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BIBLISCHE LEHRE - WAS IST DAS EIGENTLICH ?


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3 Antworten in diesem Thema

#1
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Der Abdruck oder Verlinkung dieses Vortrages bedarf der schriftlichen Genehmigung durch den Autor und ist nur unter Quellenangabe möglich. Anfragen unter www.rolf.wiesenhuetter@t-online.de







BIBLISCHE LEHRE -

WAS IST DAS EIGENTLICH ?



Teil 1

Rolf Wiesenhütter


Ein wichtiges Thema, daß wir heute miteinander erarbeiten wollen. Eine Frage, die, wie Ihr auf der ersten Folie sehen könnt, vielfach gestellt wird.

Dies ist das Titelbild der Zeitschrift Idea, neueste Ausgabe. Da wird die Frage gestellt: Was ist heute evangelisch ?
Und dazu dieser Wegweiser. Da kann man nur noch fragen: ”Wohin sollen wir gehen, Herr...?” Uns werden so viele Möglichkeiten angeboten, und vielfach werden diese verschiedenen Richtungen von Leuten vertreten, die für sich in Anspruch nehmen, die absolute Wahrheit biblischer Lehre zu vertreten.

Selbst wenn man davon ausginge, daß jede dieser Richtungen einen Teil der biblischen Wahrheit zu vermitteln hätte, wie könnte man das zusammenbringen ?

Da gibt es heute die ökumenische Bewegung, die ja die sehr idealistische und manchmal naive Idee hat, daß man die Religionsgemeinschaften und die Religionen zusammenschließt um anschließend gemeinsam herauszufinden, was denn nun biblische Wahrheit ist, frei nach dem Motto, alle Erkenntnis sei ja nur Stückwerk und von daher sei das nun der richtige Weg, die Stücke zusammenzufügen.

Nur, wer so denkt, der lebt im Irrtum ! Denn die Verantwortlichen der unterschiedlichen Glaubensgemein- schaften haben ganz andere Gründe, verfolgen ganz andere Ziele mit ihren Zusammenschlüssen, und an der Basis sind viele religiöse Fanatiker, die lieber eine Gemeinde sprengen würden, als einen Millimeter von ihrer subjektiven Erkenntnis der ”Wahrheit” abzuweichen.

Und dann gibt es ja auch noch diese freundlichen Herrschaften, die hier auf der zweiten Folie zu sehen sind.
Die haben ja heute bei der ”Wahrheitsfindung auch noch ein gewichtiges Wörtchen mitzureden.

Zur Zeit gibt es in der religiösen Welt des Christentums eine große Auseinandersetzung.

Der lutherische Weltbund hat zusammen mit dem Vatikan eine gemeinsame Erklärung zur ”Rechtfertigungslehre” herausgebracht.

Dieses Papier wurde den verschiedenen Landessynoden der evangelischen Kirche zur Abstimmung vorgelegt, obwohl darüber überhaupt kein Beratungsprozeß stattgefunden hat. Die Evangelikalen haben nun die Landessynoden aufgefordert, diesem Papier nicht zuzustimmen, da es keine Übereinstimmung in den Grundwahrheiten gäbe. Vielmehr, so die Evangelikalen, handele es sich bei diesem Schriftstück um ”...eine Betäubung ihres Lebensnervs, die dazu dienen solle, die Evangelische Christenheit in das System einer sakralen Institution einzugliedern.

Nun sind aber die Evangelikalen innerhalb der Evangelischen Kirche eine Minderheit und vielen ein Dorn im Auge. Und in den evangelischen Synoden sitzen viele, die gar keine Kirchenleute sind, sondern Politiker, Anwälte u.s.w. Und so hat denn z.B. die bayrische evangelische Synode dem Papier einstimmig zugestimmt und daraufhin ist ein offener Streit entbrannt. Über hundert evangelische Pastoren in Bayern sind auf die Barrikaden gegangen, weil sie sagen: mit dem Papier wird gar kein inhaltlicher Konsens erzielt, sondern eine zentrale Frage christlicher Existenz werde zwischen den Konfessionen auf ”unterschiedliche Sprachspiele” reduziert.

Die Landeskirchlichen Gemeinschaften wie die Altpietisten, die süddeutsche Gemeinschaft oder auch der Gnadauer Verband überlegen, ob sie nicht geschlossen aus der evangelischen Kirche austreten und Freikirchen gründen sollten. Es geht mir heute Abend nicht darum herauszufinden, wer in diesem Streit recht hat, sondern darum, herauszustellen, daß hier eine , sicherlich, ”hitzige Diskussion” darüber entbrannt ist, was denn nun biblische Lehre ist, und wie sie inhaltlich zu füllen sei.

Andererseits fände ich es sehr spannend, diese Erklärung bei einer andern Gelegenheit Euch zu kopieren, um sie dann miteinander hier zu untersuchen und ihren Wahr- heitsgehalt heraus zu finden. Denkbar wäre auch ein große Öffentlichkeitsarbeit; als Gemüsesuppe eine Podiumsdiskussion zu veranstalten und nach dem Muster der Pro & Contra - Sendung, Vertreter der verschiedenen Richtungen einzuladen und mit Ihnen darüber zu reden.

Aber, auf der ersten Folie stand die Frage: Was ist eigentlich evangelisch ? Ich habe in der Etymologie nachgeschaut, das ist die Lehre von der Herkunft des Wortes, darin heißt es: "Das abgeleitete Adjektiv evangelisch vom griechischen euagelikos geht in seiner heutigen konfessionellen Bedeutung auf Luther zurück, dem nicht nur das Neue Testament, sondern die ganze Bibel Evangelium war, so daß er unter evangelischem Christentum die ausschließliche Abhängigkeit vom überlieferten und wörtlich zu nehmenden Bibeltext verstand.”

Das ist ja interessant. Was machen wir nun ? Wir fragen einen Fachmann, einen Theologen, am besten einen Theologieprofessor. Da sind wir wiederum in einer schwierigen Situation, denn wenn wir jemanden fragen wollen, dann müssen wir uns vergegenwärtigen, wen wir vor uns haben. Auch Professorentitel bürgen nicht unbedingt für Qualität.

