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OCG – ein kommentierter Erlebnisbericht


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Rolf

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Neulich schrieb mir jemand aus der Sekte von Ivo Sasek per einschreiben, ich hätte mich innerhalb drei Wochen bei Sasek persönlich zu entschuldigen, weil ich ungeprüfte berichte hier veröffentlichen würde. Ansonsten müsste ich mich dafür verantworten.

Daher hier nochmal ein neuer Erlebnisbericht! Aufgrund solcher persönlichen Erfahrungsberichte ist vor Sasek und seiner Sekte mit Nachdruck zu warnen.



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OCG – ein kommentierter Erlebnisbericht






Folgendes Schriftstück möchte ich bewusst so kurz wie möglich und so kommentiert wie nötig halten. Ein jeder, der es liest, sei dazu aufgerufen, sich bei Interesse selbst ein Bild über die OCG zu machen.
Ivo Sasek lernte ich Ende 1998 kennen, trat 1999 in die Verbindlichkeit ein und ver-ließ diese im Sommer 2000 wieder. Währenddessen besuchte ich einen Hauskreis in der Nähe meines damaligen Wohnortes, dessen Teilnehmer sich alle der OCG an-geschlossen hatten.

Hier nun einige Auszüge aus einem Dokument, das ich zwei Jahre nach dem Aus-stieg für mich selbst verfasste.

[…] erlebte ich eine anfangs positive Zeit. Wir waren ungefähr zehn Leute in dem Hauskreis, darunter eine kinderreiche Familie. Da ich Kinder liebe, habe ich mich auf Anhieb sehr wohl gefühlt. Stets darauf bedacht, das Gehörte kompromisslos in die Praxis umzusetzen, wurde jeder jedem verbindlich. Hielt einer das Gelehrte nicht, wurde in der Gruppe darüber gesprochen. Gottes allsehendes Auge war kein Myste-rium mehr – es war hier in diesem Hauskreis! Denn, eine Verfehlung nicht zu erzäh-len, erzeugte einen Druck, dem niemand standhielt.

Stichwort Psychodynamik. Ein derart unachtsamer Kollektivismus kann äußerst zerstörerische Folgen haben.
Aber ein paar bestimmte Erlebnisse weckten die Bedenken. Eines war auf einem Wochenende, das unser Hauskreis miteinander verbrachte. Jeder erzählte von sei-nem Leben, und wie immer redeten wir in der Gruppe darüber. Bei mir waren sich manche einig, dass meine Stille Zeit zu kurz, zu unstet und zu mangelhaft sei und dass ich statt einem christlichen Buch lieber die Bibel lesen sollte, um „selbst etwas von dem Herrn zu erringen“. Als man mich fragte, ob ich das jetzt genau so sehe, antwortete ich mit einem ehrlichen nein. Ich hatte einen Plan mit diesem Buch, doch den wollten sie nicht einmal hören, geschweige denn verstehen.

Meine damaligen Brüder bedienten sich fast ausschließlich einer vom Fanatismus geprägten Argumentation. Es zählten keine Argumente, außer denen, die durch die Dogmen innerhalb der Gemeinschaft festgelegt wurden. Alle anderen Meinungen – und waren sie auch noch so gut begründet – waren nicht legitim.

Doch trotz all dem Gewöhnen an diesen Druck: er kam da und dort zum Ausbruch. Einmal in unserem Hauskreis zum Beispiel. Wir verwendeten derart viel Energie dar-auf, uns geistlich weiterzuentwickeln, zu bemessen und sonst wie auf vergeistigter Ebene zu lieben, dass wir uns in Wirklichkeit gar nicht kannten! Wir sagten uns zwar immer, dass wahre Lieben stets füreinander da ist, keinen Eigenbesitz kennt und für-einander in den Tod geht – doch wer waren die Personen, für die ich zu sterben be-reit war? Ich kannte zwar laufend den geistlichen Zustand, die Sünden, die Gebete und die Familiensituation einer Lisa (Pseudonym), aber ich kannte DIE LISA nicht! Das führte dazu, dass bei einer Diskussion um ein banales Thema wie Zahnhygiene jemand stampfend und türenknallend den Raum verließ mit den Worten: „Warum kön-nen wir uns nicht einfach lieben!“ Ganz einfach. Weil wir uns gar nicht kannten. Wir waren so mit der geistlichen Ebene und mit Gott beschäftigt, dass wir es total ver-säumten, uns füreinander zu interessieren.

