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Der neue (Gender-)Mann


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Der neue (Gender-)Mann





Von: Emmerich Adam


Einige Auswirkungen von Gender Mainstreaming für die Männer

„Würdest du mich auch lieben, wenn ich ein Mann wäre?“, fragt die Frau ihren Ehemann. „Ja“, sagt dieser nach einer kurzen Denkpause. Das Ehepaar beschließt dann, dass sie zum Mann wird, denn eigentlich fühlt sie sich ohnehin wie ein Mann im falschen Körper. Durch entsprechende operative Eingriffe (u. a. Entfernung der Gebärmutter) und chemische Behandlung sieht sie bald wie ein Mann aus, inklusive Bartwuchs. Doch sie sind noch nicht am Ziel, denn eigentlich hätten sie auch gern ein Kind. Da dies auf herkömmlichem Wege nicht mehr geht, überlegen sie sich, ob sie sich nicht mit einem lesbischen Paar zusammen tun und gemeinsam ein Kind aufziehen sollten ...

Die hier nur sehr verkürzt wiedergegebene Geschichte füllte eine ganze Seite in der FAZ. Sie ist nicht fiktiv, sondern handelt von einem tatsächlich in Berlin lebenden Ehepaar. „Extremer Einzelfall“, mögen wir vielleicht sagen. Mag sein. Doch das, was dahinter steckt, geht uns alle an, auch uns Männer. Und schon sind wir mitten drin in einem Thema, das uns nicht nur in diesem Artikel, sondern auch gesamtgesellschaftlich immer mehr beschäftigen und ihre Auswirkungen zeigen wird: Gender Mainstreaming (GM).



Neu und doch nicht neu

Mit der Bedeutung, der Strategie und den Zielen von GM sind viele, insbesondere Männer, noch nicht vertraut. Dies liegt zum Teil daran, dass GM ganz wesentlich vom Feminismus ausging. Dabei ist das Thema gar nicht so neu, denn bereits 1985 wurde auf der 3. Weltfrauenkonferenz der Vereinten Nationen in Nairobi GM als politische Strategie vorgestellt. 1999 wurden im Amsterdamer Vertrag die EU-Mitgliedstaaten auf eine aktive Gleichstellungspolitik im Sinne des GM rechtlich verpflichtet.

Inzwischen wurde das Thema auch im christlichen Kontext bereits mehrfach aufgegriffen, verschiedene christliche Magazine haben gerade in letzter Zeit darüber geschrieben – überwiegend ablehnend. Daher wollen wir hier nicht alle Grundsatzgedanken wiederholen, sondern uns fragen: Was hat Gender Mainstreaming mit uns Männern zu tun? Inwieweit können wir von der zurzeit geführten gesellschaftlichen Diskussion über GM profitieren, ohne gleich alles blauäugig zu übernehmen? Mit welchen praktischen Auswirkungen von GM haben wir Männer zu rechnen?

Dass im Rahmen eines kurzen Artikels die vielschichtige GM-Thematik nur angerissen werden kann, möge der Leser bitte berücksichtigen; es können nicht alle wichtigen Punkte behandelt werden. Eine ergänzende Pro- und Contra-Aufstellung der verschiedenen GM-Aspekte finden Sie auf unserer Website (www.adam-online.de).



Abschied von Stereotypen

Gängige Stereotypen aus der Moderne und Vormoderne legen nicht nur Frauen, sondern auch Männer auf bestimmte Rollen, Berufsfelder, Familienaktivitäten u. a. fest. Immer mehr Männer würden z. B. gerne mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen und weniger Zeit für Erwerbsarbeit aufwenden. Die meisten Teilzeit- oder Halbtagsjobs sind aber nur für Frauen vorgesehen; von Männern erwartet man in der Regel mindestens hundertprozentigen beruflichen Einsatz. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist nicht nur ein Anliegen von Frauen, sondern auch von immer mehr Männern.

Solange wir Männer auch noch untereinander mit unseren Überstunden, beruflichen Karrieren, Statussymbolen (Auto) etc. angeben oder konkurrieren, erhöhen wir nur den Druck. Sofern sich unsere Frauen an der Erwerbsarbeit beteiligen möchten – aus innerer Überzeugung und nicht aufgrund von gesellschaftlichen Erwartungen oder Minderwertigkeitsgefühlen – sollten wir das begrüßen und als Chance begreifen, unsere eigene Erwerbsarbeit zu reduzieren, sofern möglich, und uns z. B. in der Familie / im Haushalt, im Ehrenamt stärker einzubringen.

Es geht nicht darum, die alten Stereotypen einfach durch neue zu ersetzen: Jungen sollten nicht gezwungen werden, nur noch mit Puppen zu spielen und später in „Frauenberufe“ hineingedrängt werden; es müssen nicht alle postmodernen christlichen Männer Kinderarbeit in der Gemeinde machen und das Predigen und Leiten den Frauen überlassen. Wenn ein Mann lieber in der Kinderarbeit oder einem sozialen Bereich mitmachen möchte, soll er das tun können; generell soll das aber Männern nicht verordnet werden. Traditionell denkende Männer (und Frauen) dürfen nicht diffamiert werden.



Gleichstellung von Mann und Frau

Was zunächst den meisten einleuchtet und gesetzlich schon längst geregelt ist, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als nicht so eindeutig. Denn was bedeutet „gleich“? Und inwieweit ist die Gleichstellung von Mann und Frau tatsächlich schon gesellschaftliche Realität?

