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Rheinischer Präses Schneider: Tod Jesu war kein Sühneopfer


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#1
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Rheinischer Präses Schneider: Tod Jesu war kein Sühneopfer





23.03.2009


(epd) - Der Tod Jesu am Kreuz war nach Auffassung des Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider, kein Sühneopfer für die Sünden der Menschheit. Jesus sei «nicht im Sinne einer stellvertretenden Übernahme von Strafe» für die Menschen gestorben, sagte der 61-jährige Theologe dem in Düsseldorf erscheinenden evangelischen Magazin «chrismon plus rheinland» (April-Ausgabe).

Gott brauche kein Sühneopfer, «denn es muss ja nicht sein Zorn durch unschuldiges Leiden besänftigt werden». Jesus sei den Weg ans Kreuz freiwillig gegangen: «Das war ein Selbstopfer.» Schneider versteht den Tod Jesu als «Ausdruck dafür, dass Gott in Jesus Christus bis zum bitteren Ende des Lebens ganz Mensch blieb, damit wir Menschen uns auch in unseren Todeserfahrungen von Gott begleitet wissen können».

Die Menschen bräuchten die Botschaft vom Kreuz «als Zeichen für Gottes Liebe und Solidarität, als Symbol für das Mitgehen Gottes mit uns durch den Tod hindurch», sagte der leitende Theologe der rheinischen Kirche, mit 2,9 Millionen Protestanten die zweitgrößte Landeskirche in Deutschland. «Das Kreuz ist der schwere Weg hin zur Auferstehung.»

Kritik äußerte Schneider an Interpretationen des Kreuzestodes, «die sich im Leiden suhlen», wie das etwa im Film «Die Passion Christi» der Fall sei. Das Leiden müsse zwar erduldet werden, aber es habe keinen Wert an sich, betonte der Theologe, der auch dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) angehört: «Das Leiden ist der schwere Weg zum Leben und zur Herrlichkeit.»

Schneider verwies aber auch auf eine rätselhafte, dunkle Seite Gottes. Er wolle «die Interpretation des Kreuzestodes nicht verkürzen und die Spannungen nicht auflösen». Auch in der Bibel gebe es verschiedene Deutungen des Zusammenhangs von Kreuz und Auferstehung. «In diesem Rahmen» seien deshalb auch die rheinischen Pfarrer frei, das Kreuzesgeschehen in ihren Predigten zu interpretieren.

Die Glaubensaussage, der Tod Jesu am Kreuz sei ein Sühneopfer für die Sünden der Menschheit, gehört zum Kern der christlichen Bekenntnisschriften. Die Kritik an dieser Glaubensvorstellung nahm jedoch in der theologischen Forschung in den vergangenen Jahren zu.
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Rheinland: Streit um Rundfunkandachten eskaliert






Burkhard Müller: Ich glaube nicht, dass Jesus für unsere Sünden gestorben ist.


B o n n (idea) – Der Ärger um die Morgenandachten des früheren Bonner Superintendenten und Fernsehpfarrers Burkhard Müller reißt nicht ab. Der evangelische Pfarrer i. R. hatte in sechs Morgenandachten im Westdeutschen Rundfunk den stellvertretenden Tod Jesu für die Sünden der Welt geleugnet.

Daraufhin gingen beim Evangelischen Rundfunkreferat zahlreiche Reaktionen ein, von denen die meisten Müllers Aussagen kritisierte. Mehrere Vertreter aus der rheinischen Kirche wie Hartmut Rahn (Solingen), nebenamtliches Mitglied der Kirchenleitung, und der Vorsitzende der Geistlichen Gemeinde-Erneuerung (GGE) im Rheinland, Pfarrer Eberhard Klein (Ratingen), äußerten sich gegenüber idea kritisch zu den Andachten. Der Bonner Theologieprofessor Ulrich Eibach hat zudem den rheinischen Präses Nikolaus Schneider (Düsseldorf) in einem Brief an die Kirchenleitung um eine Stellungnahme gebeten.

Teile des Schreibens, das idea vorliegt, werden von mehreren namhaften Theologen unterstützt. Eibach wirft Müller vor, seine Bekanntheit als Rundfunkpfarrer benutzt zu haben, „um Morgenandachten zur Verbreitung von Häresien, also zur Destruktion eines zentralen Inhaltes christlichen Glaubens, zu missbrauchen“. Dazu könne die Kirchenleitung nicht schweigen. Würden die Äußerungen ohne Klarstellung hingenommen, so als seien sie möglicherweise mit den Aussagen der Bibel und den Bekenntnisgrundlagen der Kirche vereinbar, müsse man die gottesdienstliche Praxis – vor allem die Abendmahlsliturgie – radikal ändern, so Eibach. Schließlich sei nach Müllers Ansicht der zentralste Inhalt des Abendmahls – der Tod Jesu zur Vergebung der Sünden – eine biblisch unwesentliche und dem modernen Menschen unzumutbare Vorstellung.