Stichwort Sozialkompetenz. Heute bin ich der Meinung, dass die meisten Personen, die sich zur OCG hingezogen fühlen, große Defizite im intra- sowie interpersonellen Bereich aufweisen. Sie wissen nicht, wie sie mit sich und anderen umgehen sollen und flüchten deshalb in eine mystische Welt. Ihre sozialen Schwächen werden mit Glaubenssätzen wie „was schwach ist vor der Welt, das hat Gott erwählt“ verteidigt.

In einem Punkt hat er [Sasek] längst die Grenzen überschritten, aber aufgrund seiner Autorität und persönlichen Überzeugungskraft wurde auch diese extreme Abnormität als „gewollt“ angesehen: der Zustand seiner Mitglieder. Wie viele sich, vor allem wäh-rend oder nach einer Bemessungswoche, das Leben nehmen wollten, erfuhr ich erst hinterher. Auch psychosomatische Zusammenhänge und seelische Krankheitssym-ptome fielen mir erst auf, als sie sich an mir selbst zeigten.
Erst durch den Kontakt mit einem Seelsorger erfuhr ich, dass sowohl etliche OCG-Aussteiger als auch einige wenige Mitglieder in die Psychiatrie eingewiesen wurden; wegen Depressionen, religiösen Wahnvorstellungen („Verdammnisgedanken“) und auch Suizidalität.
In diesem Zusammenhang möchte ich einen Abschnitt aus meinem Brief an Sasek zitieren, den ich Anfang 2001 an ihn schrieb. Zu dieser Zeit waren mir die Fakten noch nicht bekannt, doch ich ahnte schon damals, welch verheerende Auswirkungen die geistlich verbrämten Traumatisierungen haben würden:

Letztes Jahr, so etwa in der Zeit der Sommereinsätze, wollte ich einen Eindruck von mir wei-tergeben. Ich tat es nicht, weil er mir sicherlich Kritik eingebracht hätte, wovon ich eh schon genug zu schlucken hatte - und schließlich wollte ich kein Rebell sein. Der Eindruck war: "Ihr werdet so lange in dieser Strenge mit den Leuten umgehen, bis sich einer das Leben nimmt! Und selbst dann werdet ihr eine Erklärung dafür haben!"
Der darauf folgende Brief Saseks enthielt folgenden Abschnitt:

Das wir immer nur hart zu Dir reden und all die übrigen Vorwürfe entsprechen nicht der Wahrheit. Wir sind lediglich kompromisslos. Wir lassen fünf nicht gerade sein. Wenn Du dies als Härte auslegst musst Du auch die Folgen dafür tragen. Vergiss bei allem Gejammer nicht, dass gerade unsere Kompromisslosigkeit (vermeintliche Härte…) es ist, die hunderte von Menschen aus den Depressionen herausführt – inklusive uns selber. Wir reden die ganze Zeit von genau diesen Plagen die über alle kommen wie Du es jetzt an Dir selber erlebst. Du warst stets mit diesem und jenem nicht einverstanden, angefangen bei einer kompromisslosen Kin-dererziehung, die eben auch durchgreift wo es nötig ist.

Man kann davon ausgehen, dass Sasek zu dieser Zeit bereits von den Selbstmord-versuchen einiger seiner (Ex-)Mitglieder wusste. Dennoch zeigt er in seinem Brief keine Korrekturbereitschaft.
[…] weiter in meiner Erzählung über meine „Karriere“ in der Verbindlichkeit. Wie er-wähnt, machten mich einige Begebenheiten hellhörig. Deshalb war ich ganz beson-ders gespannt auf die Sommereinsätze. Gleich am ersten Tag der Zurüstung zog ich Ivo auf die Seite, um mit ihm zu reden. „Ich werde mir nichts überstülpen lassen, das ich nun mal nicht so sehe. Ich werde in Zukunft genauer beobachten und ich werde nicht den Mund halten, wenn ich etwas sehe, das mir zuwiderläuft.“ Überraschend verständnisvoll antwortete er mir: „Es ist nicht meine Absicht, immer an jedem zu drü-cken und zu schieben. Ich gestehe jedem seine eigenen Erfahrungen ein – aber die Konsequenzen musst du dann selber ausbaden!“ Kein befreiender Satz ohne bitteren Nachklang. Das war ich von ihm gewohnt. Sein Schlusswort war: „Mann kann ver-
schiedener Meinung sein. Und ich halte auch niemanden hier fest – jedem steht es frei, zu gehen. Nur über eins musst du dir im Klaren sein: wenn wir an einem Strang ziehen, dann richtig! Also wenn du bei den Sommereinsätzen mitmachst, musst du auch voll dahinter stehen! Kannst du das?“ Ich antwortete mit ja, wohl bewusst, diese Woche mit allen Konsequenzen durchziehen zu müssen.