Ich möchte Euch noch einen Artikel aus der neuesten Idea zeigen und vorlesen, damit wir verstehen, daß wir aufhören müssen, uns von Menschen und Meinungen abhängig zu machen und dahin zurückzukehren, wo die Quelle alles Lebens und aller Wahrheit zu finden ist, nämlich im Wort Gottes.

Aber zunächst der Artikel mit der Überschrift ”Bezeichne mich nicht mehr als Christ” der in Auszügen am Freitag auch in der Flensburger Zeitung stand. Dazu braucht man nichts mehr zu sagen. Es ist nicht verwunderlich, daß Winrich Scheffbuch gleich im nächsten Artikel Artenschutz für bibeltreue Christen fordert.

Wohin sollen wir gehen ?

Nichts ist so wertvoll wie heute - die Erkenntnis, daß Jesus Christus, der selbst das Wort ist, Worte des ewigen Lebens hat.

Warum gibt es diese Streitereien, diese Auseinanersetzungen um das Wort Gottes? Weil man pausenlos daran heruminterpretiert, herumexperimentiert, das was nicht genehm ist einfach neu interpretiert, ganz fromm und intellektuell die zeitgeschichtliche Maske aufsetzt um sich selbst und seinen eigenen Lebenswandel zu rechtfertigen.

Das Ergebnis ist, daß wir uns selbst im Licht des Wortes Gottes nicht wiedererkennen, wie wir wirklich sind.
Da wo uns das Wort Gottes unangenehm ist, da macht uns Gott aufmerksam daß irgend etwas in unserem Denken, fühlen und handeln mit ihm nicht in Übereinstimmung ist. Und da treffen wir oft die falsche Entscheidung, indem wir Gottes Wort so uminterpretieren, daß es zu unserem Lebensplan paßt.

Letztlich führt das dazu, daß wir uns nicht mehr verändern. Auf unserem persönlichen Weg der Heiligung fahren wir im Leerlauf mit kaputten Bremsen. Damit stehen wir vor dem Problem, weil ja der Weg zum Himmel nicht waagerecht, sondern ansteigend ist, daß Dein Lebensmotor unerträglich aufheult wenn du das Gaspedal im Leerlauf trittst, während Du gleichzeitig in die entgegengesetzte Richtung rollst. Wohin sollen wir uns denn wenden ? Was ist und kann nur alleiniger Maßstab sein ? Das Wort Gottes selbst und nicht die Interpretationen irgend welcher Menschen !!


Was ist biblische Lehre ?

Damit bin ich beim Vortrag des heutigen Abends und möchte zunächst erst einmal anhand einiger Bibelstellen aufzeigen, was denn die Bibel über den Umgang mit Lehre aussagt, damit wir eine Gewichtung über die Frage vornehmen können, was biblische Lehre denn nun ist und wer und wie damit nun umgegangen werden soll.

Ich beginne mit 2. Timotheus 3:16. Da heißt es:

”Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes richtig sei, ausgerüstet zu jedem guten Werk.”

2. Thimotheus 4: 2-3:

”Predige das Wort, stehe bereit zu gelegener und ungelegener Zeit; überführe, weise zurecht, ermahne mit aller Langmut und Lehre. Denn es wird eine Zeit sein, da sie die gesunde Lehre nicht ertragen, sondern nach ihren eigenen Begierden sich selbst Lehrer aufhäufen werden, weil es ihnen in den Ohren kitzelt; und sie werden die Ohren von der Wahrheit abkehren und sich zu den Fabeln hinwenden. Du aber sei nüchtern in allem und tue Deinen Dienst.”

Diese Verse stehen übrigens unter der Überschrift:

” Ermunterung zum Festhalten am Wort Gottes und zur Verkündigung trotz Verfolgung.”

Das ist total aktuell, es entspricht dem Zeitgeist unserer Tage. Selbst in der Gemeinde Jesu ist heute eine Situation zu beobachten, wo Menschen, die am Wort Gottes festhalten wollen ausgelacht, nicht für voll genommen oder sogar verfolgt werden. In Titus 1:9 stehen die Voraussetzungen zum Aufseher- dienst oder Ältestendienst geschrieben und da heißt es in Vers 9:

”... wer an dem der Lehre gemäßen zuverlässigen Wort festhält, damit er fähig sei, sowohl mit der gesunden Lehre ermahne, als auch die Widersprechenden zu überführen ...” der ist zu diesem Dienst fähig.

In Titus 2:7 heißt es:

”In der Lehre beweise Unverdorbenheit, würdigen Ernst, gesunde unanfechtbarte Rede, damit der von der Gegenpartei beschämt wird...”

Und im 2. Johannesbrief heißt es unter der Überschrift ”Ablehnung der Irrlehrer” in Vers 9:

” Jeder der weitergeht und nicht in der Lehre des Christus bleibt, hat Gott nicht.”

Und nun die Preisfrage: Was ist denn die fortgesetzte Neuinterpretation der Heiligen Schrift ?


Nun heißt es weiter in 1. Tim. 6: 3 - 5 :

” Wenn jemand anders lehrt und sich nicht zuwendet den gesunden Worten unseres Herrn Jesus Christus und der Lehre, die gemäß der Gottseligkeit ist, so ist er aufgeblasen und weiß nichts, sondern ist krank an Streitfragen und Wortgezänken. Aus ihnen entstehen: Neid, Streit, Lästerungen, böse Verdächtigungen, ständige Zänkereien von Menschen, die in der Gesinnung verdorben und der Wahrheit beraubt sind und meinen, die Gottseligkeit sei ein Mittel zum Gewinn.”

Ihr seht also mit Blick auf die Ereignisse unserer Tage, die Bibel ist ein topaktuelles Buch, das die Probleme unserer Zeit genau kennt und auch Antworten darauf hat. Leider sind wir mit den Antworten oft nicht zufrieden, weil sie uns nicht in den Kram passen. Das Wort Gottes ist knallhart gegenüber denen, die das Wort nicht verdrehen und nicht im Zusammenhang lassen, wie es geschrieben steht.

Hört einmal wie eindringlich Paulus an die Römer schrieb:

” Ich ermahne Euch aber Brüder, daß ihr achtet auf die, welche entgegen der Lehre, die ihr gelernt habt, Parteiungen und Ärgernisse anrichten und wendet Euch von ihnen ab. Denn solche dienen nicht unserem Herrn Jesus Christus, sondern ihrem eigenen Bauch, und durch süße Worte und schöne Reden verführen sie die Herzen der Arglosen.” Römer 16: 17-18

Die Lehre, die ihr gelernt habt... dazu muß man erst einmal wissen, was das ist.