Vorwurf: Müller fehlt die Erfurcht

Den Ansprachen Müllers fehle die nötige Ehrfurcht vor dem Geheimnis und Unbegreiflichen der Liebe Gottes zum Sünder. Müller löse dieses Geheimnis auf, ohne den Versuch zu machen, es zu verstehen. Dabei liege alles daran, dass Gott selbst in seinem Sohn Jesus Christus die Folgen der Sünde – den Tod „als der Sünde Sold“ – auf sich nehme. Die Vermutung liege nahe, dass Müller Jesus Christus aber gar nicht als Gottes Sohn, sondern lediglich als einen herausragenden Menschen verstehe und die Sünde und auch das Gericht Gottes über die Sünde nicht ernstnehme. „Herrn Müllers Karikatur der Versöhnungslehre scheint also notwendig gepaart zu sein mit einer Leugnung der Gottessohnschaft Jesu Christi.“ Eibach, der von 1981 bis 2007 Pfarrer und Beauftragter der rheinischen Kirche für Fragen der Ethik in Biologie und Medizin war, fordert in seinem Schreiben eine Antwort des Präses und der Kirchenleitung auf die Frage, ob Müllers Aussagen mit den Bekenntnisgrundlagen der rheinischen Kirche vereinbar sei.

„Wenn die Kirche das (die Aussagen Müllers, Anm. d. Red.) hinnimmt oder gar akzeptiert, hat sie sich von ihren eigenen Grundlagen gelöst und sich damit als Kirche Jesu Christi selbst aufgehoben, im Sinne von aufgelöst“, so Eibach. Zudem seien negative Auswirkungen auf die Ökumene zu bedenken.

Müller: Sühnetod nur eine Möglichkeit von vielen

Müller verteidigte gegenüber idea seine Äußerungen. Er sehe in der Bibel viele Möglichkeiten, wie man den Tod Jesu deuten könne. „Der Sühnegedanke ist nur einer unter vielen, und nicht der wichtigste.“ Es gebe keinen Grund, ihn zum Kern des christlichen Glaubens zu machen. Beispielsweise komme in den vier biblischen Abendmahlstexten der Sühneopfergedanke nur neben anderen Deutungen und dazu schwach begründet vor. Nach Müllers Ansicht erhält der Mensch die Sündenvergebung „durch den Zuspruch der Predigt, durch Beichte und Absolution“. Vor allem geschehe dies aber durch das Abendmahl, „in dem Christus mir vergibt, indem er mir Gemeinschaft gewährt wie damals den Zöllnern und Sündern bei gemeinsamen Mahlzeiten“. Hinsichtlich der Frage der Gottessohnschaft Jesu führt Müller verschiedene Aussagen des Neuen Testamentes an, in denen diese unterschiedlich dargestellt werde.

Sühnetod Thema bei Kirchenleitung

Nach idea-Informationen will sich die Kirchenleitung „in einer ihrer nächsten Sitzungen“ mit der Gesamtthematik des Sühnetodes befassen. Zudem behandelt ein Pfarrkonvent des Kirchenkreises Bonn am 23. März das Thema.

Der Brief von Professor Eibach:

Prof. Dr. theol. Ulrich Eibach
Evangelisch-Theologische Fakultät der Universität Bonn

An den
Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland
Nikolaus Schneider


Sehr geehrter Herr Präses Schneider,
in der Woche vom 08.-14.02.09 hat im WDR Rundfunk der Bonner Pfarrer und Superintendent i.R., Burkhard Müller (bekannt als Fernsehpfarrer, Wort zum Sonntag) die Morgenandachten gehalten. Es handelte sich um „rationalistisch-aufklärerische“ Ansprachen.

Es ging Herrn Pfr. Müller darum, folgende Aussage als dem modernen Menschen nicht mehr zumutbaren „primitiven“ religiösen Mythos zu entlarven: nämlich die Aussage „.. dass Christus gestorben ist für unsere Sünden nach der Schrift“ (so das schon vorpaulinische Bekenntnis, 1:Kor.15,3). Inhaltlich zielten alle Ansprachen auf die Negation dieses Bekenntnisses. Er tat das rhetorisch geschickt, mit der suggestiven Tendenz: Ihr habt gehört (und gelernt), dass den Alten gesagt ist, ich aber sage euch: „Das müsst ihr nicht glauben!“, so als habe er als Fernsehpfarrer zugleich eine lehramtliche Autorität der (aufgeklärten) Kirche, die den aufgeklärten Zeitgenossen von dem Ballast überholter religiöser Mythen zu befreien hat. Das „Ich“ von Herrn Müller war eben nicht nur ein „Ich“ eines normalen Menschen namens Müller. Nur war diese Art der Aufklärung zwar rhetorisch geschickt und eingängig, inhaltlich aber ziemlich niveaulos.

