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Der Scientology - Krimi Teil 2


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#1
Rolf

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»Viele destruktive religiöse Gruppen wären für junge Menschen weniger gefährlich, wenn bereits zu Anfang so etwas wie eine Gesamtdarstellung der Lehre und Organisation gegeben würde.«

(Aus: Jugendliche in destruktiven religiösen Gruppen. Bericht der Landesregierung Rheinland-Pfalz über die so genannten neuen Jugendreligionen.)

»Vieles würde als absurd empfunden und abschreckend wirken.«

Die Scientology-Sekte wirkt in höchstem Maße absurd und abschreckend, wenn man einmal einen Überblick gewonnen hat. Einen solchen Überblick gewinnt allerdings in aller Regel kein Außenstehender. Das Mitglied wird schrittweise »eingeweiht«. Allerdings nur so weit, als unbedingt erforderlich. Jedes Mitglied bekommt nur diejenigen Informationen, die ihm gegeben werden müssen, um ihn davon zu überzeugen, daß die Buchung weiterer Kurse notwendig ist.

Dieses Prinzip der geplanten Desinformation gilt insbesondere auch für die Mitarbeiter der Scientology-Sekte. Was man nicht weiß, kann man nicht verplappern.

Beispiel: die Deutschland-Zentrale der Sekte bekam einen neuen Pressesprecher, Kurt Weiland (als Nachfolger des Andreas Ostertag). Ein Pressesprecher muß natürlich darüber Bescheid wissen, welche Gerichtsverfahren anhängig sind und waren. Was läge also näher, als daß ihn entweder der frühere Pressesprecher informiert, oder aber sonstige Mitarbeiter.

Tatsächlich wurde Kurt Weiland vom GUARDIAN OFFICE der Englischen Sekten-Zentrale nicht umfassend informiert. Das Guardian-Office (Wächter-Büro, Sicherheits-Büro) ist eine Art übergeordneter Organisation, die unabhängig von den jeweiligen örtlichen Scientology-Organisationen operiert. Das Guardian-Office scheint im Umgang mit der Presse vorwiegend ein Sicherheitsproblem zu sehen. Folglich sind seine Informationen erheblich gefiltert und müssen schließlich noch übersetzt werden. Der Pressesprecher kann diese Informationen nun nach seinem Geschmack auslegen.

Wenn beispielsweise der Brief vom Guardian-Office keine Informationen über Prozesse enthält, dann kann Scientology folglich auch keine Prozesse verloren haben.

Wenn selbst Pressesprecher Weiland nur gezielt und nicht etwa umfassend informiert wird, so muß dies umso mehr für alle anderen Mitarbeiter und Mitglieder gelten, die kaum in die Verlegenheit kommen, konkrete Fragen beantworten zu müssen.
Heinemann 1979 : "Die Scientology-Sekte ..." Seite 30

»Viele destruktive religiöse Gruppen... decken ihre Karten nie ganz auf, sondern haben Stufen der Einweihung und Erleuchtung entwickelt. Diese Stufen sind dann oft auch Stufen des Abbaus des kritischen Denkvermögens, so daß am Schluß alles geglaubt wird, was immer es auch sei.«

(Bericht der Landesregierung Rheinland-Pfalz)

Diese zutreffende Einschätzung der Lage gilt ganz besonders für Scientology. Geködert wird mit einem Kommunikationskurs. Derartiges wird auch von den Volkshochschulen und zahlreichen anderen Organisationen angeboten. Die Teilnehmer glauben also, an einer völlig normalen Veranstaltung teilzunehmen. Ungewöhnlich mag ihnen erscheinen, daß sie ihrem Gegenüber minutenlang starr in die Augen blicken sollen. Aber das wird als unerläßlich hingenommen.

In diesem Stadium ist den Teilnehmern häufig unbekannt, daß sie einer Sekte oder einer Kirche beigetreten sind. Ebenso unbekannt dürfte den meisten sein, daß sie dort als Preclear bezeichnet werden, als Nicht-Geklärte, als Unwissende. Sie wissen auch nicht, daß ihnen - geht es nach der Sekte - ein langer und teurer Weg bevorsteht, auf dem der Clear, der Geklärte, der Wissende, nur eine erste Stufe ist.

Zunächst fällt dem Teilnehmer das Vokabular auf. Es ist meist Amerikanisch oder dem Amerikanischen entlehnt. Da kaum jemand fließend Amerikanisch spricht, scheint es nur natürlich, daß man Vokabeln lernen muß.

Hier wird jetzt ein »Studierpaket« angeboten. Auch die Begründung dafür erscheint plausibel: der »Student« soll nicht nur Vokabeln pauken, er soll vielmehr auch gleich lernen, was die Vokabeln bedeuten. »Wortklären« nennt die Scientology-Sekte das.

Damit kein Mißverständnis entsteht: es ist sinnvoll, sich immer mal wieder der ursprünglichen Bedeutung bestimmter Worte zu vergewissern. Aber genau hier beginnt die Manipulation: dem Teilnehmer wird in der Regel nicht gesagt, ob das fragliche Wort zu der amerikanischen Umgangssprache gehört oder aber ein Scientology-Kunstwort ist. Noch weniger wird gesagt, ob die erklärte Bedeutung die übliche ist, oder aber diejenige, den Scientology dem Wort beimißt.

Das beginnt bereits mit den Worten »Scientology« und »Dianetic« Umständlich wird erklärt, daß die Worte aus lateinischen und griechischen Teilen zusammengesetzt sind, so wie dies auch in Wörterbüchern bei allgemein gebräuchlichen Fremdworten üblich ist. Mit keinem Wort wird jedoch darauf hingewiesen, daß es sich um ein Kunstwort handelt. Dieses Kunstwort wurde nicht von Sektengründer Hubbard erfunden, denn der Deutsche A. Nordenholz hat bereits 1934 in München ein Buch mit dem Titel »Scientologie« geschrieben. Dieses Buch wurde auch ins Amerikanische übersetzt, wobei automatisch aus dem »ie« ein »y« wird, aus Scientologie wird also das von Hubbard gebrauchte Scientology. Dies wäre die eigentliche Wortgeschichte, die allerdings mit keinem Wort erwähnt wird.