Hier wurde m. E. der Versuch unternommen, ein Mitglied, welches bereits im Begriff war, sich von der Ideologie der Gemeinschaft zu lösen, noch für einen letzten Dienst zu mobilisieren. Anstatt einer gründlichen Aussprache gab es nur ein kurzes Zuge-ständnis und den Verweis auf die unmittelbar bevorstehende Aufgabe.

Noch in der Zurüstzeit [für die Sommereinsätze], es war am ersten oder zweiten Tag, wurde die Gruppe mit einem „Unruheherd“ konfrontiert: ein schreiendes Baby. Die El-tern wussten, dass das Kind des Öfteren schrie. Manchmal hatte es sichtbare Ur-sprünge wie Blähungen, manchmal war die Ursache aber nicht lokalisierbar. Ivos Frau meinte, als sie das Kind während einer Predigt betreute, dass es rebellisch sei. Ein Kind im Alter von 5 Monaten rebelliert gegen seine Eltern. Natürlich musste man gegen diesen rebellischen Geist etwas unternehmen, bevor er die ganze Familie in Unruhe stürzte. Die Lehre bekräftigte in diesem Fall das Austreiben dieses Geistes mit der Rute. Und so wurde ich Augenzeuge, wie der Vater sein Kind nach dem Frühstück mit der Rute schlug, damit es sich füge und der Geist der Rebellion gebro-chen werde.

Ich hätte kotzen können, als ich das sah. Wie wenig Mensch muss man geworden sein, um so etwas im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte tun zu können? Bei der nächsten größeren Runde sprach ich das an. Nur im wieder zu hören: „Was ver-stehst du schon? Hast du etwa Familie? Du kennst die geistigen Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten nicht genug, um das beurteilen zu können!“

Beim Anblick dieser „Kindererziehung“ klinkte ich mich endgültig aus der Lehre und dem Verständnis von Gemeinschaft der OCG aus. Verständlich, wie ich meine.

Während der Einsätze dann war das vergeistigte Miteinander, die soziale Unfähigkeit der Leiter und das totalitäre Leistungsdenken unübersehbar: „Wenn du nicht kannst, dann stimmt bei dir was nicht! Tu Buße oder Gott wird dich zur Rechenschaft ziehen!“ Einen ähnlichen Satz bekam eine Schwester zu hören, die für eine etwas komplizierte Sache [am Diaprojektor] während der Aufführung zuständig war. Ab und zu unterlief ihr ein Fehler, doch anstatt sie zu ermutigen und aufzubauen, wurde dieses Versagen als Ebenbild ihrer Beziehung zu Jesus gesehen. „Du kannst das nicht, weil du dich nicht deinem Mann unterordnest! Du bist immer noch rebellisch! Gott will dich da-durch züchtigen, damit du endlich davon ablässt!“ Den psychischen Zustand dieser Schwester kann man sich denken: echt geknickt, total entmutigt und extrem unter Stress, alles nun auf die Reihe kriegen zu müssen.

Wahre Liebe hätte für mich be-deutet, sie mal in den Arm zu nehmen und gemeinsam mit ihr eine Lösung zu finden. Für die Walzenhausener bedeutete Liebe, sie zurechtzuweisen und Druck auszu-üben. Als ich dagegen wieder etwas sagte, wurde mir meine Rechthaberei, die ja in der Bemessungswoche bloßgelegt wurde, entgegengehalten. Obwohl mein Haus-kreisleiter, der mich mehr kannte als die Leiter in Walzenhausen, nicht die Spur von Rechthaberei in mir sah. Gegenüber den Leitern hat er das allerdings nicht gesagt. Viele empfanden auch die Misshandlung des Kindes als tragisch, doch trauten sie sich nicht, etwas dagegen zu sagen. Sie sahen ja an mir, dass man „damit nur seine eigene geistliche Unreife zur Schau stellte“.

Die Leitung gab sich offiziell als kritisierbar. Doch in der Praxis wurden einem bei ei-ner Meinungsverschiedenheit nur seine eigenen „Sünden“ immer wieder entgegen gehalten. Ein Vorgehen dieser Art ist kennzeichnend für eine fanatische, totalitäre und suppressive Gemeinschaft wie die OCG
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