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Wie kommt eine Freikirche in die Oekumene


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Rolf

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Wie kommt eine Freikirche in die Oekumene


Eine gute Frage. Man braucht mindestens einen Gaststatus in der ACK (Arbeitsgemeinschaft der christlichen Kirchen in Deutschland). Auf einer Pastorentagung des BFP (Regionaltagung Schleswig - Holstein) hörte ich, dass die dorthin Delegierten sehr positiv von einem Treffen der ACK in Kiel sprachen. Man wäre sehr gut aufgenommen worden, hätte Rederecht erhalten und man müsse sich zu nichts verpflichten. Lediglich die "Carta Oecumenica) sei zu unterzeichnen?

Was ist Eure Meinung: Sollte man ein solches Papier unterzeichnen und damit den Inhalt für die eigene Ortsgemeinde verbindlich anerkennen?



Charta Oecumenica,

Der "Rat der Europäischen Bischofskonferenzen" (CCEE) und die "Konferenz Europäischer Kirchen"
(KEK) haben ein gemeinsames Dokument mit dem Titel "Charta Oecumenica" vorgelegt. Die
Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) dokumentiert den in Straßburg beim "Millenniumstreffen"
der Kirchen veröffentlichten Text in der offiziellen deutschen Übersetzung:
Als Konferenz Europäischer Kirchen und als Rat der Europäischen Bischofskonferenzen sind wir im
Geist der Botschaft der beiden Europäischen Ökumenischen Versammlungen von Basel 1989 und von
Graz 1997 fest entschlossen, die unter uns gewachsene Gemeinschaft zu bewahren und
fortzuentwickeln. Wir danken unserem Dreieinigen Gott, dass er durch seinen Heiligen Geist unsere
Schritte zu einer immer intensiveren Gemeinschaft führt.

Vielfältige Formen der ökumenischen Zusammenarbeit haben sich bereits bewährt.
In Treue zu dem Gebet Christi: "Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, sollen
auch sie eins sein, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast" (Johannes 17,21), dürfen wir
jedoch bei dem jetzigen Zustand nicht stehen bleiben.
Im Bewusstsein unserer Schuld und zur Umkehr bereit müssen wir uns bemühen, die unter uns noch
bestehenden Spaltungen zu überwinden, damit wir gemeinsam die Botschaft des Evangeliums unter
den Völkern glaubwürdig verkündigen.

Im gemeinsamen Hören auf Gottes Wort in der Heiligen Schrift und herausgefordert zum Bekenntnis
unseres gemeinsamen Glaubens sowie im gemeinsamen Handeln gemäß der erkannten Wahrheit
wollen wir Zeugnis geben von der Liebe und Hoffnung für alle Menschen.
Auf unserem europäischen Kontinent zwischen Atlantik und Ural, zwischen Nordkap und Mittelmeer,
der heute mehr denn je durch eine plurale Kultur geprägt wird, wollen wir mit dem Evangelium für die
Würde der menschlichen Person als Gottes Ebenbild eintreten und als Kirchen gemeinsam dazu
beitragen, Völker und Kulturen zu versöhnen. In diesem Sinn nehmen wir diese Charta als
gemeinsame Verpflichtung zum Dialog und zur Zusammenarbeit an.

Sie beschreibt grundlegende ökumenische Aufgaben und leitet daraus eine Reihe von Leitlinien und
Verpflichtungen ab. Sie soll auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens eine ökumenische Kultur des
Dialogs und der Zusammenarbeit fördern und dafür einen verbindlichen Maßstab schaffen. Sie hat
jedoch keinen lehramtlich-dogmatischen oder kirchenrechtlich-gesetzlichen Charakter.
Ihre Verbindlichkeit besteht vielmehr in der Selbstverpflichtung der europäischen Kirchen und
ökumenischen Organisationen. Diese können für ihren Bereich auf der Grundlage dieses Basistextes
eigene Zusätze und gemeinsame Perspektiven formulieren, die sich konkret mit ihren besonderen
Herausforderungen und den sich daraus ergebenden Verpflichtungen befassen.

