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Mobilmachung für Christen?


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Rolf

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Mobilmachung für Christen?





Über den Autor
Joachim Bär ist verheiratet und Redakteur bei ERF Online. Zuvor hat er an der Freien Theologischen Akademie in Gießen studiert. In seiner freien Zeit geht er laufen, hört gerne Musik, die mehr zu bieten hat als drei Akkorde und spielt auf seiner geliebten Gitarre.


Frage von N.N.:
"Die Aussage von Jesus in Lukas 22, 36, die Jünger sollen sich ein Schwert kaufen, verschließt sich mir nach wie vor. Wie denn jetzt: Hat Jesus etwa doch keine Gewalt abgelehnt und uns erlaubt, uns zur Verteidigung zu bewaffnen? Oder sollte das eines der zahlreichen Bilder sein, die Jesus benutzte, um seine Botschaft verständlich zu machen? Dann ist das wohl gründlich misslungen, denn die Jünger boten ihm gleich zwei Schwerter an – die Jesus dann ablehnt."


Diese Passage ist wirklich etwas problematisch. Denn erstens wird sie nur von Lukas überliefert, so dass uns die anderen Evangelisten keinerlei Hinweise für ein besseres Verständnis geben. Zweitens scheinen die gesamten Verse 24-38 in Lukas 22 etwas fragmentarisch, also nur Auszüge aus den Gesprächen beim Abendmahl zu sein. Der Gesamtzusammenhang der Gespräche fehlt ein wenig.

Daher zu Anfang wenigstens die Passage, in die die Aussage Jesu von Vers 36 eingebettet ist:

Und er sprach zu ihnen: Als ich euch ausgesandt habe ohne Geldbeutel, ohne Tasche und ohne Schuhe, habt ihr da je Mangel gehabt? Sie sprachen: Niemals. Da sprach er zu ihnen: Aber nun, wer einen Geldbeutel hat, der nehme ihn, desgleichen auch die Tasche, und wer's nicht hat, verkaufe seinen Mantel und kaufe ein Schwert. Denn ich sage euch: Es muss das an mir vollendet werden, was geschrieben steht: »Er ist zu den Übeltätern gerechnet worden.« Denn was von mir geschrieben ist, das wird vollendet. Sie sprachen aber: Herr, siehe, hier sind zwei Schwerter. Er aber sprach zu ihnen: Es ist genug. (Lutherübersetzung)
Lukas 22,35-38

Merkwürdig ist das schon: Erst ruft Jesus die Jünger auf, ein Schwert zu kaufen. Dann pfeift er sie im gleichen Atemzug wieder zurück. Selbst die Jünger, mit denen er Jahre zusammen verbracht hatte, können seine Aussage nicht recht einordnen.

Das ist erst einmal nicht weiter verwunderlich. Denn die Freunde Jesu standen immer wieder so sehr auf dem Schlauch, dass Jesus sich darüber aufregte (z. B. Markus 4,13; Lukas 24,25). Die Aussage Jesu in Lukas 22 ist also nicht besonders kryptisch. Jesus wurde des Öfteren nicht verstanden.

Kontext in der Bibel

Es stellt sich die Frage, wie sich die Passage aus Lukas 22 in die gesamte Bibel einordnen lässt. Was meint Jesus genau? Und vor allem: Befürwortet Jesus grundsätzlich den bewaffneten Widerstand?

Schon der unmittelbare Kontext macht deutlich: Jesus spricht zu seinen Jüngern in einer Situation der allergrößten Not. Ihm geht es nicht um eine grundsätzliche Aussage zum Thema Selbstverteidigung. Er bezieht sich stark auf den damaligen Zeitpunkt („Aber nun“ in Vers 36).

Außerdem will er die Jünger auf die kommenden heftigen Zeiten vorbereiten. Es wird für sie nicht mehr so gut laufen wie früher (siehe Vers 35, der sich auf Lukas 9,1-6 und Lukas 10,5-8 bezieht). Die Umstände werden sich verschlechtern. Die Menschen werden den Jüngern feindlich gesinnt sein. Die Jünger können jetzt eher ein Schwert gebrauchen als ihren Mantel, der als Schutz vor der Kälte der Nacht eigentlich notwendig war.

Auch der folgende Text macht es demjenigen schwer, der Jesus hier in den Mund legen will, er sei für den bewaffneten Widerstand. Denn Jesus macht nur wenige Verse später bei seiner Verhaftung klar, was er vom bewaffneten Widerstand hält, der dann tatsächlich eintritt:


Als seine Begleiter merkten, was ihm drohte, fragten sie: Herr, sollen wir mit dem Schwert dreinschlagen? Und einer von ihnen schlug auf den Diener des Hohenpriesters ein und hieb ihm das rechte Ohr ab. Jesus aber sagte: Hört auf damit! Und er berührte das Ohr und heilte den Mann.
Lukas 22,49-51



Matthäus überliefert uns diese Situation etwas detaillierter. Jesus sagt hier: „Steck dein Schwert weg; denn alle, die zum Schwert greifen, werden durch das Schwert umkommen.“ (Matthäus 26,52)

Das macht die grundsätzliche Haltung Jesu deutlich, wie er sie an anderer Stelle bestätigt (Matthäus 5,39; Johannes 18,36) und wie sie im Neuen Testament fortgeführt wird (Römer 12,19; 2.Korinther 10,4; 1.Thessalonicher 5,15; 1.Petrus 3,9)


Auslegungsmöglichkeiten

Bleibt die Frage, wie die Passage zu verstehen ist, wenn Jesus nicht den bewaffneten Widerstand gemeint hat. Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten.

