudan... Wo ist Gott?

Warum dieses Töten und Morden? Warum diese Ungerechtigkeit? Warum ist diese Welt so, wie sie ist? Warum haben viele zu wenig um zu leben, und zuviel, um zu sterben, während andere nicht wissen, wohin mit ihrem Überfluß?

Und wir reden über die abscheulichste Variante der Ungerechtigkeiten, wenn wir über das Schicksal eines Kindes wie Blumele nachdenken. Völlig unschuldig, ahnungslos, wird so ein Kind das Opfer von Wahnsinnigen, und es muß die grausamsten Grausamkeiten über sich ergehen lassen und schließlich mit dem Tod bezahlen.

Die Theologen sind die Berufsgruppe, die auf diesen Wahnsinn des Abscheulichen und Unfaßbaren eine Antwort geben sollen. Eine Antwort in das Leid der Betroffenen, Angehörigen und Hinterbliebenen hinein, die faßbar sein soll, die tragbar sein soll, die das Weiterleben der Überlebenden erträglich machen soll und gleichzeitig Trost und Zuversicht ausstrahlen. Diese Antwort soll der Theologe zuerst für sich selbst finden um vertrauensvoll und glaubwürdig auftreten zu können. Bei nüchterner Betrachtung erscheint uns das wie die Quadratur des Kreises, eine Unmöglichkeit.

Muß da nicht jeder Gedankenansatz im Keim ersticken?

Wir leben in einer Welt, wo uns das Böse auf jeder Ebene unseres Lebens begegnet.
Warum kommen Babys aufgrund von Medikamenten- oder Drogenmißrauch blind oder verkrüppelt auf die Welt? Warum konnten Hitler, Stalin, Eichmann, Hussein und andere ihre Macht so bestialisch mißbrauchen? Zu allen Zeiten suchten Menschen in den verschiedensten Religionen und philosophischen Systemen nach einer Antwort auf diese brennenden Fragen.

Nicholas Gommez Davilla gibt eine Antwort in einem Satz, als er formuliert:

„Die Seelen, die das Christentum nicht erreicht, reifen nie, denn wenn es jemals in der deutschen Geschichte eines Beweises bedurft hätte, was der Atheismus an Verwahrlosung hervorgebracht hat, dann haben wir das in den letzten siebzig Jahren erlebt.“



Der Atheismus



Wenn wir uns die Geschichte der Menschen so anschauen, dann stellen wir fest, daß der Atheismus einer der großen Wegbereiter des Leids ist. Wie überall, beginnt das Leid in den Köpfen der Menschen. Die berühmtesten atheistischen Philosophen und Denker argumentierten mit dem Bösen und Leiden in dieser Welt, indem sie damit zu beweisen versuchten, daß ein allmächtiger Gott nicht existiere.

Epikur sagte: „Entweder ist Gott nicht gut, oder sonst ist er nicht allmächtig.“

Hume stellte die Frage: Will Gott das Böse nicht verhindern, oder kann er es nicht? Dann ist er ohnmächtig. Ist er fähig, aber nicht Willens, dann ist er böswillig.“

Die großen Atheisten sind davon überzeugt, daß sie alle Fakten intellektuell redlich abwägen würden, und ihre „Gott - ist – tot – Philosophie“ sei wohlbegründet.

Das Böse in der Welt ist eine Tatsache. Darüber läßt sich nicht streiten. Auch die Schlußfolgerung, daß das Böse mit Gott unvereinbar sei, ist richtig. Doch daß daraus der Schluß gezogen wurde, daß Gott nicht allmächtig oder nicht existent ist, der Schluß ist falsch.

Daran ändert auch nichts, daß brillante Vertreter wie Satre, Camus oder Hemmingway diese Sicht vertraten. Tatsächlich gelang es diesen meisterhaften Denkern, durch ihre Formulierungskünste der Welt die Sinnlosigkeit des modernen Menschen vorzuführen. Nach Ansicht dieser Herren ist der Mensch einer namenlosen, zufälligen sinnlosen Willkürlichkeit ausgeliefert. Dabei waren das nicht nur Meister der Sprache, vielmehr hatten sie ihre eigenen Lebenserfahrungen in Worte gekleidet und mit ihrer Dichtung verwoben.

Ernest Hemmingway nahm sich am 2. Juli 1961 das Leben, indem er sich mit seiner Jagdflinte selbst den Kopf fast vollständig wegschoß. „Der alte Mann und das Meer“ gehört zu seinen Meistererzählungen. Er drückt sein Credo darin aus, als er sagt: „Menschen können sich glücklicher Augenblicke erfreuen, die aber wieder verschwinden und dem Verderben, der Zerstörung ihren, Tribut zollen.“

Der französische Dichter und Philosoph Jean-Paul Satre sagt von sich selbst, er sei ein atheistischer Existentialist, ein Ungläubiger, für den es keinen Gott gibt. Er schreibt in seinem Buch „Die Wörter:“ Ich gelangte zum Unglauben nicht durch den Konflikt der Dogmen, sondern durch die Gleichgültigkeit meiner Großeltern.“

Satre war intelligent genug, um zu wissen, daß die Leugnung Gottes alle Werte zerstört und gleichzeitig der Willkür und Grausamkeit Tür und Tor öffnet.

Auch Dostojewski erkannte: „Wenn es Gott nicht gäbe, wäre alles erlaubt.

Diese Gedanken von Hemmingway, Satre und Dostojewski waren der Ausgangspunkt für den Existentialismus. Es war die Überzeugung, daß der Mensch zur Freiheit verdammt sei.

Albert Camus dagegen fand in sich selbst keine Antwort auf seine brennenden Fragen. So meinte er zu erkennen, daß alles Fragen in die Sinnlosigkeit des Daseins münden würde. Camus wußte ganz genau, daß sein Atheismus, der leere Himmel, seine Gott - ist - tot – Philosophie zugleich die Sinnlosigkeit und die Leere in die Herzen der Menschen überträgt.

Es waren die philosophischen Atheisten, die mit wachen Augen die Probleme dieser Welt sahen: Krankheit, Krieg, Hunger, Arbeitslosigkeit. Sie waren es , die den Menschen in seinem Denken bestärkten, das darin bestand, daß der Rücksichtslose, Verantwortungslose gut lebte und derjenige, der sich bemühte, Gutes zu tun, das Nachsehen hatte.

Sie waren es, die der Menschheit erklärten, daß, wenn ein Gott existierte, er die Guten belohnen und die Bösen bestrafen müßte. Und aus dieser Perspektive schlossen sie völlig logisch: Gott existiert nicht.
Das Leben ist ein Würfelspiel. Das war die Wirklichkeit für die, die scharf nachdachten.

Zu den philosophischen Atheisten gesellten sich die materialistischen Atheisten. Das waren die, die glaubten, das Leben sei durch Zufall entstanden, Der Stärkere überlebt, während der Schwache unbarmherzig ausgemerzt wird. Der Einzelne ist bedeutungslos. Wert hat der Staat, die Partei, die Gesellschaft. Wir haben es ja selbst in der deutschen Trennung miterlebt, wie durch diese Brille geschaut, die Fakten erdrückend zu beweisen scheinen: Gott existiert nicht! Alles ist Zufall. Dieses Denken führte zu einer Ellenbogengesellschaft. Egoismus führt zum Erfolg. Lebenswert ist nur das Starke, wer unterliegt ist minderwertig.

Das ist die Welt in der wir leben. Unser gottloses Denken mit verdrehten Wertvorstellungen führt zur Eskalation des Bösen. Das Normale, die Norm Gottes, wird belächelt. Das Perverse wird salonfähig. Wer heute biblische Werte vertritt, ist rückständig, ein Phantast. Wer von Treue in der Ehe spricht, ist nicht normal.

Aber, eine schamlose Gesellschaft entwickelt sich logischerweise zu einer mordenden Gesellschaft. Täter werden zu Opfern, und die Opfer werden zu Tätern. Die Welt ist so, wie sie ist, weil der Mensch in seinem Hochmut Gott für tot erklärt und sich selbst zum Maß der Dinge macht.

Hier geben sich die philosophischen und die materiellen Atheisten die Hand, denn sie haben bewiesen: Gott ist eine Illusion. Wer Gott für tot erklärt, der muß der Materie Ewigkeit zusprechen. Leblose Materie hat Leben erschaffen, geistlose Materie hat Intelligenz hervorgebracht. Materie ohne Moral und ohne Ethos soll Zweck und Ordnung geschaffen haben. Was braucht es für einen Glauben, um so viel Absurdes anzunehmen!

Wenn nun alles zufällig entstanden ist, wenn es letztlich keinen intelligenten Schöpfer gibt, dann ist der Mensch letztlich auch nur eine Maschine. Die Konsequenz dieses Denkens? Eine Maschine kann man abstellen, wenn sie nicht mehr die Leistung bringt, die man von ihr erwartet. In diesem Denken hat der Mensch nur dann einen Wert, wenn er funktioniert. Wenn nicht, wird er ausgemustert, weggeworfen.

Erst, wenn man diese Gedanken verstanden hat, begreift man, warum Karl Marx sein „Kapital“ zuerst Charles Darwin widmen wollte: Das kommt daher, weil evolutionistisches Denken letztlich zum Denken des Materialismus führt, von dem beispielsweise Lenin einer der bekanntesten Vertreter war.

Wo finden wir das wieder? Die Auswüchse dieses Denkens werden beispielsweise im Terrorismus offenbar. Der Grund des Terrorismus ist, daß Bakterien nur auf entsprechendem Nährboden gedeihen. Ein Kommentator der Newsweek schrieb einmal: „Der Terrorismus der letzten Wochen war ein Echo der Vergangenheit.“

Er hätte ebenso den Galaterbrief zitieren könnenin dem es heißt:

„Was der Mensch sät, daß wird er ernten.“

Die Grundlage für den Terrorismus wurde schon lange im autonomen, materialistisch denkenden Menschen gelegt.

Charles Darwin formulierte im Rahmen seiner zweifelhaften Entwicklungstheorien auch das

„Überleben des Stärkeren.“

Heinrich Himmler, der die Gestapo während des Hitler – Regimes unter sich hatte, erklärte, das Naturgesetz müsse mit dem Überleben des Stärkeren seinen Lauf nehmen. Das Ergebnis waren die Gaskammern.

Der Philosoph Hegel schuf die Voraussetzungen des modernen Denkens. Er sagte: „Die Wahrheit ist nicht mehr die unbedingte Wahrheit.“ Ein absoluter Maßstab wird nicht mehr akzeptiert. Wenn aber der Mensch kein Absolutum hat, der als Maßstab für die Gesellschaft gilt, dann wird die Gesellschaft ihr eigener Maßstab werden.