I. Wir glauben an "die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche"

"Bemüht euch, die Einheit des Geistes zu bewahren durch den Frieden, der euch zusammenhält. Ein
Leib und ein Geist, wie euch durch eure Berufung auch eine gemeinsame Hoffnung gegeben ist; ein
Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der über allem und durch alles und in allem ist"
(Epheser 4,3-6)

1. Gemeinsam zur Einheit im Glauben berufen

Mit dem Evangelium Jesu Christi, wie es in der Heiligen Schrift bezeugt wird und im Ökumenischen
Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel (381) zum Ausdruck kommt, glauben wir an den
Dreieinigen Gott: den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist. Weil wir mit unserem Credo "die eine,
heilige, katholische und apostolische Kirche" bekennen, besteht unsere unerlässliche ökumenische
Aufgabe darin, diese Einheit, die immer Gottes Gabe ist, sichtbar werden zu lassen.

Noch verhindern wesentliche Unterschiede im Glauben die sichtbare Einheit. Es gibt verschiedene
Auffassungen, vor allem von der Kirche und ihrer Einheit, von den Sakramenten und den Ämtern.
Damit dürfen wir uns nicht abfinden. Jesus Christus hat uns am Kreuz seine Liebe und das Geheimnis
der Versöhnung geoffenbart; in seiner Nachfolge wollen wir alles uns Mögliche tun, die noch
bestehenden kirchentrennenden Probleme und Hindernisse zu überwinden.

Wir verpflichten uns, der apostolischen Mahnung des Epheserbriefes zu folgen und uns beharrlich um ein gemeinsames Verständnis der Heilsbotschaft Christi im Evangelium zu bemühen; in der Kraft des
Heiligen Geistes auf die sichtbare Einheit der Kirche Jesu Christi in dem einen Glauben hinzuwirken,
die ihren Ausdruck in der gegenseitig anerkannten Taufe und in der eucharistischen Gemeinschaft
findet sowie im gemeinsamen Zeugnis und Dienst.

II. Auf dem Weg zur sichtbaren Gemeinschaft der Kirchen in Europa

"Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt" (Johannes 13,35)

2. Gemeinsam das Evangelium verkündigen

Die wichtigste Aufgabe der Kirchen in Europa ist es, gemeinsam das Evangelium durch Wort und Tat
für das Heil aller Menschen zu verkündigen. Angesichts vielfältiger Orientierungslosigkeit, der
Entfremdung von christlichen Werten, aber auch mannigfacher Suche nach Sinn sind die Christinnen
und Christen besonders herausgefordert, ihren Glauben zu bezeugen.

Dazu bedarf es des verstärkten Engagements und des Erfahrungsaustausches in Katechese und
Seelsorge in den Ortsgemeinden. Ebenso wichtig ist es, dass das ganze Volk Gottes gemeinsam das
Evangelium in die gesellschaftliche Öffentlichkeit hinein vermittelt wie auch durch sozialen Einsatz
und die Wahrnehmung von politischer Verantwortung zur Geltung bringt.

Wir verpflichten uns, über unsere Initiativen zur Evangelisierung mit den anderen Kirchen zu
sprechen, darüber Vereinbarungen zu treffen und so schädliche Konkurrenz sowie die Gefahr neuer
Spaltungen zu vermeiden; anzuerkennen, dass jeder Mensch seine religiöse und kirchliche Bindung in
freier Gewissensentscheidung wählen kann.

Niemand darf durch moralischen Druck oder materielle Anreize zur Konversion bewegt werden;
ebenso darf niemand an einer aus freien Stücken erfolgenden Konversion gehindert werden.

3. Aufeinander zugehen

Im Geiste des Evangeliums müssen wir gemeinsam die Geschichte der christlichen Kirchen
aufarbeiten, die durch viele gute Erfahrungen, aber auch durch Spaltungen, Verfeindungen und sogar
durch kriegerische Auseinandersetzungen geprägt ist. Menschliche Schuld, Mangel an Liebe und
häufiger Missbrauch von Glaube und Kirchen für politische Interessen haben die Glaubwürdigkeit des
christlichen Zeugnisses schwer beschädigt.