Das Schwert ist in einem geistlichen Sinn zu verstehen
Diese Auslegung ist weit verbreitet. Kein Wunder. Denn damit ist man fein raus. Wo kein reales Schwert zur Hand sondern nur sein geistliches Pendant, gibt es auch keinen bewaffneten Widerstand.

Die Argumentation ist einfach: Jesus verbietet an anderer Stelle ganz deutlich den Gebrauch von Gewalt. Daher bleibt nur der geistliche Sinn für Lukas 22, 36 übrig. Die Jünger sollen sich demnach für eine lange Reise wappnen. Der Geldbeutel, die Reisetasche und das Schwert sollen eine Art Waffenrüstung versinnbildlichen, wie sie auch in Epheser 6,11ff. zu finden ist. Ähnlich wie in Eph 6 sei das Schwert also mit dem Wort Gottes gleichzusetzen.

Diese Auslegung hat ihre Schwächen. Denn man könnte fragen: Warum haben sich die Jünger bei den früheren Aufträgen Jesu nicht mit dem Wort Gottes ausgerüstet, jetzt aber schon? Warum bezieht sich Jesus im Kontext auf reale Geschehnisse (siehe Vers 35 in Bezug auf Lukas 9,1-6 und Lukas 10,5-8) und jetzt plötzlich nicht mehr? Warum bezieht sich die Symbolik des Schwertes in der Bibel so oft auf Krieg (Jesaja 1; Hesekiel 11,8) oder andere Heimsuchungen (2.Samuel 12,10; Jeremia 14,12) – hier aber gerade nicht? Warum sollte Jesus zu den Übeltätern gerechnet werden (V. 37), wenn man kein bzw. nur ein „geistliches“ Schwert bei ihm findet?

Sicher, das Schwert wird in der Bibel auch mit dem Wort Gottes in Verbindung gebracht bzw. gleich gesetzt (Epheser 6,17; Hebräer 4,12; Offenbarung 1,16). Meist bleibt es aber ein Bild für das Gericht Gottes und Symbol kriegerischen Blutvergießens (Lukas 21,24; Offenbarung 6,4).

Diese Auslegung hat einiges für sich, so ganz befriedigend ist sie nicht.


Die Passage will lediglich auf allgemeine äußere Gefahren hinweisen.
Diese Auslegung versteht die Aussage Jesu lediglich als Hinweis auf Gefahren, die auf die Jünger zukommen. So wie die vorhergehende Passage auf die innerliche Gefahr der Versuchung durch den Satan bei Petrus hinweist (Verse 31 – 34), sollen die Verse 35 – 38 auf die äußerlichen Gefahren hinweisen, die nun auf die Jünger zukommen. Demnach handelt es sich lediglich um einen Aufruf zu einer inneren Einstellung: "Seid bereit für Widerstände und Leiden." Eine konkrete Aussage über bewaffneten Widerstand wollte Jesus damit nicht treffen.

Auch diese Auslegung ist ein wenig schwach. Denn Jesus trifft ziemlich konkrete Aussagen. Einen allgemeinen Hinweis stellt man sich anders vor.


Jesus geht es um die Erfüllung eine Prophetie

Diese Auslegung passt am besten in die Gesamtaussage der Passage. Denn Jesus begründet seine Aussage in Vers 37 mit einem Zitat aus Jes 53:

Darum will ich ihm die Vielen zur Beute geben, und er soll die Starken zum Raube haben, dafür dass er sein Leben in den Tod gegeben hat und den Übeltätern gleichgerechnet ist und er die Sünde der Vielen getragen hat und für die Übeltäter gebeten.
Jesaja 53,12


Diesen Vers wendet Jesus auf sich selbst an. Er selbst soll zu den Übeltätern gerechnet werden. Diejenigen, die ihn festnehmen wollen, brauchen also handfeste Beweise, dass Jesus ein Verbrecher ist. Und wenn man bei seinen Jüngern Schwerter findet, kann er als Übeltäter angesehen und damit hingerichtet werden. Die Tatsache, dass man bei seinen Jüngern Schwerter findet, ist also ein weiterer Mosaikstein seines Leidensweges. In dieser Auslegung sind reale Schwerter gemeint.

Fazit

Auch mit den möglichen Auslegungen bleibt die Stelle ein wenig rätselhaft. Man fragt sich: Warum hat Jesus nicht klarer kommuniziert, was er meinte?

Für mich hat die dritte Auslegung einiges für sich. Wenn die Erfüllung der Prophetie im Mittelpunkt steht, macht Vers 37 endlich Sinn. Jesus wird nicht in den Mund gelegt, für bewaffneten Widerstand zu sein. Und man muss die realen Schwerter nicht wegerklären.

Der Text sagt somit nichts über die generelle Frage aus, ob bewaffneter Widerstand gegenüber Ungerechtigkeit erlaubt ist oder nicht. Es wird vor allem deutlich, wie feindlich sich das Umfeld von Jesus und seinen Jüngern gegenüber gebärden wird und wie sich alles bis ins kleinste Detail in Gottes Plan fügt.



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