Zum Inhalt wechseln

Welcome to Irrglaube und Wahrheit
Register now to gain access to all of our features. Once registered and logged in, you will be able to create topics, post replies to existing threads, give reputation to your fellow members, get your own private messenger, post status updates, manage your profile and so much more. If you already have an account, login here - otherwise create an account for free today!
Foto

Beurteilung und Warnung vor W+G bereits im Jahr 2005


  • Bitte melde dich an um zu Antworten
Keine Antworten in diesem Thema

#1
Rolf

Rolf

    Administrator

  • Administrator

  • PIPPIPPIP
  • 34134 Beiträge
  • Land: Country Flag

Please Login HERE or Register HERE to see this link!







Anmerkungen zum „Wort und Geist Zentrum“ in Röhrnbach/Bayr. Wald






von BFP-Präsidiumsmitglied und Regionalleiter BAN Pastor Bernhard Olpen


(Januar 2005)


1. Meine positiven Eindrücke und Erfahrungen

Nach dem Hören mehrerer Kassetten und einem ganztägigen Besuch während einer Ferienbibelschule, habe ich folgenden Eindruck vom Wort und Geist Zentrum in Röhrnbach bekommen:

Das Äußere, die Atmosphäre, die Freundlichkeit und die geistlich-spirituelle Dynamik in Röhrnbach sind durchaus beeindruckend. Das Lobpreisteam versteht es auf angenehme und nicht aufdringliche Art und Weise die Besucher ins Gebet und eine fröhliche Anbetung zu führen. Den Einsatz von volksmusikartigem Lobpreis (mitunter von Schunkeln des ganzen Saals begleitet) halte ich für eine intelligente und erfrischende Idee, die im Bayrischen Wald ideal geeignet ist, um die sehr boden-ständige Bevölkerung zu erreichen. Darüber hinaus gelingt es dem Lobpreisteam aber auch, die Besucher in eine tiefe und ergreifende, langandauernde Anbetung im Geist zu führen, die außerordentlich gelungen und dezent musikalisch begleitet wird. Das ist für mich wirklich ein Erlebnis gewesen und ich vermisse derartige Anbetung weithin im Land.

Insbesondere der Hauptleiter Helmut Bauer macht einen sympathischen und gewinnenden Eindruck. Dass er in der Tat tiefgreifende Gotteserfahrungen gemacht hat, nimmt man ihm sofort ab. Er verfügt über Charisma und strahlt eine große Menschenliebe aus. Immer wieder unterbricht er seine Predigten um Einzelne aufstehen zu lassen und ihnen dann zu sagen, dass sie die allerbesten sind und er sie und alle Besucher mit Gottes Liebe liebt. Das kommt authentisch und glaubhaft rüber. Auch wenn ich selbst nicht an einem Heilungsgottesdienst teilgenommen habe, will ich Helmut Bauer einen vollmächtigen Heilungsdienst nicht absprechen.
Ich kann gut verstehen, dass diese äußeren Faktoren wesentlich dazu beigetragen haben, dass viele Menschen dorthin fahren.

Es wird kein Druck aufgebaut, die Menschen werden liebevoll behandelt, es passiert einiges dort (Heilungen, Auftanken, Anmeldestopp Wochen vor Beginn der Bibelschule) und selbst der Kinderdienst ist beeindruckend ganztags organisiert. Wer die Richtigkeit der Lehraussagen an der äußeren Atmosphäre misst und selbst keine starken Lehrfundamente hat, kommt leicht zu einer Bereitschaft, auch ungewöhnliche Aussagen stehen zu lassen oder anzunehmen.