Den Vertretern von GM geht es generell um Geschlechtergerechtigkeit, es sollen keine beruflichen oder sonstigen Nachteile aufgrund des Geschlechts entstehen. Hier besteht tatsächlich immer noch Nachholbedarf (man denke z. B. an die tendenziell geringere Entlohnung von Frauen). Uneinigkeit besteht über den Gleichheitsbegriff: Geht es „nur“ um Gleichheit vor dem Recht und Chancengleichheit oder wesensmäßige Gleichheit? Besonders die auf dem Marxismus basierenden Feministinnen gehen davon aus, dass Gerechtigkeit erst dann entstehen kann, wenn absolute Gleichheit – bis hinein ins Geschlecht – herrscht. Unterschiede müssen daher eliminiert oder zumindest so angeglichen werden, dass man keine Unterschiede mehr wahrnimmt. Hierbei werden sogar biologische Unterschiede für konstruiert erklärt.

Für Christen hingegen sind Gleichwertigkeit und Geschlechtergerechtigkeit durchaus vereinbar mit Unterschiedlichkeit. Aufgrund der Gottebenbildlichkeit (1 Mose 1,26) von Mann und Frau sind beide Geschlechter gleichwertig; aufgrund des Schöpfungsaktes (1 Mose 1,27) sind beide verschieden; Gott schuf Mann und Frau, keine geschlechtslosen oder androgynen Wesen. Die Polarität von Mann und Frau ist also Gottes Erfindung und muss (darf!) nicht aufgelöst werden.

Die Gleichstellung von Mann uns Frau ist bereits im Schöpfungsbericht grundgelegt, wenn es dort im hebräischen Urtext heißt, dass Eva dem Adam entspricht, dass sie sein Gegenüber, seine Entsprechung darstellt (1 Mose 2,18). Nicht nur die Frauen, sondern auch die Männer profitieren davon, wenn sie ein partnerschaftliches Verhältnis leben – in der Ehe, im Beruf und in vielen anderen Bereichen.



Vielfalt

Seriöse GM-Vertreter betonen, dass es ihnen um Vielfalt, nicht um Uniformität oder Gleichmacherei geht. Vielfalt und Polarität (Mann und Frau) schließen sich nicht gegenseitig aus. Es gibt nicht die eine Männlichkeit oder die eine Weiblichkeit, sondern eine Vielfalt von Männlichkeiten und Weiblichkeiten in jeweils ganz unterschiedlichen Ausprägungen. Wenn es auf Männerseminaren darum geht, was männlich und was weiblich ist, macht man immer wieder die Erfahrung: Männer können mit den Zuordnungen nicht völlig übereinstimmen, sie identifizieren sich teilweise auch mit der Spalte „weiblich“. Sind das etwa keine „richtigen“ Männer? Im Gegenteil: Das sind Männer, die ihre weiblichen Anteile wahrgenommen und möglicherweise integriert haben – und so zu ganzen Männern geworden sind.

Auch dieser Gedanke ist vom Schöpfungsbericht abzuleiten: Gott schnitt den Menschen nicht einfach in zwei verschiedene Teile – männlich und weiblich. Die Frau ist aus dem Mann, zugleich aber eigene Schöpfung (1 Mose 2,22). Hier sind sowohl die Ähnlichkeit von Mann und Frau („Rippe“ des Mannes) als auch ihre Individualität grundgelegt, die sich vielfältig entfaltet.

Für uns Männer heißt das, vielfältige männliche Wesensarten, Ausdrucksformen und Lebensstile nebeneinander stehen zu lassen; für die Männerarbeit bedeutet dies eine Vielfalt an Angeboten, um alle Arten von Männern zu erreichen.

Unter GM-Vertretern gibt es freilich auch solche, die eine Vielfalt im Sinne einer freien Geschlechterwahl propagieren: Jeder soll sich das Geschlecht oder den Geschlechtermix auswählen, der gerade zu ihm passt und ggf. entsprechende Veränderungen vornehmen. Von einer christlichen Anthropologie her ist das abzulehnen, da jeder einzelne Mensch von Gott als Mann oder Frau geschaffen wurde.



Defizitbilder von Männlichkeit abbauen

Die gegenwärtige GM-Diskussion tendiert dazu, Männer und Männlichkeit überhaupt eher negativ bzw. defizitär darzustellen. Dabei werden gerne einseitige Täter-Opfer-Schemata verwendet („Männer unterdrücken Frauen“), Statistiken undifferenziert herangezogen (höherer Anteil männlicher Kriminalität) oder globale Probleme pauschal auf Männer bzw. Männlichkeit zurückgeführt („Männer führen Kriege“).

Indem wir Männer aufhören, immer den „starken Max“ zu spielen und auch unsere schwachen und sensiblen Seiten offenbaren, werden uns andere als weniger bedrohlich wahrnehmen. Wenn wir Männer mehr Verantwortung übernehmen, uns stärker für Benachteiligte engagieren, Schutzfunktionen ausüben, uns für mehr Gerechtigkeit auf allen Ebenen einsetzen, kann männliche Initiative als positiv erlebt werden.



Männer sind anders – Frauen auch

Die gegenwärtige Gender-Diskussion sollten wir ernst nehmen, denn sie wird ihre Spuren in unserer Gesellschaft hinterlassen. Als Männer sind wir herausgefordert, genau hinzuhören, wo berechtigte Anliegen vertreten werden und wo man über das Ziel hinausschießt oder gar antichristliche Thesen vertritt. Was auch immer für rechtliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen positiver oder negativer Art hergestellt werden, es liegt an uns, was wir wie umsetzen in den Bereichen, in denen wir Verantwortung tragen. Für das Bild von Mann und Frau, das wir an unsere Kinder weitergeben, sind wir selbst in erster Linie verantwortlich.

Emmerich Adam, Diplom-Theologe, ist Chefredakteur von Adam online. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.
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