Die Konsequenz: Jeder lebt so, wie er es für richtig hält.

„Was ist das für eine furchtbare Grimasse der Freiheit? Es ist die Freiheit der Bosheit und Zerstörung.“


So sagte es einmal der Bundespräsident Scheel anläßlich der Trauerfeier für den von Terroristen ermordeten Arbeitgeberpräsidenten Hans Martin Schleyer.

Es ist die Verneinung des absoluten Maßstabes, wodurch wir uns selbst zerstören und die Grundlage zum Anarchismus legen. Überall, wo materialistisch gesinnte Menschen an die Macht kommen, ist die Brutalisierung vorprogrammiert.

Als Saigon in die Hände der Kommunisten fiel, zogen nach BBC – Berichterstattern dreizehn und vierzehnjährige Buben und Mädchen bewaffnet in die Stadt ein. Selbst die Soldaten aus Nordvietnam waren Teenager. Menschen, die in ihrer Jugend zur materialistischen Macht erzogen wurden.

Berthold Brecht bezeichnet Mitleid als die schwerste Sünde des Revolutionärs. (in seinem Buch „Die Maßnahme“)

Atheisten, die Gott für tot erklären und nicht an ihn glauben, glauben an nichts, außer an ihre eigenen Phantastereien. Dennoch, das Böse in dieser Welt als Beweis für die Nichtexistenz Gottes anzuführen, das entspringt einem fundamentalen Denkfehler.


Und nun möchte ich uns fragen: Wo kommt denn das Böse dieser Welt her? Die Brutalität? Das Unrecht ?




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Ein Vortrag von Rolf Wiesenhütter



Teil 3




Der Mensch und seine Verantwortung



An dieser Stelle möchte ich an ein Wort aus dem Markusevangelium erinnern. Es heißt: „Von innen aus dem Herzen des Menschen kommen die bösen Gedanken hervor.“

An einigen wenigen Beispielen habe ich versucht, die Wahrheit dieser Bibelstelle zu belegen.
Der Mensch denkt böse, und damit denkt er falsch. Wir meinen, früheren Kulturen eine ihren geistigen Fähigkeiten entsprechende adäquate Religion zuordnen zu müssen und glauben, entsprechend der Evolutionstheorie auch hier eine Aufwärtsentwicklung von primitiveren zu geistig anspruchsvolleren Religionsvorstellungen erkennen zu können.

Dieses Denken, das wir oft nur bruchstückhaft erkennen, hat ohne Zweifel die Menschheitsgeschichte entscheidend geprägt und die Grundlage für unendliches menschliches Leid geliefert – alle Kriege größenwahnsinniger und machtbesessener Diktatoren eingeschlossen.

Die Verantwortung liegt nicht bei Gott, sie liegt bei den Menschen, denn der Glaube an Gott ist weder menschliche Erfindung noch eine Projektion menschlicher Wunschvorstellungen.

Ganz im Gegensatz zum Atheismus. Jeder Mensch weiß um einen Schöpfer, einen allmächtigen Gott. Atheismus ist deshalb bewußter Selbstbetrug.

Wenn wir uns mit den sogenannten heidnischen Völkern auseinandersetzen, dann stoßen wir auf die erstaunliche Tatsache, daß das Wissen um einen Schöpfer Himmels und der Erde um so deutlicher zutage tritt, je weiter wir uns in der Menschheitsgeschichte zurücktasten.

Das bedeutet, der Mensch ist von der ursprünglichen Erkenntnis und Offenbarung Gottes immer mehr abgewichen. Der Mythos einer Evolution der Religion ist von daher jedenfalls nicht haltbar. Im Römerbrief (1;18-25) wird uns die Beurteilung dieser Situation bestätigt.

Denn da heißt es:

„Zunächst aber muß ich von Gottes Zorn schreiben. Er wird vom Himmel her offenbart über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, die die Wahrheit durch ihre Boshaftigkeit aufhalten und unterdrücken.

Denn es ist doch so: was man von Gott erkennen kann, ist ihnen wohlbekannt.

Gott selbst hat es ihnen ja kund getan: sein unsichtbares Wesen, seine ewige Kraft und Gottheit ist seit der Erschaffung der Welt, wenn man nur auf seine Werke achten will, klar und deutlich zu erkennen.

Darum können sie sich auch in keiner Weise entschuldigen. Sie hätten Gott kennen können, haben ihm aber göttliche Ehrung und Dank verweigert.

So sind sie stattdessen mit ihrem Denken in die Irre gegangen, ja ihr innerstes wurde verfinstert.

Kluge Leute meinten sie zu sein, törichte Narren sind sie geworden.

Die Herrlichkeiot des unvergänglichen Gottes haben sie mit armseligen Bildern von sterblichen Menschen, Vögeln, Vierfüßern und anderem kriechenden Tier vertauscht.

Darum hat sie Gott den begierden ihrer Herzen preisgegeben und hat sie in den Sumpf der Unsittlichkeit versinken lassen, so dass sie sogar ihre eigenen Leiber schändeten.

Sie haben die Wahrheit Gottes mit der Lüge vertauscht und das Geschöpf mehr angebetet und verehrt als den Schöpfer, dem doch allein Preis und Anbetung in alle Ewigkeit gebührt.“

Wir stoßen bei allen Völkern auf eine geheimnisvolle Tatsache, die heißt: In seinem Herzen weiß der Mensch, daß über ihm ein Wille steht, der von ihm Gehorsam fordert – und zwar rechtmäßig.

Diesen Willen bezeichnen wir als das Gesetz, nach dem der Mensch leben soll. Und jeder Mensch weiß, wie er sich diesem Gesetz gegenüber verhält oder nicht. Mit dem „Gewissen,“ mit dieser inneren Stimme, erkennen wir nicht nur, wie wir sind, sondern auch, wie wir sein sollten.

Unser Gewissen ist das einfachste und eindeutigste Zeichen für die besondere Würde des Menschen. Im Buch des Predigers steht, daß Gott die Ewigkeit in das Herz des Menschen gelegt hat (Pred.3,11). Und durch den Propheten Jeremia sagt Gott: „Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben. (Jer. 31,33) Paulus sagt den Heiden, daß das Werk des Gesetzes in ihre Herzen geschrieben ist, indem auch ihr Gewissen dies bezeugt und ihre Gedanken sich untereinander anklagen oder auch verteidigen. (Röm.2;15)

Gott hat also sein Gesetz in das Herz des Menschen gepflanzt und ihm das Gewissen zum Verständnis dieses Gesetzes gegeben. Deshalb ist der Mensch absolut in der Lage, die Wahrheit zu erkennen. Und hierin begründet sich letztlich auch die Tatsache, daß der Mensch nur durch Glauben an Jesus Christus errettet werden kann, und das in diesem Glauben auch die Bewahrung vor solchem unsäglichen Leid zu finden ist.

Wir hören heute oftmals den Widerspruch, daß Menschen durch Zufall für Gott verloren gehen könnten, weil sie in einem falschen Land leben oder in eine falsche Rasse geboren wurden und deshalb nicht das Vorrecht hatten, das Evangelium zu hören.

Aber Gott hat den Menschen als so eine geniale Kreatur geschaffen, und wir sehen keinen Grund, irgend einen Menschen wegen seiner Unkenntnis der Wahrheit zu verurteilen.

Aber alle Menschen sind verantwortlich für den rechten Gebrauch der Erkenntnis, die ihnen geschenkt wurde. Das Maß der Verantwortung des Menschen entspricht also seiner ihm geschenkten Erkenntnis.

Sofort stellen einige die Frage: Gibt es Menschen, die in völliger geistlicher Finsternis leben, ohne Licht und Erkenntnis? Das Johannesevangelium macht dazu eine gewaltige Aussage denn da heißt es in Kapitel 1 Vers9:

„Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt!“

Die Menschen hatten und haben zu allen Zeiten Erkenntnis Gottes und wissen um einen Schöpfer Himmels und der Erde.

Das wußten sogar die heidnischen Philosophen.

Seneca z.B. sagte: Ein heiliger Gott wohnt in uns, der Beobachter und Wächter all unseres bösen und guten Handelns.
Horaz sagte: Ich erkenne zwar den guten Weg, aber ich folge dem schlechten.
Und Marc Aurel sagte gar: Wenn ich will, liegt es in meiner Macht, alles Böse, alle Begierden von meiner Seele fernzuhalten.

In einem der heiligen Bücher der Hindus finden wir die nüchterne Diagnose: „Ich bin Sünde. Mein Werk ist Sünde. Mein Geist ist Sünde. In Sünde wurde ich empfangen.


Wir sehen, selbst die heidnischen Philosophen hatten ein beträchtliches Wissen an Wahrheit. Und genau das widerum finden wir im Neuen Testament. In Römer 2, 14-15 finden wir die Bestätigung, denn Paulus schreibt:

„Wenn die Heiden, die das Gesetz nicht haben, doch von Natur tun, was das Gesetz verlangt, so sind sie, die das Gesetz nicht haben, sich selbst ein Gesetz; da sie ja beweisen, daß des Gesetzes Werk in ihre Herzen geschrieben ist, was auch ihr Gewissen bezeugt, dazu ihre Überlegungen, welche sich untereinander verklagen oder entschuldigen.“

Das bedeutet: Ohne jede Manipulation, ohne irgendeinen Einfluß von außen tragen die Menschen das Zeugnis in sich selbst. Wir sind also nicht ohne Erkenntnis, und darum auch nicht ohne Verantwortung. Daraus ziehe ich den Schluß, daß es falsch ist, wegen der Ungerechtigkeiten, die Menschen vollbringen, an der Existenz eines liebenden Gottes zu zweifeln.




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#4
Rolf

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Leiderfahrungen in dieser Welt
oder die Frage –

gibt es im Angesicht des Leids
einen liebenden Gott ?




Ein Vortrag von Rolf Wiesenhütter



Teil 4




Die biblische Antwort



Lieber Leser: Die Bibel zeigt nicht nur Zusammenhänge des Bösen und die Verantwortlichkeit des Menschen auf, sondern sie gibt auch Antwort auf das Problem des Bösen und des Leidens. Sie ist die einzige wirkliche und befreiende Lösung. Dabei unterscheidet sie sich von allen Philosophien, Religionen und sonstigen menschlichen Gedankenkonstruktionen.

Gott sagt zu der Frage des Leides: „Ich bin der Schöpfer Himmels und der Erde.“

Das ist weitaus mehr, als eine Behauptung. Die Theorie, aus NICHTS sei in langen Zeiträumen Leben entstanden, daß sich dann durch Selektion und Mutation höher entwickelte ist ein Dogma und kein wissenschaftliches Faktum.