2. Lehraussagen und meine Bewertung

Ganz anders verhält es sich dagegen mit den Lehraussagen. Zunächst muss aner-kannt werden, dass das Wort und Geist Zentrum der alten Botschaft von „Christus in mir, die Hoffnung der Herrlichkeit“ (Kol.1,27), zu neuer Aktualität verholfen hat. Hier wird, völlig zu recht, die Betonung darauf gelegt, dass uns Christi Leben in uns befreit, nach Gottes Vorstellungen zu leben. Liebe, Friede, Freude und andere
Eigenschaften sollten als Frucht des Geistes in uns bestimmend sein und nicht als Folge frommer Anstrengungen. So weit, so gut und so auch bekannt. Klarer wird der spezifische theologische Unterbau dann, wenn betont wird, dass diese Dinge uns bereits gegeben sind und nur auf ihre Freisetzung warten. Während man normalerweise darüber spricht, dass wir die Bedingungen für ein gutes Wachstum der Frucht des Geistes selber schaffen müssen, wird in Röhrenbach der Standpunkt vertreten, dass man es sich einfach aneignen muss, wie einen Besitz: Du hast es schon, du hast es nur noch nicht gemerkt. Ein Heiligungsprozess wird kaum gelehrt.

Hier wird an den theologischen Hintergrund der „Wort des Glaubens-Bewegung“ (Kenneth Hagin) angeknüpft, zu der sich die Leiter aus Röhrnbach auch klar bekennen. Karl Pilsl hat über viele Jahre, während seines fast 20 jährigen USA Aufenthaltes, engen Kontakt zu Kenneth Hagin gehabt und Helmut Bauer besuchte eine „Wort des Glaubens“ - Bibelschule in Wels/Österreich.

Karl Pilsl, der in Röhrnbach zum Lehrteam gehört, begann bei meinem Besuch seine Ausführungen mit der Bemerkung: „Vielleicht werden einige denken, ich vertrete eine Irrlehre oder wäre einseitig. Ihr müsst halt ein paar Wochen zuhören und euch intensiver damit beschäftigen, dann werdet ihr schon merken, dass das alles biblisch und ausgewogen ist.“ Ich glaube nicht, dass ein guter Bibellehrer so eine „Vorabinformation“ nötig hat, denn wer gesund und ausgewogen predigt, wird wohl kaum entsprechende Gefühle hervorrufen. In der Tat stellte sich jedoch sehr schnell heraus, dass Karl Pilsl diese Bemerkung nun wirklich nötig hatte. Er steht auf dem Standpunkt, dass wir das Evangelium nur richtig verkündigen müssen (nämlich so wie in Röhrnbach anvisiert), dann kann keiner widerstehen. Damit würden die Massen erreicht. Mit dieser, z.T. unterschwellig immer wiederkehrenden, Betonung werden andere Gemeindebau-Ansätze letztlich diskreditiert und z.T. als „Leben im Alten Testament“ und „Vorenthaltung der Freiheit in Christus“ betitelt.

Das ist meines Erachtens nach der größte Sprengstoff, denn die Leute kommen in ihre Gemeinden zurück und haben den Eindruck, dass ihre eigene Gemeinde im Alten Testament steckengeblieben ist. Sie müssen dann das Gefühl haben: „So kann es ja nicht gehen, nur die Botschaft „Christus in dir“ (nach Röhrnbacher Version) führt zum eigentlichen Kern der neutestamentlichen Kraft und zum Neuen Bund schlechthin.“

Wenn unter „Christus in dir“ die biblisch vertretbaren Ausmaße gemeint wären, könnte man das ja sogar stehen lassen, aber unter „Christus in dir“ wird halt weit mehr subsummiert. Nämlich:
„Es ist alles so einfach“ ist Karl Pilsl´s Standardsatz. Damit meint er in etwa folgendes:

