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Biblisches Unterscheidungsvermögen im Zeitalter der blinden


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Rolf

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Biblisches Unterscheidungsvermögen im Zeitalter der blinden Akzeptanz





Es ist nicht alles Gold …:
Ein Aufruf zu biblischer Beurteilung1



John MacArthur



Mit diesem Kapitel soll das Fundament für biblische Beurteilung
gelegt werden – ein Fundament, das von wesentlicher Bedeutung
ist und doch in unserer postmodernen Gesellschaft oft übersehen
wird. In den nachfolgenden Kapiteln dieses Buches wird auf dieses
Fundament gebaut, indem die Prinzipien, die wir hier erwähnen,
auf mehrere aktuelle christliche Trends angewendet werden. In die-
sem Zeitalter der Offenheit haben zu viele Christen die biblische
Klarheit aufgegeben und sich stattdessen für ein Leben der Verwirrung
und der Kompromisse entschieden. Sie akzeptieren zu viel
und beurteilen zu wenig. Gottes Wort macht deutlich, dass nicht alles,
was glänzt, echtes Gold ist.

Überall wimmelt es von Irrlehren.
Die Versuchungen, sie anzunehmen, sind groß. Auf dem Spiel steht
die Ewigkeit. Gott ruft uns als sein Volk dazu auf, das Gute vom
Schlechten zu unterscheiden. Und aus diesem Grund brauchen wir
biblisches Unterscheidungsvermögen.

Heureka!
Es ist ein einfaches griechisches Wort (eureka) mit nur sechs
Buchstaben. Aber für eine ganze Generation Schatzsucher in den
späten 1840er Jahren wurde es zu einem Lebensmotto. Auf Deutsch
bedeutet der Ausdruck »Ich hab’s gefunden!« Angeblich stammt er
von dem griechischen Mathematiker Archimedes, der »Heureka!
Heureka!« ausrief, als er herausfand, wie viel Gold in König Hieros
Krone war. Für James Marshall (der 1848 bei Sutter’s Mill Gold
entdeckte) und viele seiner Zeitgenossen nahm der Ausdruck jedoch
eine neue Bedeutung an. Für sie bedeutete »Heureka« Reichtum,
vorgezogener Ruhestand und ein Leben in sorgloser Bequemlichkeit.
Es ist kein Wunder, dass Kalifornien (der »Gold-Staat«)
dieses Wort zusammen mit dem Bild eines eifrigen Goldgräbers in
seinem Siegel abgebildet hat.

Die Neuigkeit von Marshalls Fund verbreitete sich schnell im
ganzen Land. Bis 1850 waren 75.000 hoffnungsvolle Menschen auf
dem Landweg nach Kalifornien gereist und weitere 40.000 auf dem
Seeweg. Ob mit Pferdewagen oder mit dem Boot: Die Reise war
anstrengend, und die Abenteurer mussten auf der Suche nach dem
großen Vermögen Freunde und Familie zurücklassen. Selbst als sie
endlich in San Francisco angekommen waren, lagen die nächsten
Goldfelder noch 240 Kilometer entfernt. Trotz allem schlugen viele
der Goldsucher Lager auf und fingen an zu schürfen.

Auf ihrer Reise zu den unterschiedlichen Zielorten lernten die
Goldsucher schnell, dass nicht alles, was wie Gold aussah, auch
tatsächlich Gold war. Flussbetten und Steinbrüche konnten voller…
goldener Flecken und trotzdem vollkommen wertlos sein. Dieses
»Katzengold« war Eisenpyrit, und die Goldsucher mussten in der
Lage sein, es vom echten Gold zu unterscheiden. Ihre Existenz
hing davon ab.

Erfahrene Goldsucher konnten Pyrit in der Regel allein durch das
Aussehen von Gold unterscheiden. In manchen Fällen war die Unterscheidung
allerdings nicht so leicht. So entwickelten sie Tests,
um herauszufinden, was echt war und was nicht. Ein Test bestand
darin, in den fraglichen Stein hineinzubeißen. Echtes Gold ist weicher
als menschliche Zähne, während Katzengold härter ist. Ein
zerbrochener Zahn bedeutete, dass der Goldsucher weiterschürfen
musste. Ein zweiter Test bestand darin, mit dem Stein über ein
Stück weißes Gestein, so wie Keramik, zu kratzen. Echtes Gold
hinterlässt einen gelben Streifen, während die Rückstände, die von
Katzengold hinterlassen werden, grünlich-schwarz sind. In beiden
Fällen verließ der Goldgräber sich auf Tests, um die Echtheit seines
Fundes zu überprüfen – sein Vermögen und seine Zukunft hingen
von dem Ergebnis ab.

