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Grundworte des Glaubens - die Gnade


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Eine Antwort in diesem Thema

#1
Rolf

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Das Fundament für festen Glauben und gesunde Lehre






Gnade- was ist das eigentlich ?





Rolf Wiesenhütter


Teil 1



Wenn wir uns heute abend mit dem Thema „Gnade – was ist das eigentlich ? – auseinandersetzen, dann betreten wir damit die Mitte, den Mittelpunkt der biblischen Botschaft.

Die Speise, die das Wort Gottes uns hier anbietet, ist weder leicht zugänglich, noch leicht verdaulich.

Es geht hier um eine sehr feste Speise, die für einen gesunden Glauben und für eine heilsame Lehre unentbehrlich ist.


Zu Beginn möchte ich als Leitwort die Verse 14, 16 und 17 aus dem 1. Kapitel des Johannesvangeliums lesen.

Da heißt es:

„Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns.
Und wir sahen seine Herrlichkeit,
eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater,
voller Gnade und Wahrheit.

Und von seiner Fülle haben wir genommen Gnade um Gnade.

Denn das Gesetz ist durch Mose gegeben;
Die Gnade und Wahrheit ist durch Christus Jesus geworden.“


Das Wort Gnade ist ein vielzitierter Begriff in unserer
Sprache. Jeder nimmt dieses Wort in den Mund, aber kaum einer kennt seine wirkliche Bedeutung.

Wir brauchen uns nur umzuhören, was die Menschen so sagen. Das beginnt mit:

Gnädige Frau... (übrigens: wißt ihr, was eine gnädige Frau ist ? Das ist eine Frau, die auch die Gnade nötig hat – sagt Klaus Vollmer.)

Oder: Wir wollen mal Gnade vor Recht ergehen lassen.

Wir kennen das Gnadenbrot und die Gnadenfrist, oder wir hören, jemand habe sich gnädig oder ungnädig verhalten.


Das alles sind aus einem Zusammenhang herausgerissene Formulierungen, der den Menschen heute weitgehendst abhanden gekommen ist.

Es sind Formulierungen, welche die Welt gebraucht um etwas auf den Punkt zu bringen. Würde man aber mal Nachfragen, was der oder die denn meint, da würde plötzlich klar werden, die Menschen könnten das Wort, den Begriff Gnade gar nicht schlüssig erklären.

Das ist ein Wort, wenn es richtig verstanden wird, das im Leben und im Sterben trägt.

Mit der Klarheit über den Begriff Gnade steht und fällt unsere Heilsgewißheit.

Und die Heilsgewißheit wird zu recht die Krone des lebendigen Glaubens genannt.

Vier Dinge gehören zusammen, ohne die das Wort Gnade keinen Sinn macht. Sie lauten:

- ohne Jesus Christus keine Gnade

- ohne Gnade keinen Glauben

- ohne Glauben keine Schrift (denn sie wäre gar nicht
verfaßt worden)

- ohne Schrift kein Jesus


Diese vier Dinge sind unteilbar. Aber sie sind ein großer Streitpunkt in unserer Gotteslehre und in unserem Menschenbild.

Die Zusammenhänge sind seit Urzeiten umstritten. Hier steht das Zentrum christlichen Glaubens auf dem Spiel.

Und das hat man in der evangelischen Kirche übrigens gerade preisgegeben. 15 Jahre lang hat der lutherische Weltbund mit der katholischen Kirche über die Rechtfertigungslehre verhandelt.

Zur Rechtfertigungslehre gehört die Aussage von Paulus, daß der Mensch ohne eigenes Zutun, allein durch Gnade im Glauben gerechtfertigt wird.

15 Jahre Streit. Und dann ein Kompromiß, der der katholischen Lehre von der Rechtfertigung durch gute Werke gerecht wird.

Alle evangelischen Synoden haben diesem faulen Kompromiß einstimmig zugestimmt.