„Wenn Gott in dir ist, dann ist alles so einfach. Gott ist weder arm, noch krank, noch hat er irgendwelche Niederlagen o.ä.“ Das ist die einfache Formel zum Glück. „Setz die Kraft in dir einfach frei. Du bist ja gestorben, dein Fleisch ist tot, also versuche auch nichts mehr aus eigener Kraft. Lass Christus alles in dir machen.“ Die Frucht des Geistes (Friede, Freude usw.) ist eben nicht das Produkt einer christlich moralischen Kraftanstrengung, sondern Ausfluss Gottes. Nur kommt Gott so lange nicht richtig zum Zug, so lange wir noch so leben, als wären wir im Alten Testament. Alles eigene Bemühen, alle Anstrengung ist Altes Testament. Das Neue Testament besteht darin, Gott einfach in uns wirken zu lassen, ohne etwas hinzuzutun. Die
Aufgabe heißt also nicht: Entwickle deine Persönlichkeit, sondern „lass Christus frei in dir“.
Das gipfelte dann in Überspitzungen wie „Du bist der Heilige Geist“ oder „Du bist Gott“. Auch wenn man Karl Pilsl zugute halten will, er drücke sich pointiert aus, um die Sache klar zu machen, sind das natürlich grobe Fehlgriffe in der Formulierung. Gemeint ist „Gott ist in uns und da wir tot sind, und Christus uns lebt, kommt mit uns Gott zu den Menschen.“ Das klingt für viele total befreiend: „Ich muss überhaupt nichts mehr tun – ich muss einfach Gott machen lassen“. Es führt aber zu biblisch nicht haltbarer Einseitigkeit.

Die Röhrnbacher Lehre von „Christus in dir“ zeichnet sich durch drei schwer-wiegende theologische Fehler aus:


1. Einseitigkeit Es wird nur die Seite Gottes beleuchtet: „Gott muss es tun !“

Dass die Bibel, und v.a. das Neue Testament voll ist von Aufforderungen, sich zu bemühen, sich zu heiligen, sich einzusetzen, zu laufen, zu kämpfen, zu ringen usw. bedarf sicher keiner ausführlichen Schriftbelege. Wer diese Seite der biblischen Wahrheit bewusst ignoriert und den Eindruck vermittelt, es sei alles so einfach, führt Gottes Volk unweigerlich in den Strassengraben. Exemplarisch dafür mag die einseitige Betonung sein, die auch in Röhrnbach vertreten wird: „Christus ist unsere Heiligung“ – und fertig ! Daß wir auch selbst einen Heiligungsprozess anzustreben haben, wird unter den Tisch gekehrt. Das ist bedenkliche Einseitigkeit und verführt zu der Vorstellung, Anstrengung und Bemühen ist fleischlich, Altes Testament. Dieser Eindruck wird in Röhrnbach jedenfalls eindeutig erweckt !

2. Der verkürzte Umgang mit der Schrift

An drei Bibelstellen, die gerne in Röhrnbach zitiert werden, möchte ich die Tendenz deutlich machen, die Schrift ohne ausreichende Berücksichtigung des Kontextes auszulegen:

a.) Gerne wird Römer 8,19 zitiert, wo über das „Offenbarwerden der Söhne Gottes“ gesprochen wird. In Röhrnbach wird dieser Text dazu missbraucht, um die These „Wenn nur alle in Christus leben würden und ihr Leben richtig attraktiv wäre – was dem Offenbarwerden der Söhne Gottes in ihrer Vorstellung entspricht -, dann würde die Menschheit endlich zu den Quellen des Heils kommen und in Scharen zu Christus finden.“ Dieser eschatologische Text wird also völlig verfremdet, denn das Offenbarwerden der Söhne Gottes ist gleichzusetzen mit der Wiederkunft Jesu und nicht mit einer Erleuchtung über das Thema „Christus in dir“. Das heißt, das Gebrochene und Unfertige des „Hier und Jetzt“ wie es im Kontext von Römer 8, 19 ff. erläutert wird, wird einfach übergangen.