Scheinbar biblisch begründet, tatsächlich aber naiv rationalistisch wurde in allen Ansprachen die Absicht verfolgt, diese zentrale Aussage des biblischen Glaubens in die Nähe eines dem modernen Menschen unzumutbaren Aberglaubens zu stellen, ja fast lächerlich zu machen. Bei einer Ansprache wurde vorweg der Choral „ Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld…“ gesungen. Die nachfolgenden Worte von Herrn Müller stellten auch ohne ausdrückliche Bezugnahme auf das Lied eine Verhöhnung seines Inhalts dar, selbst wenn Herr Müller von der Auswahl des Liedes nichts gewusst haben sollte. Sollte er davon gewusst haben, dann ist es um so schlimmer, denn dann hätte er dieses Lied Paul Gerhardts geradezu als Beweis des Aberglaubens, als Negativfolie missbraucht, um seine aufklärerischen Gedanken um so mehr leuchten zu lassen.

An einem Tag wurde aus dem Tatbestand, dass Jesus im „Gleichnis vom verlorenen Sohn“ nicht davon spricht, dass er für die Sünden der Menschen sterben muss, geschlossen, dass Vergebung der Sünden nichts mit dem Tod Jesu zu tun hat. An einem anderen Tag aus dem Tatbestand, dass Jesus schon vor seinem Tod den Menschen die Sünden vergeben hat, dieselbe Schlussfolgerung gezogen, so als hätte es nicht schon in der Heiligen Schrift und erst recht in der Theologiegeschichte genügend Reflexionen über die zeitübergreifende Bedeutung des Todes Jesu und seine universale Heilsbedeutung gegeben (vgl. 2.Kor.5,14 ff.; Röm 3,24 ff., 4,25; 1.Joh. 2,2 u.ö.).

Bei einer anderen Ansprache wurde aus dem Fehlen von Hinweisen auf den stellvertretenden Tod Jesu Christi in den Berichten der Evangelisten über die Kreuzigung gefolgert, die Evangelisten hätten seinen Tod nicht als solchen verstanden. Kein Wort wurde darüber verloren, dass bei allen Evangelisten wahrscheinlich Jesaja 53 maßgeblicher alttestamentlicher Text für die Deutung des Todes Jesu ist (vgl. 1.Kor.15,3 „nach der Schrift“), noch dass bei Johannes das ganze Leben und der Tod Jesu unter dem Vorzeichen von Joh 1,29 steht („Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt!“), und dass bei Markus und Matthäus die Passionsgeschichte unter dem Vorzeichen steht, dass der „Menschensohn gekommen ist, um sein Leben zu geben als Lösegeld für viele“ (Mk 10,45; Mt 26,28) und dass für alle Synoptiker die Abendmahlstexte von grundlegender Bedeutung sind.

Offenbar wurde aus der Tatsache, dass nur in den Einsetzungsworten nach Matthäus 26,28 ausdrücklich „vergossen … zur Vergebung der Sünden“ steht, geschlossen, dies sei bei Markus, Lukas (wo gute Textzeugen es sehr wohl anführen), Paulus nicht gemeint. Dem steht bei Paulus aber die schon ihm überlieferte frühe Bekenntnisaussage in Kor.15,3 entgegen. In wieder einer anderen Ansprache wurde behauptet, wenn der Tod Jesu „ein Tod für die Sünden der Menschen“ sei, dann sei er ein Menschenopfer für einen rachsüchtigen und zornigen Gott, der dadurch besänftigt werden müsse. Das AT habe aber Menschenopfer abgelehnt, deshalb könne der Tod Jesu nicht Sühnecharakter haben. Es fehlte jede Andeutung auf Jesaja 53 und damit darauf, dass die „Sünde der Welt“ das Leiden und den Tod des Gottesknechts bewirkt hat und nicht Gott der Opfernde ist.

In einer anderen Ansprache wurde Anselm von Canterbury als wahrer Urheber des angeblich unchristlichen Mythos, dass Christus für die Sünden der Welt gestorben ist, vorgestellt und seine – sicher nicht unproblematische – juridische Satisfaktionslehre völlig karikierend, ja falsch darstellt und der große mittelalterliche Theologe, dem es um ein Verstehen des Glaubens ging („Fides quaerens intellectum“), lächerlich gemacht.