Zur weiteren Erleichterung des Wortklärens wird ein eigenes Scientology-Wörterbuch angeboten, zum Preis von ca. 100. - DM. Auch darin findet sich kaum ein verständlicher Hinweis darauf, daß es sich um Scientology-Kunstworte handelt. Ein Scientology-Kunstwort kann selbstverständlich weder in der Umgangssprache noch in einer Fremdsprache eine Bedeutung haben.

Wortklären und Redefinieren von Worten

Wortklären wird der Vorgang den Teilnehmern gegenüber genannt. Intern hat jedoch der Begriff »redefinieren von Worten« Verwendung. Es zeigt, wie Scientology mit der Bedeutung von Worten umgeht und ist somit beispielhaft für den manipulatorischen Effekt des Wortklärens. Deshalb hier der vollständige Text der entsprechenden Führungsanweisung des Sektengründers Hubbard:

Hubbard-Kommunikations Büro (abgekürzt: HCO)
Samt Hill Manor, East Grinsted, Sussex
HCO Politik Brief vom 5. Oktober 1971
POLITIK DURCH REDEFINITION VON WORTEN
(Anm.: Redefinition = etwa Rück- oder Gegendefinition)
Eine langfristige Technik der Propaganda, die von den Sozialisten (gleichermaßen Kommunisten und Nazis) benutzt wurde, ist für PR-Praktiker von Bedeutung (Anm.: PR - Öffentlichkeitsarbeit, auch Propaganda). Ich kenne keine Stelle der PR-Literatur, in der sie erwähnt wäre. Aber die Einzelheiten zirkulierten mündlich in Kreisen der Intelligenz und sie ist laufend in Gebrauch.
Der Trick ist - Worte sind zu redefinieren, bis sie zum Vorteil des Propagandisten etwas anderes bedeuten.

Ein wichtiges Beispiel ist das Wort KAPITALIST. Früher bedeutete es »jemand, der seine Einkünfte daraus bezieht, daß er anderen Geld leiht«. In der Volkswirtschaftslehre ist das noch heute die Definition. Durch die Redefinition der Propaganda wurde er eine Person mit Reichtum, die in Geschäfte investiert (wodurch er zum Eigentümer wird und nicht zum Bankier), und zur Zeit ist er jemand, der andere ausbeutet, Kriege anzettelt und Arbeiter niedertrampelt! In kurzer Zeit hat sich die Bedeutung des Wortes gewandelt durch die Anstrengungen derjenigen, die unter der Maske des Arbeiterfreundes danach trachten, alles im Lande in ihren Besitz zu bringen. Totalitärer Sozialismus muß private Eigentümer ausrotten mit dem Auftrag, das Besitztum an sich zu reißen.

Somit eine intensive Konzentration auf die Redefinition der Wörter »Kapitalist« und »Kapitalismus«.

Es gibt viele solche Bespiele. Das sind keine »natürlichen« Änderungen der Sprache. Es sind Änderungen durch Propaganda, sorgfältig geplant und durch eine Werbekampagne durchgeführt mit dem Auftrag, bei der öffentlichen Meinung einen Vorteil für die Gruppe zu erlangen, welche die Propaganda durchführt.

Wird die Redefinition oft genug wiederholt, kann die öffentliche Meinung dadurch geändert werden, daß die Bedeutung eines Wortes geändert wird.

»Psychiatrie« und »Psychiater« ist leicht redefiniert in die Bedeutung »ein anti-sozialer Feind des Volkes«. Dadurch werden die verrückten und tötenden Psychiater von der Liste der bevorzugten Berufe verschwinden. Dies ist ein guter Gebrauch von dieser Technik, denn für ein Jahrhundert haben die Psychiater einen für alle Zeiten geltenden Rekord der Unmenschlichkeit an Menschen aufgestellt.

Die Redefinition von Wörtern wird dadurch bewirkt, daß andere Gefühle und Symbole mit ihnen verbunden werden, als diejenigen, die man erwartet.

Die Amerikanische Medizinische Gesellschaft (AMA) und die Nationale Gesellschaft für Geistige Gesundheit in England und Süd-Afrika und die »Britische Psychologische Gesellschaft« in Australien haben sehr hart daran gearbeitet, Scientology im öffentlichen Bewußtsein zu redefinieren.

Aus diesem Grund sind zwei Dinge eingetreten: die Scientologen redefinieren »Arzt«, »Psychiatrie« und »Psychologie« in die Bedeutung von »unerwünschte anti-soziale Elemente« und sie versuchen, die gegenwärtige Bedeutung von »Scientology« zu stabilisieren. Die AMA hat es sogar fertiggebracht, US-Wörterbücher zu veranlassen, »Dianetics« als eine »pseudo-Wissenschaft von Science-Fiction« zu redefinieren.

Die Nachrichten des Massenmedien werden glücklicherweise von der Öffentlichkeit weder respektiert, noch wird auf sie eingegangen. Die Massenmedien glauben, die öffentliche Meinung zu steuern, aber das Gegenteil kann eintreten.

»Die kapitalistische AMA versucht, der Bevölkerung die Wohltat neuer Entdeckungen wie der Scientology zu verweigern, weil sie die großen Profite ausrotten würde, welche die AMA mit den psychosomatischen Krankheiten der Leute macht.« - So könnte eine Erklärung lauten, durch welche die Umkehr der Bedeutung bewirkt werden könnte. Man muß die Propagandisten finden, bombardieren und anprangern, um Fortschritte gegen solche Versuche der Redefinition zu machen. Man muß die Propagandisten brandmarken und die Bemühungen des Redefinierens anfachen, indem man dazu eine ständige PR-Kampagne benutzt. Man kann die Redefinition auch dazu benutzen, den Versuch des Redefinierens bIoßzustellen.

Ein typischer Fall ist das Wort »Psychologie«.

Websters Internationales Wörterbuch der Englischen Sprache - 1829 - definiert »Psychologie: eine wissenschaftliche Abhandlung oder eine Monographie über die menschliche Seele; die Lehre von der Natur und dem Gut der Seele. «

Websters Hochschul-Wörterbuch - 1892 - »Psychologie: die Kräfte und Funktionen der Seele.«

Merriam Websters 3. Internationales Wörterbuch von 1961: »Psychologie: die Wissenschaft des Geistes oder geistiger Phänomene oder Aktivitäten; das Studium des biologischen Organismus des Menschen und der körperlichen und sozialen Umgebung«.