b.) In ähnlicher Weise wird auch 2.Kor.4,17+18 verkürzt und tendenziös erklärt. Obwohl es sicher richtig ist, sich nicht von den Umständen (allein) her leiten zu lassen, so taugt dieser Text so ganz und gar nicht für die Ableitung, man solle bei Krankheit und Leid nicht auf die Umstände, Schmerzen und ähnliches achten, sondern auf die bereits vollbrachte Heilung durch Jesus am Kreuz. Denn nur einen Vers vorher
(V16) wird eindeutig klargestellt, dass unser äußerer Mensch aufgerieben wird und der innere von Tag zu Tag erneuert wird. In V 7 wird ergänzend dazu betont, dass wir den göttlichen Schatz in irdenen (und damit zerbrechlichen) Gefäßen haben, was nichts anderes meint, als unseren sterblichen Leib. Wie kann man dann auf der Grundlage dieses Befundes zum Ignorieren von Schmerzen und Krankheit auf-rufen ? Das ist unseriöser Umgang mit der Schrift !

c.) In Phil. 2,13 macht Paulus klar, dass Gott beides in uns bewirkt: Wollen und Vollbringen. Das passt sehr gut zur Lehre von „Christus in dir“. Es passt aber überhaupt nicht zur Untermauerung der These, dass wir uns nicht mehr bemühen und anstrengen müssen, weil sonst die Gefahr bestünde, dass wir „im Fleisch vollenden“ wollen, was eigentlich der Geist in uns tun will. Diese Einseitigkeit gibt der Text bei genauer Betrachtung eben nicht her, denn in V 12 wird vorab klargemacht, dass zu diesem Werk Gottes in uns, das eigene „Bewirken des Heils mit Furcht und Zittern“ notwendig mit dazugehört. Auch hier wird eine Aussage aus dem Kontext herausgerissen und einseitig dargestellt.

3. Das Fehlen der eschatologischen Spannung

Völlig unterschlagen wird, dass unser Heil ein Heil auf Hoffnung hin ist und wir bislang nur ein Angeld empfangen haben (den Heiligen Geist – vgl. Eph.1,14; 2.Kor.1,22; 2.Kor. 5,5, Röm.8,23). Die Erlösung des Leibes steht noch aus, ebenso wie die Erlösung von dieser bösen Weltzeit mit ihren entsprechenden Wirkungen auf unser Leben (finanzielle Nöte, körperlicher Verschleiß, Verfolgung, Phasen der Trauer und Not usw.). Die letzten Tränen aufgrund des Lebens in dieser gefallenen Welt werden erst im Reich Gottes getrocknet (Offb.21,4). Die schon zitierte Stelle aus 2.Kor.4,16 macht diese Spannung besonders gut klar, wenn sie die Erlösung in ihrer Wirkung in allererster Linie auf den inneren Menschen bezieht, während der äußere weiterhin aufgerieben wird.

Das heißt nicht, dass wir nicht mit vielen Zeichen, Wundern und Heilungen rechnen dürften, ganz im Gegenteil. Aber flächendeckend werden Hier und Jetzt nicht alle Kranken geheilt, genauso wenig wie alle Armen Hier und Jetzt reich werden, oder alle Verfolgten Hier und Jetzt Wohlergehen und Befreiung erwarten können. In Röhrnbach scheint man diese biblisch sehr klar belegte Spannung zwischen dem „Schon“ und dem „Noch nicht“ überhaupt nicht zu kennen. Die Gleichung, die sie aufmachen ist denkbar einfach, wie oben schon beschrieben: Wenn Gott in dir ist und du tot bist, kommt alles, was Gott ausmacht in dein Leben. Und Gott ist nicht krank, er ist nicht arm, er kennt keine Wüstenzeiten usw. Hier werden biblisch unhaltbare Erwartungen geweckt.