In Bezug auf die Lehre befindet sich die heutige Gemeinde in
einer ähnlichen Situation wie 1850 die Goldgräber in Kalifornien.
Geistliche Reichtümer werden uns an jeder Ecke versprochen.
Neue Programme, neue Philosophien, neue übergemeindliche
Dienste – jedes von ihnen glänzt ein bisschen mehr als der Vorgänger
und verspricht bessere Ergebnisse und größeren Rücklauf.
Aber genauso wie in der Mitte des 19. Jahrhunderts ist auch heute
nicht alles gut, nur weil es glänzt. Christen müssen sich ebenso
sehr vor »Katzengold« hüten. Wir dürfen keine neuen Trends (oder
alten Traditionen) akzeptieren, ohne sie vorher zu testen, um zu sehen,
ob sie Gottes Willen entsprechen. Wenn sie den Test nicht bestehen,
sollten wir sie wegwerfen und auch andere davor warnen.
Wenn sie aber den Test bestehen und mit der Wahrheit des Wortes
Gottes im Einklang stehen, können wir sie aus ganzem Herzen annehmen
und unterstützen.

Die Goldsucher Kaliforniens riefen nur dann »Heureka!«, wenn
sie echtes Gold gefunden hatten. Als Christen sollten wir uns bemühen,
es genauso zu tun.




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#2
Rolf

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Die Notwendigkeit biblischer Beurteilung





Wenn wir die Goldsucher des 19. Jahrhunderts betrachten, werden
wir an die Notwendigkeit erinnert, zwischen Wahrheit und Lüge
zu »diskriminieren«. Im allgemeinen Sprachgebrauch hat das Wort
Diskriminierung einen starken negativen Beiklang. Das Wort an
sich hat jedoch keine negative Bedeutung. Diskriminieren bedeutet
einfach »deutlich unterscheiden«. Im Englischen wurde früher jemand
»a discriminating person« (»eine diskriminierende Person«)
genannt, wenn er ein gutes Urteilsvermögen hatte. Mit »Diskriminierung
« wurde die positive Fähigkeit bezeichnet, zwischen
gut und böse, wahr und unwahr, richtig und falsch unterscheiden
zu können. In der Blütezeit der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung
wurde der Begriff weitgehend für rassistische Intoleranz
verwendet. Und tatsächlich machen sich Menschen, die auf ungerechte
Art zwischen verschiedenen Rassen unterscheiden, einer
schlechten Art der Diskriminierung schuldig.

Leider hat der Begriff selbst diese negative Bedeutung angenommen,
sodass diese negative Verwendung heute fast mit jedem in
Verbindung gebracht, der auf irgendeine Art und Weise zu »diskriminieren
« versucht. Homosexualität als unmoralisch anzusehen
(1Kor 6,9-10, 1Tim 1,9-10), wird heutzutage von den politisch
Korrekten als inakzeptable Art der Diskriminierung angesehen.
Die Aussage, dass Frauen ihren Ehemännern untertan sein sollten
(Eph 5,22, Kol 3,18), wird heutzutage als ungerechte Diskriminierung
eingeordnet. Zu verlangen, dass Kinder ihren Eltern gehorchen
(Eph 6,1), wird von einigen ebenfalls als ungerechte Diskriminierung
bezeichnet. Jeder, der in den Vereinigten Staaten andere
auf diese Art und Weise »diskriminiert«, geht das Risiko ein,
Zielschreibe eines Prozesses der ACLU (American Civil Liberties
Union) zu werden.

Die Idee der Diskriminierung selbst ist in Ungnade gefallen. Wir
sollen keine klaren Linien ziehen. Wir sollen nicht diskriminieren.
Das ist der aktuelle Zeitgeist, und leider hat er sich auch in die Gemeinde
eingeschlichen.