Fortsetzung folgt


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#2
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BIBLISCHE LEHRE -

WAS IST DAS EIGENTLICH ?

Teil 2

Rolf Wiesenhütter



Was ist Lehre in biblischem Sinn ?


Darüber ist viel zu sagen ! Was versteht man überhaupt unter Lehre ? Im allgemeinen ist ”Lehre” der Vorgang, bei dem Einzelne oder Gruppen anderen Kenntnisse oder Verhaltensweisen übermitteln, die diesen bislang fremd sind.
Die Grundbedeutung des Wortes Lehre schließt die Dimension des Praktischen, des Erprobens und des Erfahrenlassens ein.
Im Neuen Testament findet sich für Lehre vor allem die Wortgruppe didasko = lehren; didaskalos = der Lehrer und didaskalia = die Lehre. In ihrer Bedeutung reichen die Begriffe vom Übermitteln, zur Einübung bis hin zur hoheitsansprucherhebenden Verkündigen.

An anderer Stelle meint es die Weitergabe eines fixierten Lehrgutes. Dazu finden wir im Neuen Testament das von der rabbinischen Tradition bestimmte Wort ”paradidomi” zu deutsch überliefern oder ”paradosis” , die Überlieferung. Diese Begriffe stehen für Tradition, was in der Formulierung und im Brauch verwendet wird.

An anderer Stelle finden wir das Wort katecheo, zu deutsch unterweisen. mit diesem Begriff wird der Vorgang des Lehrens als solcher beschrieben. Für uns heute ist wichtig, alle drei Begriffe

- didasko - paradidomi - katecheo

werden in unserer deutschen Sprache mit ”lehren” oder Lehre übersetzt. Und jetzt ist wichtig in der Betrachtung der verschiedenen Bibeltexte, was wo steht. Das sind immer so die Tücken der griechischen Sprache. Ihr kennt das von dem Wort Liebe, für das es die drei griechischen Begriffe Eros, Phileos und Agape gibt. In der Septuaginta, das ist die älteste griechische Übersetzung des Alten Testamentes, in der Theologie auch als LXX bekannt, wird das Hebräische Wort ”limmid”, daß im alten Testament 100x zu finden ist, 57x mit didasko übersetzt. Hier aber wird mit didasko nicht das Übermitteln von Kenntnissen und Fertigkeiten bezeichnet, sondern es meint vorwiegend eine Lebensbelehrung, deren Gegenstand der Wille Gottes ist. Gottes Satzungen und Rechte sollen gelernt und verstanden werden und daraus folgend wird Gehorsam in Anspruch genommen und die Lernenden werden zur Entscheidung aufgerufen.

Als Lehrer des Willens Gottes werden im Alten Testament Gott selbst (5.Mo.4,10) die Familienväter gegenüber den Kindern (5.Mo.11,19) oder Fromme, die den Willen Gottes kennen, genannt. Das alte Testament hat übrigens Lehre nirgends mit prophetischer Verkündigung in Verbindung gebracht. Das hängt damit zusammen, daß nach alttestamentlicher Auffassung Lehre immer mit dem Gesetz in Zusammenhang stand.

Der Sprachgebrauch der Qumran - Schriften ist identisch mit der Septuaginta.

In den gefundenen Qumran - Schriften, soweit sie bis jetzt ausgewertet sind, taucht zehnmal der Begriff limmid auf und jedesmal steht es in Zusammenhang mit dem Willen Gottes und dem Gehorsam des Menschen. Im jüdischen Rabbinat wir unter limmid die Vermittlung des in der Auslegung des Gesetzes erkannten Willens Gottes für das Verhältnis zu Gott und zum Mitmenschen beschrieben.

Im eigentlichen Sinn versteht der Rabbiner unter ”Lehren ” die Umsetzung der Thora (der 5 Bücher Mose) in konkrete Anweisungen für das Leben des einzelnen. Und für die Rabbiner war völlig klar: Wer nicht in der Schrift und nicht in der Lebensart ist, der gehört nicht zu dem, was bestehen bleibt, weil er nicht im Gehorsam gegenüber den Willen Gottes ist.
Das war das Verständnis von Lehren und belehren im alten Bund.

Im Neuen Testament hat Lehre im Gegensatz zum Alten Testament eine vielfältige Bedeutung. Schauen wir uns die verschiedenen Begriffe an.

Didasko kommt fast 100x vor, davon 54x in den synoptischen Evangelien (Matth.Mark. Luk.) Die restlichen Vorkommen sind in den paulinischen Schriften, im Hebräerbrief, in den Johannesbriefen und in der Offenbarung. In allen Bibelstellen ist die Bedeutung lehren oder belehren Aber was ich jetzt will, ist, daß wir von den starren Begriffen wegkommen, alles über einen Kamm scheren, nach dem Motto, Lehre ist Lehre, und das ist einer Frau z.B. nicht gestattet, und deshalb hat sie still zu sein.
Genau so wird uns lehren und belehren eben nicht offenbart, und wir müssen aufpassen, daß wir hier nicht gesetzlich sind.
Über den jeweiligen Sinn von Lehren und belehren kann erst eine Untersuchung der Kontexte der einzelnen Vorkommen von ”didasko” Aufschluß geben.


Schauen wir uns die biblischen Zeugnisse an:

1. Das Synoptische Zeugnis vom l e h r e n d e n J e s u s!

Da gibt es zunächst einmal die große Übereinstimmung, daß Jesus öffentlich lehrte und das er dies in Synagogen tat
und auch im Freien auftrat. Über die äußere Form des Lehrens berichtet nur Lukas in Kap. 4 ab Vers 16. Er beschreibt dort, wie Jesus die Schriften stehend verlas und die Auslegung im sitzen erfolgte, und daß dies exakt der rabbinischen Sitte entsprach. An dreizehn Stellen steht didasko für die zusammenfassende Kennzeichnung der Verkündigung Jesu.
Daneben steht das Wort didasko aber auch als Bezeichnung konkreter Predigt und Lehre in ganz bestimmten Situationen (z.b. Mark. 1,21ff; 4,1ff; 8,31; 11,17; Matth. 5,2; 21,23; Luk 5,3; 5,17; 6,6; 13,10)

Fragt man nach den Gegenständen des Lehrens Jesu und nach seiner Absicht, so ergeben sich verschiedene Antworten, je nachdem, ob man alle Aussagen nach der Tradition berücksichtigt, oder nur solche, an denen Jesu Rede ausdrücklich als Lehre bezeichnet wird.