Irgendwo auf diesem Weg hat der Mensch seine Seele verloren.

Wir suchen den Zeitpunkt und finden Professor Wundt, 1879, der in der Zeit Deutschlands größten Militarismus von Bismarck beauftragt wurde, zu versuchen, eine Philosophie zu finden, die seine Soldaten dazu bringt, Menschen zu töten. Und wir finden Hegel, den »großen« deutschen Philosophen, das Idol der Super-Sozialisten, der hervorgehoben hat, daß KRIEG VON ENTSCHEIDENDER BEDEUTUNG für die geistige Gesundheit der Bevölkerung ist.

Davon ausgehend können wir die moderne Psychologie redefinieren als ein deutsches militärisches System, welches dafür benutzt wurde, Männer für den Krieg in Form zu bringen und welches in amerikanischen und anderen Universitäten in den Zeiten mit öffentlichen Geldern unterstützt wurde, in denen die Regierungen Schwierigkeiten bei der Einberufung von Soldaten hatten. Eine verständliche Abhandlung darüber, warum »die da« für die Psychologie Reklame gemacht haben, wäre selbstverständlich ein Weg, ein bereits redefiniertes Wort zu redefinieren, nämlich »Psychologie«.

Der Weg, ein Wort zu redefinieren, besteht darin, die neue Definition so oft wie irgend möglich zu wiederholen. Dementsprechend ist es nötig, Medizin, Psychiatrie und Psychologie abwärts zu redefinieren und Dianetics und Scientology aufwärts zu definieren.

Soweit es Worte angeht, geht die Schlacht um die öffentliche Meinung darum, daß Deiner Definition geglaubt wird und nicht derjenigen der Opposition.

Konsequente und wiederholte Anstrengung ist der Schlüssel zu jedem Erfolg mit dieser Technik der Propaganda. Man muß wissen, wie es anzustellen ist.
L. RON HUBBARD
Gründer
LRH: mesrd
Copyright 1971 by L. Ron Hubbard, All Rights reserved


Derartige »Führungsanweisungen« sind in 20 umfangreichen DIN-A-4 Bänden zusammengefaßt, in englischer Sprache. Außerdem kosten sie weit über DM 2.000,--und sind schon deshalb nicht jedem Teilnehmer zugänglich.

Auf der untersten Stufe der Scientologen-Leitern - die es in zahlreichen Ausführungen gibt - wird noch nicht gesagt, daß Ärzte unerwünschte asoziale Elemente sind. Aber es wird schon einmal darauf hingewiesen, daß die meisten Krankheiten somatischen, also seelischen Ursprungs sind. Daraus ergibt sich dann zwanglos, daß ein guter seelischer Zustand - für den Scientology sorgen will - auch frei von allen möglichen Krankheiten macht. Dann braucht man auch keine Krankenversicherung mehr, und der Schritt zum Absurden ist nicht mehr weit. Die Mutter eines hauptberuflichen Scientology-Mitarbeiters stellte ihrem Sohn völlig zu Recht die besorgte Frage nach Kranken- und Rentenversicherung. Die Antwort entsprach der Logik der Scientologen:

EIN SCIENTOLOGE WIRD WEDER KRANK NOCH ALT.

Mit Datum vom 14.5.1979 schreibt das »Rechtsamt« der Sektenzentrale an die ABI (die ABI hatte die Organisation ZIEL als Tarnorganisation der Scientology-Sekte bezeichnet):

»Nun, wir vermuten, daß Sie diese unmögliche Behauptung nur aufstellen, um von der möglichen Tatsache abzulenken, daß die ABI selbst eine Tarnorganisation zur Verfolgung bestimmter sozialistisch- faschistischer Ziele ist. Ihre Aufmachung und die Art Ihrer gehässigen Kampagnen gegen konstruktive und sozial wertvolle Institutionen erinnern sehr an die frühere APO oder an die Tarngruppen zur Verbreitung der Nazi-Ideologie im Dritten Reich.«
und:

»Wir respektieren ihr mögliches Anliegen, einen Beitrag zur »Schaffung von Ordnung« in unserem Land zu leisten, weisen Sie aber darauf hin, daß wir bei Ihnen eher den Eindruck haben, daß Sie dies nicht im Sinne unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung tun, sondern Ihre Tätigkeit in Richtung eines sozialistisch-faschistischen Totalitarismus zielt.

Auch die Nationalsozialisten benützten den Willen des Menschen »Ordnung zu schaffen« als Vorwand für Ihre totalitären und menschenunwürdigen Ziele zu verfolgen.«

Das sind nun keineswegs zufällige und einmalige Entgleisungen. Mit Datum vom 19.9.1977 veröffentlichte die Sektenzentrale eine Pressemitteilung:

Scientology antwortet auf Falschberichte

Die jahrelangen Auseinandersetzungen mit den Elementen der Gesellschaft, die sich den sozialen Verbesserungen widersetzen, ließ einen gemeinsamen Nenner offenbar werden, der all den Operationen zugrunde liegt:

# sie schützen irgendwelche versteckten Interessen, die durch eine Enthüllung vor dem Antlitz der Öffentlichkeit gefährdet erscheinen.
# Diese Elemente unterhalten enge Verbindungen zu Psychiatern und bedienen sich wiederholt »autoritiver«, psychiatrischer Äußerungen.
# Ihre offensivste Waffe stellt die Verbreitung falscher Berichte dar.
# Sie betreiben Propaganda durch die Re-Definition von Worten (Degradierung eines wichtigen Wortes und kontinuierliche Wiederholung dieses Ausdrucks, so lange bis die »neue« Bedeutung unbewußt und vor allem weitläufig akzeptiert wird). «
Es folgen polemische Ausführungen über das Fernseh-Magazin »Report«, welches sich am 12.9.1977 mit der Scientology-Sekte befaßt hat. Den Scientologen geht es dabei insbesondere um die Information:

»Kleinmann ist der Vorsitzende der »Aktion Bildungsinformation«. Ebenso wie Maes und Haack stammt auch Kleinmann aus der »DDR« und ging dort zur Schule. Seit Jahren ist er bemüht, mit viel Energie falsche Behauptungen über die Scientology-Kirche zu verbreiten. (Momentan ist gegen ihn und seine »ABI« auch eine Strafanzeige anhängig, die ihn des Verstoßes gegen drei Gesetze des Strafgesetzbuches verdächtigt.)
Zu bedenken ist, daß die Empfänger dieser Presseerklärung üblicherweise weder Hubbards Anweisungen über den Umgang mit Scientology-Gegnern kennen, noch seine (oben abgedruckten) Anweisungen über das Re-Definieren von Worten.

