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Verbraucherschutz im Psychomarkt


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Rolf

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AKTION BILDUNGSINFORMATION e.V.





Dr. Helga Lerchenmüller
(Abteilungsleiterin Recht)[


VERBRAUCHERSCHUTZ IM PSYCHOMARKT:





Die gesetzliche Regelung der Lebensbewältigungshilfe ist
überfällig



In den letzten Jahren ist die Anzahl der gewerblichen Kurs-, Seminar-, Schulungs-, Trainings- und
Beratungsangebote, deren Ziel die Selbsterfahrung, die Verbesserung der Lebensgestaltung oder der
seelischen Befindlichkeit oder die Steigerung der geistig-seelischen Fähigkeiten ist, ständig
angewachsen.
Die Verunsicherung weiter Kreise der Bevölkerung, welche Versprechungen von Anbietern realistisch
sind und welche nicht, wird immer größer. Diese Entwicklung ist auch nicht erstaunlich, wenn man
berücksichtigt, daß heute selbst renommierte Verlage Bücher auf den Markt bringen, in welchen
selbsternannte Heiler und Helfer auch die absurdesten Methoden vorstellen dürfen.

Astrologen »beraten« über Radio- und Fernsehsender.
Jahr für Jahr werden in Stuttgart und an anderen Orten Esoterikmessen veranstaltet, über die die Presse
jeweils in großer Aufmachung und weitgehend unkritisch berichtet.
Wie es scheint, geht die Entwicklung dahin, daß auf dem Esoterikmarkt zunehmend auch Ärzte und
Psychologen, also akademisch vorgebildete Anbieter auftreten. Psychologieprofessoren und die
Deutsche Gesellschaft für Psychologie haben diese Entwicklung schon vor Jahren kritisiert, wobei
insbesondere beanstandet wurde, daß Psychologen auf Methoden wie Rebirthing, Familienaufstellung
nach Hellinger, Hoffman-Quadrinity-Prozeß, Edu-Kinesiologie etc. zurückgreifen.
Die rechtliche Situation der Verbraucher im gesamten Markt der Psychoangebote ist nach wie vor
unbefriedigend.

Wenn auch die Rechtsprechung in den vergangenen Jahren die Position des Verbrauchers durch
verschiedene Entscheidungen zur Aufklärungspflicht und zur Kündbarkeit von Verträgen gestärkt hat, so
genießt der Verbraucher im Psychobereich immer noch nicht den Schutz, der in anderen Marktbereichen
bereits selbstverständlich ist.
So sehen z.B. das Fernunterrichtsschutzgesetz und das Reisevertragsgesetz sowie Gesetze, deren
Bestimmungen inzwischen in das Bürgerliche Gesetzbuch aufgenommen wurden, wie das
Fernabsatzgesetz, das Verbraucherkreditgesetz und das Haustürwiderrufsgesetz bestimmte
Mindeststandards in Bezug auf Verbraucherinformation und Vertragsgestaltung vor.
Es ist dringend erforderlich, derartige Mindeststandards endlich auch im Bereich des Psychomarktes
gesetzlich festzulegen.

Verbessert werden muß der Schutz der Verbraucher gegenüber ausufernden Erfolgsversprechungen und
problematischen Methoden. Wer im Geschäftsverkehr Versprechungen macht, muß für die Erfüllung
dieser Versprechungen auch zivilrechtlich in die Pflicht genommen werden können.
Wer als angeblicher Experte Methoden, die die Persönlichkeit und die Psyche beeinflussen, gegen
Entgelt bei hilfesuchenden Menschen anwendet, muß auch zivilrechtlich die Verantwortung für die
Ungefährlichkeit dieser Methode im Einzelfall übernehmen.

A B I I N F O
ABI INFO vom 8. Juli 2003 Seite 2
Im Jahr 1997 hat der Bundesrat einen Gesetzentwurf zur Regelung der Rechtsbeziehungen zwischen
Anbieterinnen und Anbietern und Hilfesuchenden auf dem Gebiet der gewerblichen
Lebensbewältigungshilfe eingebracht.
Im Juni 1998 hat die Enquete-Kommission »Sogenannte Sekten und Psychogruppen« nach
zweijähriger Arbeit in ihrem Endbericht Handlungsempfehlungen für die Bundesregierung, die u.a. eine
gesetzliche Regelung des Psychomarktes auf der Basis des Gesetzentwurfs des Bundesrates vorsahen,
vorgelegt.
Im Jahr 1998 hat die damalige Bundesregierung in einer Stellungnahme einerseits unterstrichen, daß der
Verbraucherschutz für Kunden des Psychomarktes verbessert werden muß, andererseits gegen den
Gesetzentwurf des Bundesrates u.a. wegen der Sorge, daß das vorgeschlagene Gesetz umgangen werden
könnte, Bedenken angemeldet.
Wegen des Ablaufs der 13. Wahlperiode ist es zu dem Gesetz nicht mehr gekommen.
Im Jahr 2000 haben Abgeordnete versucht, das Gesetzgebungsverfahren durch mehrere parlamentarische
Anfragen wieder in Gang zu bringen.
Ende des Jahres 2002 hat Bayern angekündigt, einen neuen Gesetzentwurf einzubringen.
Aus Verbraucherschutzsicht wäre es wünschenswert, daß auch das Land Baden-Württemberg einen
eigenen Gesetzentwurf einbringt.
Aus Sicht der ABI sollte dieser Gesetzenwurf folgende Regelung unabdingbar vorsehen:
die Schriftform der Verträge,
den Mindestinhalt der Vertragsurkunde:
die genaue Bezeichnung und Anschrift des Veranstalters,
die Angabe eventuell erforderlicher Vorkenntnisse oder Vorbildungsvoraussetzungen des
Teilnehmers,
die genaue Beschreibung der Leistungen und des angestrebten Ziels,
die kurze Beschreibung der angewandten Methode und ihrer theoretischen Grundlage,
die berufliche Qualifikation des Helfers,
die Beschreibung von Art und Anzahl sowie Tag und Uhrzeit von Beginn und Ende der
einzelnen Veranstaltungen,
die Angabe, ob es sich um eine Einzel- oder um eine Gruppenveranstaltung handelt, im
Falle der Gruppenveranstaltung die Angabe der maximalen Teilnehmerzahl,
die Angabe von Betrag, Zahl und Fälligkeit der auf die Vergütung zu entrichtenden
Teilzahlungen,
die Kosten eventuell zusätzlich erforderlicher Arbeitsmittel oder Begleitmaterialien,
die Kündigungsbedingungen,
den Hinweis, ob der Vertragsgegenstand Teil eines Gesamtkonzepts ist und gegebenenfalls
die Angabe des Gesamtpreises des Gesamtkonzepts,
die Verpflichtung zur Aushändigung einer deutlich lesbaren Abschrift der Vertragsurkunde verbunden
mit einer entsprechenden Beweislast für den Veranstalter,
das Verbot, Vorauszahlungen für mehr als einen Monat zu fordern oder anzunehmen,
die jederzeitige fristlose Kündbarkeit der Verträge,
Beweislastumkehr für den Fall eines zeitnahen Gesundheitsschadens des Teilnehmers ,
das Verbot, mit den Begriffen Therapie, Heilbehandlung oder Behandlung für Leistungen zu werben, die
nicht Ausübung der Heilkunde im Sinne des § 1 Heilpraktikergesetz sind.

AKTION BILDUNGSINFORMATION e.V.
Dr. Helga Lerchenmüller
(Abteilungsleiterin Recht)
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