Wenn wir Menschen sein wollen, die sich in der Unterscheidung
üben, müssen wir die Fähigkeit entwickeln, zwischen Wahrheit und
Irrlehre, zwischen gut und schlecht zu diskriminieren. Die Ursprachen
der Bibel vermitteln diesen Gedanken. Das am häufigsten verwendete
hebräische Wort für »Unterscheidung« ist bin. Dieses Wort
und Abwandlungen dieses Wortes werden im Alten Testament Hunderte
von Malen verwendet. Oft wird es als »Einsicht«, »Verstand«,
»Fähigkeit« oder »Achthaben« übersetzt. Im Hebräischen des AT
wird durch diesen Begriff jedoch dieselbe Vorstellung vermittelt
wie durch unser Wort Diskriminierung. Es geht um das Unterscheiden.

Jay Adams weist darauf hin, dass der Begriff bin »mit dem
Nomen bayin, welches ›Abstand‹ oder ›Zwischenraum‹ bedeutet,
und mit der Präposition ben, die ›zwischen‹ bedeutet, verwandt ist.
Im Wesentlichen bedeutet es, Dinge aufgrund ihrer Andersartigkeit
voneinander zu trennen, um sie zu unterscheiden.«2 Unterscheidung
ist also ein Synonym für Diskriminierung. Das griechische Wort,
das im Neuen Testament mit »unterscheiden« übersetzt wurde, ist
diakrinō. Es bedeutet »einen Unterschied machen« und wurde in
Apostelgeschichte 15,9 wörtlich so übersetzt.

Unterscheidung ist also der Prozess der sorgfältigen Beurteilung
in unserem Nachsinnen über die Wahrheit. Eine unterscheidende
Person ist jemand, der den klaren Gegensatz zwischen Wahrheit
und Irrlehre aufzeigt. Unterscheidung ist Schwarz-Weiß-Denken
– eine bewusste Weigerung, alle Dinge in Grautönen zu malen.
Niemand kann sich in echter Unterscheidung üben, wenn er
nicht die Fähigkeit entwickelt, göttliche Wahrheit von der Irrlehre
zu trennen.

Erklärt die Bibel uns, wie wir unterscheiden sollen? Selbstverständlich.
Paulus fasst den Prozess in 1.Thessalonicher 5,21-22 so
zusammen: »Prüft aber alles, das Gute haltet fest! Von aller Art des
Bösen haltet euch fern!« Mit drei Aufforderungen erklärt er die
Anforderungen für einen unterscheidenden Verstand.
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#3
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Beurteilt alles


Betrachten wir kurz den Zusammenhang dieser Bibelstelle. Von
Vers 16 an listet Paulus mehrere kurze Ermahnungen für die Chris
ten in Thessalonich auf. Diese könnte man als Grundlagen des
christlichen Lebens verstehen: »Freut euch allezeit! Betet unablässig!
Sagt in allem Dank, denn dies ist der Wille Gottes in Christus
Jesus für euch. Den Geist löscht nicht aus! Weissagungen verachtet
nicht.« Freude, Gebet, Dankbarkeit, bereitwillige Reaktion auf die
Predigt des Wortes Gottes – all das sind grundlegende Pflichten
eines jeden Christen.

Eine weitere Pflicht ist das Unterscheiden. »Prüft aber alles« (V.
21) ist ein Aufruf zur Unterscheidung. Die Tatsache, dass Paulus
die Unterscheidung im Zusammenhang mit sehr grundlegenden
Ermahnungen erwähnt, ist von Bedeutung. Unterscheidung ist
ebenso wichtig für das Leben eines Christen wie Gebet und Dankbarkeit.
Das mag einige Christen überraschen, weil sie Unterscheidung
einzig und allein als Verantwortung der Pastoren und Ältesten ansehen.

Mit Sicherheit haben Pastoren und Älteste eine noch größere
Pflicht zur Unterscheidung als der durchschnittliche Laie. Im Neuen
Testament richten sich die meisten Aufrufe zu Unterscheidung
an Gemeindeleiter (1Tim 4,6-7.13.16; Tit 1,9). Jeder Älteste sollte
fähig sein, die Wahrheit zu lehren und falsche Lehre zu widerlegen.
Als Pastor bin ich mir dieser Verantwortung ständig bewusst.