Was lehrte der irdische Jesus ?

- er lehrte über Gott den Vater,
- über sein Reich
- über seinen Willen


Das alles waren Themen, die Jesus im Gespräch mit den Juden wie ein Rabbi oder wie ein Prophet zur Sprache brachte.
Von seinen Gesprächspartnern unterschied sich Jesus dabei nicht in der Thematik, sondern durch die Radikalisierung der Themen, durch die konsequente Zuspitzung seiner Aussagen auf deren Funktion für das Leben des Betroffenen mit sich selbst, mit dem Nächsten in einer konkreten Situation. Dabei hat er stets seine eigene Person in die zur Diskussion stehenden Themen eingebracht.

Statt einer theoretischen Lehre von Gott, seiner Vorsehung, seiner Gnade oder seinem Zorn, sagt Jesus in eine konkrete
Situation hinein Gottes Güte oder seinen Zorn. (Luk. 15,1) An die Stelle von Spekulationen über das Reich Gottes tritt bei ihm die Ankündigung seiner Nähe (Mark.1,15), der in dieser Nähe gründende Bußruf und der Aufruf zu neuem Verhalten (Mark. 7,15; Matth. 5,21ff) .

Wie Jesus gelehrt hat, wird in den Evangelien aber auch ganz unterschiedlich dargestellt. Markus stellt den lehrenden Jesus so dar, daß Gleichnisse vom Reich Gottes Gegenstand der Lehre Jesu war. Sein Reich und die Nähe seines Reiches als Inhalt der Predigt Jesu. Dazu gehörte auch die kritische Auseinandersetzung mit der zeitgenössischen jüdischen Gesetzlichkeit, sowie Lehrentscheidungen, die mit didasko eingeführt werden. Häufig ist jeweils eine stelle aus dem Alten Testament Gegenstand des Lehrens. Ganz besonders wichtig ist für Markus die enge Verbindung zwischen Lehren und Tun.

Zusammenfassend:

didasko heißt bei Markus neben lehren im Sinne von Lehrend gebieten und Entscheidungen auf Grund von Auslegungen fällen auch verkündigen der Gottesherrschaft und des Evangeliums, dessen Inhalt Jesus selbst ist.

Lukas dagegen hat didasko vielfach aus Markus über- nommen. Auch bei ihm bedeutet didasko lehrend predigen.
Inhaltlich ist bei ihm der Schwerpunkt aber nicht mehr die Nähe vom Reich Gottes, sondern die Erfüllung der Verheißung es Propheten, die in ihm da ist. Jetzt ist Heilszeit, die sich in Wundern manifestiert, die nicht mehr nur Zeichen der Vollmacht der Lehre dessen sind der sie tut, sondern nun deren Inhalt.

Auch bei Matthäus ist die Grundbedeutung lehrend predigen. Aber Matthäus füllt dies wiederum mit anderen Inhalten.
Mit der Bergpredigt wird Jesus als der seine Jünger Belehrende eingeführt. Die Adressaten seiner Lehre sind hier die Jünger, nicht die Schriftgelehrten. Jesus ist für Matthäus der Lehrer der Gemeinde, der an die Stelle der Sinaioffenbarung ” zu den Alten ist gesagt...” ein neues Fundament ”...ich aber sage Euch” setzt. Matthäus hat also wieder eine ganz andere Gewichtung in Bezug auf die Lehre Jesu.

Zusammenfassend können wir sagen:

Die ursprüngliche Lehre Jesu, die in Gesetzesdiskussionen, Weisheitsworten, Ankündigungen der Nähe Gottes wird in den synoptischen Evangelien modifiziert. Aus dem Verkündiger wird an wichtigen Stellen der sich selbst Verkündigende, aus der Verkündigung Jesu wird die direkte Verkündigung des Gemeindeglaubens im Sinne von Verkündigung des Heils.
Daneben gibt es noch ein Lehren im Sinne von Gebieten. Was Jesus gelehrt hat ähnelt also formal, dem was in der Septuaginta, also im Alten Testament unter Lehre verstan- den wurde, nämlich: Nicht Ausbildung von Fähigkeiten ist die Bedeutung von didasko, sondern Lebensbelehrung in der Form von Auslegung und Verkündigung des Willens Gottes.

Fortsetzung folgt

 


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BIBLISCHE LEHRE -

WAS IST DAS EIGENTLICH ?

Teil 3

Rolf Wiesenhütter


2. Die Aussagen vom Lehren der Jünger

Neben dem lehrenden Jesus sprechen die Evangelien auch von lehrenden Jüngern (Mark. 5,30; Matth. 28,20), sowie von Menschenlehre vermittelnden Schriftgelehrten (Mark. 7,1ff).

In Luk. 12,12 ist der Heilige Geist der Lehrende.

In der Apostelgeschichte findet sich didasko keineswegs nur in Verbindung mit der Lehre Jesu. So ist in Apg. 4,2 die Auferstehung von den Toten Gegenstand des Lehrens und in 4,18 gilt die gesamte Verkündigung der Jünger als Inhalt des Lehrens. In Apostelgeschichte 15,1 ist dann davon die Rede, dass einige Brüder die Beschneidung lehrten und in 21,21 wird davon berichtet, dass Paulus vorgeworfen wurde, er lehre den Abfall von Mose. In beiden Fällen ist allgemeine jüdische Gesetzesdiskussion Gegenstand des Lehrens. Gegenstand von didasko in der Apostelgeschichte ist aber vornehmlich das Heil, wie die nachösterliche Gemeinde es versteht.

