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Pensecola - eine echte Erweckung?


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Rolf

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Pensecola - eine echte Erweckung?




von Wilfried Plock, Konferenz für Gemeindegründung 1995



Was geschieht in Pensacola?


Am 18. Juni 1995 predigt Evangelist Steve Hill auf Einladung in der "Assemblies
of God"-Pfingstgemeinde im Stadtteil Brownsville der 150.000-Einwohner-Stadt
Pensacola im nord-westlichen Florida. Als er die Zuhörer fragt, wer sich nach
einer "geistlichen Erfrischung" sehnt, strömen etwa tausend Menschen nach
vorne, um mit sich beten zu lassen. Der Pastor der Gemeinde, John Kilpatrick,
fällt zu Boden und liegt mehrere Stunden regungslos da. Hill predigt auch am
Abend. Wieder treten die selben Phänomene auf. Spontan werden weitere
Abende anberaumt. Hill verspricht zu bleiben, solange die Leute kommen. Die
Leute kommen weiter.

In immer größeren Zahlen. Bald muß die Veranstaltung
in Nebenräume übertragen werden. Der 2.300 Personen fassende Saal ist zu
klein geworden. Menschen bekehren sich; auch solche aus völlig zerrütteten
Verhältnissen. Christen tun Buße und bereuen beim täglichen Ruf zum Altar
weinend ihre Sünden. Gebetskreise in Schulen sind entstanden. Die
Kriminalitätsrate in der Umgebung sei deutlich gesunken. Seit mehr als 30
Monaten finden von Mittwoch bis Sonntag "Revival-Gottesdienste" statt.]

Angeblich sollen bereits 2.200.000 Menschen die Veranstaltungen besucht und
125.000 sich bekehrt haben.1
Während einer Amerika-Studienreise hielt ich mich Ende März für einige Tage in
Pensacola auf. Ich habe mit Gottes Hilfe versucht, gründlich zu recherchieren.
Ich verurteile die dortigen Vorgänge nicht pauschal, kann sie aber auf gar
keinen Fall so einseitig positiv sehen wie Pastor Wolfram Kopfermann in seinem
Spektrum-Bericht vom 26.2.97 oder wie Gerhard Bially in der hundertsten
Ausgabe seiner Zeitschrift "Charisma".2

Was mich beeindruckt hat

Bei vielen pfingstlich orientierten Christen ist ein echter Hunger nach einem
kraftvollen Leben aus Gott zu beobachten. In die westliche Christenheit hat sich
wohl zuviel Sattheit und Wohltemperiertheit eingeschlichen. Oft sind es gerade
charismatisch-orientierte Christen, die Paulus' Herausforderung "Werdet voll
Geistes!" ernst nehmen wollen.

Eine zweite Feststellung. Die Verkündigung in Pensacola ist im besten Sinne
"erwecklich". Der Evangelist Steve Hill und der Lehrer Dr. Michael Brown
knüpfen inhaltlich ganz bewußt an die anglo-amerikanische
Erweckungsbewegung an. Sie nennen Sünde beim Namen - auch fromme
Sünden -, und predigen Gottes Gericht über den Sünder, der nicht umkehren
will. Sie prangern die Unsittlichkeit und religiöse Oberflächlichkeit der
säkularisierten Gesellschaft schonungslos an. Sie rufen zur Buße, fordern zur
Lebensübergabe an Christus auf, bzw. zur Neuhingabe des Lebens an den
erhöhten Herrn.

Noch etwas fällt auf. Es geht den Verantwortlichen nicht in erster Linie um
Heilungen. Es findet kein "Powerevangelism" statt. Alles zielt auf Buße und
"Taufe mit dem Heiligen Geist" ab. Heilungen sollen vorgekommen sein. Auch
mir wurde in Gesprächen davon berichtet. Aber sie stehen nicht im Mittelpunkt.
Soweit, so gut.