Alles, was ich lese, zum Beispiel, muss in meinen Gedanken durch
den Filter der Diskriminierung. Wenn Sie sich meine Bücherregale
ansähen, würden Sie sofort erkennen, welche Bücher ich gelesen
habe. An den Rändern stehen überall Bemerkungen. An manchen
Stellen sind zustimmende Anmerkungen zu finden, und einige Stellen
sind dick unterstrichen. An anderen Stellen sind Fragezeichen
zu finden – oder sogar Abschnitte, die rot durchgestrichen sind. Ich
versuche ständig, die Wahrheit von falschen Lehren zu unterscheiden.
So lese ich, so denke ich – und natürlich predige ich auch so.

Es ist meine Leidenschaft, die Wahrheit zu kennen und sie mit Autorität
zu verkündigen. Und das sollte die Leidenschaft eines jeden
Gemeindeältesten sein, weil alles, was wir lehren, die Herzen und
das Leben derer beeinflusst, die uns zuhören. Es ist eine gewaltige
Verantwortung. Jeder Gemeindeleiter, der nicht die Last seiner
Pflicht empfindet, sollte von seiner Leitungsposition zurücktreten.

Aber Unterscheidung ist nicht nur die Pflicht von Pastoren und
Ältesten. Dieselbe sorgfältige Unterscheidung, die Paulus von Pastoren
und Ältesten verlangt, ist auch die Pflicht eines jeden Christen.
1.Thessalonicher 5,21 ist an die gesamte Gemeinde gerichtet:
»Prüfet aber alles!«.

Das Wort »sorgfältig« wurde z.B. in der englischen NASB von
den Übersetzern eingefügt, um die Bedeutung hervorzuheben.
Wenn wir den Satz wörtlich übersetzen, lautet er nur: »Prüft alles.
« Aber die Vorstellung, die unser Wort sorgfältig vermittelt,
ist in dem griechischen Wort dokimazō, das hier mit »prüfen«
übersetzt wird, enthalten. Es ist im Neuen Testament ein geläufiges
Wort. An anderen Stellen wird es auch mit »erkennen«, oder
»erproben« übersetzt. Es beschreibt den Prozess des Testens einer
Sache, um ihre Echtheit zu bestätigen, zum Beispiel das Testen
wertvoller Metalle. Paulus drängt die Gläubigen dazu, alles, was
sie hören, eingehend zu prüfen, um zu erkennen, ob es echt ist,
um das Wahre vom Falschen zu unterscheiden, um das Gute vom
Bösen zu unterscheiden. Mit anderen Worten: Er möchte, dass
sie alles kritisch untersuchen. »Prüft alles«, sagt er. »Richtet über
alles.«

Augenblick mal! Was ist denn mit Matthäus 7,1 (»Richtet nicht,
damit ihr nicht gerichtet werdet!«)? Normalerweise zitiert irgendjemand
diesen Vers und erklärt, dass dadurch jegliche Art von kritischer
oder analytischer Beurteilung dessen, was andere glauben,
ausgeschlossen wird. Wollte Jesus Christen damit verbieten, das,
was in seinem Namen gepredigt wird, zu beurteilen?

Natürlich nicht. Die geistliche Unterscheidung, zu der Paulus
aufruft, unterscheidet sich von der richtenden Einstellung, die Jesus
verbot. In Matthäus 7 erklärt Jesus weiter:

Denn mit welchem Gericht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden,
und mit welchem Maß ihr messt, wird euch zugemessen werden.
Was aber siehst du den Splitter, der in deines Bruders Auge
ist, den Balken aber in deinem Auge nimmst du nicht wahr? Oder
wie wirst du zu deinem Bruder sagen: Erlaube, ich will den Splitter
aus deinem Auge ziehen; und siehe, der Balken ist in deinem
Auge? Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge, und
dann wirst du klar sehen, um den Splitter aus deines Bruders Auge
zu ziehen. (V. 2-5)

Offensichtlich verurteilte Jesus hier das heuchlerische Richten derer,
die für andere höhere Maßstäbe anlegten als für sich selbst. Mit
Sicherheit wollte er nicht sagen, dass jegliches Richten verboten
ist. Jesus deutet hier sogar an, dass es richtig ist, den Splitter aus
dem Auge des Bruders zu ziehen – wenn man zuerst den Balken
aus seinem eigenen Auge gezogen hat.

