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Hebr. 10: "Sündenbewußtsein" und Gewissen


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Hebräer83

Hebräer83

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„Sündenbewußtsein“ (Hebr 10,2 (rev. Elb)) und Gewissen im Neuen Testament

Das Wort, das an dieser Stelle mit „Bewußtsein“ übersetzt wird, wird fast ausschließlich an seinen anderen Vorkommen als „Gewissen“ übersetzt (rev. Elberfelder). Für den bei WORT+GEIST beliebten Begriff des „Sündenbewußtsein“ wird eine Übersetzung von Hebr 10, 2 in der dort, wie auch in vielen Freikirchen verwendeten Elberfelderübersetzung Pate gestanden haben. In der Lutherübersetzung heißt es dagegen:

„Hätte nicht sonst das Opfern [im Alten Bund] aufgehört, wenn die, die den Gottesdienst ausrichten, ein für allemal rein geworden wären und sich kein Gewissen mehr gemacht hätten über ihre Sünden?“ (Hebr. 10, 2)


Die Frage ist: Müssen wir uns tatsächlich (in jeglicher Hinsicht) kein Gewissen mehr machen?

Daß man auf der WORT+GEIST Bibelschule offenbar kürzlich ebenfalls die Identität von „Bewußtsein“ und „Gewissen“ entdeckt hat, bezeugen die Aussteigerberichte aus Nordhausen in denen es als Reflektion darauf heißt:

"Das Gewissen wird ebenfalls als religiöser Geist dargestellt, den es zu ignorieren und zu bekämpfen gilt! Im Wort Gottes hingegen werden wir ganz klar davor gewarnt, das Gewissen von uns zu stoßen ( 1.Tim.1,19 ). Es ist uns von Gott gegeben, es ist gut und hilft uns auf dem Weg der Wahrheit zu bleiben." (

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)


Sollen wir also auch unser Gewissen ausschalten, weil es uns – im Angesicht des Erlösungswerkes Jesu Christi – zu unrecht immer noch auf unsere Fehler, Lieblosigkeiten etc. hinweist?
Schauen wir uns zuerst einmal an, wie diese Interpretation funktioniert und wie sie letztlich als falsch scheitern muß:

„So laßt uns hinzutreten mit wahrhaftigem Herzen in voller Gewißheit des Glaubens, die Herzen besprengt vom bösen Gewissen und den Leib gewaschen mit reinem Wasser.“ (Hebr 10,22)


Wort+Geist würde hier sicher „vom bösen Bewußtsein“ übersetzen. Man müsse sich von den Dingen trennen, die einem einredeten, daß man vor Gott noch irgendwie falsch, sündig dastehen könne. Wahrscheinlich würde dann auch folgender Satz dahingehend interpretiert, daß Paulus Timotheus dazu aufforderte sich „ein gutes Gewissen zu bewahren“, also sich nicht einreden lasse, Gott würde ihn noch wegen irgendwelcher negativen Dinge belästigen. Man dürfe das „positive Bewußtsein“ niemals von sich stoßen, weil man sonst „im Glauben Schiffbruch“ erlitte:

„Dieses Gebot vertraue ich dir an, Kind Timotheus, nach den vorangegangenen Weissagungen über dich, damit du durch sie den guten Kampf kämpfst, indem du den Glauben bewahrst und ein gutes Gewissen, das einige von sich gestoßen und im Hinblick auf den Glauben Schiffbruch erlitten haben;“ (1. Tim 1,18-19)


Hier jedoch scheitert eine solche Interpretation vom „guten Gewissen/positiven Bewußtsein“ daran, daß Paulus im folgenden zwei Beispiele nennt:

„unter ihnen sind Hymenäus und Alexander, die ich dem Satan übergeben habe, damit sie zurechtgewiesen werden, nicht zu lästern.“ (Vers 20)


Von Hymenäus schreibt Paulus nämlich, daß er von der Wahrheit abgeirrt sei, indem er behauptet habe die Auferstehung (aus den Toten) sei schon geschehen (2. Tim 2, 17-18). Hymenäus hat sein gutes Gewissen durch eine falsche Lehre von sich gestoßen.
Für denjenigen, der einen Einblick in die inneren Kämpfe des Urchristentums, die z.T. bis in die Gegenwart andauern, hat, wird an diesem Fall sogar deutlich, daß Hymenäus` falsche Lehre sogar genau darin bestand die Möglichkeit des Sündigens zu leugnen.
Indem er behauptete, die Auferstehung sei schon geschehen – wie es gnostische Kreise taten (und Esoteriker bis heute tun) – postulierte er die verheißene post-apokalyptische Weltordnung für sofort gültig. Was das alles einschließen würde, kann man bei Paulus nachlesen:

„Wenn aber [nach der Auferstehung] dieses Vergängliche Unvergänglichkeit anziehen und dieses Sterbliche Unsterblichkeit anziehen wird, dann wird das Wort erfüllt werden, das geschrieben steht: «Verschlungen ist der Tod in Sieg.» «Wo ist, o Tod, dein Sieg? Wo ist, o Tod, dein Stachel?» Der Stachel des Todes aber ist die Sünde, die Kraft der Sünde aber das Gesetz.“
(1. Kor 15,54-56).