Das Wesen des Heils ist im Sinne von Lukas in Jesus sichtbar geworden. (Luk. 6:14; Apg. 1,21)

In den Schriften von Johannes kommt das Wort 10x vor. In den meisten Erzählungen ist Jesus selbst Subjekt des Lehrens.
Der Gegenstand des Lehrens ist dabei stets die Botschaft von Jesus als Offenbarer, die Glauben fordert, und die nur der als wahre Botschaft, die von Gott kommt, erkennt, der glaubt. Das ist auch in 1. Joh. 2,27 nicht anders, wo der Verfasser die angeredete Gemeinde ermutigt und auf ihr Salböl (chrisma) hinweist. In diesem Salböl wird der Heilige Geist vermittelt, der nach 3,24 die Quelle aller Erkenntnis ist. Johannes sagt, dass die die das Salböl besitzen, keine weitere Belehrung brauchen, weil sie die Wahrheit schon kennen.

Paulus verwendet den Begriff didasko nur fünf mal. Das ist nicht überraschend, wenn wir bedenken, wie belastet das Wort nach seiner Bekehrung sein musste. Sein Leben war bestimmt gewesen von den paradosas patrikai, den väterlichen Überlieferungen, die ihn gelehrt worden waren. Er gebraucht didasko in Röm. 2,21 ganz im hergebrachten Sinn des hebräischen limmed, wenn er den Juden fragt: Du nun, der du andere lehrst, lehrst dich selber nicht ?

Römer 12:7 weist auf das Gemeindeamt des Didaskalos (Lehrers) hin, dem es anliegt, die Erkenntnisse des Glaubens darzulegen. In den Pastoralbriefen ist didasko (lehren) nach 1. Tim.4, 11 und 6,2 das Recht und die Pflicht des Timotheus, und nach 2. Thim.2,2 die Aufgabe derer, die gewissen Bedingungen genügen. An allen diesen Stellen ist als Inhalt des Lehrens die gute oder gesunde Lehre vorausgesetzt. Interessant ist, dass das Lehren jetzt nur noch ganz bestimmten Leuten vorbehalten ist, nicht mehr allen Leuten, wie in Kol. 1,28.

In Titus 1,11 begegnet uns didasko in einem Hinweis auf Irrlehrer die um Gewinnes willen jüdische Fabeln und Menschengebote lehnen. An allen paulinischen stellen aber ist lehren die Bezeichnung der Vermittlung von Überlieferung. Und dieses Überlieferungsgut, das ist ganz besonders wichtig wird nicht interpretiert und aktualisiert, wie Paulus das mit der auf ihn gekommenen Tradition tut, sondern es wird eingeschärft !!!


Ganz ähnlich ist der Wortgebrauch im Hebräerbrief. In Kapitel 5:12 wirft der Verfasser seinen Adressaten vor, man müsste sie, obwohl sie schon Lehrer sein könnten, noch einmal die Anfangsgründe der Gottesworte, gemeint ist die christliche Grundlehre, die in Kap. 6,1ff angedeutet ist lehren. In Kapitel 8 des Hebräerbriefes begegnet uns die Lehre im Zitat von Jeremia 31,31ff, wo die Erkenntnis Gottes, die zweifellos auch Erkenntnis seines Willens ist, Gegenstand des Lehrens zu sein scheint.

Zuletzt möchte ich noch einen ganz kurzen Blick in die Offenbarung werfen, wo didasko auch 2x erwähnt wird.
(Offb. 2,14-20) Hier dient das Wort, das gleiche Wort didasko - lehren zur Kennzeichnung der Tätigkeit von Irrlehrern. in Pergamon, bzw. Thyatira.

Zusammenfassend kann man sagen, dass ”Lehre” im Neuen Testament uns in zwei Formen begegnet:

a) im Verkünden, in die Entscheidung stellen, anreden im Sinne von den gesamten Menschen betreffende Gebote lehren

B) lehren im Sinne von Überliefern festen Gutes, das zur Kenntnis genommen und bewahrt werden muss.

Und das Ganze geschieht öffentlich.

Ich möchte noch einmal betonen, dass wir viele verschiedene Formen biblischer Lehre im Wort Gottes finden, dass sich das Ganze im Neuen Testament nicht sonderlich von der Praxis des Alten Testamente unterscheidet (Detlev sagte schon letztes mal, dass sich in den wichtigen Dingen biblischer Offenbarung eine roter Faden durch die ganze Schrift zieht und das man das nicht außer acht lassen darf. Und das ist völlig richtig, und biblische Lehre und ihre Grundsätze gehören zu den immens wichtigen Aussagen des Wortes Gottes) und nirgends wird uns berichtet, dass die Lehre diskutiert wird, egal in welchen Formen sie auch erscheint, oder sogar modifiziert, angepasst an veränderte Gegebenheiten, (hier viel in letzter Zeit öfter das Wort von zeitgeschichtlicher Veränderung, so als wäre Gottes Wort anpassungsfähig. Nein, es wurde nicht diskutiert, es wurde eingeschärft. Und Gottes Wort wird uns als unveränderliche Wahrheit vorgestellt - und gleichzeitig werden wir auf das Eindringlichste gewarnt, nicht davon abzuweichen.


2. Wer sind die Lehrer, die Gottes Wort nun lehren ?

Aber dass die Heilige Schrift uns eine Menge über biblische Lehre offenbart ist eine Sache, aber wer sind nun die Lehrer, die die biblische Lehre weitervermitteln. Ich möchte da zweitens darauf eingehen und mich aus Zeitgründen auf die neutestamentlichen Aussagen beschränken. Lehrer, auf griechisch didaskolos werden 59x im NT erwähnt, und zwar ganz überwiegend in den Evangelien. Inhaltlich bezeichnet das Wort 41x Jesus, davon 29x in der direkten Anrede.

Außer Jesus wurden auch Johannes der Täufer, Nikodemus und Schriftgelehrte ”Lehrer” genannt. Als Bezeichnung ”Lehrer der Gemeinde” begegnet uns didaskolos bei den Verfassern der Apostelgeschichte, der Korintherbriefe, des Epheserbriefes, der Briefe an Timotheus und der Jakobusbrief; also Lukas, Paulus und Jakobus. In diesen Briefen werden uns im Zusammenhang mit didaskolos (Lehrer) noch zwei weitere Ämter genannt, die häufig zu kurz kommen, nämlich keryx (Herold) und apostolos (die Apostel).