Der dann von der katholischen Kirche nicht angenommen wurde. Die sagten nämlich plötzlich, nachdem alles schön schriftlich ausformuliert war nach 15 Jahren, der lutherische Weltbund hätte gar nicht das Recht, für die evangelische Christenheit zu sprechen.

Und sie ließen die Sache platzen. Weil sie alle keine Ahnung davon haben, was Gottes Wort zum Thema Gnade sagt.


Wir wollen uns die Hintergründe der Gnade heute erarbeiten.

Sozusagen schreiten wir gewissermaßen von außen nach innen. Bis wir beim Kern der Sache angelangt sind.

Der Begriff Gnade kann nur dann in der Tiefe verstanden werden, wenn man die Aussagen des Alten – und des Neuen Testamentes in den Mittelpunkt stellt

Wir haben ja schon letztes Mal gelernt, daß man das Neue Testament nicht in der Tiefe verstehen kann, wenn man den Inhalt des Alten Testamentes nicht kennt.

Viele unserer Zeitgenossen stehen ja auf dem Standpunkt, der Gott der Gnade und Liebe würde uns erst im Neuen Testament begegnen, während wir es im Alten Testament mit einem Rachegott zu tun haben, der da mehr oder weniger sein Unwesen treibt.

Der nicht ganz unbekannte Fernsehmoderator Franz Alt beispielsweise wird nicht müde das so in seinen Schriften immer wieder zu betonen.

Das kommt daher, weil der gute Mann den heilsgeschichtlichen Aspekt der Gnade nicht erkennt.

Gnade ist nicht eine geschichtliche, statistische Wahrheit, sie ist ein Ereignis der Liebe und Fürsorge Gottes in seinem Heilsplan mit uns Menschen.

Und die Heilsgeschichte Gottes ist Thema des ganzen Wortes, sowohl des Alten- und des Neuen Bundes.

Aber ich frage euch:

Was lehrt denn das Alte Testament zum Thema Gnade ?

Bitteschön, ihr habt das Wort !


Ich will mal versuchen ein bißchen, sozusagen die Geschichte der Gnade von vorne her anzureißen:

Der erste Gnadenakt Gottes steht bereits in 1. Mose 3:16, wo uns von der Schöpfung der Welt und des Menschen berichtet wird.

Das hätte er ja gar nicht tun brauchen. Es handelt sich durchaus um einen Akt der Gnade, daß wir überhaupt existieren dürfen.

Versteht ihr; Gnade fängt im Licht der Bibel nicht erst da an, wo Gott uns unsere Sünden vergibt.

Sie wird vielmehr schon darin sichtbar, daß er uns überhaupt geschaffen hat.

Oder welche Existenzberechtigung hast du, die du hier heute abend vorbringen kannst ?

Und schon ein Kapitel später im 4. Kapitel vom 1. Buch Mose, da war der Sündenfall passiert. Und Gott hätte sagen können: Jetzt bin ich mit euch fertig. Feierabend.

Statt dessen lesen wir in Vers 8, daß Gott den Sünder trotz angedrohter und verdienter Strafe nicht verwirft, sondern daß er ihn erhält.

Das nenne ich Gnade, sogar unverdiente Gnade !

Gott geht sogar noch weiter, denn er gibt den Menschen schon im 6. Kapitel des 1. Buches Mose, Vers 8 die Zusage der Lebensmöglichkeit, solange die Erde steht.

Gott sagt: Ich werde euch Euren Lebensraum erhalten, solange die Erde existiert, stell dir das vor.

Er erwählt das Volk Israel aus freier Gnade, ohne daß das Volk sich würdig erweisen muß, lesen wir in 5. Mo. 7,7-11;

und wir erfahren, daß Gott einen Bund mit seinem Volk macht auf der Grundlage der Gebote, anhand deren der Mensch im Bund Gottes leben konnte.

Gnade ist auch die Tatsache, die wir in Hosea 2,21 lesen:
Gott mahnt und warnt die Menschen vor falschen Wegen.