Weitere Bemerkungen von Karl Pils sind: „Gott führt niemals in die Wüste !“ Diese Theologie sei vom Teufel. Genauso wie die Meinung, Gott würde Krankheit oder Leid gebrauchen können, um uns irgendetwas beizubringen. Die nachfolgende Predigerin meinte in Bezug hierauf sogar, es wäre doch „pervers“, wenn Gott das tun würde bzw. wenn wir so etwas Gott zutrauen. Dass Jesus vom Geist in die Wüste geführt wurde, das Volk Israel durch die Wüste musste und überhaupt die Nachfolge als „Gehen auf dem schmalen und steinigen Weg“ bezeichnet wird, scheint Karl Pilsl
nicht wissen zu wollen. Zuzustimmen wäre ihm, wenn er sagte, Gottes Ziel sei nie die Wüste, sondern Kanaan, denn Gottes Motivation ist immer unser Heil und unser Segen. Aber Gott führt mitunter in bzw. durch die Wüste oder in den Schmelzofen (Mal. 3,1-3 oder Jes.1,25+25) ! Wer das leugnet verkürzt die Schrift !

Sehr stark betont Karl Pilsl auch die Lehre vom Wohlstand und die Lehre vom Geben aus Überfluss. Er ändert den Satz von Jesus „Geben ist seliger als nehmen“ um und sagt: „Empfangen ist wichtiger als Geben“, auch wenn er formal die wörtliche Aussage von Jesus immer wieder zitiert, sie aber sogleich „richtig“ interpretiert. Er meint: „Erst musst du richtig voll sein, dann kannst du geben“ oder „dir muß es erst richtig gut gehen (auch materiell), dann kannst du denen, die wenig haben geben.“ Das ist in meinen Augen eine krasse Verdrehung des biblischen Glaubensprinzips, das da sagt: „Gib dein Weniges, gib von deinem Mangel und Gott vermehrt es wunderbar“ (Mt.14,17: 5 Brote und 2 Fische oder 1.Kö.17,7-17: die Witwe, die Elia beherbergte und von ihrem wenigen Öl erst Elia gab und dann erlebte wie das Öl ersetzt wurde und sie selber auch genug hatte). Diese Verdrehung führt zu Trug-schlüssen wie: „Ich setze mich erst ein, wenn ich überfließe, wenn ich richtig gut drauf bin“ usw. oder fördert das menschliche Denken: „zunächst muss es mal mir gut gehen, dann kann ich anderen helfen.“

Diese dem Zeitgeist entgegenkommende Einstellung wird durch solche Aussagen eindeutig bedient. Das führt zu Selbst-verliebtheit und Eigennutz statt zu Selbstverleugnung und Selbstlosigkeit. Diese Verkündigung widerspricht eindeutig dem Geist Jesu (Phil.2,5 ff.) und dem Wort Gottes.
Helmut Bauer setzt ähnliche Akzente. Überhaupt ist das Vokabular eng aufeinander abgestimmt und gewisse Slogans und Aussagen kehren bei allen Rednern wieder. Wer fünf Kassetten aus Röhrnbach gehört hat, hat eigentlich alle wesentlichen Aussagen mitbekommen. Die Lehrinhalte werden permanent wiederholt und nur wenig variiert während der Bibelwochen immer wieder neu präsentiert.

Helmut Bauer betonte, dass er i.d.R. keine Bußpredigten hält und das bewusst. „Denn Christus ist nicht gekommen, um zu kritisieren, er ist gekommen, um etwas zu bringen“ (Karl Pilsl). Ganz abgesehen davon, dass mit solchen Aussagen der neutestamentliche Bußruf in die Nähe der Nörgelei gerückt wird, kann die folgende Begründung für diesen Verzicht von der Schrift her nicht ausreichend begründet werden. Helmut Bauer sagt, man brauche niemand Buße und Lebensveränderung predigen, wenn Christus nur stark genug in uns zum Zuge kommt. Dann würde unser Leben so attraktiv, daß alle, unser Geheimnis kennen lernen wollten. Die Leute rissen sich dann um Christus. Christen täten dann, wenn Christus in ihnen lebt, sozusagen alles von alleine, was man ihnen auch bußmäßig verkündigen könnte.