Mir ist bewusst, dass die Versöhnungslehre, vor allem die Lehre von Christus als „Sühnopfer“, insbesondere seit der Aufklärung und der liberalen neuprotestantischen Theologie im 19.Jh. in der Nachfolge I. Kants (der die in der Stellvertretung Jesu Christi gründende Rechtfertigungslehre grundsätzlich als die Sittlichkeit untergrabende Lehren ablehnte) umstritten und auch biblisch-theologisch Gegenstand der Diskussion ist und von einigen derzeit „verabschiedet“ wird (z.. K.P. Jörns). Sie ist im Neuen Testament prägnant in 1. Joh. 4,10 formu-liert: „Darin besteht die Liebe (Gottes): nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt hat und gesandt seinen Sohn zur Versöhnung (genau: Sühnopfer) für unsere Sünden.“ (letzte Revision des Luthertextes ersetzte „Sühnopfer“ (hilasterion) durch „Versöhnung“). Ganz unabhängig von der speziellen Ausprägung der Versöhnungslehre in der „Sühnopfertheologie“(vgl. Röm 3,25; Hebr 9 f.), ist die Aussage, dass Christus für unsere Sünden (die Sünden der vielen = der Welt) gestorben ist, der Mittelpunkt des christlichen und nicht zuletzt des reformatorischen Glaubens.

Die Aussage kann in der Bibel in verschiedenen Bildern bzw. Metaphern ausgesagt werden (vgl. z.B. K. Berger, Wozu ist Jesus am Kreuz gestorben), nicht nur in der Sühnopfervorstellung, sondern auch in der „Lösegeld-Metapher“ (Auslösung von Sklaven, Mk 10, 45; Mt 26,28) oder der Gerichts-Metapher (Jesus Christus trägt die „Strafe“ und das „Gericht“ für unsere Sünde, Jes.53,4 f.) und in Analogie zum Märtyrertod (Joh 15,13). All diesen Bildern bzw. Metaphern gemeinsam ist das „gestorben für die Sünde(n) Welt“, also der Stellvertretungsgedanke, der stellvertretende Tod als der „Sünde Sold“ (Röm.6,23). Martin Luthers Kreuzestheologie und Rechtfertigungslehre (sola gratia, propter Christum, per fidem) ist ohne das „gestorben für die Sünden der Welt“ (propter Christum) überhaupt nicht denkbar.

Nirgends im NT wird aber gesagt, dass der Tod Jesu die Darbringung eines „Menschenopfers“ für einen rachsüchtigen oder in „seiner Ehre gekränkten Gott“ ist. Dies so in einer „Andacht“ zu behaupten, ist unglaublich, beruht entweder auf mangelnder Bildung oder ist bewusst verzerrend. Selbst in 1.Joh.4,10 (auch Hebr.9 f.) ist das „Sühnopfer des Sohnes Got-tes“ Ausdruck der Liebe Gottes. Erst recht wird dies vom Apostel Paulus 2.Kor.5,20 („Gott war in Christus..“) und Römer 8,8 ff., 32 f. u.ö. deutlich gesagt. Es ist nicht ein Mensch, sondern der „Sohn Gottes“ (ich erspare mir hier die späteren christologischen Erörterungen in der Zwei-Naturen-Lehre darüber, welche Natur Christi am Kreuz gelitten hat, denn biblisch ist es der „Sohn Gottes“ in den beiden Naturen), der den Tod erleidet, und zwar nicht durch Gott, sondern durch die Menschen, durch ihre Sünde, ihren Widerstand gegen Gott.

Der Tod des Sohnes Gottes ist Ausdruck der Liebe und Bundestreue Gottes zu den Menschen, die sich gegen den tödlichen Widerstand der Menschen gegen Gott bis zum Tod bewährt (Phil 2,8). Damit wird offenbar, dass der Tod die Sichtbarkeit des Wesens der Sünde, der Tod „der Sünde Sold“ (Röm 6, 23, vgl. 1 Kor 15,56) ist, dass die Sünde in sich schon Zerstörung der Leben gewährenden Beziehungen des Menschen zu Gott, zum Mitmenschen, zur Umwelt und zu sich selbst ist, die Sünde also das von Gott geschenkte Leben auf diesen Ebenen schädigt und letztlich zerstört und so den Tod gebiert und immer wissentlich oder unwissentlich zutiefst gegen Gott gerichtet ist. Die Sünde hat ihren Kern – wie Luther (Disp. c. scholasticum Th. 17; vgl. Römer 5, 8-11) sagte – im „Nicht wollen. dass Gott Gott ist“, im Wollen des Menschen, dass er autonom, ja sein eigener Gott ist.

Die Tiefe der Sünde – als Verletzung, ja Zerstörung der von Gott gewollten heilsamen, Leben schaffenden Lebensordnungen – auf dem Hintergrund der Heiligkeit und Barmherzigkeit Gottes zugleich darzustellen, war auch wesentliches Anliegen des von Herrn Müller herablassend und völlig verzerrt dargestellten Anselm von Canterbury. Wenn sich Gottes Liebe gegen die Sünde des Menschen bis zum Tod durchhält, sich im Leiden an der Bosheit, dem Widerstand und der Ablehnung durch die Menschen bewährt, so besagt das, dass die Sünde in ihrem wahren Wesen nur durch das Leiden aus Liebe bis zum Tod überwunden wird, und nicht durch Macht.

