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Ich habe einen Traum


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#1
Rolf

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Jesaja 65,17-25


17 Denn siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, dass man der vorigen nicht mehr gedenken und sie nicht mehr zu Herzen nehmen wird.
18 Freuet euch und seid fröhlich immerdar über das, was ich schaffe. Denn siehe, ich will Jerusalem zur Wonne machen und sein Volk zur Freude,
19 und ich will fröhlich sein über Jerusalem und mich freuen über mein Volk. Man soll in ihm nicht mehr hören die Stimme des Weinens noch die Stimme des Klagens.
20Es sollen keine Kinder mehr da sein, die nur einige Tage leben, oder Alte, die ihre Jahre nicht erfüllen, sondern als Knabe gilt, wer hundert Jahre alt stirbt, und wer die hundert Jahre nicht erreicht, gilt als verflucht.
21 Sie werden Häuser bauen und bewohnen, sie werden Weinberge pflanzen und ihre Früchte essen.
22 Sie sollen nicht bauen, was ein anderer bewohne, und nicht pflanzen, was ein anderer esse. Denn die Tage meines Volks werden sein wie die Tage eines Baumes, und ihrer Hände Werk werden meine Auserwählten geniessen.
23 Sie sollen nicht umsonst arbeiten und keine Kinder für einen frühen Tod zeugen; denn sie sind das Geschlecht der Gesegneten des Herrn, und ihre Nachkommen sind bei ihnen.
24 Und es soll geschehen: ehe sie rufen, will ich antworten; wenn sie noch reden, will ich hören.
25 Wolf und Schaf sollen beieinander weiden; der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind, aber die Schlange muss Erde fressen. Sie werden weder Bosheit noch Schaden tun auf meinem ganzen heiligen Berge, spricht der Herr.



„Ich habe einen Traum!“ Diese Worte von Martin Luther King haben Menschen
überall in Amerika und in der ganzen Welt mit Begeisterung erfüllt. Er hatte
einen Traum von einem Land, in dem Schwarze und Weisse gleichberechtigt in
Frieden leben können. Auch der Prophet in Jesaja 65 hat einen Traum. Sollten
wir versuchen, diesen Traum von Heilung umzusetzen? Oder ist er nur ein Hirngespinst?


Der Hintergrund

Die Vision, die der Prophet in diesem Text wiedergibt, ist aussergewöhnlich; es ist die Vision einer neuen Welt ohne Weinen, ohne Gewalt, ohne Unheil. Was für eine Welt hat einen solchen Traum hervorgebracht? Er steht am Ende des Jesajabuches, das zahlreiche Prophezeiungen von Untergang und Katastrophen enthält; so steht dieser Traum da wie ein Fanal, wie ein Hoffnungszeichen.

Was steht hinter dieser grossen Hoffnung? Das einzige Mal in der Vergangenheit Israels, in der das Land eine längere Epoche
des Friedens und Wohlstands erlebte, war unter König Salomo. Aber auch da hatte der Wohlstand seinen Preis. In erheblichem Umfang wurde Sklaven- und Zwangsarbeit für den Bau von Salomos Tempel und Palast eingesetzt. Nur wenige Menschen lebten in Wohlstand, viele waren arm. Als Salomo starb, zerfiel das Reich.

Israel litt unter ägyptischer, syrischer, babylonischer, assyrischer und persischer Bedrohung. Israel war ein kleines Land,
und die Grossmächte wollten es beherrschen. Die letzte Demütigung kam mit dem all Jerusalems 586 vor Christus, als der
Tempel und der Palast, die Salomo gebaut hatte, geplündert wurden. Die Führung des israelitischen Volkes wurde ins Exil verschleppt, wo sie unter fremder Herrschaft leben musste. All das geschah, sagten Propheten wie Jeremia und Hesekiel, weil Israel den Bund gebrochen hatte und Jahwe untreu gewesen war. Israel wurde von Gott verdammt und von den Weltmächten unterjocht.

Die Vision einer neuen Erde und eines neuen Himmels

Nachdem Generationen von Propheten Unheil angekündigt hatten, hat der Prophet in Jesaja 65 einen Traum. Dieser Prophet
sieht eine neue Welt heraufziehen, die grösser ist als das Reich Salomos. Hören Sie noch einmal diese Eingangsvision:

„Denn siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, dass man der vorigen nicht mehr gedenken und sie nicht mehr zu Herzen nehmen wird. Freuet euch und seid fröhlich immerdar über das, was ich schaffe. Denn siehe, ich will Jerusalem zur Wonne machen und sein Volk zur Freude“ (Jes 65,17-18).


Was bedeutet diese Vision Ihrer Ansicht nach? Ist sie ein Traum, dem es sich zu folgen lohnt? Die Vision am Anfang des Abschnitts besteht aus drei Teilen: der Verwandlung der Welt, der Heilung böser Erinnerungen und der Schaffung eines neuen Jerusalem. Die hier dargestellte Szene ist keine Vision des Weltendes. Der neue Himmel und die neue Erde sind ganz anders. Sie sind so verwandelt, dass sie wie eine neue Schöpfung sind. Sogar der Ausdruck „schaffen“ aus 1.Mose 1,1 wird hier benutzt.