Deshalb noch einmal ein kurzer Auszug aus Hubbards Anweisungen über den Umgang mit Gegnern:

»Wir haben keine Scientology-Kritiker ohne kriminelle Vergangenheit gefunden, wir haben dies noch und noch bewiesen.«
»Gruppen, die uns angreifen, sind, gelinde gesagt, nicht gesund.«

»Es ist sehr günstig für uns, daß wir nur von verrückten Gruppen angegriffen werden, da die Leute in diesem Zustand (1) unweigerlich das falsche Ziel wählen und (2) kein Durchhaltevermögen haben. Also sind sie nicht schwer zu besiegen, indem man (A) Einblicke in ihre versteckten Verbrechen verschafft und (B) selbst eine untadelige Lebensweise führt.«
»Diese Leute, die angreifen, haben Geheimnisse und versteckte Verbrechen.«

»Wenn wir untersuchen, fällt all dies auf den Angreifer zurück. Er zieht sich zu schnell zurück, als daß dieser Rückzug noch geordnet vonstatten gehen könnte. «

»Ein Angreifer ist wie eine Hausfrau, die im Rathaus erzählt, wie schrecklich ihr Nachbar sein Haus führt. Aber wenn man ihre Tür öffnet, fallen die Spülschüsseln und die dreckigen Windeln auf die Veranda.«

»Ich kann mehrere schwere Angriffe aufzählen, die zusammengebrochen sind, nachdem wir geräuschvoll eine Untersuchung über die Angreifer begonnen haben.«

»Diejenigen, die jemanden kritisieren, weil er Scientologe ist, können eine persönliche Überprüfung früherer Motive und Handlungen nicht überstehen. Das ist zufällig eine glückliche Tatsache für uns. Der Verbrecher scheut das Tageslicht, und wir sind das Tageslicht.«

»Der fortwährend von den Russen eingefädelte kalte Krieg hat einige Elemente westlicher Regierungen unter Druck zu Faschisten gemacht.«

»Kommunisten greifen uns nicht an, sie hetzen faschistische Elemente auf, so daß diese uns angreifen werden.«

Deshalb also ist die Information von Bedeutung, daß Kleinmann, Maes und Haack in der DDR in die Schule gegangen sind.

Und was ist mit der erwähnten Strafanzeige, die Kleinmann »des Verstoßes gegen drei Gesetze des Strafgesetzbuches« verdächtigt?

Zunächst einmal war jahrelang nichts über eine solche Anzeige zu erfahren. Später wurde der ABI bekannt, daß eine Strafanzeige wegen »Volksverhetzung« erstattet worden sei. Das Ermittlungsverfahren wurde später erwartungsgemäß eingestellt.

Dazu ist zu sagen, daß jedermann durch eine Strafanzeige ein Ermittlungsverfahren einleiten kann. Lediglich die wissentlich falsche Anzeige ist strafbar, nicht aber die falsche juristische Wertung, auch wenn diese noch so absurd ist. Das gilt natürlich besonders für so schwammige Tatbestände wie den der Volksverhetzung.


Gehirnwäsche und Psychomutation

Organisationsprinzip Desinformation: jeder weiß nur so viel, als er unbedingt wissen muß. Gleichzeitig wird die Bedeutung des Wissens durch »Wortklären« und »Redefinieren von Worten« verändert. Es entsteht eine Art geistiges Vakuum, denn die seitherigen Wertvorstellungen sind verschwunden. Dieses Vakuum wird mit Scientology-»'Wissen« aufgefüllt. »Studieren« wird dieser Vorgang genannt und dadurch scheinbar objektiviert. Denn »Studieren« bedeutet im heute üblichen Sinne des Wortes das Absolvieren einer Berufsausbildung, mit dem Ziel, davon zu leben. Ganz anders bei den Scientologen: das hier Erlernte kann außerhalb einer Scientology-Organisation nicht wirtschaftlich verwertet werden. Die Folge ist nicht selten geistige und wirtschaftliche Abhängigkeit.

Dieser Vorgang wird häufig als Gehirnwäsche bezeichnet, neuerdings auch als Psychomutation, als Umwandlung der Psyche. Derartige Begriffe halten wir für durchaus zutreffend, denn am Ende dieses Vorganges sind die Scientology-Anhänger bereit, auch das Unmögliche zu glauben, E-Meter-Schwindel und Clear-Scharlatanerie.


5. GEFAHR FÜR DIE DEMOKRATIE

Nach unserer Auffassung ist die Scientology-Sekte eine Gefahr für die Demokratie und zwar aus verschiedenen Gründen. Zum einen ist sie nicht irgend eine neue Sekte, sondern die mit Abstand größte der neuen Sekten:

ca. 150 000 Mitglieder. (Alle anderen zusammen nur wenige Tausend, von der Transzendentalen Meditation einmal abgesehen.)

Gegenüber anderen extremen Organisationen zweifellos eine sehr große Zahl. Hinzu kommen die Betroffenen: Angehörige, Verwandte, Freunde, Kollegen.

Nach außen gibt sich die Sekte keineswegs sektiererisch, wie beispielsweise jene, die durch gelbe Kutten, kahlgeschorene Köpfe und Tingeltangel zu erkennen geben, daß sie sich selbst außerhalb dieser Gesellschaft stellen.

Ganz anders Scientology: sie unterwandern die Gesellschaft, sie benutzen deren Regeln bis zum Exzeß, um der Gesellschaft ihre Werte aufzuzwingen. Und diese Werte sind antidemokratisch.

Demokratie, das ist - sehr kurz gesagt - die Herrschaft des Volkes. Herrschaft meint: die Regeln aufstellen und durchsetzen, nach denen die Gesellschaft ihr Zusammenleben regelt.

Scientology aber bedeutet: Ron L. Hubbard. Hubbard setzt die Regeln. Hubbard meint über die Demokratie, sie habe nur Inflation und Einkommensteuer gebracht. Hubbard haßt Steuern (viele Menschen tun das), und Hubbard erhebt quasi selbst Steuern: 10 % vom Bruttoumsatz.