Hier liegt nun aber alles daran, dass es Gott selbst ist, der im Leiden seines Sohnes leidet, und dass der Sohn Gottes so nicht nur an der Sünde der Welt, sondern stellvertretend für die Sünden der Welt gestorben ist (vgl. Hebr.9 f.). Dies ist, wie man in der Alten Kirche erkannt hat, nur im Rahmen einer Lehre vom „Dreieinigen Gott“ (Trinitätslehre) aussagbar. Wenn Paulus (Röm 4,25; 8,32) davon spricht, dass der Sohn „um unserer Sünden willen dahingegeben“ wurde (vgl. Joh 3,16), so meint dies weniger ein aktives Handeln Gottes als vielmehr ein „Ausgesetzt- und Ausgeliefertsein“ an die Sünde der Welt, dass sich Gott also in seinem Sohn der Sünde so aussetzt, dass ihr wahres, gegen Gott gerichtetes Wesen an Gottes Sohn und damit auch an ihm selbst sich im Tod des Sohnes vollendet. K. Barth fasste diese Paradoxie in die Formel:

Der Richter als der Gerichtete. Gott selbst trägt in seinem Sohn das Gericht und den Tod: Der Hohe Priester als der Geopferte (Hebr.9 f), oder in der Gerichtsmetapher gesprochen: „Der Richter als der Gerichtete“. Friedrich. Nietzsche, der wie wenige liberale Theologen seiner Zeit dies begriffen hat, sprach von einer „schauerlichen Paradoxie des Kreuzes“ und setzte „Dionysos“, den Übermenschen, der keine Sünde und keinen Gott mehr kennt, vor dem er sein Leben zu verantworten hat, dem Gekreuzigten entgegen. An ein „Menschenopfer“, das Gott sich hier selbst darbringt, ist dabei doch wohl nicht ernsthaft gedacht, wenn Gott sich selbst so erniedrigt bis in den Kreuzestod (Phil 2,8). Dies zu behaupten, zeigt sehr mangelhafte theologische Bildung oder tendenziös bewusste Verdrehung der biblischen Aussagen.

„Christe Du Lamm Gottes, der du trägst die Sünde der Welt!“ Das „Geheimnis des Glaubens“, dass Gott sich selbst in seinem Sohn aus Liebe zum Sünder dem Tod durch Menschenhand ausgeliefert hat (Röm 5, 10 „als wir noch Feinde Gottes waren“), ist und bleibt ein Geheimnis, dass wir rational nie ganz verstehen können, weil wir die Liebe Gottes nicht be-greifen („Ärgernis“ und „Torheit des Kreuzes“, 1.Kor.1,18 ff.), sondern nur im Glauben empfangen können. Dieses Mysterium mag in die Nähe des Mythos zu stehen kommen, doch enthält es selbst dann mehr Wahrheit als die Rationalität derer, die das Mysterium oder den Mythos rational auflösen wollen (vgl. H. Hübner).

Eben dieses Geheimnis feiern wir im Abendmahl, und wenn es uns dort nicht mehr als unbegreifliches Geheimnis begegnet und geschenkt wird, sondern durch unsere Ratio begriffen werden soll, dann ist es nicht mehr Gott und Gottes unbegreifliche Liebe bis in den stellvertretenden Tod, die uns im Abendmahl begegnet. Wer den juridischen Rationalismus des Anselm von Canterbury mit der dürftigen Rationalität des Zeitgeistes angreift, aber dabei weit hinter dem Niveau eines Anselm („Fides quaerens intellectum“) zurück bleibt, folgt – mit B. Pascal gesprochen – bestenfalls dem Gott der Philosophen, aber nicht Gott, dem Vater Jesu Christi, leistet keinen Beitrag zum Verstehen dieses Geheimnisses des Glaubens, denn er eliminiert – viel mehr als Anselm es mit seiner juridischen Rationalität tut – das Geheimnis, er verfällt dem Reduktionismus des Zeitgeistes, der das Geheimnis auflöst und damit die Sache eliminiert und dies dann als Verstehen des Geheimnisses ausgibt. Aber was ich rational eliminiere, ist weder erklärt noch erst recht nicht verstanden, sondern eben nur beseitigt. Und über das, was ich rational beseitigt habe, brauche ich mir dann auch keine Gedanken mehr zu machen.