Die Absicht dieser Haltung mag man ja nachvollziehen können, nur weiß die Schrift sehr wohl um die Schwäche auch des wiedergeborenen Menschen und empfiehlt daher auch das Mittel der Ermahnung und des Bußrufes. Jesus, die Apostel und Paulus haben permanent zur Buße aufgerufen. Ich frage mich, wie Helmut Bauer die vielen Ermahnungen und die teilweise harsche Kritik in den Briefen der Apostel, ja selbst in den Sendschreiben Jesu (Offb. 2+3), einfach ignorieren und ausblenden kann ? Diese Seite der Schrift passt ganz offensichtlich nicht ins Bild. Die Verdrängung dieses Aspektes gründet ganz offensichtlich wiederum in der oben schon dargelegten
Einseitigkeit, als wäre alles menschliche Handeln im Grunde fleischlich und alttestamentlich.

Helmut Bauer – wie auch alle anderen – betonen immer wieder, dass das Geheimnis darin liegt, nicht auf das Sichtbare und die Umstände zu schauen, sondern auf das Unsichtbare, das, was schon vollbracht ist. Er geht damit so weit, zu sagen, dass wir niemanden mehr kritisieren – gemeint ist „ermahnen“ - sollten, sondern stattdessen vielmehr das Gute im anderen (also Christus) zu fördern hätten. „Glaubt an das Gute im Menschen !“ (ein wörtliches Zitat) münzt Helmut Bauer zwar nur auf Christen; es steht aber in deutlichem Widerspruch zur apostolischen Praxis. Die Apostel haben nie so gelehrt und auch Jesus macht in Mt.18,15 ff. („wenn du deinen Bruder sündigen siehst, sprich mit ihm ...“) mehr als klar, daß Korrektur notwendig ist in der christlichen Gemeinde. Die Formulierung ist also mehr als einfach ungeschickt, sie ist nicht haltbar !

Helmut berichtete dann von einer Auseinandersetzung mit seinem Teeni-Sohn, bei der er diese Regel mit Erfolg anwandte: keine Kritik an seinem Verhalten. Er setzte stattdessen einfach nur stärkste Liebe seinem Missverhalten entgegen. Er resümierte diese Erfahrung dann mit dem Satz: „Liebe ist stärker.“ (Zitat). Bei allem Verständnis für die konkrete Situation mit einem Sohn im Teeni-Alter, ist eine allgemeine Ableitung im Sinne von: „Sag nichts, der Herr wird´s schon richten!“ nicht haltbar. Überhaupt liegt dieser Argumentation offensichtlich eine Sicht von Liebe zugrunde, die Kritik und Warnung gar nicht kennt. Nein, Liebe ist immer Gottes Grundmotivation, aber Kritik und Korrektur werden in der Bibel aus völlig normale Auswirkungen einer recht verstandenen Liebe beschrieben. Nicht zu warnen, nicht auf Fehlverhalten anzusprechen ist geradezu lieblos und wird von den Propheten des Alten Bundes (Hesekiel 3,17 ff.) und den Aposteln (z.B. 2.Tim.4,2 ff.) eindeutig von Verkündigern erwartet.

Helmut Bauer steht auf dem Standpunkt, dass Kritik und Ermahnen zum Wesen des Alten Bundes gehören, aber nicht mehr zum Neuen.