Ökumene beginnt deshalb für die Christinnen und Christen mit der Erneuerung der Herzen und der
Bereitschaft zu Buße und Umkehr. In der ökumenischen Bewegung ist Versöhnung bereits gewachsen.
Wichtig ist es, die geistlichen Gaben der verschiedenen christlichen Traditionen zu erkennen,
voneinander zu lernen und sich so beschenken zu lassen. Für die weitere Entfaltung der Ökumene ist
es besonders erforderlich, die Erfahrungen und Erwartungen der Jugend einzubeziehen und ihre
Mitwirkung nach Kräften zu fördern.

Wir verpflichten uns, Selbstgenügsamkeit zu überwinden und
Vorurteile zu beseitigen, die Begegnung miteinander zu suchen und füreinander da zu sein;
ökumenische Offenheit und Zusammenarbeit in der christlichen Erziehung, in der theologischen Ausund
Fortbildung sowie auch in der Forschung zu fördern.

4. Gemeinsam handeln


Ökumene geschieht bereits in vielfältigen Formen gemeinsamen Handelns. Viele Christinnen und
Christen aus verschiedenen Kirchen leben und wirken gemeinsam in Freundschaften, in der
Nachbarschaft, im Beruf und in ihren Familien.

Insbesondere konfessionsverschiedene Ehen müssen darin unterstützt werden, Ökumene in ihrem
Alltag zu leben. Wir empfehlen, auf örtlicher, regionaler, nationaler und internationaler Ebene bi- und
multilaterale ökumenische Gremien für die Zusammenarbeit einzurichten und zu unterhalten.
Auf der europäischen Ebene ist es nötig, die Zusammenarbeit zwischen der Konferenz Europäischer
Kirchen und dem Rat der Europäischen Bischofskonferenzen zu stärken und weitere Europäische
Ökumenische Versammlungen durchzuführen.

Bei Konflikten zwischen den Kirchen sollen Bemühungen um Vermittlung und Frieden initiiert
beziehungsweise unterstützt werden. Wir verpflichten uns, auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens
gemeinsam zu handeln, wo die Voraussetzungen dafür gegeben sind und nicht Gründe des Glaubens
oder größere Zweckmäßigkeit dem entgegenstehen; die Rechte von Minderheiten zu verteidigen und
zu helfen, Missverständnisse und Vorurteile zwischen Mehrheits- und Minderheitskirchen in unseren
Ländern abzubauen.

5. Miteinander beten

Die Ökumene lebt davon, dass wir Gottes Wort gemeinsam hören und den Heiligen Geist in uns und
durch uns wirken lassen. Kraft der dadurch empfangenen Gnade gibt es heute vielfältige
Bestrebungen, durch Gebete und Gottesdienste die geistliche Gemeinschaft zwischen den Kirchen zu
vertiefen und für die sichtbare Einheit der Kirchen Christi zu beten.

Ein besonders schmerzliches Zeichen für die Zerrissenheit unter vielen christlichen Kirchen ist die
fehlende eucharistische Gemeinschaft. In einigen Kirchen bestehen Vorbehalte gegenüber
gemeinsamen ökumenischen Gebeten. Aber weithin prägen viele ökumenische Gottesdienste,
gemeinsame Lieder und Gebete, insbesondere das Vaterunser, unsere christliche Spiritualität.

Wir verpflichten uns, füreinander und für die christliche Einheit zu beten; die Gottesdienste und die
weiteren Formen des geistlichen Lebens anderer Kirchen kennen und schätzen zu lernen; dem Ziel der
eucharistischen Gemeinschaft entgegenzugehen.