Hätte man der von Pfr. Müller zitierten Frau, die Probleme damit hatte, dass Jesus Christus für die Sünde der Welt gestorben ist, nicht statt zu ihr zu sagen: „Das müssen Sie auch nicht glauben!“, vielmehr zu einem Verstehen des Geheimnisses in den Grenzen des Verstehens verhelfen sollen? Aber vielleicht ist das ja auch gar nicht mehr möglich, wenn man es schon für sich rational beseitigt hat! Die „Torheit“ und das „Ärgernis“ des Kreuzes Christi (1.Kor 1,23) zu eliminieren, kann weder für den Zweifler noch für den Agnostiker eine hilfreiche, den Zugang zum Glauben erschließende Antwort sein. Sie ist zudem unredlich, was der zitierte Philosoph Fr. Nietzsche genau wusste. Jedenfalls fehlt den Ansprachen von Pfr. Müller die nötige Ehrfurcht vor diesem Geheimnis (das nicht mit einem lösbaren „Rätsel“ zu verwechseln ist), dem Unbegreiflichen der Liebe Gottes zum Sünder.

Auch spürt man ihnen nicht ab, dass er mit diesem Unbegreiflichen ringt, dass er Anfechtungen des Glaubens und intellektuelle Zweifel hat, sondern sie strahlen „aufgeklärtes Denken“ und Sicherheit aus, die weiß, dass es sich hier um eine überholte Vorstellung einer „mythischen Weltanschauung“ oder gar um Aberglaube handelt, und die in dieser Sicherheit andere belehrt, dass sie das nicht mehr glauben müssen, auch wenn Herr Müller selbst voraussagt, dass dagegen bald die durch eine schlimme Tradition „dressierten Kavalleriepferde“ lospreschen werden, die auf das „Hornsignal“ des hergebrachten Bekenntnisses hin sogleich Stellung beziehen und „Irrlehre!!“ rufen werden.

Welche Absicht verfolgte Pfr. Müller, wenn er den stellvertretenden Tod Christi (vgl. Jes. 53) in die Nähe eines Menschenopfers stellte? Die Vermutung liegt natürlich nahe, dass Herr Müller Jesus Christus gar nicht als „Gottes Sohn“ („Gott war in Christus“, 2.Kor. 5,20); sondern nur als herausragenden Menschen und Lehrer liberaler Art versteht und damit den Tod Jesu Christi gar nicht als Ausdruck der sich im Leiden offenbarenden Liebe Gottes verstehen kann (wie es später die kirchliche Christologie und Trinitätslehre entfaltete). Herrn Müllers Karikatur der Versöhnungslehre scheint also notwendig gepaart zu sein mit einer Leugnung der Gottessohnschaft Jesu Christi. Dem entspricht wahrscheinlich auch eine Vorstellung vom „lieben und allgütigen Gott“, der „ja dafür da ist“, dass er Sünden vergibt, also eine Vorstellung vom „lieben Vatergott“ (Marcion, Neuprotestantismus), der der Heiligkeit (die ja nichts mit Grausamkeit und Rachsüchtigkeit zu tun hat, auch wenn sie den Zorn nicht ausschließt) entbehrt (Jes 6) und der erst recht nicht an der Sünde der Menschheit leiden kann (vgl. Jesaja 43,24; 53,5).

Damit verbunden ist wahrscheinlich bei Herrn Müller ein primär moralisches Verständnis von Sünde und kein theologisches (Sünde als Widerspruch gegen Gott). Wenigstens hat er sich in keiner Ansprache bemüht, das Verständnis von Sünde wenigstens einmal in Ansätzen zu erörtern.

Aber selbst die Tiefe der moralischen Sünde scheint ihm wenig zugängig zu sein. Sie wird nicht nur im Kollektiven, in Ausschwitz, Archipel Gulag, in Ruanda, im Kosovo, in der Weltfinanzkrise u.a., sondern auch im individuellen Leben, in dem Missbrauch von Kindern und vielem anderem offenbar, wie mich eine 30-jährige Erfahrung in der Seelsorge in der psychiatrischen Uniklinik gelehrt hat. Hier kann man erfahren, wie Sünde Menschenleben zerstört, den „seelischen Tod“ gebiert, der Tod der „Sünde Sold“ ist. Wenn Gott nicht auch Richter ist, wenn es kein Gericht Gottes gibt, wenn die Sünde ungesühnt bleibt, dann müssten ich und viele andere, die in diesen Bereichen tätig sind, und vor allem die Opfer der körperlichen wie seelischen Tod bewirkenden Sünde an Gott irre werden.

Auf einen solchen Gott, der dies ungesühnt lässt (das hat auch der Philosoph I. Kant gewusst), kann ich – mit Anselm von Canterbury – wenigstens verzichten. Vergebung ohne Geständnis und Gericht und ohne Sühne ist billige Gnade (D. Bonhoeffer), ist Beleidigung der Opfer der Sünde. Wenn es dennoch vor Gott auch „Gnade für Adolf Eichmann“ gibt (H. Gollwitzer), so doch nur, weil Christus auch stellvertretend für ihn gestorben ist. „Der Richter als der Gerichtete!“. Gott ist Liebe (1.Joh.16), nicht ohne, sondern vor allem im stellvertretend erlittenen Gericht. Das Gericht macht die Folgen des Bösen sichtbar, das und den Christus in seinem stellvertretenden Tod und in seiner Auferweckung durch Gott besiegt hat (vgl.1 Joh 3,8; Röm 4,25; 1 Kor 15, 55ff.).