Das urchristliche Lehramt wird uns in 1. Kor. 12, 28 als drittes Glied einer Reihe charismatischer Ämter vorgestellt. Die Funktion dieses Amtes war die Darlegung der christlichen Erkenntnis und die christliche Auslegung des Alten Testamentes.
In dieses Amt wird in Eph. 4,11 das Amt des Evangelisten eingefügt. Aber der Lehrer ist auch hier einer einzelnen Gemeinde zugeordnet. Jakobus warnt mit dem Hinweis auf strenge Strafen im Gericht, die bei Verfehlungen des Lehrers zu erwarten sind, vor einem zu starken Andrang zum Lehrerberuf. Das Amt des biblischen Lehrers ist also eine ganz heikle Sache, die Gott ganz besonders wichtig erscheint.

Folglich beschäftigt sich das Neue Testament auch ausführlich mit der Ausübung der Lehrtätigkeit. Die Tätigkeit des urchristlichen Lehrers ist das unterrichten, auf griechisch didasko. 30x finden wir den neutestamentlichen Bezug zur Tätigkeit des Unterrichtens. Im einzelnen ergibt sich für Unterrichten folgendes Bild:

Im Markusevangelium ist es Jesu Verkündigung, die ohne nähere Angaben über ihren Inhalt genannt wird. (Mark. 1,22 + 27)
Bemerkenswert dabei ist, dass Markus diese Lehre in enger Beziehung zu den Wundern Jesu sieht, die für ihn ein Beweis für die Vollmacht der Lehre sind. In Markus 11 ist die Lehre die Jesus bringt, als Grund genannt für das Vorhaben der Schriftgelehrten, Jesus umzubringen. In Matthäus dient das Unterrichten in Kap. 7:28 zur inhaltlichen Auslegung eines bestimmten Teils der Botschaft. Jedoch heißt bei ihm nicht nur Jesu Botschaft unterrichten, sondern auch das, was die Pharisäer und Sadduzäer vermitteln. (Matth. 16,12) Er verwendet unterrichten also nicht exclusiv für die Lehren von Jesus.

Ähnlich ist der Sprachgebrauch in der Apostelgeschichte. Hier wird der Begriff unterrichten für die urchristliche Predigt verwendet, und zwar in verschiedenen Ausdrucksformen. In Kap. 2,42 heißt sie ”Lehre der Apostel” in 5,28 ”eure Lehre”, in 13,12 ”Lehre des Herrn und in 17,19 ”neue Lehre.” Im Sinne von Lukas ist an all diesen Stellen das Zeugnis der Apostel von Jesus gemeint, das unterrichtet wird. Gesetzesauslegung, wie bei Matthäus spielt hier keine Rolle.

Im Johannesevangelium wird die Botschaft Jesu als vom Vater stammende Lehre bezeichnet, die unterrichtet wird.
Bei Paulus kommt das unterrichten als Bezeichnung der gesamten Lehre der Apostel vor. Das Unterrichten geschieht hier in verschiedenen Formen erbaulicher Rede, die alle im Gegensatz zum Zungenreden gesehen werden. Paulus bewahrt sich immer Freiheit gegenüber der Überlieferung. Insgesamt wird das Unterrichten im Neuen Testament also dazu verwendet, Jesu Botschaft (Bußruf und Ermahnung) und die urchristliche Verkündigung im weitesten Sinne näher zu beschreiben.

Auffällig dabei ist, dass zwischen fixierter Lehre im Sinne der Tradition und aktueller Predigt nicht ausdrücklich unterschieden wird. Daß die Urchristenheit schon sehr früh so etwas wie eine ausgeprägte, feste Lehre besaß, zeigen die bei Paulus zitierten Glaubensformeln. Nun hatte ich vorhin Euch gesagt, daß an einigen Stellen für das deutsche Wort lehren im griechischen Text noch andere Begriffe stehen.Mit diesen möchte ich mich jetzt noch etwas beschäftigen.

Das erste Wort, das ich nannte, war Katecheo, zu deutsch unterweisen. Diesen Begriff finden wir bei Paulus und bei Lukas jeweils vier mal. Lukas verwendet mit unterweisen zwei im griechischen üblichen Bedeutungen, etwas berichten in Apg.21,21,24; und jemanden unterweisen in Apg. 18,25.

Dagegen benutzt Paulus den Begriff unterweisen ausschließlich im sinne von ”jemand über den Inhalt des Glaubens unterrichten.” Dabei ist das Gesetz Gegenstand der Unterweisung, so daß sogar von einem technischen Gebrauch geredet werden kann: katecheo, das meint ”im Glauben unterweisen.” Eine solche Bedeutung des Wortes katecheo liegt besonders in 1. Kor. 14,19 nahe, wo Paulus bekräftigt, daß er lieber fünf Worte mit verständlichem Sinn rede, , damit er auch andere unterweise, als tausend in Zungen, die doch nur dem Selbstruhm des Zungenredners dienten. In Galater 6 verpflichtet Paulus die Schüler, für den Lebensunterhalt des Katecheon (Unterweiser) aufzukommen.
Wahrscheinlich stehen wir hier vor dem ältesten Zeugnis eines berufsmäßigen Lehrerstandes im Urchristentum.

In dem Begriff katecheo gewinnt die Urchristenheit also eine spezifische Bezeichnung für einen entscheidenden Teil sowohl der Mission als auch des Gemeindelebens: für das Lehren über das Heilshandeln Gottes.

Damit komme ich zum dritten und letzten Begriff, der heißt: paradidomi (zu deutsch - Überlieferung)

Im Neuen Testament steht dieser Begriff sowohl für ausliefern, überantworten im Gericht, als auch für das Weitergeben von Überlieferung. Entscheidend ist, daß der Begriff überliefern im Neuen Testament (paradidomi) zunächst negativ belegt ist.
Wir finden diesen Begriff zuerst in Markus Kap. 7,13. Jesus wendet sich an die Schriftgelehrten und sagt:

Ihr macht Gottes Wort ungültig durch eure Überlieferungen, denn sie ist rabbinische Halacha, das heißt zu deutsch rabbinische Gesetzeslehre in Anlehnung an die Thora, aus denen ihr eigene Gesetze gemacht habt.
(Im Deutschen wird das alles mit Lehre übersetzt.)

Überlieferung wird hier ganz im Sinne jüdischer Umwelt gebraucht.

So auch Apg. 6,14 wo uns das Wort im Rahmen einer Zeugenaussage gegen Stephanus begegnet, in der behauptet wird, Stephanus habe gesagt, Jesus verändere die Gebräuche, die Moses überliefert hat.