An anderen Stellen in der Bibel wird uns jedoch verboten, die
Beweggründe oder Meinungen anderer Menschen zu verurteilen.
Wir sind nicht in der Lage, die »Gedanken und Gesinnungen des
Herzens« (Hebr 4,12) zu erkennen. Das ist ein göttliches Vorrecht.
Nur Gott kann das Herz richten, weil nur Gott es sehen kann (1Sam
16,7). Er allein kennt die Geheimnisse des Herzens (Ps 44,22). Er
allein kann unsere Motivation prüfen (Spr 16,2). Und er allein wird
»das Verborgene der Menschen [richten] … durch Jesus Christus«
(Röm 2,16). Das ist nicht unsere Aufgabe. »So verurteilt nichts vor
der Zeit, bis der Herr kommt, der auch das Verborgene der Finsternis
ans Licht bringen und die Absichten der Herzen offenbaren
wird« (1Kor 4,5).

Verboten sind das heuchlerische Richten und das Verurteilen der
Gedanken und Motive anderer. Andere Arten des Richtens sind jedoch
ausdrücklich geboten. Immer wieder wird das Volk Gottes
in der Schrift ermahnt, zwischen Wahrheit und Irrtum, richtig und
falsch, gut und böse zu richten. Jesus sagte: »Richtet ein gerechtes
Gericht« (Joh 7,24). Paulus schrieb den Gläubigen in Korinth:
»Ich rede als zu Verständigen; beurteilt ihr, was ich sage« (1Kor
10,15). Es wird deutlich, dass Gott von uns Diskriminierung verlangt,
wenn es um die gesunde Lehre geht.

Ebenso sollen wir einander richten, wenn wir mit offenen Sünden
konfrontiert werden. Paulus schrieb: »Richtet ihr nicht, die drinnen
sind? Die aber draußen sind, richtet Gott. Tut den Bösen von euch
selbst hinaus« (1Kor 5,12-13). Damit spricht er dieselbe disziplinarische
Maßnahme an, die Jesus in Matthäus 18,15-20 erwähnt.

Mindestens eine weitere Art des Richtens wird von jedem Gläubigen
verlangt. Wir müssen uns selbst prüfen und richten: »Wenn wir
uns aber selbst beurteilten, so würden wir nicht gerichtet« (1Kor
11,31). Dieser Vers fordert uns auf, unser eigenes Herz sorgfältig
zu prüfen und zu beurteilen. Paulus rief dazu auf, diese Selbstüberprüfung
jedes Mal durchzuführen, wenn wir am Abendmahl
teilnehmen (V. 28). Alle weiteren richtigen Arten des Richtens sind
von dieser ehrlichen Selbstprüfung abhängig. Das meinte Jesus,
als er sagte: »Ziehe zuerst den Balken aus deinem Auge« (Lukas
6,42).

Es wird deutlich, dass die Aufforderung in 1.Thessalonicher 5,21
»Prüft aber alles!« in keiner Weise der biblischen Kritik am Verurteilen
anderer widerspricht. Die Unterscheidung, zu der hier aufgerufen
wird, ist eine lehrmäßige Unterscheidung. Die Konjunktion
in diesem Satz – »Prüft aber alles!« – stellt eine Verbindung zu den
»Weissagungen« her, die in Vers 20 erwähnt werden.

Eine Weissagung war nicht in erster Linie eine neue Offenbarung.
Die Gabe der Prophetie im Neuen Testament hat mehr mit
dem Verkündigen des Wortes Gottes zu tun als mit dem Empfangen.
Im Kontext dieses Abschnitts wird deutlich, dass jede geistliche
Botschaft gemeint ist, die die Thessalonicher empfingen – jede
Botschaft, die den Anspruch der göttlichen Zustimmung oder Autorität
erhob.