6. Dialoge fortsetzen

Unsere in Christus begründete Zusammengehörigkeit ist von fundamentaler Bedeutung gegenüber
unseren unterschiedlichen theologischen und ethischen Positionen.
Anders als die uns geschenkte und bereichernde Vielfalt haben jedoch Gegensätze in der Lehre, in
ethischen Fragen und in kirchenrechtlichen Festlegungen auch zu Trennungen zwischen den Kirchen
geführt; oft spielten dabei besondere geschichtliche Umstände und unterschiedliche kulturelle
Prägungen eine entscheidende Rolle.

Um die ökumenische Gemeinschaft zu vertiefen, sind die Bemühungen um einen Konsens im Glauben
unbedingt fortzusetzen. Ohne Einheit im Glauben gibt es keine volle Kirchengemeinschaft. Zum
Dialog gibt es keine Alternative.

Wir verpflichten uns, den Dialog zwischen unseren Kirchen auf den verschiedenen kirchlichen Ebenen gewissenhaft und intensiv fortzusetzen sowie zu prüfen, was zu den Dialogergebnissen kirchenamtlich
verbindlich erklärt werden kann und soll; bei Kontroversen, besonders wenn bei Fragen des Glaubens
und der Ethik eine Spaltung droht, das Gespräch zu suchen und diese Fragen gemeinsam im Licht des
Evangeliums zu erörtern.


III. Unsere gemeinsame Verantwortung in Europa


"Selig, die Frieden stiften, denn sie werden Kinder Gottes genannt werden" (Matthäus 5,9)

7. Europa mitgestalten

Durch die Jahrhunderte hindurch hat sich ein religiös und kulturell vorwiegend christlich geprägtes
Europa entwickelt. Zugleich ist durch das Versagen der Christen in Europa und über dessen Grenzen
hinaus viel Unheil angerichtet worden.

Wir bekennen die Mitverantwortung in dieser Schuld und bitten Gott und die Menschen um
Vergebung. Unser Glaube hilft uns, aus der Vergangenheit zu lernen und uns dafür einzusetzen, dass
der christliche Glaube und die Nächstenliebe Hoffnung ausstrahlen für Moral und Ethik, für Bildung
und Kultur, für Politik und Wirtschaft in Europa und in der ganzen Welt.
Die Kirchen fördern eine Einigung des europäischen Kontinents. Ohne gemeinsame Werte ist die
Einheit dauerhaft nicht zu erreichen.

Wir sind überzeugt, dass das spirituelle Erbe des Christentums eine inspirierende Kraft zur
Bereicherung Europas darstellt. Auf Grund unseres christlichen Glaubens setzen wir uns für ein
humanes und soziales Europa ein, in dem die Menschenrechte und Grundwerte des Friedens, der
Gerechtigkeit, der Freiheit, der Toleranz, der Partizipation und der Solidarität zur Geltung kommen.
Wir betonen die Ehrfurcht vor dem Leben, den Wert von Ehe und Familie, den vorrangigen Einsatz für
die Armen, die Bereitschaft zu Vergebung und in allem die Barmherzigkeit.

Als Kirchen und als internationale Gemeinschaften müssen wir der Gefahr entgegentreten, dass
Europa sich zu einem integrierten Westen und einem desintegrierten Osten entwickelt.
Auch das Nord-Süd-Gefälle ist zu beachten. Zugleich ist jeder Eurozentrismus zu vermeiden und die
Verantwortung Europas für die ganze Menschheit zu stärken, besonders für die Armen in der ganzen
Welt. Wir verpflichten uns, uns über Inhalte und Ziele unserer sozialen Verantwortung miteinander zu
verständigen und die Anliegen und Visionen der Kirchen gegenüber den säkularen europäischen
Institutionen möglichst gemeinsam zu vertreten; die Grundwerte gegenüber allen Eingriffen zu
verteidigen; jedem Versuch zu widerstehen, Religion und Kirche für ethnische oder nationalistische
Zwecke zu missbrauchen.

8. Völker und Kulturen versöhnen

Die Vielfalt der regionalen, nationalen, kulturellen und religiösen Traditionen betrachten wir als
Reichtum Europas. Angesichts zahlreicher Konflikte ist es Aufgabe der Kirchen, miteinander den
Dienst der Versöhnung auch für Völker und Kulturen wahrzunehmen.