Warum tut er das denn ?

Weil er nicht so denkt wie wir, und den Menschen trotz aller
Verfehlungen immer wieder Barmherzigkeit und Gnade erweist.

Das sind nur einige ganz kurze Schlaglichter aus einer Fülle
Von alttestamentlichen belegen, daß die Gnade Gottes im Alten Testament bereits eine ganz wichtige, eine tragende Rolle für den Menschen gespielt hat.


Der Unterschied zum Neuen Testament ist nur der, daß die Gnade im Neuen Bund eine Person wird.

Jesus Christus ist die Gnade in Person.

- Er ist der Mittler zwischen dem Schöpfer und dem Menschen

- Er ist der Abglanz und das Ebenbild Gottes

- Er hat die Reinigung von den Sünden vollbracht

- Er sitzt zur Rechten Gottes

- Er ist höher als die Engel

- Er ist der Erbe des ganzen Universums

Er kommt in diese Welt, warum denn ? Um uns sündigen, unvollkommenen Menschen Gnade zu erweisen. Er ist die Gnade in Person !

Und was über diese personengewordene Gnade ausgesagt wird, das habe ich euch am Anfang als Leitwort vorgelesen.

Ich zeige es euch noch einmal hier auf der Folie (1)

Und da sehe ich in diesen Versen sechs entscheidende Dinge

- Die Gnade beginnt im Himmel

- Sie sucht unsere Nähe

- Sie ist herrlich

- Sie ist stets verbunden mit Wahrheit (Treue, Klarheit,
Verläßlichkeit)

- Die Gnade ist unerschöpflich

- Die Gnade ist gebunden an Jesus Christus


Diesem „Gnadenwort Jesus Christus“ ist nichts hinzuzufügen.

Wenn das die Menschen man begreifen würden. Da deutelt der moderne Mensch bis in unsere Zeit ständig dran rum.

Und deshalb wird das mit der Gnade immer eine Streitfrage bleiben.

Weil Menschen der Gnade in Christo ständig etwas hinzufügen, etwas ergänzen.

Darum ist es zunehmend unklarer für die Menschen wieviel Ergänzung denn nötig ist.

Das Heil in Jesus bleibt für die Meisten fraglich und ungewiß.

Die Gnade wird ständig relativiert.

Was der Mensch dazu zu sagen hat, wird plötzlich heilsbedeutend.

Plötzlich wird der christliche Glaube zu einer Leistungsreligion, weil der Mensch das Gnadenwort Christus überbieten will.

Da steht der Mensch höher als Jesus Christus.

Die Gnade erscheint ohne die Ansprüche, die der Mensch hat, unvollkommen. Denkt doch mal über die heutige Lehre von Autorität und Unterordnung nach.

So etwas entsteht, wenn der Mensch sein Wort der Gnade Gottes hinzufügt.

Der Mensch wird sein eigener Heiland, wenn die Autorität nicht mehr im Wort, sondern im Menschen sein soll.

Und die Bibel lehrt uns, daß in den letzten Tagen viele falsche Christusse in Erscheinung treten werden. Und ich kann sie bereits sehen.

Menschen, die stolz sind auf ihre eigene Leistung.

Da wird Jesus Christus glatt degradiert. Es gibt keine Heilsgewißheit mehr am Wort des Menschen vorbei.

Wir erleben das gegenwärtig, wie das Wort des Menschen, daß wir nicht beachten wollen, uns dämonisiert, uns für teuflisch erklärt.

Aber, bei genauem Hinsehen müssen wir zur Kenntnis nehmen, daß da die Kurpfuscher am Werk sind, die die Gnade Gottes in Jesus Christus durch eigenes Hinzutun überbieten wollen.

Dabei hören wir in Jesus Christus das endgültige Gnadenwort Gottes an die Welt.

Dieses Wort kann von Menschen durch nichts überboten werden.