In den folgenden Versen wird deutlich, dass wir von einer verwandelten Schöpfung sprechen: wir begegnen demselben Jerusalem, denselben Weinbergen, denselben Menschen, die dort leben und sterben. Doch die Dinge haben sich von Grund auf gewandelt! Wenn dies eine Vision für das Volk Gottes ist, warum muss Gott dann Himmel und Erde verwandeln? Weil auch sie unter dem Gericht Gottes gelitten haben, auch sie haben den Fluch zu spüren bekommen – Hungersnöte, Verwüstung, Gewalt. Auch sie müssen erneuert werden.

Die Vision eines neuen Zion


Zur Vision gehört auch ein neues Jerusalem oder, mit seinem heiligen Namen, ein neuer Zion. Zion steht aus mehreren Gründen im Mittelpunkt. Jerusalem, der heiligen Stadt des Volkes Gottes, ist Gewalt angetan worden. Sie wurde entweiht und niedergebrannt. Ein verwandeltes Jerusalem bedeutete Heimat, einen Ort, an dem Gottes Volk sich der Gegenwart und Fürsorge Gottes sicher sein konnte, einen Ort, den er „meinen heiligen Berg“ (Vers 25) nannte. Jerusalem aber war mehr als eine Stadt für das Volk Gottes. Es galt zugleich als Mittelpunkt der Erde. Diese Vorstellung eines heiligen Mittelpunktes wird gelegentlich auch „Nabel der Erde“ genannt. Zion ist heilig und der Nabel der Erde, der Ort, wo Leben entsteht, die aufs Höchste mit Leben erfüllte Mitte, von der Leben und Gottes Gegenwart ausstrahlen.

Mit der Erneuerung Jerusalems wird daher der Nabel der Erde selbst, die Quelle des Lebens, mit neuem Leben erfüllt
und die ganze Erde verwandelt. Verständlicherweise wird dann Jerusalem zur „Freude“, zur Freude für die ganze Erde geschaffen. An diesem Freudenort wird Gott „sich freuen“, singen und lebendig werden.

Welch eine Vision!

Die Vision – geheilte Erinnerungen

Ein Punkt, der häufig von AuslegerInnen dieses Abschnitts übergangen wird, ist die sie um die Früchte ihrer Arbeit bringen.
Alle Menschen können sich ihrer Arbeit erfreuen und die Früchte ihrer Mühe geniessen (Vers 22). Sie dürfen darauf hoffen,
dass ihnen die Kinder, die sie zur Welt bringen, nicht mehr von ihren Widersachern oder durch irgendwelches Unheil weggenommen oder getötet werden (Vers 23). Gott wird sie segnen mit erfülltem Leben und ihre Erinnerungen an zerbrochenes und geschundenes Leben heilen.

Die Vision – keine Gewalt

Am Ende des Traums hat der Prophet ein Bild vor Augen, das der Szene ähnlich ist, die das Kommen des Messias in Jesaja
11,5-9 beschreibt. In der neuen Welt wird es keine Gewalt mehr geben. Um das besonders hervorzuheben, schildert der Prophet, wie Tiere - der Löwe und der Wolf - sich dem gegenüber, was naturgemäss ihre Beute wäre, freundlich verhalten. Das friedliche Tierreich ist eine Metapher für eine friedliche Welt. Ebenso wie der erste Vers auf eine Verwandlung der materiellen Welt hinweist, ist wohl auch diese Szene mehr als eine Metapher. Die Gewalt, die der materiellen Welt Wunden geschlagen hat, soll es nicht mehr geben. Auch die Natur kommt in dem Traum vor, kein Fluch lastet mehr auf ihr, und sie ist frei von Grausamkeit.

Zu Weihnachten kommt dieses Bild einer Welt, in der Menschen und Tiere „Frieden auf Erden“ feiern, gelegentlich in Krippendarstellungen und auch anderswo vor. Ist Weihnachten unsere christliche

Version dieser Vision?

Wo ist die Vision geblieben?

Es ist tragisch und widersinnig zugleich, dass ausgerechnet Jerusalem, die Stadt, in der der Prophet seinen Traum erfüllt sah,
heute ein Ort der Gewalt ist. Die Völker mdes modernen Israel und Palästina leben nicht in Frieden, sondern in einer endlosen Gewaltspirale. Und was wir in den Medien sehen, ist nichts als Gewalt. Ist die Vision des Propheten nur ein Hirngespinst?

Zunächst muss anerkannt werden, dass sich in beiden Lagern Menschen für den Frieden einsetzen. Eine solche Gruppe
nennt sich RabbinerInnen für den Frieden. Sie lehnt das militante zionistische Konzept ab. Ähnliche Gruppen von ChristInnen und MuslimInnen suchen ebenfalls nach Wegen zu Gerechtigkeit und Frieden.

Natürlich ist Frieden inmitten von Krieg schwer vorstellbar. Im März 2002 drangen israelische Panzer in die lutherische
Schule in Bethlehem, Palästina, ein und besetzten sie. Was würden Ihre Kinder sagen, wenn ihre Schule von Panzern und
Soldaten beschädigt würde? Was würden sie von Jerusalem halten, einem Ort, von dem aus Raketen abgeschossen werden?
Es ist bemerkenswert, dass der lutherische Pfarrer der Kirche und Schule in Bethlehem sehr wohl eine Friedensvision hat und
sich darum bemüht, Erinnerungen zu heilen. Wenn die Kinder in die Schule zurückkehren, sollen sie sich auf den Frieden, nicht auf Rache konzentrieren. Es ist nicht so einfach, mit Menschen in Panzern Frieden zu schliessen – es sei denn, man hat eine Hoffnungsvision!

Norman Habel
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