Bedeutsam ist der Gebrauch von paradidomi in Lukas 1,2, wo die mündliche Überlieferung die Erzählung derer war, die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes Gottes geworden sind. Lukas sagt, daß anstelle der Gesetzesauslegung nun der historische Jesus zum Inhalt der Tradition wurde, die weitergegeben wird.

Bei Paulus begegnet uns der Begriff überliefern vier mal. In Römer 6 sagt er, Gegenstand der hier passiv vorkommenden Überlieferung ist nicht eine Lehre, sondern es sind Menschen, die einer Lehrform -”übergeben” werden. Hinter diesem Begriffsgebrauch stehen Vorstellungen aus den Mysterienreligionen.

Dagegen sind im ersten Korintherbrief Überlieferungen christliche Lehrinhalte, z.B. von Paulus zu einem frühen Zeitpunkt überlieferte Weisungen. Weil diese Weisungen nicht ausdrücklich genannt werden, kann nicht gesagt werden, ob Paulus hier meint, er habe selbst empfangene Weisungen den Korinthern weitergegeben, oder ob er mit Überlieferungen die eigenen Gebote als besonders wichtig und verbindlich bezeichnen möchte. In diesem Falle wäre Paulus selbst als Quelle der Traditionen zu verstehen.

Im Gegensatz dazu zitiert Paulus bei zwei anderen Korinther - Stellen, Traditonsstücke, dessen Überlieferungseigenschaft er ausdrücklich hervorhebt.

In 1. Kor. 11,23 gibt er den Herrn als Traditionsquelle an, als er sagt:

Ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch gegeben habe." Da ”vom Herrn ist dabei kein Hinweis auf eine unmittelbare Offenbarung, sondern Ausdruck für den Glauben des Paulus, daß in der Überlieferung der der Wendung folgenden Abendmahlsworte der Herr selbst redet, der Herr, dessen Wort für Paulus höchste Autorität ist.

In 1. Kor. 15,3 begegnet uns die Überlieferung dagegen wiederum ohne einen Hinweis auf die Herkunft. Man kann nur aufgrund von sprachlichen Indizien auf eine Herkunft aus ältester Gemeindeüberlieferung schließen. Paulus zitiert nun an den angegebenen Stellen nicht einfach die vorgegebene Überlieferung, sondern er interpretiert und modifiziert sie.
Deshalb muß sein Traditionsdenken deutlich von dem der Rabbiner abgesetzt werden, für den die Unveränderlichkeit
empfangener Tradition oberster Grundsatz ist. Überlieferung bei Paulus meint deshalb nicht ”unverändert weitergeben”, sondern ”weitergeben” in einem Sinn, der eine Aktualisierung des Vorgegebenen erlaubt.

Anders liegen die Dinge in 2. Petrusbrief wo uns mit dem Begriff ” he paradotheisa entole = das überlieferte Gebot
und in Judas 3, wo uns hoi paradotheise tois hagiosis pistis = der den Heiligen überlieferte Glaube, begegnet.
Hier sind Gebot und Glaube als ein für allemal fixierte Überlieferung zu verstehen, die vor jeder Veränderung zu schützen sind.

Ihr seht also, die Überlieferung, die ja im Deutschen auch einfach mit Lehre übersetzt wird, wird uns in der Heiligen Schrift gänzlich gegensätzlich offenbart, nämlich dahingehend, daß es Aussagen gibt, die keinesfalls verändert werden dürfen, und andere sozusagen ”entwicklungsfähig sind.

Wir finden also drei Versionen von Überlieferungen im Neuen Testament.

1. die Überlieferung der jüdischen halacha, der auf der Thora beruhenden Gesetze, die von den Schriftgelehrten
oft durch eigene Gesetze falsch ergänzt wurden

2. die Überlieferung urchristlicher Erzähltradition von Jesus

3. Überlieferung als Bezeichnung traditioneller Bekenntnisse und Regeln der christlichen Gemeinde.

Fortsetzung folgt

 


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#4
Rolf

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BIBLISCHE LEHRE -

WAS IST DAS EIGENTLICH ?


 

Teil 4


Rolf Wiesenhütter


Ich komme zum Schluss und damit zur heutigen Verkündigungspraxis biblischer Lehre.

Was wir heute unter Gemeinde verstehen, ist zunächst nicht eine starre fixierte Lehre, sondern die in konkrete Situationen hineinzielende Verkündigung des historischen Jesus, seine Auseinandersetzungen mit dem jüdischen Rabbinat, sein Bußruf und seine Ankündigung der nahen Gottesherrschaft.

Diese Verkündigung biblischer Lehre fordert bis heute den Menschen zur Stellungnahme und zum Gehorsam.

Deshalb ist verständlich, dass in den Evangelien Jesu gesamte Verkündigung nicht nur mit Worten wie verkündigen, gute Botschaft bringen gekennzeichnet wird, sondern zuweilen auch mit dem Wort didasko = lehren, und Jesus als Lehrer bezeichnet wird.

Nicht nur die Diskussion Jesu mit seinen Gegnern und sein Lehren in den Synagogen wurden demnach als ”lehren” empfunden, sondern auch seine eschatologische (Lehre von den letzten Dingen) und sein Bußruf.

Trotzdem kann man im Hinblick auf die uns zur Verfügung stehende Überlieferung der Reden Jesu nicht von einer Lehre im Sinne von systematischer Dogmatik reden, sondern eher von Anruf, Zuspruch und Mahnung verstehen.

Lehre als Ergebnis der Verkündigung Jesu findet sich erst nach Ostern, sie wird für uns erst greifbar in den kurzen Zusammenfassungen des Glaubens innerhalb der paulinischen Briefe.

Hier haben wir die Überlieferung der christlichen Gemeinde vor uns. Darüber hinaus sind auch weite Teile der paulinischen Schriften und nachpaulinisches Briefgut als Lehre zu bezeichnen.

Angesichts der der Gemeinde in der Auseinandersetzung mit Israel gestellten Aufgabe einer christlichen Auslegung des Alten Testamentes und der bald darauf dazugekommenen weiteren Aufgabe des Verständnisses der Gemeindeüberlieferung entstand das Problem der rechten Lehre gegen Ende des 1. Jahrhunderts zum Lebensproblem wurde.