Die ungewöhnlich leichtgläubigen Thessalonicher schienen in
dieser Hinsicht ein Problem zu haben. Wie viele Menschen heute
glaubten sie eifrig alles, was im Namen Christi gepredigt wurde.
Sie übten keine Unterscheidung. Deshalb spricht Paulus in seinen
beiden Briefen an die Thessalonicher diesen beständigen Mangel
an Unterscheidung an. Im ersten Brief findet man zum Beispiel
Hinweise darauf, dass jemand die Thessalonicher hinsichtlich der
Wiederkunft Christi verwirrt hatte. Sie erlebten eine Zeit intensiver
Verfolgung, und einige dachten scheinbar, sie hätten die Wiederkunft
Christi verpasst. In Kapitel 3 lesen wir, dass Paulus Timotheus
von Athen aus vor allem deshalb geschickt hatte, um sie zu
stärken und in ihrem Glauben zu ermutigen (V. 2). Es herrschte
eine unerklärliche Verwirrung darüber, warum sie verfolgt wurden.

Paulus musste sie daran erinnern, dass »ihr selbst wisst, dass wir
dazu bestimmt sind; denn auch als wir bei euch waren, sagten wir
euch vorher, dass wir Drangsale haben würden« (V. 3-4). Scheinbar
hatte sie jemand gelehrt, dass Gläubige, die vor der Wiederkunft
Christi starben, dieses Ereignis komplett verpassen würden.

Es herrschte eine ernsthafte Verwirrung. Die Kapitel 4 und 5 enthalten
Paulus’ Bemühungen, diese Verwirrung zu beseitigen. Er
erklärt ihnen, dass die Toten in Christus auferstehen werden und
zugleich mit den Lebenden entrückt werden (4,16-17). Und er versichert
ihnen, dass sie keine Angst zu haben brauchen, dass sie unbedacht
überrascht werden könnten (5,3-6), auch wenn der Tag wie
ein Dieb in der Nacht kommen wird (V. 2).

Bereits kurze Zeit später muss Paulus erstaunlicherweise einen
zweiten Brief schreiben, in dem er den Thessalonichern wieder
versichern musste, dass sie kein großes Ereignis auf dem prophetischen
Kalender verpasst hatten. Es scheint, als ob jemand ihnen
einen gefälschten Brief geschickt hatte, der angeblich von Paulus
sein sollte und in dem stand, dass der Tag des Herrn schon gewesen
sei. Von einem solchen Trick hätten sie sich nicht hinters Licht führen
lassen dürfen, weil Paulus sich in seinem ersten Brief schon so
deutlich dazu geäußert hatte. Wieder schrieb er ihnen: »Wir bitten
euch aber, Brüder, wegen der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus
und unserer Vereinigung mit ihm, dass ihr euch nicht schnell in
eurem Sinn erschüttern lasst noch erschreckt werdet, weder durch
Geist, noch durch Wort, noch durch Brief, als seien sie von uns,
als ob der Tag des Herrn da wäre. Lasst euch von niemand auf
irgendeine Weise verführen« (2Thes 2,1-3). Es gab keine Entschuldigung
für ihre chronische Leichtgläubigkeit.

Warum waren sie so empfänglich für falsche Lehren? Mit Sicherheit
war der Grund der, dass sie keine Unterscheidung übten.
Die Thessalonicher überprüften nicht alles im Lichte des Wortes
Gottes. Hätten sie dies getan, wären sie nicht so leicht getäuscht
worden. Genau aus diesem Grund ermahnte Paulus sie: »Prüft alles!
«
Es ist wichtig zu erwähnen, dass die Thessalonicher gegenüber
den Christen heute im Nachteil waren. Sie hatten noch nicht alle
geschriebenen Bücher des Neuen Testaments vorliegen. Paulus
schrieb diese beiden Briefe an die Thessalonicher sehr früh in der
neutestamentlichen Zeit – etwa um 51 n.Chr. Die beiden Briefe
wurden wahrscheinlich im Abstand von nur wenigen Monaten geschrieben
und gehören zu den frühesten der neutestamentlichen
Schriften. Die wichtigste Quelle der autoritativen Wahrheit des
Evangeliums war für die Thessalonicher die Lehre des Paulus. Als
Apostel lehrte Paulus mit absoluter Autorität. Wenn er lehrte, war
seine Botschaft das Wort Gottes. Er lobte sie dafür, dass sie das
erkannten: »Und darum danken auch wir Gott unablässig, dass, als
ihr von uns das Wort der Kunde von Gott empfingt, ihr es nicht als
Menschenwort aufnahmt, sondern, wie es wahrhaftig ist, als Gottes
Wort, das in euch, den Glaubenden, auch wirkt« (1Thes 2,13). An
anderer Stelle erklärte er, dass die Anweisungen, die er gibt, durch
die Autorität Jesu Christi gegeben sind (4,2).