Fragwürdiges und Besorgniserregendes

Nach der Sonnenseite möchte ich nun auf die Schattenseite der Pensacola-
Vorgänge zu sprechen kommen. Dabei möchte ich zunächst den historischen
und kulturellen Zusammenhang beleuchten. Wie sieht der Nährboden aus?
file:///D:/eigene-dateien/feuermacher/charis/pensacola.htm (2 von 9)04.08.2005 02:39:05


Theologiegeschichte und Selbstverständnis Nordamerikas

Die USA entwickelten eigentlich nie eine eigenständige Theologie im engen
Sinne. Sie übernahmen großenteils das Erbe der Reformation über England,
und zwar mit stark calvinistischer Prägung. Die Liebe zur Freiheit verband sich
mit der Liebe zum Protestantismus und zum Pragmatismus. Letzterer stellt die
Bereitschaft dar, das Evangelium anzunehmen, wenn es funktioniert und sich
bewährt. Allerdings suchte sich das geistliche Leben Nordamerikas andere
Bahnen als die des Staatskirchentums in Europa.

Die meisten amerikanischen Gemeinden beanspruchten von Anfang an den unabhängigen Status der Kirche
in vorkonstantinischer Zeit. Nach der "Großen Erweckung" um 1730 durch
Jonathan Edwards und Georg Whitefield entstanden zigtausende freier
Gemeinden, vor allem Baptisten- und Methodistengemeinden. Dennoch gehörte
um das Jahr 1800 nur jeder zwölfte Amerikaner einer Kirche an. Dann folgten
die evangelistischen Kampagnen von Moody, Finney, "Billy" Sunday und Billy
Graham. Heute geben mehr als 50 % der Amerikaner an, irgendeiner
christlichen Gemeinschaft anzugehören, und 84 % glauben der Statistik
zufolge, daß Jesus Christus Gottes Sohn ist. Man sagt spaßhaft, in den
Südstaaten gäbe es mehr Baptisten als Menschen. Trotz des unverkennbaren
Einflusses der Säkularisation ist in den USA immer noch eine religiöse
Grundstimmung vorhanden. Man betrachtet sich selbst als die einzige
christliche Nation, die es je gegeben hat. Das Phänomen von Pensacola ist also
zunächst ein Phänomen des durch zahlreiche Segnungen gepflügten und
gedüngten Bodens.

Die Stadt Pensacola

Pensacola wurde 1559 als erste Siedlung Nordamerikas von Spaniern
gegründet. Es ist eine alte Hafen- und Marinestadt mit all ihren soziokulturellen
Begleiterscheinungen. Die Ordnungshüter hatten über Jahrhunderte
mit Alkoholismus, Prostitution, Drogensucht und allen Spielarten moralischer
Dekadenz zu kämpfen. Heute ist die 150.000 Einwohner zählende Stadt mit
dem weißesten Sandstrand der Welt landesweit bekannt als Schwulenparadies
und "Gay-Riviera". Pensacola - das "Korinth" Amerikas?3
Die "Assemblies of God"-Pfingstkirche

Wer sich ein wenig mit der Geschichte der weltweit größten
Pfingstdenomination befaßt hat, weiß um ihren massiven Spiritualismus. Die
Pfingstkirche umfaßt insgesamt mehr als 12 Millionen Mitglieder. Sie versteht
sich selbst als Glied der pfingstlichen Erweckungsbewegung, die 1901 in
Topeka, Kansas, begann und sich 1906 über Los Angeles in der ganzen Welt
ausbreitete.

In ihrem Glaubensbekenntnis4 lehren die "Assemblies of God" die sogenannte
"Geistestaufe" als eine von der Errettung getrennte Erfahrung für jeden
Christen. Das Reden in Zungen sei der Beweis der Taufe im Heiligen Geist.
Diese typische Pfingstlehre, die den Aussagen der Bibel widerspricht, spaltet
seit über 90 Jahren weltweit die Gemeinde Jesu in zwei Teile.5