Schon Philipp Melanchton sagte ca. um 1530:

„Das heißt Christus erkennen, seine Gnadentaten erkennen.“

Es geht nicht nur um die Person Jesu Christi, sondern auch um das, was er für uns getan hat.

„Wir werden ohne Verdienst gerecht aus seiner Gnade durch die Erlösung, die durch Christus Jesus geschehen ist“ heißt es in Röm. 3:24.


Gnade ist immer gebunden an Jesus Christus. An die Gnade Gottes glauben heißt, zu vertrauen und zu bekennen:

Christus trat an meine Stelle !


Und die Bibel nennt uns vier Kennzeichen, oder Merkmale der Gnade.

2. Tim 1,9: die Gnade ist ewig

Römer 3,24, die Gnade ist frei, kostenlos für den Menschen

Römer 5,20: Die Gnade ist grenzenlos

Römer 3,28 die Gnade ist ausschließlich, exklusiv, nicht ergänzbar oder ersetzbar.

Das wichtigste Thema in bezug auf die Gnade Gottes
aber ist die Verlorenheit des Menschen.

Oft schon ist darüber gestritten worden, von woher der Mensch seine Situation vor Gott erkennen kann.


Klar ist eigentlich nur, daß er sie nicht erkennen kann im Licht menschlicher Selbsterkenntnis. Da muß ein Wort von außen an ihn herankommen, damit der Mensch nicht bei sich selbst bleibt, sondern sich im Licht Gottes sehen kann.

Wer Gnade im biblischen Sinn verstehen will, der kommt nicht darum herum, sich mit der Verlorenheit des Menschen auseinander zu setzen.

Denn nur dadurch das in Jesus Christus die Gnade offenbar geworden ist, können wir uns zutiefst als verlorene Menschen erkennen

Hier wird die existentielle Bedeutung der Gnade so deutlich wie nirgends sonst

Und hier braucht unser Glaube grundsätzliche Klarheit, wenn er nicht in ständiger Unsicherheit enden will. Das betrifft uns ganz persönlich, und deshalb ist es wichtig, daß wir davon betroffen sind.

Das mit der Gnade ist so einfach gar nicht. Denn die Botschaft von der Gnade widerspricht der menschlichen Selbsteinschätzung total und sie widerspricht allem religiösem Empfinden.

Denn der natürliche Mensch geht davon aus, durch seine Leistung sein Verhältnis zu Gott regulieren zu können.

Und viele in unseren heutigen Gemeinden haben Gnade nie richtig verstanden. Die sind wie in religiösen Eierschalen verpackt und schlüpfen da nicht aus.

Das hängt auch damit zusammen, daß viele Leiter unserer Tage, jedenfalls die, die ich kennen gelernt habe, Gnade im biblischen Sinn nicht begriffen haben.

Da regt sich manches an Widerstand. Sicher müssen wir damit
Behutsam umgehen. Aber ganz sicher müssen wir in bezug auf Gnade eine klare Botschaft haben.

Denn von der Annahme des biblischen Gnadengeschenkes hängt alles ab. Da steht unser ganzes Leben auf dem Spiel.

Lest euch mal zu Hause den Galaterbrief durch zum Thema Gnade, ich empfehle euch das wärmstens. Und denkt mal darüber nach, was da alles auf dem Spiel steht für uns.


Fortsetzung folgt

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#2
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Gnade- was ist das eigentlich ?





Rolf Wiesenhütter


Teil 2



Was ist der natürliche Mensch vor Gott ?

Auf dieser Folie seht ihr vier Flaschen. Am Beispiel von diesen Flaschen soll das biblische Menschenbild illustriert werden.

Diese Flaschen sind alle mehr oder minder gefüllt.
Die vorhandene Füllung soll dabei unsere Natur andeuten, der zu füllende Leerraum dagegen die von Gott kommende Gnade.

Nun, die große Frage an Euch : Mit welcher Flasche würdet ihr Euch identifizieren ?