Alles, was Gott schuf, war gut. Er schuf gute Menschen, allerdings mit dem Potential, Böses zu tun. Der Mensch hat tatsächlich als Geschöpf Gottes die Möglichkeit, ungerecht und niederträchtig zu handeln. Aber Gott ist nie der Urheber des Bösen.

Wir lesen in der Sündenfallgeschichte, wie das alles begann. Eine scheinbar harmlose Geschichte, auf den ersten Blick fast positiv. Wer möchte nicht gerne mehr und bessere Erkenntnis gewinnen? Was soll daran falsch sein?

Und doch zeigt dieses dramatische Ereignis am Anfang der Menschheitsgeschichte, wie das Böse in die Welt kam. Wie das Unheil begann. Das Streben nach Autonomie, nach Selbstbestimmung führte den Menschen an den Abgrund. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Es kommt mir darauf an, zu klären, daß die Selbstverwirklichungshysterie des modernen Menschen nicht in Gott, sondern in seinem Widersacher zu suchen ist.

Und wenn heute die heidnischen Bräuche wieder Einzug in die Kirchen und Gemeinden finden, wenn wir heute wieder hören, daß Gott uns keine Grenzen und Verbotstafeln aufstellt, wenn wir wieder hören, daß alles, was uns Spaß macht, auch von uns genossen werden darf, dann können wir uns darauf einstellen, daß das der Beginn von unfaßbarem Leid ist, welches Menschen sich gegenseitig antun. Es ist dieses Denken, das dafür verantwortlich ist, daß beispielsweise die moderne Frau heute sagt: Mein Bauch gehört mir, weil hier die Entscheidung fällt zwischen Gehorsam, Glaube, Vertrauen oder Ungehorsam und Unglaube.

Da ist Genauigkeit gefragt, denn hier entscheidet sich, daß der Mensch, selbst wenn er zu 99,9% gehorsam ist, durch 0,1% Ungehorsam den Frieden mit Gott zerstören kann.



Liebe beinhaltet Freiheit

Natürlich kann man hier die Frage stellen, warum Gott nicht Menschen schuf, die unfähig sind, Böses zu tun. Gott schuf den Menschen nach seinem Bild. Das bedeutet, daß der Mensch eine Persönlichkeit ist und Entscheidungsfreiheit besitzt. Deshalb hat er einen freien Willen und damit die Möglichkeit, das Gute oder das Böse zu wählen. Folglich haben wir die Möglichkeit, den freien Willen zu mißbrauchen. Das nennt die Bibel dann Sünde.

Wir haben über die Prädestinationslehre diskutiert und über die Auseinandersetzung zwischen Martin Luther und Erasmus von Rotterdam. War es nicht auch hier der humanistische Philosoph, der die Wahrheit kannte? Für Erasmus war klar: Man kann sich dem Ruf Gottes widersetzen. So etwas wie „unwiderstehliche Gnade“ gibt es nicht. Die Erwählung einiger Menschen vor Grundlegung der Welt, die allein nur zum Glauben an Jesus Christus kommen könnten, ist falsch. Damit liegt Erasmus auf der Linie des Neuen Testamentes (1. Tim.2:4-6; Joh.1,29, Joh, 3,16) wo ausgesagt wird, daß Gott will, daß alle Menschen zur Erkenntnis der Wahrheit kommen sollen und das Heil in Christus der Annahme bedarf.

Der Mensch hat Entscheidungsfreiheit. Er hat einen freien Willen. Er kann sich für das Böse entscheiden. Und das Böse erzeugt Leid. Es gibt einen direkten Zusammenhang von Schuld und Auflehnung gegen Gott. Die Folgen sind unübersehbar. Schuld zerstört die Beziehungen von Menschen untereinander, sie führt zu einer Dissonanz in der Schöpfung und ist letztlich die Ursache für die Plünderung und Zerstörung unseres Planeten. Ohne nach den Folgen zu fragen, mißbraucht der egozentrische Mensch die Natur.

In Hosea 4, 1-3 lesen wir dazu: „Höret das Wort des Herrn, ihr Söhne Israels. Denn der Herr hat zu Rechten mit den Bewohnern des Landes, daß so gar keine Treue und keine Liebe und keine Gotteserkenntnis im Lande ist. Man schwört und lügt, man mordet und stiehlt, man bricht die Ehe und übt Gewalttat, und Blutschuld reiht sich an Blutschuld. Darum wird trauern die Erde, und verschmachten wird alles, was darauf wohnt, Tiere des Feldes und Vögel des Himmels; ja, auch die Fische des Meeres werden dahingerafft.“

Die Tatsachen unserer Zeit sprechen für sich. Die ganze Schöpfung ist betroffen von unseren Entscheidungen für das Böse.



Es beginnt beim Einzelnen



Dietrich Bonhoeffer sagte: „ Alle Umkehr und Erneuerung muß bei mir selbst anfangen.“
Das Unrecht begegnet uns auf Schritt und Tritt. Wir verstecken uns nur zu gern ohnmächtig davor und denken: Was kann ein Einzelner schon tun? Sicher, wir können die Welt nicht verändern, aber wir können an dem Platz, an dem wir stehen, unsere Verantwortung wahrnehmen.

. David stellte sich gegen Goliath und der Ausgang dieses Kampfes entschied über Sieg und Niederlage des ganzen Volkes. Das bedeutet:

Ein engagierter Mensch erreicht mehr als neunundneunzig Gleichgültige. Wir können uns nicht distanzieren von dem, was um uns geschieht. Aber wir können in eigener Kraft die Welt nicht verändern. Wir können eigentlich nur eines: Mit Gottes Hilfe unsere Verantwortung wahrnehmen. Das beginnt damit, daß wir uns vor Gott beugen und wie Nehemia bekennen:

„Ach Herr, Du Gott des Himmels, Du großer und schrecklicher Gott, der den Bund und die Barmherzigkeit denen bewahrt, die ihn lieben und seine Gebote halten. Laß doch Deine Ohren aufmerken und Deine Augen offen sein, daß Du hörest das Gebet deines Knechtes, das ich nun vor Dir bete für die Kinder Israels Tag und Nacht und womit ich die Sünde Israels, die wir an Dir begangen haben, bekenne. Ich und meines Vaters Haus haben auch gesündigt Wir haben gar verwerflich gegen Dich gehandelt, daß wir die Gebote, die Satzungen und Rechte nicht befolgt haben, die Du Deinem Knechte Mose gegeben hast.“


Tag für Tag werden heute in den Nachrichten und in Zeitungen Skandale aufgedeckt. Christen haben den Auftrag, in einer Welt, die den Zerfall der Werte gewählt hat, Licht und Salz zu sein. Licht ist notwendig zum Leben, weil es die Dunkelheit durchbricht, den Weg zeigt und vor dem Absturz bewahrt. Salz reinigt und verhindert den Fäulnisprozess. Das wäre das Ideal. Aber die Kirchen sind heute auch angesteckt vom Zeitgeist, die moderne Theologie leugnet so ziemlich alle biblischen Wahrheiten.

Der Wertezerfall in unserer Gesellschaft wäre ohne den Abfall vom Glauben undenkbar. Die Kirche, die ein Zeugnis von Liebe und Treue des lebendigen Gottes sein sollte, ist zu einer Abbruchfirma geworden. Wer hier noch Hoffnung und Halt sucht, wird enttäuscht. Mit beispielloser Arroganz werden biblische Aussagen als naturwissenschaftlich unhaltbar abqualifiziert. Eine Begründung dazu braucht es nicht. Es genügt heute, etwas als falsch zu taxieren, nur weil es in der Bibel steht.

Als Folge davon sind in unserer Gesellschaft die meisten Tabus gebrochen worden. Wir tun und lassen, was uns gefällt. Unsere „Mündigkeit“ nutzt jede Chance zur Selbstverwirklichung – auf Kosten anderer. Und trotzdem schreien die Rockstars in die Welt hinaus, (verzeih den Ausdruck) die Welt sei megascheiße. Eine bekannte Gruppe unterweist die Menschen, wenn sie singen: „Du mußt ein Schwein sein in dieser Welt“

Da protestiert keiner. Da wird im Gegenteil zugestimmt. Wir nehmen uns erbarmungslos das, was uns tagtäglich als Lebensqualität angepriesen wird. Dabei wird vor Gewalt nicht zurückgeschreckt. Selbst Kindergartenkinder haben heute schon ein erhebliches Potential an Wegstoßen, Beißen, Kratzen, Schlagen und Treten. Wenn das Kind durch sein aggressives Verhalten ein Ziel erreicht, wird es dieses bewährte Mittel immer wieder anwenden. Eltern und Lehrer dulden das Verhalten der Kinder zunehmend stillschweigend, sie kommen einfach nicht mehr dagegen an, und wirken dadurch bestärkend.

Zwischen Recht und Unrecht wird immer weniger unterschieden. Unsere glorreiche moderne Psychologie rechtfertigt Gewalt heute dadurch, daß sie Täter zu Opfern macht.

In einer christlichen Zeitschrift schrieb kürzlich ein Psychotherapeut einer Frau die Schuld zu, daß ihr Mann ständig Pornohefte las, weil das Verhalten des Mannes anscheinend zeige, daß seine Frau ihm nicht das geben kann, was er natürlicherweise braucht.

Das ist "christliche" Rechtfertigung der Perversion heute. Zum Leid der Frau kommt nun auch noch die Schuldzuweisung.



Warum läßt Gott das zu?



Bei oberflächlicher Betrachtung der Fakten kommen viele heute zu dem Schluß, das Böse triumphiere, während die Glaubenden zu kurz kommen. Wir müssen diese Sicht bei uns korrigieren, denn falsche Werturteile führen letztlich immer zum Zweifel an Gott, an seiner Gerechtigkeit, an seiner Liebe.

Kümmert er sich überhaupt um diese Welt? Warum läßt er Männer wie Hitler oder Hussein gewähren? Warum passieren solche Geschichten, wie die mit unserem Blumele? Wenn er allmächtig ist, warum vernichtet er solche Tyrannen nicht?

Warum läßt Gott das zu?

In der Bibel steht: „Gott ändert sich nie. Bei ihm ist weder Unrecht noch Ungerechtigkeit."
Das ist mehr, als ein Fürwahrhalten oder reiner Kopfglaube.

Als die Magier aus dem Osten Herodes nach dem Geburtsort des neugeborenen Königs fragten, da ließ Herodes unverzüglich die Pharisäer und die Schriftgelehrten kommen. Ohne langes Grübeln konnten diese Theologen Bethlehem als Geburtsort angeben.