Hinzu kommt die in Pfingstkreisen durchgängig vorhandene Vorstellung, daß
die in Joel 3 verheißene Geistausgießung noch im jetzigen Gemeindezeitalter
stattfinden würde. Darum verwundert es nicht, daß man in Pensacola hofft, die
dortige "Erweckung" werde sich über die Ostküste hinauf über den gesamten
amerikanischen Kontinent ausbreiten. Das soll übrigens Pastor David Yonggi
Cho, Seoul, bereits 1990 in einer prophetischen Vision klar vor Augen gesehen
haben.6 Wolfgang Simson, Leiter der charismatisch-orientierten Gruppe
"Dicipling A Whole Nation" (DAWN) verbreitete diese Schau Cho's ebenfalls.7
Falsche eschatologische Erwartungen gepaart mit unbiblischen Lehren waren in
der Geschichte wiederholt der spirituelle Nährboden für seltsame
kirchengeschichtliche Phänomene.8

Nimmt man die o.a. Faktoren zusammen, so wird deutlich, daß die "Assemblies
of God"-Pfingstgemeinde in Pensacola den idealen Rahmen für einen solchen
Aufbruch darstellt. Kurz zuvor hatten einige Gemeindeglieder, darunter Pastor
Kilpatricks Frau Brenda und der Musikpastor Lindell Cooley, die Airport Vineyard
Gemeinde in Toronto besucht (Ausgangspunkt des sogenannten "Toronto-
Segens"). Nachdem in der Brownsville Assemly of God jahrelang um Erweckung
gebetet wurde, fehlte nur der Funke, der die Sache in Gang bringen konnte.
Dieser Funke kam in Gestalt des Vollblutevangelisten Stephen Hill, der in
Auftreten und Stimmgewalt Reinhard Bonnke in nichts nachsteht. Am 18. Juni
1995 "zündete das Gemisch".


Pensacola - eine echte Erweckung?


Der Rahmen der Veranstaltung

Das Abend-Meeting beginnt mit lauter, stark rhythmischer Musik. Sie eröffnet
den "Worship"-Teil, der mit allen emotionalen Komponenten abläuft, die man
sich nur vorstellen kann. Die Leute müssen zur "Anbetung" von der Empore in
die unteren Gänge gerufen werden, weil die Statik das Gehüpfe und Gestampfe
nicht aushalten würde. Danach folgt allerdings eine überaus ernste
Verkündigung. Tränen der Buße fließen. Gegen Mitternacht endet alles in einem
großen Happening.

Während mehr als zweitausend Menschen zu lauter Musik
klatschen, hüpfen und tanzen, stürzen sich die drei Hauptakteure mit weiteren
Mitgliedern des "Prayerteams" in die wartende Menge. Überall fallen Menschen
nach empfangener Handauflegung zu Boden. Sie gelten als "slain in the spirit",
erschlagen im Geist. Es sind überwiegend Frauen. Nach einer halben Stunde
liegen Dutzende von Menschen wie Leichen in den Gängen und sogar im Foyer.
Hier zeigt die "Erweckung" ihr wahres Gesicht.

Wiederholt sagten mir Pensacola- Pilger im Gespräch, daß sie alles daransetzten, um auch etwas von der
"Salbung" abzubekommen. Manche waren mehr als zwölf Stunden gefahren
und noch einmal ebenso lange in der Warteschlange vor dem Hauptgebäude
gestanden. Kann man die Sucht nach religiösen Erlebnissen noch erfolgreicher
fördern? Hollenweger, ein ausgesprochener Kenner der Pfingstbewegung,
schreibt dazu: "Es ist bekannt, daß es heute viele Mitglieder der Assemblies of
God gibt, die die Geistestaufe nicht erlebt haben. Diese Glieder stehen unter
einem fortwährenden psychischem Druck."9

Tendenzen der Manipulation

Auffällig ist, wie in jeder Veranstaltung die etwaigen Kritiker mundtot gemacht
werden. Unter dem Jubel der Menge liest Dr. Brown, einer des Dreigestirns,
einen Brief vor. Ein ehemals kritischer Pastor teilt mit, daß er inzwischen Buße
getan habe und die Pensacola-Bewegung als echte Erweckung einstufe. Browns
als Lehrvortrag über Erweckung angekündigter Dienst am Freitagmittag gerät
zu einer zweistündigen Rechtfertigung des Geschehens in Brownsville.