Also, unterhaltet euch mal mit den Leuten in den Gemeinden. Ihr werdet erstaunt sein, wie viele Christen daß ihre Natur nicht dem Willen Gottes entspricht, sondern daß sie der Gnade bedürfen.

Es würde sich kaum jemand mit der Flasche 1 oder 2 identifizieren, denn hier ist die Gnade ja entweder überflüssig, oder sie hat nur einen verschwindend kleinen Anteil an unserem Heil.

Die meisten Christen entdecken sich erstaunlicher weise in Flasche drei wieder.

Und das begründen sie so, daß der kleine Rest an eigener von der Sünde unberührter Natur natürlich, als der Bereich definiert wird, der unseren freien Willen ausmacht, mit dem sich der Mensch dem Guten zuwenden kann.


Was für ein frommer Selbstbetrug. Aus biblischer Sicht kann man dazu nur ein klares Nein sagen.

Wir sind hundertprozentig auf Gnade angewiesen. Und jeder, der das nicht begreift und nicht annimmt, der wird so eine Form der Mischfinanzierung in seinem Leben praktizieren.

Und das wird die „sola gratia“; das „allein durch die Gnade“ in unserem Leben außer Kraft setzen.

Man muß die Reihe der Flaschen sogar noch um ein radikaleres Bild ersetzen. Und das will ich euch nicht vorenthalten.

Denn unsere Situation vor Gott ist geradezu ein Scherbenhaufen.

Diese 5. Flasche illustriert unsere Situation angesichts der in Jesus Christus offenbaren Gnade.

Wir sind nicht das leere, aber ansonsten heile Gefäß, das ganz mit Gnade gefüllt werden müßte, sondern die Gnade muß sich aus unserem Scherbenhaufen ihr Gefäß schaffen.

Ich möchte in meiner Eigenschaft als Seelsorger noch hinzufügen, daß die Flaschen vier und fünf je einen Aspekt des biblischen Menschenbildes zeigen.

Flasche vier deutet an, daß der Mensch auch als Sünder Geschöpf Gottes bleibt. Das Bild dieser Flasche hilft uns, den anderen Menschen zu achten.

Gerade den mit Fehlern. Oder den Nichtchristen. Wir dürfen sie achten als Gottes Mitgeschöpfe, die die Gnade brauchen.

Das Bild von den Scherben ist viel radikaler. Es ist eigentlich erst demjenigen zugänglich, der aufgrund der Gnade seine verlorene Situation erkannt hat.

Flasche 5 ist aber die notwendige Korrektur für denjenigen, der sich auf seine angebliche neutrale Schöpfung beruft.


Die Gnade Gottes füllt nicht nur ein menschliches Defizit auf, sondern sie ist zutiefst Neuschöpfung.

Wir müssen sie begreifen im Bild der Schöpfung des Menschen, wie sie uns im ersten Buch Mose erzählt wird, denn das ist genau das, worauf sich Paulus bezieht, als er an die Römer schreibt (Kap. 4:17) daß Gott schon in der Schöpfung ruft, was nicht da ist, daß es sei.

Der dänische Phiosoph und Theologe Sören Kierkegaard schrieb dazu:

„Der Unterschied zwischen einem Heiden und einem Christen ist nicht, daß der letztere ohne Sünde wäre; der Unterschied ist, wie er seine Sünde betrachtet und wie er im Streben gehalten wird.

Wenn ein Heide sündigt – und gerade je tiefer und edler er ist-
So entsteht hier ein fürchterliches Hindernis für das Streben; er sinkt in Schwermut, brütet grübelnd über seiner Schuld, und die Sünde erhält so vielleicht viel mehr und mehr Macht über ihn, so daß er verzweifelt tiefer und tiefer sinkt.

Der Christ hat einen Retter, er flieht zur Gnade; wie einem Kind wird ihm die Sünde zu einer väterlichen Strafe verwandelt, deren Zweck ist, ihm weiterzuhelfen – und er macht gerade nun sichere Tritte vorwärts.