Wir wissen, dass der Friede zwischen den Kirchen dafür eine ebenso wichtige Voraussetzung ist.
Unsere gemeinsamen Bemühungen richten sich auf die Beurteilung und Lösung politischer und
sozialer Fragen im Geist des Evangeliums. Weil wir die Person und Würde jedes Menschen als
Ebenbild Gottes werden, treten wir für die absolute Gleichwertigkeit aller Menschen ein.

Als Kirchen wollen wir gemeinsam den Prozess der Demokratisierung in Europa fördern. Wir
engagieren uns für eine Friedensordnung auf der Grundlage gewaltfreier Konfliktlösungen. Wir
verurteilen jede Form von Gewalt gegen Menschen, besonders gegen Frauen und Kinder. Zur
Versöhnung gehört es, die soziale Gerechtigkeit in und unter allen Völkern zu fördern, vor allem die
Kluft zwischen Arm und Reich sowie die Arbeitslosigkeit zu überwinden.

Gemeinsam wollen wir dazu beitragen, dass Migranten und Migrantinnen, Flüchtlinge und
Asylsuchende in Europa menschenwürdig aufgenommen werden.

Wir verpflichten uns, jeder Form von Nationalismus entgegenzutreten, die zur Unterdrückung anderer Völker und nationaler Minderheiten führt und uns für gewaltfreie Lösungen einzusetzen; die Stellung
und Gleichberechtigung der Frauen in allen Lebensbereichen zu stärken sowie die gerechte
Gemeinschaft von Frauen und Männern in Kirche und Gesellschaft zu fördern.

9. Die Schöpfung bewahren

Im Glauben an die Liebe Gottes, des Schöpfers, erkennen wir dankbar das Geschenk der Schöpfung,
den Wert und die Schönheit der Natur. Aber wir sehen mit Schrecken, dass die Güter der Erde ohne
Rücksicht auf ihren Eigenwert, ohne Beachtung ihrer Begrenztheit und ohne Rücksicht auf das Wohl
zukünftiger Generationen ausgebeutet werden.

Wir wollen uns gemeinsam für nachhaltige Lebensbedingungen für die gesamte Schöpfung einsetzen.
In Verantwortung vor Gott müssen wir gemeinsam Kriterien dafür geltend machen und weiter
entwickeln, was die Menschen zwar wissenschaftlich und technologisch machen können, aber ethisch
nicht machen dürfen.

In jedem Fall muss die einmalige Würde jedes Menschen den Vorrang vor dem technisch Machbaren
haben. Wir empfehlen, einen ökumenischen Tag des Gebetes für die Bewahrung der Schöpfung in den
europäischen Kirchen einzuführen.

Wir verpflichten uns, einen Lebensstil weiter zu entwickeln, bei dem wir gegen die Herrschaft von
ökonomischen Zwängen und von Konsumzwängen auf verantwortbare und nachhaltige Lebensqualität
Wert legen; die kirchlichen Umweltorganisationen und ökumenischen Netzwerke bei ihrer
Verantwortung für die Bewahrung der Schöpfung zu unterstützen.

10. Gemeinschaft mit dem Judentum vertiefen


Eine einzigartige Gemeinschaft verbindet uns mit dem Volk Israel, mit dem Gott einen ewigen Bund
geschlossen hat. Im Glauben wissen wir, dass unsere jüdischen Schwestern und Brüder "von Gott
geliebt sind, und das um der Väter willen.

Denn unwiderruflich sind Gnade und Berufung, die Gott gewährt" (Röm. 11,28-29). Sie haben "die
Sohnschaft, die Herrlichkeit, die Bundesordnungen, ihnen ist das Gesetz gegeben, der Gottesdienst und
die Verheißungen, sie haben die Väter, und dem Fleisch nach entstammt ihnen der Christus" (Röm.
9,4-5).