Er immunisiert seine 1200 Zuhörer förmlich gegen jede Kritik von außen, die
ihnen in ihren Heimatgemeinden entgegen kommen könnte. Zitat: "Was die
Welt verrückt nennt und die Christenheit extrem, das nennt Gott normal."10
Dieser Frömmigkeitsstil funktioniert offenbar nur, wenn jedes kritische
Reflektieren ausgeschaltet wird. Die Veranstaltung endete damit, daß (fast) alle
Anwesenden nach vorne strömten und mit ausgestreckten Händen in
herzzerreißender Weise zwanzig Minuten lang um das Feuer der Erweckung
schrien. In seinem Buch "Vom Heiligen Lachen zum Heiligen Feuer - Amerika im
Zeitalter der Erweckung" warnt der Autor ein ganzes Kapitel lang.


Verurteilung einer möglicherweise göttlichen Bewegung.11

Brown, der im Mai 1996 nach Pensacola kam, wurde übrigens stark von Leonhard Ravenhill
geprägt. Dieser Mann zählte zur modernen Prophetenbewegung im Umfeld von
John Wimber und Paul Cain, die ebenfalls eine baldige weltweite Erweckung
propagiert.12 Als der amerikanische Sektenfachmann Hank Hanegraaff in
seinem Buch Cunterfeit Revival einen Teil der Vorgänge in Pensacola als Show
bezeichnete, überreagierte Hauptpastor Kilpatrick mit einer scharfen
Prophezeiung: "Der Heilige Geist wird dich innerhalb von 90 Tagen zur Strecke
bringen."

Für diese Entgleisung mußte sich Kilpatrick später entschuldigen.13
Auch Evangelist Hill nimmt an den Abenden regelmäßig die Kritiker der
"Erweckung" aufs Korn. Die anwesenden Pastoren aus aller Herren Länder
haben es ihm besonders angetan. Apropos Steve Hill. So zentral seine
Botschaften inhaltlich sind, so fragwürdig sind doch die eingebauten
dramaturgischen Effekte. Die Lautstärke seiner Stimme bewegt sich knapp
unterhalb der Schmerzgrenze. Bei Spitzensätzen stampft er mit dem Fuß auf
das Podium wie weiland Whitefield und Moody.

An einem Abend spannt er eine "dead line" über die Bühne. Sie soll das Ende von Gottes Geduld mit dem
Zuhörer veranschaulichen. Als er über Gottes Gnade spricht, schneidet er das
Band durch, um es während des fast halbstündigen Altarrufes erneut in
dramatischer Weise Fuß für Fuß auszurollen. An einem anderen Abend spricht
er über die Kreuzigung Jesu, über die dreistündige Finsternis und das
Erdbeben. Dabei läßt er das Licht im Saal auf ein Minimum herunterfahren.
Durch die Lautsprecher ertönt minutenlang ein simuliertes Erdbeben. Hollywood
läßt grüßen. Dann fällt Hill auf die Knie wie der Hauptmann unter dem Kreuz
und predigt eine Zeit lang auf Knien weiter. Wenn er die Zuhörer zum Altar
ruft, wird seine Stimme zum Befehlston. "Hurry, hurry, hurry", brüllt er in die
Menge. "I give you 60 seconds!" Nochmals tönt das Erdbeben durch den Saal.
Wer darum weiß, wie viele Menschen im Umfeld von Pfingstgemeinden seelisch
instabil sind, kann sich leicht ausrechnen, wie hysterieerzeugend eine solche
Verkündigung wirkt.

Toronto-Phänome und andere Merkwürdigkeiten


In Pensacola begegnen einem auf Schritt und Tritt seltsam anmutende
Erscheinungen. Da ist eine Frau, die sich beim Lobpreis nicht mehr auf den
Beinen halten kann. Zuckend und zusammengerollt liegt sie auf dem Boden.
Zwei Plätze neben mir sinkt eine Kanadierin erschöpft auf die Bank. Als ein
Endzwanziger in sehr auffälligem, torkelndem Gang an mir vorüber schleicht,
erfahre ich: "Das ist der Jugendpastor, der war auch in Toronto!" Draußen
neben der riesigen Warteschlange sehe ich tumultartige Szenen. Eine Gruppe
von Jugendlichen hat die "Lachsalbung" empfangen. In regelrechten
Lachkrämpfen wälzen sich die jungen Leute auf dem geteerten Boden, während
sich um sie herum ein Kreis von Zuschauern gebildet hat, die singen und
klatschen.