Freimütigkeit ist wahrhaftig kein Leichtsinn, sondern ist Vertrauen auf die Gnade. Daß ein Mensch schnell über den Gedanken an eine Schwachheitssünde hinwegkommt, kann Leichtsinn sein; aber es kann auch Freimütigkeit sein, weil er eine so tiefe und vertrauensvolle Vorstellung von der Gnade hat.“

Ich möchte uns fragen:

Wie sind wir denn eigentlich zu Sündenerkenntnis gelangt.

Wenn wir ehrlich sind, müssen wir uns eingestehen: nicht durch Selbstreflexion, sondern allein in der Begegnung mit dem Wort Gottes.

Sünde ist ein Verhältnisbegriff. Erst in der Gottesbegegnung kann mir aufgehen, wo ich als Mensch stehe und wer ich bin.

Das ist was Paulus uns quasi als zweistufigen Weg zur Sündenerkenntnis aufgeschrieben hat.

Wir können das damit auf den Punkt bringen daß wir verstehen:

Die Reife im Glauben zeigt sich darin, daß wir Jesus, der die Gnade in Person ist, immer nötiger haben. Glauben macht uns nicht mit der Zeit besser, sondern er treibt uns mehr und mehr unter das Kreuz Jesu.


Warum bleibt denn der Christ lebenslang auf die Gnade angewiesen ?

- weil wir noch nicht vollendet sind

- weil die Sünde immer wieder nach uns greift und wir ihr
häufig unterliegen

- weil wir bis zuletzt vergebungsbedürftig sind

Viele Christen denken: Wenn ich zu Jesus gehöre, kann ich das Thema Sünde hinter mir lassen.

Was für ein Irrtum !

Nicht das unterscheidet uns von nicht an Jesus glaubenden Menschen, daß wir die Sünde hinter uns haben. Das ist frommer Selbstbetrug.

Was uns unterscheidet ist, daß wir von einem Heiland wissen und deshalb mit unserer Schuld und unserem Versagen anders umgehen können.

Was uns beschwert, muß uns nicht mehr kaputtmachen.

Aber der Chorus, in dem die Formulierung „jetzt sind wir die Gerechtigkeit“ vorkommt stammt aus der Feder eines Christen, der hier verdrehte Vorstellungen mit sich herumschleppt.

Was aber heute zum Thema Gnade in manchen Kreisen für wahr gehalten wird, kann man z. B. im Buch von Wolfhard Margies „Gnade“ nachlesen.


Was aber Gnade wirklich ist, können wir wiederum im Alten Testament nachlesen. Im 2. Buch Mose im 34. Kapitel können wir es deutlich nachlesen.

Aus Zeitgründen will ich euch nur die Essenz dieses Kapitels erläutern.

Drei Dinge zeigt uns dieses Kapitel:

1. Gnade heißt Neuanfang !
Gott beginnt zum wiederholten Mal mit Menschen neu, mit denen eigentlich nichts anzufangen ist.

Gottes Gnade läßt den Menschen nicht in seiner verfahrenen Situation stecken, sondern hilft ihm zu neuen Anfängen.

2. In der Gnade gibt sich Gott selbst preis !
Gott offenbart sich in seinem Wort. Er macht seinen Namen bekannt. Der alttestamentliche Gottesname ist sein Programm.

In 2. M0 34,6 wird der Gottesname so wiedergegeben:
„Barmherzig und gnädig, geduldig und von großer Gnade und Treue.“

Dieser Name Gottes wird den Menschen deshalb offenbart, damit der Mensch damit Gott anruft und den Namen Gottes, der über alle Namen ist, vor aller Welt bekennt.

Dabei ist die Reihenfolge unumkehrbar:

Erst Gottes Aktion, dann unsere Re – aktion.