Gefahr für die Demokratie: wir wissen, daß dies ein großes Wort ist. Wir werden deshalb versuchen, dieses zu erläutern.

Unser Grundgesetz regelt die fundamentalsten Grundsätze des Zusammenlebens, von denen nicht abgewichen werden kann. Dies sind die Grundrechte, die größtenteils mit den sog. Menschenrechten übereinstimmen. Von diesen Grundrechten hat aber keines den absoluten Vorrang vor den anderen. Und kein Grundrecht entbindet den Bürger von der Befolgung der Gesetze des Staates. Ob ein Gesetz selbst gegen das Grundgesetz verstößt, hat nur das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden und nicht der einzelne Bürger.

Religiös motivierte Ritualmorde sind selbstverständlich nicht vom Grundrecht der Religionsfreiheit gedeckt. Das wurden wohl auch Scientologen bestätigen. Warum aber sollte religiös motivierter Betrug zulässig sein? Aus genau diesem Grunde haben sich die Gerichte bisher nicht damit befaßt, ob die Scientology-Sekte eine Religion beinhaltet oder (nur) ein gigantischer Werbezirkus für Hubbard ist. Denn Gerichte sind nicht dazu berufen, abstrakte Streitfälle zu lösen. Gerichte sollen Einzelfall-Konflikte lösen.

Mißbrauch von Grundrechten

Nach Artikel 18 des Grundgesetzes verwirkt derjenige seine Grundrechte, der sie mißbraucht. Man wird sich diese Regelung genauer ansehen müssen.

Als Mißbrauch von Grundrechten muß es insbesondere auch angesehen werden, wenn ein Grundrecht exzessiv benutzt wird, um die Ausübung anderer Grundrechte zu verhindern.

Hier geht es um die Grundrechte
- der Religionsfreiheit und
- der Freiheit der Meinungsäußerung


Hierzu gleich ein Beispiel. Zuvor noch ein Wort zur Demokratie: nach liberalem Demokratieverständnis soll sich der Staat nur dort einmischen, wo ein Interessenausgleich nicht ohne staatlichen Eingriff zu Gunsten des Schwächeren möglich ist. Grundlage solcher Abwägungen ist die Meinungsfreiheit, die Pressefreiheit: Nicht verbieten, sondern überzeugen. Deshalb soll - und will wohl auch niemand - die Sekten oder die Scientology-Sekte verbieten. Aber man will und soll sie dem scharfen Wind der Meinungsfreiheit aussetzen: Meinungsfreiheit ersetzt Verbote.

Man kann sagen, daß die eine Freiheit das Regulativ der anderen ist: Scientology beruft sich auf die Religionsfreiheit und setzt sich damit den Meinungen Anderer und der Meinungsfreiheit aus.

Und zu einem haben sich die Gerichte längst durchgerungen: den Schutz der Meinungsfreiheit genießt nicht nur die »richtige«, sondern auch die »falsche« Meinung.

Die sogenannten klassischen Sekten nehmen dies hin und leiden stumm. So die »Wachturm«-Leute der Zeugen Jehovas, die stumm ihre Blätter hochhalten, und werden sie noch so beschimpft.

Die Scientologen sind da ganz anderer Auffassung:

» Wir sind keine halte-die-andere-Wange-hin-Religion«
Im Gegenteil: die Scientologen schlagen zurück und sind bei der Wahl ihrer Mittel nicht zimperlich
Die miesen Geschäfte der falschen Christen

So der Titel eines Artikels in der vom Heinrich-Bauer-Verlag herausgegebenen NEUEN REVUE vom 31.7.73. Diese Zeitschrift wird - wie heutzutage alle größeren Verlagsobjekte - auch im Ausland verkauft.

Dieser Artikel - vom Inhalt her keineswegs besonders sensationell - führte zu der wohl größten Prozeßwelle, welche die Welt je gesehen hat. Die Scientologen hatten darin schon Übung: den SPIEGEL hatten sie wegen zweier Artikel in Los Angeles, London und Hamburg verklagt und der SPIEGEL schloß schließlich zur Beendigung dieser Prozesse einen Vergleich, durch den er sich unter anderem verpflichtete, im Zusammenhang mit der Scientology-Sekte nicht mehr das Wort »profitbringend« zu verwenden. Außerdem verpflichtete sich der Spiegel, eine umfangreiche Gegendarstellung abzudrucken und nur so wird verständlich, daß der Spiegel am 17.8.78 einen umfangreichen Leitartikel veröffentlichte, der sich unter dem Titel »Jugendsekten - die neue Droge« mit den neuen Sekten befaßte, ohne deren Größte - die Scientology-Sekte auch nur mit einem Wort zu erwähnen.

Pressefreiheit bedroht

Nach diesem bewährten Muster gingen die Scientologen nun auch gegen den Heinrich-Bauer-Verlag vor. Prozesse wurden in Washington, Los Angeles und New York angestrengt, in Kopenhagen, London, Toronto, Frankfurt, München und Hamburg.
Heinemann 1979 : "Die Scientology-Sekte ..." Seite 40

In jedem dieser Länder gilt ein anderes Prozeßrecht, jeder Prozeß muß also nach anderen Regeln und von anderen Rechtsanwälten geführt werden. In einem Land ist der Urkundenbeweis das sicherste Beweismittel, in anderen Ländern müssen stattdessen Zeugen vorgeführt werden. Das Kalkül der Scientologen: jeder Verlag scheut diesen Aufwand und letztlich auch das Risiko, welches mit jedem Prozeß verbunden ist.

Beim Heinrich-Bauer-Verlag ging dieses Kalkül nicht auf: sein Justitiar begann, mit zähem Fleiß und großer Phantasie ein Informationsnetz zu den zahlreichen Prozeß- Schauplätzen aufzubauen und Informationen zu beschaffen und zu verteilen. Auch der Heinrich-Bauer-Verlag hat seither nichts wesentliches mehr über die Scientology-Sekte geschrieben, verständlich. Aber: er ist nicht zu Kreuze gekrochen, er hat sich nicht durch gerichtliche Vergleiche die Pressefreiheit beschneiden lassen.

Bei den Prozessen in Washington, Los Angeles und New York ging es jeweils um Schadensersatzforderungen der jeweiligen Scientologen-Organisationen in Millionenhöhe. Damit war der Verlag offenbar nicht kleinzukriegen. Deshalb holte die Sekte zu einem großen Schlag aus.