Hingegangen sind sie nicht. Dem Retter der Welt begegneten sie nicht, obwohl sie das nötige Wissen dazu hatten. Verhalten wir uns nicht genauso? Wenn wir durch Probleme, Schwierigkeiten, Nöte und widrige Umstände gehen, zweifeln wir an der Gerechtigkeit Gottes.

Aber Gott ist nicht nur absolut gerecht, er hat sich auch uns Menschen gegenüber – aus Liebe - verpflichtet, und uns Zusagen und Verheißungen gegeben. Wenn Gott ein Versprechen gibt, dann wird er es mit absoluter Sicherheit einhalten. Das ist fundamental wichtig für unser Verhältnis zu unserem Gott.

Trotzdem ist unsere Frage damit noch nicht geklärt. Obwohl wir wissen, daß Gott alle Macht besitzt, ihm keine Grenzen gesetzt sind, und er stets treu und gerecht ist und seine Zusagen hält, so steht diese Frage: „Warum läßt Gott das zu,“ immer noch ungelöst vor uns.

Die Bibel gibt uns darauf höchst interessante Antworten. Wir möchten als Menschen, daß Gott gleich am Anfang eingreift, dem Bösen in den Arm fällt und es ausschaltet. Wenn es aber unser eigenes Leben betrifft, dann wollen wir unser Leben ungehindert so gestalten, wie es uns paßt. Gott soll aber über andere Menschen Macht ausüben und eingreifen. Wo es aber um uns selber geht, kommt dies nicht in Frage. Er darf uns nicht `dreinreden.

Ich möchte vier Ansätze biblischer Antworten anführen.

1. Gott läßt den Dingen manchmal den Lauf, damit sich die Sünde als das zeigt, was sie in Wahrheit ist. Der von Gott losgelöste Mensch muß die Häßlichkeit und Fratze seines Hochmutes erkennen. In Römer 1,18-32 zeichnet uns die Bibel ein eindrückliches Bild. Da heißt es:

„Es offenbart sich nämlich der Zorn Gottes vom Himmel her über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, welche die Wahrheit durch Ungerechtigkeit aufhalten, weil das von Gott Erkennbare unter ihnen offenbar ist, da Gott es ihnen geoffenbart hat ...“

Die Ursache all dieser genannten Mißstände ist die Sünde des Menschen, der sich gegen Gottes Wort auflehnt, die Wahrheit ignoriert, die Lüge glaubt und das Geschöpf über den Schöpfer stellt. Als Folge davon sind wir der Unvernunft preisgegeben. Gott zieht seinen bewahrenden Einfluß zurück, weil seine Autorität in Frage gestellt wird. Was er sagt, ist uninteressant und überholt; was er über den Menschen denkt, ist belanglos. Der Mensch selbst beurteilt sich und Gott. Und dieses Denken ist pervers.

Der Mensch hat sich in seiner Verblendung Autorität angemaßt und ignoriert Gottes Autorität. Die Folgen ernten wir auf Schritt und Tritt. Gott hat uns gewarnt: „Ich werde euch gehen lassen. Ihr werdet am eigenen Leib erfahren, wohin eure Weisheit und Philosophien führen.
Das Ergebnis ist offensichtlich. Alles liegt im Argen. Und der Mensch ignoriert seine Sünde weiterhin und versucht, sie wegzudiskutieren. Sünde aber entzweit und zerstört.


2. Gott läßt die Menschen ab und zu gewähren, damit sie die Folgen der Sünde zu spüren bekommen. Die Sünde möchten wir gern kosten und genießen, aber die Folgen wollen wir nicht tragen. Gott läßt manchmal den Dingen den Lauf, damit geerntet werden muß, was gesät wurde. Wir sehen: Wenn Gott seinen bewahrenden Einfluß in der Welt stoppt, dann zerfleischt und zerstört sich der Mensch selbst.


3. Gott läßt den Menschen Freiraum, damit die Bosheit ausreifen kann und für alle sichtbar wird. Wir haben unsere Überheblichkeit zum Gott gemacht und ihn dadurch gelästert. Nichts kann den Menschen mehr aufhalten. Millionen von Babys werden abgetrieben, ohne Skrupel. Man zerstört die Umwelt, verändert das Erbgut von Mensch und Tier. Gottes Anspruch auf den Menschen wird beiseite geschoben, seine Liebe mit Füßen getreten.


4. Gott läßt das Böse auch deshalb zu, weil er seine Kinder erziehen und zurechtbringen will. Ich denke an das Beispiel des Autors Johannes Falk, der das Weihnachtslied „O du fröhliche“ geschrieben hat. Millionen von Menschen singen dieses Lied, aber kaum einer kennt das Leben des Autors. Falk erfuhr in seinem Leben großes Leid. In ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, konnte er mit einem Stipendium die Matura machen. Seine gläubigen Eltern beobachteten mit Sorge, wie ihr Sohn Gottes Wort immer mehr auf die Seite schob. Schließlich brach er ganz mit dem christlichen Glauben.

Dann starben nacheinander vier seiner Kinder. Schließlich erkrankte Falk selbst schwer. Sein Leben hing an einem Faden. In dieser äußersten Not fand er zum Glauben an Jesus Christus und legte sein Leben in Gottes Hand. So bekam sein Leben ein neues Ziel. Er wollte Gott damit ehren. So gründete er ein Kinderheim und betreute bis zu seinem Tod mehr als 500 Kinder. Gott erhört Gebete. Manchmal muß er durch unsere Not hindurch zu uns sprechen, damit wir unsere Halsstarrigkeit aufgeben.



Das Leid und der Sinn des Lebens



Ich habe, versucht, zu zeigen, daß im Geschichtsablauf immer wieder über Menschen und ganze Völker viel Leid, Blut und Tränen gekommen sind, weil der Mensch Gott und sein Wort mehr oder weniger ignoriert. Die Bibel hat eine sehr realistische Weltbetrachtung, die mit unserer täglichen Erfahrung übereinstimmt. Leider lernen die meisten Menschen nichts aus der Geschichte. In vielen Bereichen stehen wir vor einem Abgrund. Wir kommen nicht zur Besinnung, im Gegenteil, die Verblendung nimmt immer mehr zu.

Das ist die Folge des Hochmuts, wenn Gottes Angebot der Liebe in Jesus Christus willentlich abgelehnt und mit Füßen getreten wird. Da ist kein Platz für Gottes Maßstäbe. Der Aufruf zur Liebe, Rechtschaffenheit, Güte und Treue verhallt ungehört. Heute ist die Meinung der Philosophen, Psychiater, Psychologen und Soziologen gefragt. Was Gott über Menschen denkt, gilt als antiquiert.

Wir reden von Effizienz und Präzision, von Objektivität und Mündigkeit. Obwohl alle Fakten dagegen sprechen, tut man so, als hätte man alles im Griff. An allen Ecken und Enden der Welt brennt es. Einzelne haben das Geschick ganzer Völker in der Hand. Sie handeln aus Profitgier mit spaltbarem Material, und es ist nicht abzusehen, was noch geschieht.

Der Gottlose steht auf trügerischem Grund und wird ein schreckliches Erwachen haben. Als Christen dürfen wir uns nicht zu Leisetretern und Duckmäusern machen lassen. Wir haben eine lebendige Hoffnung. Darum sollen wir als Jünger Jesu mutig die Wahrheit bezeugen.

Wer Gott und sein Wort ignoriert, für den gibt es keine Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens, und ebensowenig auf das Leid in dieser Welt.

Es ist mir selbstverständlich nicht verborgen geblieben, daß es immer wieder Menschen gibt, die aus unserer Sicht unverschuldet leiden. Da stirbt eine Mutter an Krebs und läßt vier kleine Kinder zurück. In Jugoslawien werden junge Frauen und Mädchen vergewaltigt. Die Bilder aus Ruanda verfolgen uns bis in unsere Träume.

Im Augenblick des Geschehens gab es keine Antwort auf das unsägliche Leid der Angehörigen. Alles schien so sinnlos und unverständlich.
Wenn ein Mensch zum Thema Leid und warum Gott es zuläßt etwas zu sagen hat, dann bestimmt Hiob. Von ihm berichtet die Bibel, daß er fromm und rechtschaffen war und das Böse mied. Plötzlich kam es Schlag auf Schlag in seinem Leben. Gott ließ zu, daß der Satan seinen Glauben prüfte. Ein Unglück jagte das andere. Es kam ein gewaltiger Wind, der das Haus seines Bruders umstieß und alle seine Söhne und Töchter starben. Hiobs Schmerz muß unfaßbar gewesen sein. Und was sagt Hiob? „Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen, der Name des Herrn sei gelobt.“

Aber es kam noch schlimmer. Es war so schlimm, daß selbst seine eigene Frau ihn zu überzeugen suchte, dem Glauben abzusagen. Drei Freunde aus besseren Tagen kamen zu Besuch. Als sie Hiob sahen, stockte ihnen der Atem. Auf soviel Not waren sie nicht gefaßt gewesen. Sie weinten mit ihm, setzten sich zu ihm und saßen zuerst sieben Tage stumm und fassungslos bei ihm. Sie suchten nach einer Erklärung. Aber ihre menschliche Sicht war begrenzt. Darum waren auch die Schlüsse falsch, die sie aus dem Geschehen zogen.

Die ganze Diskussion wurde sinnlos, weil die eigentliche Not Hiobs nicht beantwortet wurde. Deshalb klagte Hiob Gott an. Aber er erkannte sein falsches Denken. Er merkte, daß er Gott nicht nur vertrauen durfte, wenn er das bekam, was er wollte, sondern er begriff: Der Geber ist wichtiger als die Gaben. Und er legte ein gewaltiges Bekenntnis ab, als er ausrief: „Ich hatte von Dir nur vom Hörensagen vernommen, nun aber hat mein Auge Dich gesehen. Darum spreche ich mich schuldig, und ich tue Buße in Staub und Asche.

Diese Begegnung mit Gott krempelte sein Leben völlig um.

Es gibt viele Beispiele, wie Menschen durch Leid und Not nicht zu Aggression und Gewalt gegriffen haben oder verzweifelt sind, sondern zum lebendigen Glauben an Gott kamen. Es gibt Zeugnisse von Menschen, die durch ein behindertes Kind oder dessen Tod zu Gott fanden. Ein falsches Gottesbild, eine falsche Sicht, löst unsere Probleme genauso wenig, wie wenn wir von Gottes Wort abdriften, eigene Wege gehen und glauben, wir seien der Schmied unseres eigenen Glücks.