Von da ab tritt deshalb neben die aktuelle Lehrverkündigung in zunehmendem Maße eine Lehrtradition, die unverändert weitergegeben wird und die der Lehrer in der Gemeinde erläutert.

Man spricht von gesunder Lehre, oder der guten Lehre und versteht in diesem Sinne auch den Glauben - und dies alles im Gegensatz zur Menschenüberlieferung, die von Irrlehrern verbreitet wird.

In dem entstehenden Streit um die Wahrheit beruft sich die Gemeinde jetzt auf die Überlieferung und auf die Apostel.

Was lernen wir nun aus dem, was ich heute Abend versucht habe zu vermitteln ?

Wir sehen, dass die biblische Lehre nicht mit einem Satz auf einen Punkt gebracht werden kann.

Es ist völlig klar, dass die Lehren Jesu und der Apostel in allen Stücken war sind.

Es besteht aber das eigentliche Phänomen in der Offenbarung biblischer Lehre darin, dass sie von Anfang an,
angefangen von den Jüngern Jesu in der persönlichen
Begegnung mit Jesu Unterweisung, unterschiedlich gewichtet wurde.

Die Jünger Jesu, die Evangelisten, setzten für sich die Schwerpunkte unterschiedlich. Aber ich bin felsenfest davon überzeugt, die fingen keinen Streit untereinander an, wer recht hat und wer nicht.

Was bedeutet das denn für uns ?

Das bedeutet, dass Gottes Wort sich selbst betätigt, wenn es davon spricht, daß alle Erkenntnis die uns durch biblische Lehre vermittelt wird, Stückwerk ist.

Wir müssen uns das mal auf der Zunge zergehen lassen, denn in der Konsequenz heißt das für uns, dass keiner von uns für sich allein in der Wahrheit stehen kann !

Wir sind auf einander angewiesen.

Wir sind auf ein Geheimnis gestoßen.

Und das Geheimnis heißt: Wir brauchen die Gemeinschaft der Gläubigen, wir brauchen uns gegenseitig, damit wir in Wahrheit erkennen können, wer Gott wirklich ist. Und wer wir sind.

Wir sind gerufen, die guten und wahren Erkenntnisse, die wir aus der biblischen Lehre ziehen zusammenzutragen, damit zur Fülle der Erkenntnis kommen können.

Das können wir aber nicht, wie wir wollen, sondern das geht nur, wenn jeder Einzelne von uns zwei fundamental
wichtige Dinge erfüllt:


1. Es ist unabdingbar notwendig zu glauben

2. Es ist unabdingbar notwendig, gehorsam zu sein.


Wir werden niemals wirklich wahrhaftige Christen sein und werden, wenn wir nicht glauben, was Gott uns kundgetan hat. Wenn wir nicht aufhören, auszusortieren, was uns nicht
passt. Und wenn wir nicht aufhören nach eigenem Gutdünken alles umzuinterpretieren.

Und wir werden niemals vorwärts gehen, wenn wir immer nur Recht haben wollen und den anderen immer nur verdächtigen, er würde nicht aufrecht vor Gott stehen.

In den Gemeinden gibt es die meisten Kräche und Streitereien, weil wir auf den Bruder nicht hören, sondern unsere subjektive Sicht der Dinge als die alleinige Wahrheit
ansehen.

Vielleicht könnten wir einmal darüber nachdenken, vielleicht die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass Gott jedem seiner Kinder bestimmte Talente anvertraut hat, mit denen er wuchern soll.

Wir nehmen sehr oft dem Bruder oder der Schwester rechts und links die Möglichkeit uns zu dienen, so wie Gott es ihnen aufgetragen hat.

Damit berauben wir uns selbst um kostbare Schätze, die Gott für uns bereit hat. Wir weisen sie zurück.

Es ist meine feste Überzeugung, dass wir Grund haben, gerade in Deutschland, Buße darüber zu tun, wie wir miteinander umgegangen sind, und wie wir mit Gott umgegangen sind, gerade in Lehrfragen.

Damit habe ich nicht gesagt, wir müssten nun alles glauben, was Menschen uns erzählen. Aber ich möchte uns dazu ermuntern, dass wir unsere Haltung untereinander ändern, indem wir lernen, uns zuzuhören, und miteinander in Offenheit zueinander und vor Gott zu prüfen.

Ich möchte uns ermutigen, dass wir uns untereinander korrigieren und korrigieren lassen, wo es notwendig ist.

Das würde eine wunderbare Atmosphäre schaffen in der Gemeinde Jesu, große Einmütigkeit bewirken und die Liebe würde sichtbar werden unter den Kindern Gottes.
Und dann ist es wichtig, dass wir in der Erkenntnis der gesunden Lehre anfangen, das Wort Gottes zu tun.
Wir wären ein großartiges, lebendiges Zeugnis für diese Welt.

Ich komme zum Schluss:

Die Jünger Jesu haben das alles geglaubt, was ihr Meister sie lehrte. Alles !

Aber Matthäus gewichtete was er hörte anders als Markus,
und Lukas gewichtete anders als beide. Aber sie kamen zusammen und sie waren eins und sie hatte Liebe untereinander !

Und weil wir das alles heute betrachten können, so wie sie
es festgehalten haben, deshalb haben wir dieses wunderbare Evangelium heute in seiner ganzen Vielfalt, ein Evangelium, dass es jedem Menschen möglich macht, Frieden mit Gott zu finden und sein Kind zu werden.

Weil es die biblischen Zeugnisse in ihrer Vielfalt gibt, hat das Wort Gottes jedem etwas zu sagen, ganz individuell, ganz persönlich.

Und wenn wir die Zeugnisse von Menschen hören, an welcher Stelle sie anfingen, dem Wort Gottes Glauben zu schenken, dann können wir nur noch dankbar sein über jeden Einzelnen, der an der Bibel mitgeschrieben hat.
Und vergiss es nicht, das Wort Gottes ist vom Heiligen Geist inspiriert und den Menschen von Gott eingegeben.

Darum sind die verschiedenen Gewichtungen der Evangelisten kein Zufall, sondern Gottes genialer Plan, jedem von uns die Wahrheit zu vermitteln, die uns dazu bewegt, zu ihm umzukehren.

Amen !


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