Er sieht die alttestamentlichen Hinweise zur Erziehung als rundweg überholt an. Damals hatte man halt noch nicht Christus und musste zu Geboten, der Rute oder anderen Konsequenzen greifen, um Böses einzudämmen. All das braucht es nicht mehr, wenn Christus in einem Mensch (und einem Kind) lebt. Kritik an Einzelpersonen in der Gemeinde ist daher ebenso alttestamentlich und unvollkommen. Gewinne sie durch Liebe. Helmut Bauer ließ einige Leute aufstehen und sagte dann etwa wörtlich: „Ich liebe diesen Bruder so. Er ist der Aller-, allerbeste ! Ich schaue nicht auf sein Verhalten, sondern auf das, was er ist. Ich schaue auf Christus in ihm.“ Mit anderen Worten: das Verhalten des Einzelnen sollte uns zu keinen Reaktionen verleiten, sondern wir sollten Christus in ihm, d.h. seine neue Identität stärken – dann wird auch das Verhalten gut.
Dass dieser Ansatz vielleicht gut gemeint ist und von einer idealistischen Haltung getragen wird, mag man Helmut Bauer ja zu Gute halten, aber es ändert nichts daran, dass er krass der apostolischen Praxis widerspricht und klar abgelehnt werden muss !


3. Bewertung

Um in einem Bild zu sprechen: In Röhrnbach wird ein leckerer Fisch angeboten – aber mit vielen Gräten darin, an denen man sich böse verschlucken kann und ggf. sogar ersticken. Es wird in beeindruckender Weise und einem Geist der Liebe und der Auferbauung die notwendige und segensvolle Lehre von „Christus in dir – die
Hoffnung der Herrlichkeit“ (Kol.1,27) gepredigt. Den Schwerpunkt darauf zu legen, dass wir uns nicht verkrampfen müssen, sondern Christus in uns nähren und dem Heiligen Geist in uns mehr Raum schaffen sollten, kann nur beigepflichtet werden.

Die Probleme bestehen meines Erachtens in einer gefährlichen Einseitigkeit und einer starken Vereinfachung der Probleme des Lebens. Insbesondere ist das völlige Fehlen einer notwendigen „eschatologischen Spannung“ festzustellen. Infolgedessen wird den Hörern suggeriert, völlige Schmerzlosigkeit, immerwährende Freude, völlige körperliche Unversehrtheit, materieller Wohlstand und mehr wären in gleicher Weise in vollem Umfang hier und jetzt zu haben (verfügbar) 1 wie die Erlösung für unsere Seele. So wird der an sich gute Ansatz „Christus in dir“ mit entsprechenden Folgen für unser Innenleben (2.Kor.4,16: der innere Mensch wird täglich erneuert und erfrischt, der äußere dagegen aufgerieben) auch auf das äußere Lebensumfeld (Körper, Materielles, Erfolg im Alltag usw.) voll und ganz übertragen und somit in fahrlässiger Weise überzogen. Der biblische Horizont: „Das Reich Gottes ist angebrochen“ wird sozusagen mit der weit überzogenen Erwartung: „Das Reich Gottes ist durchgebrochen“ ersetzt.

Durch die Zuspitzung, dass diese Erkenntnis der Schlüssel zur Erweckung ist und alles andere zu überwindende Vorstufen für das eigentlich neutestamentliche sind, wird ein Geist der Unzufriedenheit in den Hörern geweckt. In Folge dieser Spannung halten es viele nicht mehr aus in ihren alten Gemeinden, empfinden plötzlich Druck in der Verkündigung und vermuten „vernunftgeleitete statt geistgeleitete“ Gemeinde-leitungen. Diese Wirkung bleibt unbeschadet von vereinzelten Aufrufen, sich seiner Gemeindeleitung weiter unterzuordnen. Auch die jetzt beginnenden Gemeinde-gründungen im Land (siehe Homepage) bewirken bei Röhrenbach-Besuchern sicher keine festere Bindung an die eigene Gemeinde.

Ich anerkenne, dass Gott in Röhrnbach außergewöhnliche Gnade geschenkt hat wie auch an anderen erwecklichen Orten weltweit. Aber leider sind die Nebenwirkungen des „Medikamentes“ (um ein Bild zu gebrauchen) derart stark und verzerrend, daß eine gesundende Wirkung für den Einzelnen und den Leib Jesu auf Dauer nicht zu erwarten ist.
1 Auf der Homepage von „Wort und Geist“ wird körperliche Heilung als für alle Christen „verfügbar“ bezeichnet.


  • 0