Der Inhalt seiner Lehren bestand aus denselben Wahrheiten, die
wir im ganzen Neuen Testament wiederfinden. Woher wissen wir
das? Paulus selbst sagte es. Selbst während er seinen inspirierten
Brief an sie schrieb, erinnerte er sie daran: »Erinnert ihr euch
nicht, dass ich dies zu euch sagte, als ich noch bei euch war?«
(2Thes 2,5). Durch das geschriebene Wort wurden die autoritativen
Wahrheiten, die er sie schon persönlich gelehrt hatte, bestätigt
und für alle Zeit festgehalten. Diese Briefe waren eine schriftliche
Erinnerung an das, was sie Paulus selbst schon hatten sagen hören
(1Thes 4,2).

2.Thessalonicher 2,15 bestätigt das: »Steht fest und haltet die
Überlieferungen, die ihr gelehrt worden seid, sei es durch Wort
oder durch unseren Brief.« Dadurch erklärt er zuallererst, dass seine
Briefe an sie autoritativ waren, inspirierte Wahrheit. Dieser Vers
ist eine klare Feststellung von Paulus, dass er selbst diese Briefe als
inspirierte Schrift ansah.

Beachten Sie aber auch, dass Paulus in diesem Vers die apostolischen
»Überlieferungen« mit dem geschriebenen Wort Gottes in
Zusammenhang bringt. Die »Überlieferungen«, die Christen brauchen,
um unterscheiden zu können, sind für alle Zeiten im Text
der Schrift festgehalten. Diejenigen, die behaupten, die apostoli
schen Überlieferungen seien eine andere Wahrheit zusätzlich zur
Bibel, versuchen oft, ihre Ansicht mit diesem Vers zu begründen.
Beachten Sie jedoch, dass Paulus nicht schreibt, dass »die Überlieferungen,
die [sie] gelehrt worden [sind]«, anders sind als das
geschriebene Wort Gottes. Stattdessen verbindet er beides und bestätigt,
dass das geschriebene Wort Gottes die einzige dauerhafte
und autoritative Aufzeichnung der apostolischen Überlieferungen
ist. Insbesondere erklärt er ausdrücklich, dass die Thessalonicher
keinen Worten oder Briefen trauen sollten, die angeblich aus apostolischen
Quellen stammen sollen. Nur das, was sie von Paulus’
eigenen Lippen gehört hatten und was sie in echten Briefen von
ihm gelesen hatten, sollten sie als autoritative göttliche Wahrheit
anerkennen. Aus diesem Grund unterschrieb Paulus seine Briefe
in der Regel »mit eigener Hand« (1Kor 16,21; Gal 6,11; Kol 4,18;
2Thes 3,17; Phim 19).

Wer das im Hinterkopf behält, kann 2.Thessalonicher 2,15 nicht
dazu heranziehen, um die Behauptung zu unterstützen, dass außerbiblische,
geistlich verbindliche »apostolische Überlieferungen«
mündlich durch Päpste und Bischöfe weitergegeben werden. Paulus’
Hauptaussage war, dass die Thessalonicher nur das, was sie
von seinen eigenen Lippen oder von seinem eigenen Stift empfangen
haben, als autoritativ akzeptieren sollten. Diese Wahrheiten
– das Wort Gottes – sollten der Maßstab sein, mit dem sie alles andere
prüfen sollten. Zwei weitere Verse bestätigen das. In 2.Thessalonicher
3,6 schreibt Paulus: »Wir gebieten euch aber, Brüder,
im Namen unseres Herrn Jesus Christus, dass ihr euch zurückzieht
von jedem Bruder, der unordentlich und nicht nach der Überlieferung
wandelt, die er von uns empfangen hat.« Und in Vers 14 fügt
er hinzu: »Wenn aber jemand unserem Wort durch den Brief nicht
gehorcht, den bezeichnet, habt keinen Umgang mit ihm, damit er
beschämt werde.«

Paulus bestätigt also, dass die Bibel der einzige verlässliche
Maßstab ist, nach dem Christen in der heutigen Zeit Botschaften,
die Wahrheit sein und von Gott kommen sollen, bewerten können.
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