Als am Freitagabend ca. 25 Täuflinge durch Untertauchen getauft werden, sind
die Manifestationen am heftigsten. Einige Täuflinge können während ihres
kurzen Zeugnisses nicht aufrecht stehen. Mehrere müssen nach der Taufe
wegen starker Zuckungen von drei bis vier Männern aus dem Taufbecken
getragen werden.

Dazu kommt die Tatsache, daß täglich Menschen nach empfangener
Handauflegung nach hinten umfallen. Wenn zu biblischen Zeiten Gläubige Gott
begegneten, fielen sie immer auf ihr Angesicht. Neben mir sitzt eine
Pastorenfrau aus New Mexico. Sie erzählt mir, daß am Abend zuvor ohne
Handauflegung für sie gebetet wurde. Plötzlich sei sie von einer Kraft zu Boden
geworfen worden.

In weiten Teilen der Christenheit hat man sich inzwischen an solche Phänomene
gewöhnt. Im pfingstlich-charismatischem Umfeld werden sie gar als äußere
Zeichen einer besonderen Geistwirkung gewertet. Fragt man nach der
biblischen Legitimation, so werden die Erscheinungen meistens mit
umstrittenen Bibelstellen des Alten Testaments begründet (z.B. Saul in
Verzückung - 1.Sam.10, etc.). Ich sehe darin schwärmerische Einflüsse, die
nichts mit Gottes Geist zu tun haben. Bemerkenswert ist in diesem
Zusammenhang, daß sowohl Steve Hill als auch Michael Brown ehemalige
Drogensüchtige sind, deren Neigung zu übernatürlichen Phänomenen ja
hinreichend bekannt ist.

Abschließende Beurteilung


Von Pensacola gehen ambivalente Signale aus. Ohne Zweifel ist dort ein
gewisses Wirken Gottes zu verzeichnen. Menschen werden errettet, weil Buße
und Glaube in erstaunlicher Klarheit gepredigt wird. Berücksichtigt man aber
den Nährboden und nimmt man all die fragwürdigen und unbiblischen
Phänomene hinzu, so wird man sehr nachdenklich. Ich persönlich vermag in
Pensacola keine echte, von Gott gewirkte Erweckung zu sehen, selbst wenn
sich das der Veranstalter noch so sehr wünscht. Nach meinem Eindruck hat
man "Revival" herbeigeredet. Der Wunsch war Vater des Gedankens. Es ist mir
fast unerklärlich, wie ein so kluger und begabter Mann wie Wolfram
Kopfermann zu einer solch fatalen Fehleinschätzung kommen konnte (vgl. idea
Spektrum Nr. 9 vom 26.2.97).

Wieviel Erscheinungen geistlicher, psychologischer, seelisch-fleischlicher Natur
sind oder gar von einem falschen Geist herrühren, vermag ich nicht zu sagen.
Gott allein weiß es. Er ist der Herzenskenner. Er wird es zu seiner Zeit offenbar
file:///D:/eigene-dateien/feuermacher/charis/pensacola.htm (7 von 9)04.08.2005 02:39:05
Pensacola - eine echte Erweckung?

machen. Aber bis dahin wird sich der pseudo-charismatische Wallfahrtsrummel
steigern; und damit verknüpft die falsche Sicht, daß man an bestimmten Orten
durch bestimmte Leute schlagartig mehr Vollmacht bekommen könne. Schon
bieten Kopfermann und Bially eine "Erweckungs-Studienreise" zur
Pastorenkonferenz in Pensacola an, wo man via Handauflegung im
Schnellverfahren zum geisterfüllten, kraftstrotzenden Christen avancieren
kann. Auf der Strecke bleiben wird die gesunde biblische Sicht vom
kontinuierlichen Wachstum der Frucht des Geistes durch regelmäßiges
Schriftstudium, Gebet und Bewährung in anvertrauten Aufgaben.