Wir beklagen und verurteilen alle Manifestationen des Antisemitismus, wie Hassausbrüche und
Verfolgungen. Für den christlichen Antijudaismus bitten wir Gott um Vergebung und unsere jüdischen
Geschwister um Versöhnung.

Es ist dringend nötig, in Verkündigung und Unterricht, in Lehre und Leben unserer Kirchen die tiefe
Verbindung des christlichen Glaubens zum Judentum bewusst zu machen und die christlich-jüdische
Zusammenarbeit zu unterstützen.

Wir verpflichten uns, allen Formen von Antisemitismus und Antijudaismus in Kirche und Gesellschaft entgegenzutreten; auf allen Ebenen den Dialog mit unseren jüdischen Geschwistern zu suchen und zu
intensivieren.

11. Beziehungen zum Islam pflegen

Seit Jahrhunderten leben Muslime in Europa. Sie bilde in machen europäischen Ländern starke
Minderheiten. Dabei gab und gibt es viele gute Kontakte und Nachbarschaft zwischen Muslimen und
Christen, aber auch massive Vorbehalte und Vorurteile auf beiden Seiten. Diese beruhen auf leidvollen
Erfahrungen in der Geschichte und in der jüngsten Vergangenheit.

Die Begegnung zwischen Christen und Muslimen sowie den christlich-islamischen Dialog wollen wir
auf allen Ebenen intensivieren.

Insbesondere empfehlen wir, miteinander über den Glauben an den einen Gott zu sprechen und das
Verständnis der Menschenrechte zu klären.

Wir verpflichten uns
, den Muslimen mit Wertschätzung zu
begegnen; bei gemeinsamen Anliegen mit Muslimen zusammenzuarbeiten.

Die Pluralität von religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen und Lebensformen ist ein
Merkmal der Kultur Europas geworden. Östliche Religionen und neue religiöse Gemeinschaften
breiten sich aus und finden auch das Interesse vieler Christinnen und Christen.

Auch gibt es immer mehr Menschen, die den christlichen Glauben ablehnen, sich ihm gegenüber
gleichgültig verhalten oder anderen Weltanschauungen folgen. Wir wollen kritische Anfragen an uns
ernst nehmen und uns gemeinsam um eine faire Auseinandersetzung bemühen.

Dabei ist zu unterscheiden, mit welchen Gemeinschaften Dialoge und Begegnungen gesucht werden
sollen und vor welchen aus christlicher Sicht zu warnen ist. Wir verpflichten uns, die Religions- und
Gewissensfreiheit von Menschen und Gemeinschaften anzuerkennen und dafür einzutreten, dass sie
individuell und gemeinschaftlich, privat und öffentlich ihre Religion oder Weltanschauung im Rahmen
des geltenden Rechtes praktizieren dürfen; für das Gespräch mit allen Menschen guten Willens offen
zu sein, gemeinsame Anliegen mit ihnen zu verfolgen und ihnen den christlichen Glauben zu
bezeugen.

Jesus Christus ist als Herr der einen Kirche unsere größte Hoffnung auf Versöhnung und Frieden. In
seinem Namen wollen wir den gemeinsamen Weg in Europa weitergehen.
Wir bitten Gott um den Beistand seines Heiligen Geistes. "Der Gott der Hoffnung erfülle uns mit aller
Freude und mit allem Frieden im Glauben, damit wir reich werden an Hoffnung in der Kraft des
Heiligen Geistes" (Röm. 15,13)

Als Präsident der Konferenz Europäischer Kirchen und des Rates der Europäischen
Bischofskonferenzen empfehlen wir diese Charta Oecumenica als Basistext allen Kirchen und
Bischofskonferenzen von Europa zur Annahme und Umsetzung in ihrem jeweiligen Kontext.
Mit dieser Empfehlung unterschreiben wir die Charta Oecumenica im Rahmen der Europäischen
Ökumenischen Begegnung am ersten Sonntag nach den gemeinsamen Ostern im Jahre 2001.

Straßburg, den 22. April 2001


Metropolit Jeremie Präsident der Konferenz Europäischer Kirchen
Kardinal Vlk Präsident des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen.



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