Ich bin nicht Eichmann, sondern Ulrich Eibach, aber habe ich es deshalb weniger nötig, dass Christus meine Sünde und Gottlosigkeit trägt? Ist er nicht auch an meinen Sünden und meinem Unglauben und Widerstand gegen Gott für mich gestorben? Und bin ich nicht auch als „Ich“ unlöslich hinverwoben in die Strukturen der Sünde und Gottlosigkeit der Welt, eine transindividuelle und transmoralische Dimension der Sünde und des Bösen (Ur-sünde und Erbsünde)? Aber vielleicht hat Pfr. Müller zu derart antiquierten Begriffen wie Sünde, Erbsünde, Gericht wie zur „Sühne“ auch keinen Zugang mehr. „Der ,liebe Gott’ wird’s schon richten“ (im Sinne von zurechtbiegen ohne Gericht)!

Welche Folgerungen will die „Ev. Kirche im Rheinland“ aus diesen Ansprachen ziehen?

Es ist davon auszugehen, dass die Destruktion eines zentralen Inhalts des biblisch-reformatorischen und allgemeinchristlichen Glaubens von Herrn Müller gewollt und rhetorisch geschickt inszeniert wurde. Es handelte sich nicht um eine akademische Disputation, sondern um sogenannte „Morgenandachten“. Herr Müller hat seine Bekanntheit als Fernseh- und Rundfunkpfarrer dazu benützt, um Morgenandachten zur Verbreitung von Häresien (Irrlehren) zu missbrauchen. Dieser Tatbestand kann nicht mit dem Argument hinweggewischt werden, dass er damit doch den christlichen Glauben den „Gebildeten (oder wem auch immer sonst) unter seinen Verächtern“ schmackhaft machen wollte. Dabei missbrauchte Herr Müller einzelne Abschnitte der Bibel, um eine sehr zentrale Aussage des NT’s als Aberglau-be abzutun. Dazu kann die Kirchenleitung nicht schweigen.

Es bedarf der Klärung, in welchem Namen Herr Müller das Medium Rundfunk für seine Ansichten gebraucht (nach den Andachten wurde jeweils darauf verwiesen, dass es sich um einen „Beitrag der Evangelischen Kirche“ handelt), ob er hier als Privatmann spricht oder als ordinierter Pfarrer der EKiR, der im Auftrag der Kirche spricht, und ob seine Aussagen mit denen der Heiligen Schrift und den Bekenntnissen der Kirche übereinstimmen.

Die Leitung der Kirche sollte sich bewusst sein, dass es sich hier nicht um einen peripheren Glaubensinhalt handelt, sondern um ein Zentrum der Glaubenslehre, das – wie ich andeutete – fast alle anderen Glaubensaussagen berührt (Christologie, Gotteslehre, Trinitätsleh-re, Sündenlehre, Rechtfertigungs- und Versöhnungslehre, Abendmahlslehre). Würden die Aussagen von Herrn Müller von unserer Kirche stillschweigend und ohne Klarstellung hingenommen, so als seien sie womöglich mit der Heiligen Schrift und den Bekenntnisgrundlagen der Kirche vereinbar, so ist die gottesdienstliche Praxis, z.B. die Liturgie, vor allem die Abendmahlsliturgie, radikal zu ändern, wenn nicht gar das Abendmahl ganz zu unterlassen, weil der zentralste Inhalt des Abendmahls („der neue Bund in meinen Blut, das vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden“) nach Herrn Müllers Ansicht ein „mythologisches Überbleibsel“ vergangener Zeiten ist, das für die heutige Kirche keine verbindliche Aussage mehr beinhaltet. Eine Billigung dieser Auffassung würde nicht ohne Auswirkungen auf die Ökumene der Kirchen bleiben. Eine „protestantische Profilierung“ in dieser Glaubensfrage in eine liberale Richtung dürfte daher wohl doch nicht ernsthaft erwogen werden.

Einen Pluralismus nach dem Motto „Anything goes“, der auch zentralste Aussagen des christlichen Glaubens in Frage stellt, ja sachlich als „primitiven (Aber-)Glauben“ abtut, kann ich jedenfalls mit den Bekenntnisgrundlagen unserer Kirche nicht vereinbar halten. Wenn die Kirche das hinnimmt oder gar akzeptiert, hat sie sich von ihren eigenen Grundlagen gelöst und sich damit als Kirche Jesu Christi selbst aufgehoben, im Sinne von aufgelöst.