Unsere Sicht der Dinge ist begrenzt. Nicht immer bekommen wir in diesem Leben auf persönliches Leid konkrete Antwort von Gott. Unsere Sicht der Dinge ist begrenzt. Vielleicht werden unsere Fragen erst in der Ewigkeit beantwortet. Dennoch wollen wir am Glauben festhalten: Gott ist der Herr! Denen, die Gott lieben, dienen alle Dinge zum Besten. (Röm.8,28) Selig sind, die da nicht sehen und doch glauben. (Joh.20,29)


Wie wir mit dem Leid richtig umgehen können

Wenn wir selbst von Not und Leid erfaßt werden, kommt es sehr darauf an, wie wir darauf reagieren.
Besonders, wenn es sich um sogenanntes „unerklärliches“ Leid handelt, das plötzlich in unser Leben getreten ist, ist es wichtig, daß wir letztlich zu der Erfahrung kommen, wie wir mit Leid richtig umgehen können.

Ich denke wir müssen drei Schritte beachten:

1. Schritt: Die Realität erkennen und ausharren

Es ist enorm wichtig, daß ich zunächst alle Leiden, die mich selbst und andere betreffen, als reale Tatsache akzeptiere. Sie gehören zur Wirklichkeit dieser Welt. Leiden ist real, gegenwärtig, verletzend, hart, grausam und vernichtend. Diese Tatsachen können wir nicht ändern.

Heute wird besonders viel Verdrängungsarbeit in bezug auf den Tod geleistet. Viele leben heute so, als gäbe es ihn gar nicht. Aber die Verleugnung der Wirklichkeit ist bereits Flucht und beraubt uns der Möglichkeit, die Wirklichkeit zu bewältigen.

Es ist daher unumgänglich, daß wir der Realität ins Auge schauen und standhalten. Das Ausharren in Zeiten der Belastung, das Ertragen von Schmerzen, das Erdulden des schwierigen Mitmenschen, all das verleiht uns innere Stärke.

Das ist wie bei der menschlichen Muskulatur. Muskeln werden nach einem einfachen Prinzip hochtrainiert. Man muß den Muskel belasten, bis er schmerzt und den Dienst versagt, erst dann erhält er einen Wachstumsreiz. Wenn man früher aufhört und eine Pause einlegt, dann hat man keinen Erfolg.

Unsere geistige Muskulatur können wir nur aufbauen, wenn wir Leidensbereitschaft aufbringen. Damit schaffen wir uns die Grundlage für eine echte Bewältigung unserer persönlichen Nöte.


2. Schritt: Den Sinn entdecken und „ja“ sagen

Da wo Sinn gegeben wird, ist das Leben erträglich. Wenn ich mich einer schmerzhaften Zahnbehandlung aussetzen muß, kann ich einiges an Schmerz aushalten, weil ich weiß, daß dieser Schmerz sinnvoll und zur Heilung unumgänglich ist.

Das Wissen um den Sinn des Unangenehmen macht das Unangenehme erträglich. Es ist deshalb bei jeder Leiderfahrung wichtig, den Sinn zu ergründen.

Wenn ich hier sage, daß ich der Überzeugung bin, daß es kein sinnloses Leid gibt, dann sage ich das nicht leichtfertig dahin. Aber der Sinn liegt gewöhnlich nicht auf der Hand. Ich muß mir selbst die Frage stellen: Wozu (nicht warum)ist dieses Leid über mich gekommen, was soll es bezwecken, wofür kann es gut sein?

Dazu möchte ich ein paar Möglichkeiten andeuten. Manches Leiden läßt Gott sicher deshalb in unser Leben kommen, um uns zur Umkehr zu bewegen.

Eine weitere Bedeutung ist, daß die, die durch die Gnade Gottes seine Kinder geworden sind, seine Züchtigung erfahren, damit sie reifen und geläutert werden.

Doch selbst, wenn es uns nicht gelingen mag, unsere notvolle Situation zu verstehen und einzuordnen: Immer wird es entscheidend sein, ob wir ein ganzes „Ja“ dazu finden.

Wenn ich nun diese beiden Schritte getan habe, wenn ich dem Leiden standgehalten habe und wenn ich seinen Sinn entdeckt und grundsätzlich bejaht habe, dann ist mir die Grundlage gegeben, den dritten Schritt zu tun.


3. Schritt: Das Leid anpacken

Wenn ich zu meinem Leiden „ja“ gesagt habe, dann darf und soll ich dennoch alles tun, was in meiner Macht steht, um das Leiden zu lindern und abzukürzen.
Wenn ich krank bin, soll ich die Krankheit annehmen und alles tun, um sie loszuwerden. Annahme des Leids und Kampf gegen das Leid widersprechen sich keineswegs. Der Kampf setzt allerdings die Annahme voraus, weil ich immer damit rechnen muß, daß mein Bemühen schließlich nichts an der Situation ändert.

Wenn ich beispielsweise meine Krankheit angenommen habe, dann werde ich nicht in Resignation und Verzweiflung verfallen, falls sich herausstellt, daß eine Heilung nicht möglich ist.

Der bekannte Religionsphilosoph Martin Buber sagte: „Die große Schuld des Menschen sind nicht seine Sünden, die er begeht – die Versuchung ist mächtig, und seine Kraft ist gering. Die große Schuld des Menschen ist, daß er in jedem Augenblick umkehren kann und nicht umkehrt.

Es geht um Umkehr, und wenn das Leid und die Not zur Umkehr führen kann, dann hat es seinen höchsten Sinn erfüllt. Ein weiterer Impuls liegt darin, daß wir durch Leid und Not Hilfe finden, unsere Prioritäten neu zu ordnen. Das wirklich Wichtige wird uns wichtig und das Unwichtige unwichtig.

Richtig bewältigtes Leid macht uns auch in unserer Persönlichkeit reifer, gibt uns inneren Tiefgang, lehrt uns Geduld und stärkt sogar unsere Fähigkeit, zu hoffen. Woher weiß ich das so genau? Im Brief an die Römer schreibt der Apostel Paulus folgende Worte: „Wir rühmen uns der Trübsale, weil wir wissen, daß Trübsal Geduld bringt; Geduld aber bringt Bewährung; Bewährung aber bringt Hoffnung; Hoffnung aber läßt nicht zuschanden werden.“ (Römer 5,3ff)

Ein interessantes Wort, denn es zeigt uns den Zusammenhang auf, wie durch richtig bewährtes Leid Lebensimpulse wachsen. Geduld – Bewährung – Hoffnung!

Das geschieht aber nur dann, wenn wir lernen, mit der uns auferlegten Last richtig umzugehen. Wenn wir die Not durchhalten und nicht gleich davonlaufen.

Wenn wir uns bemühen, ihren Sinn zu entdecken und sie annehmen, und wenn wir schließlich zu ihrer Linderung unternehmen, was in unserer Macht steht.
Dabei ist mir der Glaube eine wichtige Hilfe geworden. Vor allem ein Wort, eine Zusage der Bibel, wurde regelrecht zum Anker für mein Leben.

Paulus sagt: „Wir wissen aber, daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen.“ (Röm.8,28)
Dieses Wissen hilft mir auch da, wo ich den Sinn meiner Nöte nicht erkennen kann.

Einen weiteren tiefen Trost finde ich in einer Verheißung, die sich auf die Zukunft bezieht, auf die Zeit, wo diese fluchbeladene Schöpfung ihr Ende gefunden hat. Sie steht in der Offenbarung und heißt:

„Gott aber wird abwischen alle Tränen von ihren Augen und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid, noch Geschrei, noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. Und der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu!!! (Offb. 21,4ff)
Es gibt also wesentliche Aspekte, die uns berechtigen, zu sagen: Leid ist nicht sinnlos.

Ich möchte noch einen letzten Punkt hier anfügen.
So wenig man eine Berufslehre macht, in dem man theoretisch ein Buch darüber liest, so wenig kann man das Verständnis für andere und das Annehmen des Willens Gottes für das eigene Leben theoretisch nachvollziehen. Es geht nur praktisch, existentiell, oft unter Tränen und Schmerzen.

Deshalb sind Menschen oft ratlos, finden keine Worte, wenn sie andern begegnen, denen großes Leid widerfahren ist. Menschen können anderen Menschen helfen, weil sie selbst durch eigenes schweres Leiden das Verstehen gelernt haben. Dabei geht es nicht nur um einen eigenen inneren Durchbruch, sondern es geht darum, Gott zu verstehen, zu ihm „Ja“ zu sagen, ihn anzuerkennen, indem ich die Last des Leidens annehme.

Vielleicht erscheint es als eine ungeheure Zumutung, den Willen Gottes über meinen eigenen persönlichen Willen zu stellen. Es mag uns unannehmbar erscheinen. Aber wir sollten auch darüber nachdenken, daß die Welt bald auseinanderfliegt, weil Millionen Menschen ihren eigenen herrschenden Willen an die erste Stelle setzen und damit gegeneinander stehen.

Da ist kein übergeordneter , gemeinsamer Wille vorhanden, der all die vielen Zielsetzungen auf einen gemeinsamen Punkt hin vereinigen würde. Die eigenen Wünsche und Vorstellungen sind letzte Instanz, damit aber auch letzte Ursache für alles Gegeneinander und alles Durcheinander.

Es ist ein furchtbar harter Vorgang, aber ein tiefgreifender Durchbruch, wenn Menschen nach schwerem Kampf beten können: „Ja Vater, Dein Wille geschehe.“ Ich sage ja zur Krücke, zur Amputation und Prothese, zum künstlichen Darmausgang, zum Rollstuhl oder dazu, daß der liebste Mensch mir von der Seite genommen ist.

Das Einmünden in den Willen Gottes gibt unserem Inneren einen Zustand, den wir Frieden nennen, eine Sinnerfüllung auch für das reduzierte Leben, und zwar in dem Maße, wie wir den Willen Gottes über unseren eigenen stellen.

Nur ein Mensch, der Gott anerkennt, wird damit zurechtkommen. Wenn dieser innere Durchbruch gelingt, den Willen Gottes über unser Leben anzunehmen, dann verlieren die Fragen ihr immer wiederkehrendes Bohren.

Ohne Gott über die Welt nachzudenken heißt, in Verzweiflung geraten und darin bleiben.

Aus der Unbegreiflichkeit muß die Wirklichkeit Gottes hervortreten. Gott wird im Elend erfahren. Es entsteht eine intensive Beziehung zu Gott, die es vorher nicht gab. Hier wird ein Stück von Gottes Wesen und von Gottes Wirklichkeit sichtbar, die völlig anders ist, als unsere Vernunft. Das Fazit daraus ist: Erlebtes und erfahrenes Leid hat einen positiven Sinn nur angesichts der kommenden Welt Gottes, jener Gewißheit, daß das Reich Gottes kommt.