Aber nicht nur das. Offensichtlich versuchen namhafte deutsche Charismatiker
ganz bewußt, einen Zusammenhang zwischen dem Ausbruch der sogenannten
Pfingstbewegung 1906 in der Azusa-Straße von Los Angeles und den
Vorgängen in Pensacola herzustellen. Damals war die "Erweckung" von der
amerikanischen Westküste über Norwegen nach Hamburg und Kassel
gekommen. Gerhard Bially nennt das 7. Kapitel seines Pensacola-Buches Eine
neue "Azusa Street".14 Die ebenfalls von Bially herausgegebene Zeitschrift
Charisma titelte "Vom Feuer erfaßt: Wolfram Kopfermann und die Anskar-
Kirche".15 Auch Walter Heidenreich hat inzwischen die Brownsville-Gemeinde
besucht und ein uneingeschränkt positiven Bericht darüber geschrieben.16

Bei aller Anerkennung der guten Früchte, die in Pensacola zu sehen sind, muß doch
wegen der unbiblischen Vermischung mit eindeutig schwarmgeistigen
Elementen laut und vernehmlich gewarnt werden (2.Tim.3,10-4,8; 1.Petr.4,7).
"Vitaminmangel" in der Gemeinde Jesu?

Eines noch. Ich bin davon überzeugt, daß jedes Aufkommen einer fragwürdigen
oder falschen Strömung auf "Vitaminmangel" in der Gemeinde Jesu
zurückzuführen ist. Was fehlt dem Leib Christi? Fehlt nicht weithin das
Erschrecken vor Gottes Heiligkeit, Buße über Lauheit und Kompromisse mit der
Sünde, klare Abgrenzung zum materialistischen Lebensstil, verbunden mit
inniger Liebe zu Christus? Fehlt nicht weithin ein authentisches Christentum in
der Kraft des Heiligen Geistes? Fehlen nicht geisterfüllte Gläubige und biblisch
ausgerichtete Gemeinden? In christlichen Häusern werden heute teilweise
Dinge akzeptiert, derer sich unsere ungläubigen Großeltern vor zwei
Generationen noch geschämt hätten. Bevor wir den Aufbruch von Pensacola
eilfertig abhaken, sollten wir es als eine Anfrage an unser eigenes geistliches
Leben fsehen und an das geistliche Leben unserer Gemeinden.


Anmerkungen

1.

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vom 28.1.98
2. Zeitschrift "Charisma", Düsseldorf, Nr. 100, S.1-6
3. Conroy, Michael: Why Pensacola, Gemeindeinternes Flugblatt, Brownsville Assembly of
God, Pensacola
4. Assemblies of God – Who we are and what we believe, Gospel Publishing House,
Springfield, Missouri 1983, S. 19-22
5. vgl. Hollenweger, Walter: Enthusiastisches Christentum, Theol. Verlag Brockhaus,
Wupp. 1969, S. 15
6. Conroy, Michael: Why Pensacola, Gemeindeinternes Flugblatt, Pensacola, Florida
7. DAWN Freitags-Fax, Ausgabe 08/97 vom 28.2.97
8. siehe auch im Vorwort zu Dr. M.Brown’s Buch: From Holy Laughter to Holy Fire,
Destiny Image Publishers, Shippensburg, PA 1996
9. Hollenweger, Walter: Enthusiastisches Christentum, Theol. Verlag Brockhaus,
Wuppertal 1969, S. 33
10. Dr. Michael Brown in seinem "Teaching on Revival" am 29.3.97
11. Dr. M.Brown: From Holy Laughter to Holy Fire, Destiny Image Publishers 1996, S. 197-
214
12. Bühne, Wolfgang: Die "Propheten" kommen!, CLV Bielefeld 1994
13. Zeitschrift "factum", CH-Berneck, Nr. 9/97, S.21
14. Bially, Gerhard: Wenn Warten sich lohnt – Erweckung in Pensacola, Asaph Verlag,
Lüdenscheid 1997, S.123ff
15. Zeitschrift "Charisma", Düsseldorf, Nr. 102, S.1-2
16. Heidenreich, Walter: Erweckung in Pensacola, Projektion J, Wiesbaden 1997
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