Was wir tun, soll stets die Folge und das Echo auf das sein, was Gott für uns und vor uns eingeleitet hat.

3. Gnade heißt Zukunftseröffnung !
Gott gibt seinem Volk in 2. Mo. 34,10 die Verheißung, daß er einen Bund mit ihnen schließen will.

Mit dieser Verheißung kann das Volk weitergehen. Gott führt sein Volk in das verheißene Land.

Das ist ein Bestandteil der Gnade.

Und wenn das Volk abfällt, drückt er nie ein Auge zu. Aber er vergießt Tränen der Trauer. Er mahnt und warnt und ruft und rettet.

Wo Gottes Gnade wirkt, öffnet sie dem Menschen das Tor nach vorn: Jetzt geht es los im Namen Jesus Christus !!


Gnade gibt es um unseretwillen. Sie übernimmt die Strafe, die wir verdient haben. Sie schenkt Frieden und Heilung. Und sie macht ein Weiterleben im Frieden Gottes möglich.


Was bewirkt denn die Gnade Gottes in unserem Leben ?

Wenn wir die Gnade Gottes in Wahrheit erfahren, dann hat das Auswirkungen in unserem Leben. Die Bibel zeigt uns vier Grunddaten, die uns lehren, daß Gnade nicht nur ein gedanklicher Vorgang ist, sondern daß sie einen ganz praktischen Bezug hat, der tief in unser Leben eingreift.

1. Die Gnade rettet !

2. Die Gnade erhält ! 2. Kor.12,10

3. Die Gnade ermutigt ! Röm. 5,1; 1. Kor. 15,10

4. Die Gnade stellt zufrieden. 2. Kor. 12,9; Joh. 10,10



Es gibt aber auch regelrechte Feinde der Gnade.

Ich möchte euch abschließend zwei nennen:

a) Gesetzlichkeit

Davon erzählt uns der Galaterbrief. Was ist Gesetzlichkeit ?

Von Gesetzlichkeit sprechen wir immer dann, wenn menschliches Handeln mit der Gnade Gottes vermischt wird.

Dadurch werden Menschen verunsichert, weil sie immer das Gefühl haben selbst noch etwas tun zu müssen.

Da ist immer eine Ungewißheit, ein Zweifel, ob man auch alles richtig macht.

Die Gnade gilt nicht mehr total, sondern es heißt:

Die Gnade und... – die Unterordnung (z.B.)

Oder: Gnade ja, aber...

Und dann wird angefügt, was der Mensch alles zu leisten hat.

Das macht den Christen in seinem Glauben unsicher.

Er läuft ständig mit einem schlechten Gewissen umher, weil er der Gnade insgeheim mißtraut.


b) Unverbindlichkeit

Unverbindlichkeit wird uns in Korinth gezeigt.

Die Gnade rettet uns, also können wir mit unserem Leben ab sofort treiben, was wir wollen.

Wir hören eine richtige Aussage, die lautet: die Gebote führen uns nicht zum Heil.

Aber diese richtige Aussage wird sofort mit einer falschen kombiniert, die lautet:

Deshalb können wir die Gebote vernachlässigen.


Die folgen davon sind: Lieblosigkeit, Zügellosigkeit, Verantwortungslosigkeit.

Manch einer aus der Arche würde gut nach Korinth passen.


Gnade wie die Bibel sie versteht leitet uns zu einem verantwortungsvollen, liebevollen Leben an.

Wer die Gnade erlebt, lebt anders !

Jesus fordert uns auf, aus der Gnade zu leben.

„Wir können Gott nicht höher loben und preisen, Ehre geben und nachsagen, als wenn wir bekennen, daß er aus lauter Gnade und Barmherzigkeit von uns Sünde, Tod und Hölle nimmt und für uns seinen lieben Sohn gibt und seine Güter alle miteinander schenket.“

Mit diesem Zitat von Martin Luther möchte ich schließen und euch zum Gebet einladen !

Amen!

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