Für zahlreiche gnostische Strömungen war die „Auferstehung des Geistes“ die „wahre“ Auferstehung. Durch sie werde der negative Leib und seine verdorbenen Begierden überwunden und nur aus diesem – und nicht aus dem göttlichen Funken (dem Geist des Gnostikers) – erwachse Sünde und Tod.
Wenn Hymenäus behauptete, die Auferstehung sei schon geschehen, dann behauptet er mit demselben Wort, daß der Geist-Mensch offenbar geworden sei und dieser seiner Natur entsprechend (= > göttlicher Funke) zur Sünde unfähig und völlig rein von ihr sei.
Paulus verurteilt diese Ansicht, die wahrscheinlich auch Alexander vertreten hat.

Auch in anderen Zusammenhängen schätzt Paulus den Wert des Gewissens hoch, gerade, wo es zum „Sündenbewußtsein wird und uns auf „negative“ Dinge, auf unsere Verfehlungen und Irrtümer aufmerksam macht.
In der Apostelgeschichte des Lukas wird er zitiert mit den Worten:

„Darum übe ich mich auch, allezeit ein Gewissen/Bewußtsein ohne Anstoß zu haben vor Gott und den Menschen.“ (Apg 24, 16).


Wenn es Paulus um ein „Gewissen ohne Anstoß (aproskopos = unanstößig)“ geht, meint er damit nicht, daß er das „Negative“ geradezu automatisch ausblendet, weil er ja überreiche Gnade hat. Im Gegenteil schreibt er zum unanstößig-sein:

„Und um dieses bete ich, daß eure Liebe noch mehr und mehr überreich werde in Erkenntnis und aller Einsicht, damit ihr prüft, worauf es ankommt, damit ihr lauter und unanstößig (aproskopoi) seid auf den Tag Christi, erfüllt mit der Frucht der Gerechtigkeit, die durch Jesus Christus , zur Herrlichkeit und zum Lobpreis Gottes.“ (Philipper 1,9-11)


Die Suche nach richtigem Handeln erfordert gerade für den Christen das Prüfen. Und „unanstößig“ (auch vor seinem Gewissen) kann nur der sein, der dies tut. Ein Gewissen/Bewußtsein, das falsche Dinge nicht mehr sieht ist nicht rein, sondern verblendet.

Von den Heiden, die von Natur aus tun, was das Gesetz von ihnen fordert, denen das Gesetz ins Herz gegeben ist schreibt er:

„Sie beweisen, daß das Werk des Gesetzes in ihren Herzen geschrieben ist, indem ihr Gewissen mit Zeugnis gibt und ihre Gedanken sich untereinander anklagen oder auch entschuldigen –“
(Röm 2,15)


Dies gilt umso mehr von denen, von den Menschen des neuen Bundes, von denen es heißt: „Ich werde mein Gesetz in ihr Inneres legen und werde es auf ihr Herz schreiben.“ (Jer 31,33), und wie Paulus den Korinthern schreibt, daß sie „ein Brief Christi“ sind, „geschrieben nicht auf steinerne Tafeln, sondern auf Tafeln, die fleischerne Herzen sind.“ (2. Kor 3)

Wenn der Hebräerbrief, als dessen Autor gewöhnlich Paulus angenommen wird, vom „reinen Gewissen“ spricht, das uns durch das Blut Jesu verschafft wird, so ist dort überhaupt keine Aussage darüber getroffen, daß wir etwa kein schlechtes Gewissen mehr haben dürften oder könnten; daß das Gewissen jegliche prüfende und uns mahnende Funktion verloren habe, und nur dazu da sei uns als „Christusbewußtsein“ laufend zu bestätigen. Aus diesem Grund richtet sich Johannes ganz klar (in der Wir-Rede von Beginn an) an Kinder Gottes, wenn er schreibt:

„Wenn wir aber im Licht wandeln, wie {er} im Licht ist, haben wir Gemeinschaft miteinander, und das Blut Jesu, seines Sohnes, reinigt uns von jeder Sünde. Wenn wir sagen, daß wir keine Sünde haben, betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns. Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht, daß er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von jeder Ungerechtigkeit. Wenn wir sagen, daß wir nicht gesündigt haben, machen wir ihn zum Lügner, und sein Wort ist nicht in uns. Meine Kinder, ich schreibe euch dies, damit ihr nicht sündigt; und wenn jemand sündigt - wir haben einen Beistand bei dem Vater: Jesus Christus, den Gerechten.“


Um es vielleicht so auszudrücken: Das "große" Sündenbewußtsein untilgbarer und unüberwindlicher Schuld im Alten Bund wird beseitigt. Das "kleine" ist dagegen gerade das Ergebnis der Liebe zu Gott, seinen Geboten und dem Nächsten, durch den Heiligen Geist, der der kritischte ist und uns im Wort Gottes immer wieder auffordert zu prüfen.
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