Angesichts dessen komme ich zu der Überzeugung, daß der Sinn des Leids nicht darin begründet sein kann, vor Gott zu fliehen, bzw. Ablehnung und Zweifel in Bezug auf die Liebe Gottes zu begründen. So schwer und so leidvoll es im Angesicht menschlicher Grausamkeiten sein mag, letztlich werden wir Frieden, Ruhe, Freiheit und Erlösung, ja auch die Kraft, in dieser Welt weiterleben zu können, einzig und allein aus der Gegenwart Gottes schöpfen können. In der Stunde des Leides gibt es keinen Trost, der Schmerz ist so unendlich groß, daß man wohl keine Worte finden kann, die trösten könnten. Der Trost und die Zuversicht in die Gegenwart und Liebe Gottes werden immer nur wachstümlich in der Aufarbeitung konkret werden können. Dazu gehört aber eine Entscheidung das Leid anzunehmen, ja zu sagen und ja zu sagen zu unserem Herrn.

Wenn ich als Christ die letzte Strophe zu Blumeles Lied zu schreiben hätte, dann würde das in etwas so aussehen:


Blumeles Ende


Wer kann es ertragen?
Zu groß ist das Leid und die Einsamkeit.

Bleibt nur die Hoffnung
Zu ewigem Leben
Und kommender ew`gèr Gerechtigkeit.


Refrain:
Das Blumle lebt weiter
in himmlischem Frieden,
in einer neuen gerechteren Welt.
Das Blumele lebet,
das Blumele springet,
das Blumele lebt wie ein Königskind.



Ich schließe mit dem Satz von Nicholas Gommez Davilla:



„Die Seelen, die das Christentum nicht erreicht, reifen nie!“




Ende des Vortrages














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#5
Guest_Peter Wiem_*

Guest_Peter Wiem_*
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Zum Thema Leid noch ein ergänzender Briefausschnitt, den ich vor Jahren an ein christliches Ehepaar geschrieben habe, die mit dem Sinn des Leides in ihrem Leben und ihrer gleichzeitigen Berufung als Zeugnis Jesu Christi nicht in allen Punkten zurechtkamen:


Gerne möchte ich euch etwas Schriftliches über Gott hinterlassen, dass euch weiterhilft, und die Zeit bis zu unserem Wiedersehen verkürzen hilft.
Wobei mir der Computer sehr zustatten kommt, weil er mir zuerst einmal hilft, meine Gedanken in eine lesbare Form zu bringen (und ich muss dabei nichts schreiben!), und weil er es gestattet, gute Argumente auch aus anderen von mir geschriebenen Briefen problemlos in diesen Brief einzuarbeiten.

Am meisten kann ich wahrscheinlich über das Thema "Leid und Gott" weitergeben, auch weil ich diese Punkte betreffend viel erlebt habe.
Wobei ich es verständlich finde, das bei der Kombination Leid + Gott manche Menschen die Stirne kraus ziehen. Warum lässt Gott überhaupt Leid zu? Könnte sich Gott in der Wahl seiner Methode sich nicht derartig orientieren, das den Menschen das Leid erspart bliebe? Ist das Leid überhaupt notwendig und sinnvoll?

Eine Teilantwort kann ich bereits hier geben: Wenn wir Menschen allesamt das in Gottes Augen Richtige denken und tun würden, gäbe es keinerlei Leid. Da wir es aber allesamt mit den Vorgaben Gottes nicht so sehr genau nehmen, bringen wir Menschen das Leid in unser Leben und in das Leben Anderer hinein.
Wenn wir Fehler machen, leiden unsere Mitmenschen stets auch darunter.

Die Not, unter der wir leiden, kommt immer aus der Schlechtigkeit des Menschen selbst, wir merken das nur in den seltensten Fällen. Ausser natürlich, wir leiden unter den Fehlern und Ungerechtigkeiten, die andere machen und die uns betreffen. So etwas erkennen wir sofort. Wir wissen aber in aller Regel nicht, was wir gegen solch eine Not, die wir normalerweise als nicht gerecht empfinden, unternehmen sollen. Der Andere soll besser werden! Die Situation soll sich verbessern! Die Umwelt, die Gesellschaft, die Werte um uns herum sollen sich zum Positiven verändern! Klingt schön und gut! Aber wie sieht das Positive konkret aus? Und was habe ich zu tun?

Leid verursacht Not, und diese Not muss gewendet werden, wenn wir Menschen nicht verbittert und ziellos nur noch uns selber und unserem persönlichen Wohlbefinden nach unseren Vorstellungen leben wollen.
Das Leid kommt stets vom Menschen, aber Gott in seiner Souveränität und Genialität hat einen Schlüssel gefunden, der das Leid für uns Menschen notwendig werden lässt.
Gott hat es geschafft, das durch Leid Not gewendet wird, und er lässt Leid deswegen zu, damit wir Menschen die Dinge von ihm lernen, die wir brauchen, um mit der Not in uns und um uns herum fertig zu werden.

Dazu muss ich mich aber bemühen, die Dinge aus Gottes Perspektive zu sehen.

Um dem Thema Leid gerecht zu werden, muss ich mir die Gedanken und Ziele Gottes darüber zu eigen machen. Ich kann mir durchaus Gedanken über Ungerechtigkeit und die ganzen Dinge machen, die ich in ihrer Summe als leidvoll empfinde, aber ohne die Einbeziehung biblischer Werte in meinen Überlegungen drehe ich mich letzten Endes nur im Kreis.
Dann urteile ich anhand meiner ungenügenden Fähigkeiten und Erfahrungen über Probleme, die mich schlussendlich immer überfordern werden, weil ich keine dauerhaften Lösungen dafür finden kann.

Ich selbst kann nicht mit der notwendigen Objektivität an solche Themen herangehen! Meine Fähigkeiten und Erfahrungen werden immer zu kurz greifen, um zu Resultaten gelangen zu können, die über meinen geistlichen Horizont hinaus bestehen und standhalten können. Was weiss ich schon aus mir selbst heraus?

Subjektive Werte haben wir zur Genüge! Für denjenigen, der sich mit so etwas zufriedengeben möchte, mag
die Auseinandersetzung mit mehr oder weniger willkürlich gewählten Werten eine Zeitlang seinen Reiz haben.
Aber ich würde niemanden raten, auf so etwas eine Meinung oder gar ein Lebensfundament aufzubauen.
Sand bleibt Sand, auch wenn ich ihn argumentatorisch noch so überzeugend verkaufe.

Deshalb beziehe ich ganz bewusst Gott und sein Wort in meinen Alltag und auch in das Nachdenken zum Beispiel über das Thema "Leid" mit hinein. In Gottes Wort stehen die Antworten auf alle Fragen unseres Lebens, wir müssen uns nur die Mühe machen, nach diesen Antworten zu suchen.
Aber die Resultate eines solchen Suchens sind alle Mühen wert, die man dafür aufwendet.

Früher einmal, während des Nachdenkens über dieses Thema in der Gemeinschaft des heiligen Geistes wurde für ca. zehn Minuten der Vorhang beiseitegeschoben, und mir ein kleiner Teil der Denk- und Vorgehensweise Gottes gezeigt, was diesen Punkt anbetrifft.
Daraufhin schrieb ich diese Gedanken nieder, so gut es mir damals möglich schien.
Ich kann die Fülle dieser zehn Minuten sicher nur unvollkommen wiedergeben. Seid also bitte nicht enttäuscht, wenn am Ende Fragen übrigbleiben, was das Thema "Leid" anbetrifft.
Ich selbst habe erfahren, dass auf jede vom Herrn gelöste Fragen mindestens sieben Neue folgen.

Um ihn zu erkennen und die Kraft Seiner Auferstehung und die Gemeinschaft Seiner Leiden, indem ich seinem Tod gleichgestaltet werde, ob ich etwa zu der Ausauferstehung, der aus den Toten, gelangen könnte. Phil 3,10-11

Dieser Vers ist für mich der Schlüssel zum Verständnis des Themas.

Paulus benutzt hier eine Redefigur: die sogenannte Umkehrung. Dabei handelt es sich um einen Vierzeiler, bei dem die Zeilen eins und vier ebenso miteinander harmonieren wie die beiden mittleren Zeilen. Dadurch wird die Gemeinschaft seiner Leiden mit der Erkenntnis Jesu und der Kraft seiner Auferstehung ursächlich in Zusammenhang gebracht.
Dabei präzisiert Paulus die Gemeinschaft Seiner Leiden als die Gleichgestaltung des Todes Jesu.
Auf diesem Fundament baut Paulus die Hoffnung der Ausauferstehung aus den Toten. Ein anderes Fundament dafür gibt es nicht.

Die Ausauferstehung ist nach meinem biblischen Verständnis das Zeichen für das Verschlungensein des Todes in den Sieg Jesu Christi. Da der Tod der Sold der Sünde ist, widerfährt uns zu einem von Gott festgesetzten Zeitpunkt die Trennung zwischen Leib und Geist als eine Folge des Sündenfalles.

Gleichzeitig greift Gott durch die Auferstehungskraft Jesu genau im Zeitpunkt dieser Tennung ein, und beseitigt in einem Augenblick sämtliche Folgen, die der Tod sonst an uns Menschen rechtmässig ausüben würde.
Alle Folgen kann ich hier gar nicht schildern, aber die Gewissheit des ewigen Getrenntseins von Gott und seinen Verheissungen fällt gewiss darunter.

Wo die Ausauferstehung wirksam wird, ist der Tod recht- und machtlos.
Deshalb gehen von den Gesichtszügen vieler in Christus Verstorbenen solche eindrucksvollen Zeugnisse aus.
Diese Gesichtszüge strahlen die Herrlichkeit der gerade erlebten Auferstehungskraft Christi aus.

Wenn Paulus dieses Ziel über sein Leben stellt und im Wissen um die Opfer auf dem Weg dorthin alles Hinderliche als "Kot" bezeichnet, und die Gemeinschaft der Leiden Jesu und die Gleichgestaltung seines Todes als unabdingbare Vorraussetzung auf dem Weg dorthin sucht, dann müssen wir uns an dieser Stelle über unsere Lebensziele klarwerden, und wie wir sie erreichen wollen.
Je unpräziser unsere Vorstellungen vom Ziel unseres Lebens sind, desto verschwommener sind unsere Vorstellungen von der Auferstehungskraft Christi und damit auch der Gemeinschaft mit den Leiden Jesu.