Ich bitte daher die Leitung der „Evangelischen Kirche im Rheinland“ (=EKiR) folgende Fragen zu klären:
1. Redet Herr Pfr. i.R. Müller im Fernsehen und Rundfunk als Privatmann, der seine privaten, auch den Bekenntnissen der Kirche widersprechenden Ansichten vertreten darf, oder im Auftrag der Kirche?
2. Sind nach Ansicht der Leitung der EKiR die Inhalte der Ansprachen von Pfr.i.R. B. Müller mit den Bekenntnisaussagen und Lehren der EKiR vereinbar?
3. Wie gedenkt die Leitung der EKiR sich mit den Aussagen des Herrn Pfr. Müller auseinanderzusetzen und – wenn sie mit Schrift und Bekenntnis nicht vereinbar sind – sich von den Aussagen zu distanzieren?

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Hoffnungsstrahl

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EKD-Einrichtung schaltet sich in Debatte um Deutung des Kreuzestods ein. Foto: Pixelio/Stihl024
B e r l i n (idea) – Warum starb Jesus am Kreuz? Um diese Frage ist im Vorfeld des Karfreitags eine heftige Kontroverse entbrannt. Auslöser waren Hörfunkandachten des ehemaligen Bonner Superintendenten Burkhard Müller, der nicht glaubt, „dass Jesus für unsere Sünden gestorben ist“. Jetzt hat sich auch die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW/Berlin), eine Einrichtung der EKD, in die Debatte eingeschaltet.

Im Materialdienst für den April wendet sich der badische Oberkirchenrat Michael Nüchtern (Karlsruhe) dagegen, vom Sühnopfer Jesu Christi Abschied zu nehmen. Er widerspricht damit insbesondere dem emeritierten evangelischen Theologieprofessor Klaus-Peter Jörns (Berg/Starnberger See), der einen radikalen Abschied von einer Sühneopfertheologie und -liturgie mit ihren blutigen Bildern „Lamm Gottes“, „Leib“ und „Blut, vergossen für uns“ fordere. Blutige Gewalt dürfe nicht länger als gut und lebensnotwendig verklärt werden, so Jörns. Nüchtern schreibt dazu im EZW-Materialdienst: „Als einzelner Christ kann und darf ich nicht nur Schwierigkeiten mit einzelnen Symbolen – zum Beispiel der Opfermetaphorik – haben, sondern auch gegebenenfalls in meiner persönlichen Frömmigkeit darauf verzichten.“ Etwas ganz anderes sei die Frage, ob die Kirche selbst als Bewahrerin der christlichen Traditionen und Bilder diese Metaphorik ausscheiden dürfe. „Es offenbart einen autoritären Geist, wenn man die eigene Privatfrömmigkeit zum Gesetz für die Überlieferung der Kirche machen will“, so der Theologe.

Gott opfert sich selbst
Nach seinen Worten führen der mit Opferkategorien gedeutete Tod und die Auferstehung Christi zum Ende blutiger und kultischer Opfer im Christentum. So werde die Opferlogik aufgehoben: „Denn Gott ‚opfert’ sich selbst. Er identifiziert sich mit dem Hingerichteten und macht sich selbst so zum Opfer.“ Wenn man der Opfermetaphorik den Abschied gebe, werde etwa „die starke Berührtheit Gottes von menschlichem Bösen und menschlicher Schuld undeutlich“. Gott gebe sich in der Passion „als der Liebende und der dieses Böse nicht Wollende zu erkennen“. Im Blick auf den Kreuzestod Jesu schreibt Nüchtern: „Gott ist am Ort des Schreckens präsent, er erleidet ihn und macht ihn gleichzeitig als etwas offenbar, was nicht sein soll. Ein Vergeben menschlicher Schuld ohne die Anschauung und Darstellung ihrer brutalen und grausamen Wirkungen könnte als ein nicht Ernstnehmen der Opfer erfahren werden.“

Opfermetaphorik auch in Kunst und Werbung
Nüchtern zufolge wird im Abendmahl die bleibende Macht der Sünde und des Bösen erkannt und bekannt sowie die bleibende Angewiesenheit auf das rettende Handeln Gottes. Abschließend kommt der Oberkirchenrat zu dem Ergebnis, dass sich bei aller Fremdheit die säkulare Moderne von der Opfer- und Blutmetaphorik des christlichen Rituals immer auch angezogen fühle. Sie habe die Kraft der Opfervorstellung gerade jenseits der Gewaltverherrlichung für sich genutzt, etwa in der Kunst und der Werbung. Nüchtern: „Es wäre fahrlässig, durch den ‚Abschied vom Sühnopfer’ den religiösen Bezugspunkt preiszugeben und dem Dialog von Christentum und Kultur den Boden zu entziehen.“
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Morgenrot

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Hebräer83

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Endlich mal ein klares Wort. Die EZW sollte ruhig mal öfter die verabsolutierten Privatmeinungen einiger Superintendenten a.D. im Lichte christlicher Lehre auf's Korn nehmen.
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