Der Milliarden-Prozeß

Am 4.10.1973 geschah etwas bisher nie dagewesenes: der holländische Zweig der Scientology-Sekte reichte eine Klage ein, mit der Schadensersatz in bisher unvorstellbarer Höhe gefordert wurde. Die Beklagten: Dr. Horst Herold, Chef des Bundeskriminalamtes, der Heinrich-Bauer-Verlag, zwei Journalisten und schließlich der Zeitungs-Großhändler. Schauplatz dieses Prozeß-Monsters: Amsterdam.

Auch in dieser Klageschrift beklagen sich die Scientologen über den Artikel »Die miesen Geschäfte der falschen Christen«. Die Sekte und ihre Bosse fühlen sich durch diesen Artikel geschädigt. Das Gericht soll nicht nur feststellen, daß dieser Artikel verleumderisch und beleidigend ist. Es soll die Beklagten auch noch verurteilen, Schadenersatz zu bezahlen und zwar »Hfl. 1.000.000.000.- (eine Milliarde Gulden)« Das ist ca. 1 Milliarde Mark. Zusätzlich soll noch jeder der Sektenbosse für sich 10.000.- DM bekommen.

1 Milliarde Mark: um solch einen Riesen-Betrag wurde wohl noch nie prozessiert. Der Heinrich-Bauer-Verlag beschäftigt einen der am besten bezahlten Manager der Welt: 2 Millionen soll dieser im Jahr bekommen. Er müßte 500 Jahre auf sein Gehalt verzichten, damit die Milliarde an die Scientologen bezahlt werden könnte. Denn 1 Milliarde, das sind tausend Millionen. Vermutlich wären alle hauptberuflichen Scientology-Mitarbeiter schlagartig Millionäre.

1 Milliarde Mark: selbstverständlich könnte der Heinrich-Bauer-Verlag einen solchen Betrag nicht bezahlen. Wohl kaum eine deutsche Firma könnte dies.

Der ganze Heinrich-Bauer-Verlag dürfte keine Milliarde wert sein. 1 Milliarde Mark: probieren Sie's auf Ihrem Taschenrechner: der kann einen solchen Betrag nicht verarbeiten.

Die Scientologen haben jedoch für den Fall vorgesorgt, daß der HBV diesen Betrag nicht aufbringen kann: dann muß eben Dr. Horst Herold bezahlen, der Chef des BKA. Der verdient zweifellos ein gutes Gehalt, aber er würde wohl einige tausend Jahre abstottern müssen. Das könnte bedeuten, daß die Scientologen nicht Dr. Herold verantwortlich machen, sondern dessen »Thetan« der ja nach der Meinung der Scientologen ewig lebt, weshalb Mitarbeiter-Verträge bei den Scientologen auch gelegentlich für 1 Milliarde Jahre abgeschlossen werden. Damit wäre Dr. Herolds »Thetan« gut bedient.

Eine andere Möglichkeit: wenn Dr. Herold nicht zahlen kann, dann muß es eben sein Arbeitgeber, der Staat, die Bundesrepublik Deutschland, der Steuerzahler. Und der kann diesen Betrag aufbringen.

Kreditwürdigkeitsanfrage

Nicht genug damit, daß die Sekte dem Heinrich-Bauer-Verlag einen Monster-Prozeß angehängt hat. Sie griff noch tiefer in die Trick-Kiste, die Sektengründer Hubbard für den Umgang mit Kritikern gezimmert und gefüllt hat:

Mit Schreiben v. 4.11.1974 wandte sich der Wiesbadener Rechtsanwalt Kirch an die Hausbank des Verlegers. Er schildert wortreich aber teils falsch den Verlauf der Prozesse und behauptet dann (wahrheitswidrig), der Verlag habe »Vergleichsgespräche« angeboten. Da es sich um Millionenbeträge handele, wird um »Auskunft über die Kreditwürdigkeit des Heinrich-Bauer-Verlages« gebeten. Vier Tage später schreibt dieser Rechtsanwalt Kirch fast gleichlautend an die renommierte Deutsche Zentralstelle zur Bekämpfung von Schwindelfirmen in Hamburg. Auch hier wird um Auskunft über die Kreditwürdigkeit gebeten.

Der Heinrich-Bauer-Verlag ging völlig zu Recht davon aus, daß die Sekte lediglich Unsicherheit verbreiten wolle und erhob Klage. Das Landgericht Hamburg (74 0 629/74) verbot praktisch den Wortlaut des Briefes.

Das Gericht: »Beide Schreiben sollten die Kreditwürdigkeit des Verlages in Zweifel ziehen, vor allem aber, diese »Zweifel« bei den Empfängern der Anfragen gewissermaßen aktenkundig machen, dies wiederum in dem Bewußtsein, daß dem Verlag besondere Schwierigkeiten dadurch entstehen könnten, daß Zweifel gerade bei seiner Hausbank einerseits und außerdem andererseits bei einer Institution wie der Zentrale zur Bekämpfung von Schwindelfirmen geweckt werden, die ihrem Vereinszweck nach dazu da ist, Schwindelfirmen zu bekämpfen. « Das Gericht führte weiter aus, daß keinerlei Grund für den Versand eines solchen Schreibens bestanden habe, außer eben der Versuch der Kreditgefährdung.


Maulkorb - Prozesse

Eine andere Variante ist sehr viel wahrscheinlicher, dargestellt wieder einmal an einem Prozeß, den die Sektenzentrale in München gegen die ABI geführt hat.

Hier muß nun zunächst geschildert werden, was das BKA und Herr Herold mit der Scientology-Sekte zu tun haben: das BKA hat unter dem Aktenzeichen EA III 1/ 4 - B 196 649 am 8.3.73 einen Bericht über die Scientology-Sekte erstellt. Dieser Bericht ist irgendwie an die Öffentlichkeit gelangt und auch die ABI wurde mehrfach wegen angeblicher Verbreitung dieses (eher harmlosen) Berichts verklagt. Den ersten Prozeß dieser Art verloren die Scientologen vor dem Oberlandesgericht in Stuttgart (4 U 132/75). Die zweite Klage wurde in München angestrengt. Das Landgericht sollte der ABI zahlreiche Behauptungen untersagen.