Um dem Thema "Leid" aus biblischer Sicht gerecht zu werden, müssen wir an dieser Stelle die Kosten überschlagen haben. Was ist uns die Erkenntnis Jesu Christi und seiner Auferstehungskraft wert?
Ein oberflächlicher Umgang mit dem Leid ergibt zwangsläufig ein kraftloses Zeugnis und ein oberflächliches Gottesbild dazu! Hingabe ersetzt zu keiner Zeit fehlenden Gehorsam.

Alle die bis hier behaupteten Thesen müssen sich an der Person Jesu orientieren.
Wenn Jesus diesen Punkt anders handhaben würde, dann wäre das bisher Geschriebene keinen Pfifferling wert.
Entweder wird eine These durch das Vorbild Jesu untermauert, oder sie ist das Papier nicht wert, auf dem sie erläutert wird.

Persönlich habe ich mich nicht nur einmal gefragt, warum der Tod Jesu auf eine solche Art und Weise stattgefunden hat, wie es die Bibel beschreibt. Warum hat man Ihn nicht nur gefoltert, verhöhnt, verachtet, sondern Ihn auch auf solch eine grauenhafte Weise hingerichtet? Warum solches alles überschreitendes Leid? Auch hier sehe ich die Lösung im Philipperbrief. Ich möchte dazu sieben wohlbekannte Bibelverse zitieren:

Denn diese Gesinnung sei in euch, die auch in Christus Jesus ist: der, als er in der Gestalt Gottes war, es nicht für ein Rauben erachtete, ebenso wie Gott zu sein; sondern Er entäusserte Sich selbst nahm die Gestalt eines Sklaven an, wurde den Menschen gleichgestaltet und in der Art und Weise wie ein Mensch erfunden; Er erniedrigte sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tode, ja bis zum Kreuzestod.
Darum hat Gott Ihn auch überaus hoch erhöht und Ihn mit dem Namen begnadet, der über jedem Namen ist, damit in dem Namen Jesu sich jedes Knie beuge, der Überhimmlischen, Irdischen und Unterirdischen, und jede Zunge huldige: Herr ist Jesus Christus, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters. Phil 2,5-11

Alle Ziele überhaupt bündeln sich in dem einen Ziel: die Verherrlichung Gottes des Vaters.
Entweder steuere ich in meinem Leben so bewusst, wie es mir möglich ist, dieses Ziel an, oder ich gebe der Zielverfehlung Raum in meinem Leben. Und Zielverfehlung ist nach der biblischen Terminologie deckungsgleich mit Sünde.

Jesus hat auf Erden etwas gelernt, was er als Gott nicht gelernt hat: den Gehorsam.

Obgleich er der Sohn ist, lernte er den Gehorsam durch das, was er litt. Und so vollkommen gemacht, ist Er allen, die ihm gehorchen, die Ursache ewiger Rettung. (Hebr 5,8-9)

Die Vollkommenheit Jesu beruht also auf der Art und Weise, wie er mit dem Leid umging.
Der Schlüssel dazu ist nicht Aufopferung oder Ergebenheit, sondern Gehorsam.
Das Leid ist also kein unabänderliches Geschick eines unbegreiflichen Gottes, sondern das wirksamste Instrument Gottes, um Gehorsam zu lernen. Und wenn das bei Jesus funktioniert, dann funktioniert das auch bei uns.

Einer der wirksamsten Methoden des Widersachers, die Christen über den wahren Ziele des Leides im Unklaren zu lassen, ist eine Theologie, die zwar die Tatsache des Leides erfasst, aber nicht ihren Sinn und Zweck.

Wenn ich zum Beispiel über das Buch Hiob Auslegungen wie Folgende lese:
Der Gerechte muss viel leiden.
Der Mensch kann Gottes Wege nicht immer verstehen.
Die Bäume der Menschen wachsen nicht in den Himmel. usw.
dann haben die Verfasser im Grunde keine andere Sicht über das Leid als die drei Freunde Hiobs:
Gott hat immer recht, und du hast deshalb immer unrecht.

Gott sagt über diese drei Freunde, das sie nicht recht über dieses Thema geurteilt hätten, so dass sein Zorn über sie entbrannt wäre. Genauso müssen wir an diesem Punkt aufpassen, wenn wir durch eine zu erkenntnisarme Sicht der Dinge, was das Leid anbetrifft, Gott zum Sündenbock machen. Denn darauf läuft es zuletzt hinaus,
so dass wir uns über Gottes Zorn über unsere Festlegungen diesen Punkt betreffend nicht zu wundern brauchen.

Leid ist niemals Selbstzweck! Paulus ermutigt die Philipper, die Gesinnung Jesu zu haben, und die führt durch Entäusserung zum Gehorsam. Dabei ist die wörtliche Bedeutung von Entäusserung eine Entleerung von Inhalten, die mich am Gehorsam hindern. Und das geschieht in der Regel durch Leid.

Jesus hat also die Erlebnisse und Erfahrungen aus seinem Leben hinausgeleert, die Ihn daran gehindert haben, gehorsam zu werden. Diese Erlebnisse und Erfahrungen sind im Gegensatz zu uns bei Jesus aus der unmittelbaren Gemeinschaft mit dem Vater entstanden. Dieses bewusste "leer werden" führte ihn auch innerlich aus der Gleichheit mit dem Vater hinaus.
Die Bibel beschreibt das Resultat dieses Prozesses als Gleichgestaltung Jesu an den Menschen.
Nur daraufhin war er imstande, Gehorsam zu lernen.

Jesus hat uns also die Gleichgestaltung seines Todes mit einem jeden von uns vorgelebt.
Was Er dabei verloren hat, können wir gar nicht ermessen. Er hat sich dabei bewusst von Dingen entleert, die keiner von uns freiwillig hergegeben hätte: Beste Erfahrungen aus innigster Gemeinschaft mit seinem Vater.

An diesem Punkt der Argumentation angelangt ist mir nur zu klar, wie unvollständig der Begriff Leid sein muss, wenn wir es nicht schaffen unser Leid und Jesu Leid auf diese gemeinsame Grundlage zu stellen:

Leid bewirkt die Verherrlichung unseres himmlischen Vaters durch unseren Gehorsam darin.

Und genauso klar ist mir, dass unser aller Widersacher diese gemeinsame Grundlage mit wirklich allen zur Verfügung stehenden Mitteln untergraben will.
Wenn der Satan dies schafft, dann ist das Leid nicht mehr das Werkzeug Gottes zum Gehorsam hin, sondern das Abbild von Vergänglichkeit, Ohnmacht, Sinnlosigkeit und Zerstörung!

Der Umgang mit dem Leid erfordert die richtige Perspektive.
Leid ist nichts Trennendes, sondern im Blick auf die Ewigkeit etwas Verbindendes.

Wenn Paulus also seine Gleichgestaltung in Jesu Tod als sein Lebensprinzip auf dem Weg zu seinem Lebensziel, der Ausauferstehung, bezeichnet, dann greift er genau das Prinzip auf, mit dem Gott Ihm und uns allen die Möglichkeit der Ausauferstehung überhaupt erst ermöglicht hat: Die Gleichgestaltung Jesu den Menschen durch Gehorsam im Leid.

Gott fordert niemals etwas von uns, was Jesus als unser Vorbild uns nicht schon in Vollkommenheit vorgemacht hat.
Als Christen wandeln wir keinen Trends hinterher, sondern Jesu Fusstapfen.

Zurück zu der Frage, warum das Leiden Jesu am Kreuz alle Dimensionen gesprengt hat:
Wir Christen haben allesamt eine unzureichende Vorstellung von dem, was sich wirklich am Kreuz an Leid ereignet hat.
Auch ich habe diesen Mangel, und werde diesen Mangel auch nach Beendigung dieses Briefes immer noch haben.
Aber er wird kleiner geworden sein.

"so entstellt, nicht mehr einem Manne ähnlich war sein Aussehen und seine Gestalt nicht mehr wie die der Menschenkinder" Jes 52,14

Hier werden meiner Ansicht nach die Ergebnisse zweier verschiedener Prozesse geschildert, auf die ich beide kurz eingehen möchte: Der erste Prozess ist uns geläufiger; hier geht es um die Gestalt Jesu, die nicht mehr einem Menschen glich.
In den Evangelien wird diese Tatsache nicht erwähnt, wohl aber, wie es dazu kam.

Da überantwortete ein Pilatus in der Hoffnung auf Mitleid des Volkes Jesu den Geisselungen der Römer.
Normalerweise kommt man mehr tot als lebendig aus solch einer Prozedur heraus.
Und nach der Prophetie Jesaias zu urteilen haben die Kriegsknechte auch in diesem Fall ganze Arbeit geleistet.

Die Geisselung wurde mit einer Peitsche vollzogen. Diese hatte an jedem Ende der etwa sechs bis zehn Lederschnüre ein daran festgebundenes Bleistück. Ab einer gewissen Anzahl von Schlägen mit dieser Peitsche konnte man ziemlich sicher mit dem Tod des Geschlagenen rechnen.
Das Resultat der Schläge war aufgeplatzte Haut mit Striemenspuren, die sich tief ins Fleisch eingruben.
Solch ein Opfer sah nach den Schlägen aus, als hätte man Ihm die Haut bei lebendigem Leib abgerissen.

Die Dornenkrone, die Jesus aufs Haupt gesetzt bekam, wurde aus einer in Israel heimischen Dornenart geflochten.
Die Dornen sind nadelspitz und zwischen zehn und zwölf Zentimeter lang.
Diese Dornen durchdringen die Kopfhaut bis auf den Knochen. Das Ergebnis einer solchen "Krönung" ist der Skalpierung gleichzusetzen. Besonders dann, wenn mit einem Rohr Schläge auf den Kopf mitsamt der "Krone" verabreicht werden, wie es zum Beispiel das Matthäusevangelium beschreibt.

Die Kreuzigung ist die grausamste Art der Hinrichtung, die ich kenne. Dabei geht es weniger um das nackte Zurschaugestelltwerden oder um die bohrenden Schmerzen durch die riesigen Zimmermannsnägel in Händen und Füssen, nein, es geht um den stundenlangen Todeskampf. Bei einem Gekreuzigten sammelt sich durch die mangelhafte Funktion des Kreislaufes das Wasser in der unteren Körperhälfte. Schliesslich beeinträchtigt dieser Wasserstau die Funktion der Lungen so sehr, das der Betreffende langsam und qualvoll erstickt.

Alle Bilder, die ich bisher über die Kreuzigung Jesu gesehen habe, beschönigen dieses Leid.

