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Wenn der Glaube krank macht


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hugostamm am Montag den 10. August 2009

Wenn der Glaube krank macht


Ich war am Sonntag im Gottesdienst der charismatischen Gemeinschaft Kingdom Embassy International, die einen Saal in Kloten gemietet hat. Der 30-jährige Seniorpastor Wojacek legte ein rhetorisches Feuerwerk hin, dass mir beinahe Hören und Sehen verging. Unterstützt wurde er durch eine fünfköpfige Musikband.

Atmosphäre und Predigt waren hoch suggestiv. Selbst die Worte des Pastors wurden mit Musik untermalt. Setzte er zu einem stossenden und drängenden Glaubensrap an, wurde das Keyboard immer lauter und die Melodie dramatisch. Manche Gottesdienstbesucher gerieten in Verzückung oder rutschten beinahe in ein Ekstase ab. Für sie waren die starken Gefühle Ausdruck ihrer Ergriffenheit und der Nähe Gottes.

Auffällig war, dass der Glaube als das Lebensprinzip schlechthin dargestellt wurde. Wirtschaftliche, physische, psychische, soziale oder politische Phänomene sind nach Wojacek lediglich eine Funktion des Glaubens. Konflikte entstehen, weil gewisse Menschen den falschen Glauben haben oder in der geistigen Entwickelt zurück geblieben sind. Krank wird, wer am Glauben zweifelt und nicht in der Gnade des heiligen Geistes ist. Arm ist, wer nicht darauf vertraut, dass Jesus ihn beschenken und reich machen wird.

Der grösste Feind des Glaubens ist laut Wojacek der Verstand. Wer dem Zweifel Raum gibt, fällt von Gott ab. Zweifel stammen vom Verstand, den der Satan gern angreift.

Diese Dominanz des Glaubens ist fatal. Ohne Vernunft und Verstand, die letztlich die Lebenserfahrungen stark mitprägen, sind wir nicht überlebensfähig. Wir brauchen diese Instanzen, um existieren zu können. Wenn wir sie abwerten oder verdrängen, geraten wir in einen seelischen Zwiespalt und entfremden uns vom Alltag.

Das gleiche gilt für die Heilungen. Wojacek zählte mir nach dem Gottesdienst auf, wie viele seiner Gläubigen bereits von lebensbedrohlichen Krankheiten genesen sind, allein mit Hilfe des Glaubens und des Pastors. Die meisten Krankheiten sind jedoch Fehlfunktionen des Körpers auf der physischen Ebene. Also müssen sie in erster Linie auf dieser Ebene behandelt werden – mit schulmedizinischen Massnahmen. Es mögen auch psychosomatische Aspekte eine Rolle spielen, aber sicher keine religiösen. Das würde nämlich bedeuten, dass der Satan eine Krankheit ausgelöst hat. Oder Gott selbst, weil er einen Menschen für seine Glaubenszweifel oder Sünden bestrafen will.

Es ist auch unsinnig, psychische Störungen als Glaubensphänomene zu interpretieren. Seelische Verletzungen, traumatische Erlebnisse, Ängste usw. sind Auslöser von Neurosen, Phobien, Depressionen oder Psychosen. Aber sicher nicht der Satan oder Gott. Wer psychische Krisen religiös interpretiert, stigmatisiert die Betroffenen. Diese müssen nicht nur das Leiden aushalten, sondern sie sind gleichzeitig überzeugt, von Gott verlassen oder bestraft worden zu sein. Solche Glaubensängste können erst recht krank machen
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