In diesem Prozeß beantragte die Scientology-Sekte u.a., den Streitwert mit 100.000.- DM festzusetzen. Nach dem Streitwert berechnen sich die Kosten und wer verliert, muß alles bezahlen; in diesem Fall bei drei Instanzen über 50.000.-DM. Einen solchen Betrag kann keine gemeinnützige Organisation aufbringen. Die Rechnung der Scientologen: die ABI wird sich verpflichten, die Behauptungen nicht zu wiederholen, anstatt den Ruin zu riskieren. Die Rechnung ging nicht auf:

die ABI hat sich zu nichts verpflichtet und das Landgericht München wies die Klage am 26.4.1977 unter dem Aktenzeichen 9 0 7372/77 zurück. Und es setzte - wie von den Scientologen beantragt - den Streitwert auf 100.000.- DM fest. Was jetzt geschah, ist unglaublich, aber jederzeit in den Gerichtsakten nachprüfbar: die Scientologen legten gegen die Festsetzung des von ihnen selbst beantragten Streitwertes Beschwerde ein (denn jetzt ging es um ihr Geld). Natürlich wurde die Beschwerde abgelehnt. Damit ist bewiesen: die Sekte hat einen Streitwert beantragt, den sie selbst als überhöht ansieht.

Der Platz in dieser Broschüre reicht bei weitem nicht aus um über alle Prozesse zu berichten, die von den Scientologen angestrengt wurden (und der ABI bekannt sind): so wurde die Bundesregierung schon mehrfach verklagt, ebenso das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit. In einem dieser Prozesse wird eine halbe Million DM Schadenersatz verlangt. Der Schaden soll u.a. dadurch entstanden sein, daß das Ministerium den BKA-Bericht weitergegeben hat, wodurch er in die Hände der ABI gelangt sei, die ihn weiter verbreitet habe, weshalb die Scientology-Sekte (vergeblich) gegen die ABI klagen mußte: dieser Schadensposten wird mit ca. 25.000. - DM veranschlagt. Die Sekte wird auch diesen Prozeß verlieren.


Prozeßkosten-Lotterie[/size9]

Für den Anwaltsstand sind solche Prozesse natürlich ein Segen. Denn die Gebühren für die Rechtsanwälte sind der mit Abstand größte Brocken bei den Kosten da der Staat die Gerichte nahezu zum Nulltarif zur Verfügung stellt. Die Scientologen müssen inzwischen Millionen in solche verlorenen Prozesse gesteckt haben. Inzwischen scheint es so, als habe selbst diese Sekte nicht mehr genug Geld, um die Prozesse zu finanzieren. Mit einer groß angelegten Werbekampagne hat sie deshalb eine neue Geldbeschaffungs-Aktion gestartet:

»Helfen sie mit Bestrebungen gegen die geistige Freiheit zu unterbinden sichere Umgebung - Fonds«
Die Lose für diese Tombola sind nicht gerade billig: Stück 20.- DM. Aber es gibt Mengenrabatt: 10 Stück 180.- DM und 100 Stück 1.650.- DM. Zu gewinnen ist allerdings kein Geld, zu gewinnen sind nur Scientologen-Kurse. Auch das kann nicht ganz ernst gemeint sein. Denn im Raum Stuttgart sind nur 8 Preise ausgesetzt, im Raum Hamburg nur 6.

Was macht nun eigentlich die Umgebung für Scientologen so unsicher? Seitenweise werden die Gefahren geschildert, denen die Scientology-Sekte auf aller Welt ausgesetzt war und ist. Dann aber kommt man zum Punkt:

»Ziel ist es, Unterstützungen für solche Personen zu geben, deren Menschenrechte oder Bürgerrechte, oder deren Religionsfreiheit in Gefahr sind oder verletzt werden, ganz gleich, welcher Nation oder welchem Glauben sie angehören. Einige der wichtigsten Aktionen, deren sich SEF gegenwärtig annimmt sind die Gerichtsverfahren der 11 Scientologen, einschließlich Mary Sue Hubbard und Jane Kember, welche angeklagt wurden, nachdem eine illegale FBI Razzia in den Scientology Kirchen Washington und Los Angeles 1977 durchgeführt wurde.

SEF trägt die Kosten für die rechtliche Verteidigung und bringt auch andere notwendige Unterstützung. Die geschätzten Gesamtkosten, die dafür aufzubringen sind, werden auf etwa 3,5 Millionen Dollars geschätzt (ca. 7 Millionen DM).

Die Scientologen-Bosse haben das Verfahren bekanntlich dadurch verbilligt, daß sie sich für schuldig im Sinne der Anklage erklärt haben. Auch deutsche Scientologen könnten SEF-Hilfe demnächst nötig haben. In einer mit »Holocaust« betitelten Schrift - in der eine angebliche Scientologen-Verfolgung dargestellt und mit dem Schicksal der Juden im Dritten Reich verglichen wird - heißt es:

»Am 5. November 1976 drangen ungefähr 50 Polizisten in die Räume der Scientology-Kirche ein, um nach Unterlagen zu suchen, die sie auch hätten auf Wunsch zugesandt bekommen oder offen kaufen können. Gefunden wurde nichts, da es nichts gab, was irgendwie hätte beanstandet werden können.

Der Belästigungscharakter dieser »Nacht- und Nebelaktion« wird evident durch die Tatsache, daß bis jetzt - 2 1/2 Jahre später - keine weiteren Aktionen durch die Behörden erfolgten«

»Derartige willkürliche Belästigung aufgrund geringfügiger oder ungerechtfertigter Vorwürfe oder denunziatorischer Informationen waren im Dritten Reich gegenüber jüdischen Mitbürgern an der Tagesordnung.«

Eine Strafanzeige ist keine Denunziation. Gerade die Scientologen sollten das wissen, denn sie haben schon häufig Strafanzeigen erstattet. Eine Strafanzeige löst automatisch ein Ermittlungsverfahren aus. So wurden gegen die Verfasser dieser Broschüre bereits Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Betrugs, der Volksverhetzung u.a. geführt. Das wurde von den Scientologen stets in der Öffentlichkeit verbreitet. Nicht verbreitet wurde hingegen die Tatsache, daß alle von den Scientologen ausgelösten Ermittlungsverfahren bisher eingestellt wurden: die Scientologen praktizieren also genau das, was sie ihren Kritikern vorwerfen. Im übrigen ist ein Ermittlungsverfahren mit einer Dauer von zweieinhalb Jahren nichts Ungewöhnliches. Warten wirs ab.