Wenn Jesaia schreibt, das seine Gestalt nicht mehr zweifelsfrei als Mensch auszumachen war, dann können wir, wenn wir das wollen, uns ansatzweise vorstellen, was sich wirklich an diesem Kreuz abgespielt hat.

Aber dieses Ganze ist weniger als eine Seite der gesamten Medallie.
Der andere von Jesaia beschriebene Prozess war ungleich schlimmer!
Hier geht es um den Prozess der Entstellung. Und ich meine zu wissen, was es damit auf sich hat:

Das menschliche Gesicht ist stets ein Spiegelbild seiner Lebensweise. Zuallererst betrifft das die Augen, aber ab einer gewissen Konsequenz einer Lebensführung wird das gesamte Gesicht zum Zeugnis.
Ich erinnere hier an das Gesicht eines notorischen Trinkers, oder eines anderen Menschen, dem die Spuren seiner Sünde buchstäblich im Gesicht geschrieben steht. Genauso gibt es als Gegenteil einen Augen- oder gar Gesichtsausdruck, der ohne Umwege auf die Liebe Christi in diesem Leben hinweist.
Ich möchte nochmals an den Gesichtsausdruck eines in Christo gestorbenen Menschen hinweisen.

Und jetzt hängt Jesus am Kreuz, und die gesamte Sündenlast der ganzen Menschheit wird auf Ihn geworfen.
Und diese Last entstellt so sehr, das Jesu Gesicht nicht mehr dem eines Mannes gleicht.
Gleichzeitig erfolgt die Trennung vom Vater aufgrund dieser auf Ihn gelegten Sünde. Das war für Jesus das Allerschlimmste!

Woher ich das weiss? Wenn Jesus in seinem Leben die Perspektive hätte verlieren können, dann an dieser Stelle: "Eloi, Eloi, lema sabachtani!" das heisst: "Mein Gott, mein Gott, wozu du mich verlassen hast!"

Ich gehe davon aus, das diese Übersetzung angemessener ist, als diejenige, die uns in Fleisch und Blut übergegangen ist: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?"
Denn dann hätte Jesus tatsächlich die Perspektive an dieser Stelle verloren. Ausserdem wären Fragen Gott gegenüber nach dem "Warum" einer persönlich erlebten Leidenserfahrung gerechtfertigt.

Die Perspektive Jesu wurde immer und überall beherrscht von dem Wunsch der Verherrlichung seines Vaters.
Wenn nun Paulus im Philipperbrief schreibt, das Jesus aus diesem Grund gehorsam war bis zum Tode, ja bis zum Tode am Kreuz, dann glaube ich nicht, das das Leid Jesu am Kreuz diese Perspektive auch nur für einen Moment verschoben hat. Im Falle Jesu führte also das so gewaltige Leid zu einem vollkommennen Gehorsam.

Und diesen Gehorsam, der laut Philipperbrief nicht nur Jesu Tod einschloss, sondern ausdrücklich noch als Steigerung den Kreuzestod Jesu erwähnt, belohnt der Vater mit einer dementsprechenden Erhöhung.

Und zwar hauptsächlich mit der Begnadigung durch einen Namen, der über alle Namen ist, und dem die dementsprechende Anerkennung nicht versagt werden wird. Auch von denen, die das jetzt noch nicht so sehen.

Das Mass der Erhöhung ist abhängig von dem Mass unseres Gehorsams!
Wo wir im Glauben an die Liebe und Gnade Gottes dem Leid unseren Gehorsam entgegensetzen, da wird Gottes Herrlichkeit in uns jetzt, und erst recht in der Ewigkeit freigesetzt. Jedes Leid von Gott trägt also den Keim der Herrlichkeit in sich! Unser Gehorsam bringt diesen Keim, die Kraft Gottes in uns, zum Wachsen.

Unsere Vollkommenheit als Jünger, als Geliebte und als Bevollmächtigte Jesu hängt entscheidend von unserem Umgang mit Leid ab. Dabei werden wir entweder unseren Vorstellungen, oder Jesum ähnlicher!

..der als Sohn Gottes erwiesen ist in Kraft nach dem Geist der Heiligkeit auf Grund seiner Auferstehung aus den Toten. Römer 1,4

Die wörtliche Übersetzung müsste lauten: der als Sohn Gottes festgesetzt ist in Kraft.
Diese Kraft hat Jesus sich durch seinen Gehorsam dem Vater gegenüber erworben.
Und diese Kraft steht jedem an Christus Gläubigen zu, wenn er er lernt, dem Leid mit Gehorsam zu begegnen.

Jesus bittet während der Kreuzigung für seine Peiniger mit den Worten: "Vater, vergib ihnen, den sie wissen nicht, was sie tun."

Es gibt meiner Meinung nach keinen besseren Weg, mit Leid umzugehen, als diesen.
Zum Ersten werden die Leute durch meine Fürbitte gesegnet, die es am Nötigsten haben.
Zum Zweiten gebe ich Zeugnis über meine Herzenshaltung vor allem vor der unsichtbaren Welt ab. Und solch einen Gehorsam segnet Gott immer, vorzugsweise mit Kraft.
Zum Dritten wende ich meinen Blick ganz bewusst von meinen Seelenschmerzen ab und lerne die Dinge wieder ein wenig mehr mit Jesu Augen zu sehen.

Und genau so werden aus Leiden "Traglasten" (Auf dem Boden eines Holzschiffes befestigtes Gewicht, dass solch ein Schiff ausbalanciert und seetüchtig macht), die mir helfen, den Stürmen des Lebens standzuhalten.
Stimmt meine Herzenshaltung nicht, wird aus dem Leid die Bürde, die meine Seele schliesslich zu Boden drückt.
Das eine macht mich zum Zeugnis, das andere zu einem geistlichen "Pflegefall".
Das eine gibt Kraft, das andere nimmt Sie!

Die Dimension des Leides hängt unverrückbar mit der Dimension der Nachfolge Jesu zusammen.
Ein biblisch korrekter Umgang mit beiden macht aus mir einen Jünger nach Gottes Vorstellungen.

Ich denke, dass wir nun diesen Sack zumachen können.
Wenn ich das Thema "Leid" betrachte, dann merke ich spätestens nach einem gründlichen Blick in die Bibel, dass dieses Thema nicht isoliert für sich stehen darf. Sonst bekomme ich ganz schnell eine einseitige Sicht und habe damit so gut wie allen Segen, den das Leid für uns bereithält, verspielt.

Wenn ich also das Thema "Leid" mit den Augen Jesu zu sehen versuche, dann muss ich mich gleichzeitig zumindest mit den Themen "Gehorsam" und "Auferstehungskraft" beschäftigen. Und bei alledem darf ich nicht das eigentliche Ziel meines Lebens, die Verherrlichung des Vaters, aus den Augen verlieren!

Eine Schlussbemerkung möchte ich aber noch machen:
Ich kenne kein Thema, das zielstrebiger als das Leid uns an die Auferstehungskraft Jesu heranführt.
Und wenn eine verlorene Welt etwas dringend benötigt, dann diese Kraft.
Und die wird am wirksamsten in einem Jünger Jesu offenbar, der mit dem Leid richtig umzugehen gelernt hat.

Ich gehe davon aus, dass euch diese Gedanken eine Hilfe sein werden, was das Thema Leid aus der Sicht Gottes anbetrifft. Wie ich nun mit einer Einstellung an das Leid herangehen kann, die mir und meinem Nächsten zum Segen wird, dazu möchte ich noch einige Verse aus dem Johannesevangelium zitieren. Sie stammen von Jesus, der mit seinem Vater über seine unmittelbar bevorstehende Kreuzigung sprach: Joh 17,1-19

Vater, die Stunde ist da, daß du deinen Sohn verklärest, auf daß dich dein Sohn auch verkläre;
Gleichwie du ihm Macht hast gegeben über alles Fleisch, auf daß er das ewige Leben gebe allen, die du ihm gegeben hast. Das ist aber das ewige Leben, daß sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesum Christum, erkennen.

Ich habe dich verklärt auf Erden und vollendet das Werk, das du mir gegeben hast, daß ich es tun sollte.
Und nun verkläre mich du, Vater, bei dir selbst mit der Klarheit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war.

Ich habe deinen Namen offenbart den Menschen, die du mir von der Welt gegeben hast. Sie waren dein, und du hast sie mir gegeben, und sie haben dein Wort behalten. Nun wissen sie, daß alles, was du mir gegeben hast, sei von dir. Denn die Worte, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben; und sie haben's angenommen und erkannt wahrhaftig, daß sie glauben, daß du mich gesandt hast.

Ich bitte für sie und bitte nicht für die Welt, sondern für die, die du mir gegeben hast; denn sie sind dein.
Und alles, was mein ist, das ist dein, und was dein ist, das ist mein; und ich bin in ihnen verklärt.
Und ich bin nicht mehr in der Welt; sie aber sind in der Welt, und ich komme zu dir.
Heiliger Vater, erhalte sie in deinem Namen, die du mir gegeben hast, daß sie eins seien gleichwie wir.

Dieweil ich bei ihnen war in der Welt, erhielt ich sie in deinem Namen. Die du mir gegeben hast, die habe ich bewahrt, und ist keiner von ihnen verloren, als das verlorene Kind, daß die Schrift erfüllet würde.
Nun aber komme ich zu dir und rede solches in der Welt, auf daß sie in ihnen haben meine Freude vollkommen. Ich habe ihnen gegeben dein Wort, und die Welt haßte sie; denn sie sind nicht von der Welt, wie ich denn auch nicht von der Welt bin. Ich bitte nicht, daß du sie von der Welt nehmest, sondern daß du sie bewahrst vor dem Übel. Sie sind nicht von der Welt, gleichwie ich auch nicht von der Welt bin.

Heilige sie in deiner Wahrheit; dein Wort ist die Wahrheit. Gleichwie du mich gesandt hast in die Welt, so sende ich sie auch in die Welt. Ich heilige mich selbst für sie, auf daß auch sie geheiligt seien in der Wahrheit.

Der Inhalt dieser Rede ist ein ganz tiefer Brunnen! Hier redet Jemand, der um sein Selbstverständnis und um seine Ziele Bescheid weiss. Weil er seinen Gott und Vater kannte!

Genau das wünsche ich euch auch, liebe Y und lieber X.
Wo ihr Gott durch seinen Sohn Jesus immer besser kennenlernt, da kommen die Dinge nach und nach an ihren richtigen Platz, auch das Leid. Weil wir uns von Gott angenommen und geliebt wissen!

Ganz herzliche Grüsse an euch auch von meiner Frau: euer Peter Wiem
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