Verfolgungswahn

Die Scientologen lieben es, sich als verfolgte religiöse Minderheit darzustellen. Sie schrecken auch nicht davor zurück, Vergleiche zum Schicksal der Juden während des Dritten Reiches anzustellen. »Holocaust bis 1984« heißt eine ihrer neueren Broschüren. »Holocaust« hieß die US-Filmserie, in der die Ausrottung der Juden an Einzelbeispielen gezeigt wurde und »1984« ist Titel eines visionären Zukunftsromans.

Es ist geradezu typisch für den Stil der Scientologen, daß sie das Leiden der Juden für eigene Werbezwecke einsetzen und glauben machen wollen, daß auch sie leiden und befürchten müssen, ermordet zu werden.

Das sind durchaus keine Ausrutscher. Dahinter steckt vielmehr System, wie bei allem, was die Scientologen tun. »Endlösungskonferenz« ist der Titel eines Flugblattes, im November 1979 an die Teilnehmer einer Tagung verteilt, wohl unter Anspielung auf die berüchtigte Wannsee-Konferenz, auf der die »Endlösung«, die endgültige Vernichtung des jüdischen Volkes beschlossen wurde.



6. Religionsfreiheit gegen Meinungsfreiheit


Die Scientologen berufen sich stets und immer auf die Religionsfreiheit, einem Grundrecht, das Toleranz gebietet. Die Sektenangehörigen selbst aber sind in einem ungewöhnlich großem Maße intolerant. Hierfür ein Beispiel:
Scientology Kirche Deutschland
HUBBARD SCIENTOLOGY ORGANISATION MÜNCHEN E.V.
Anläßlich der heutigen Veranstaltung im Rathaus Dietzenbach überreichte die Scientology Kirche folgendes Schreiben an Herrn Dr. Keller den Oberbürgermeister der Stadt.
20.11. 1978
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
gerade ging bei uns die unglaubliche Nachricht ein, daß im Dietzenbacher Rathaus morgen abend um 20 Uhr eine volksgerichtartige Inquisitionsveranstaltung über unsere Kirche stattfinden soll.

Wir dürfen Sie ausdrücklich darauf hinweisen, daß wir in dieser Verunglimpfung unserer Religionsgemeinschaft nichts weiter sehen, als die Fortsetzung einer unmoralischen Einbeziehung einer Minorität in Dietzenbach interne Interessenszwiste.

Uns ist bekannt, daß einige Pastoren Ihrer Gegend, deren zweifelhafte Aktionen und fragwürdiger Lebenswandel dem Gros der evangelischen Kirche auf keinen Fall dienlich sind, maßgeblich an der Inszenierung dieser religiösen Hetztirade beteiligt sind.

Nicht bekannt ist uns jedoch, warum diese Herren glauben, aus dem Rahmen christlicher Verhaltens- und Toleranznormen fallen zu müssen.

Die Intention der für morgen geplanten »öffentlichen Auspeitschung und Kreuzigung« einer von maßgebenden Religionswissenschaftlern anerkannten Glaubensgemeinschaft geht eindeutig aus der Wahl des »lnquisitors« hervor. Ingo Heinemann, von der Stuttgarter ABI, ist bekannt für seine Fähigkeit zur Stimmungsmache und Aufheizung der Gemüter zu sorgen. Daß es ihm lieber ist, den religiösen Intimbereich unserer Gemeindemitglieder auf sträfliche Weise öffentlich zur Schau zu stellen, als zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen, die erst vor kurzem anläßlich einer Pressekonferenz in Frankfurt über seine Organisation bekannt wurden und die laut einer inzwischen vorliegenden Gerichtsentscheidung als berechtigte Schlußfolgerungen anzusehen sind, ist aufgrund der Schwere dieser Anschuldigungen nur allzu verständlich. «


(Es folgen längere Ausführungen über angebliche Verfehlungen der ABI - zitiert nach der Scientology-Tarnorganisation ALV - die in dem Vorwurf gipfeln, die ABI werde durch »dunkle Geldgeber« finanziert)

Allem Anschein nach wurde Ihre Unkenntnis dieser Tatsachen schändlich mißbraucht, wodurch klar wird, wie es zu einer solchen kristallnachtähnlichen Veranstaltung in Ihrem Rathaus kommen kann. Wir bitten sie nun aber wahrlich zu beachten, wie eine solche Beschimpfungskampagne zustandekommt: Einige Kirchen und Behörden spielen mit abstruser Besessenheit an Minderheitsreligionen herum, und währenddessen beschreitet die moderne Jugend Deutschlands ungehindert einen Pfad in Richtung Kriminalität und Gewalt.

Es sieht aus, als ob die Verantwortlichen eine unerbittliche religiöse Auseinandersetzung erschaffen wollen, um eine realistische Analyse der Situation Jugendlicher in der heutigen Gesellschaft zu verhindern.

Wir dürfen Sie darauf aufmerksam machen, daß erst letzten Sonntag einer der »Väter des Grundgesetzes«, der ehemalige Bundestagsvizepräsident Carlo Schmid zum Anlaß des Volkstrauertages vor dem Bundestag erklärte: »Friede sei mehr als nur die Abwesenheit von Zorn und Streit und Freiheit kein Naturzustand. Sie seien vielmehr das für alle gleiche Recht, die Welt für immer mehr Menschlichkeit bereitzumachen. Gedacht werden solle aber auch in tiefer Scham der Schmach, daß der Name unseres Volkes durch Unmenschen ohne sittliches Bewußtsein befleckt wurde.«

Gerade dieses sittliche Bewußtsein ist es, an das wir hier appellieren. Eine Carlo Schmid's Idealen entsprechende Gesinnung äußerte auch der parlamentarische Referent der sozialdemokratischen Fraktion des Hessischen Landtages, Volker Berger, in einem Schreiben an unsere Kirche. Er bestätigte, daß die Freiheit des religiösen Bekenntnisses (Art. 4GG, Art. 9 Hessische Verfassung) eines der wichtigsten Grundrechte überhaupt war und ist. Die SPD-Fraktion habe sich stets für den Schutz religiöser Minderheiten eingesetzt, etc.

Abschließend dürfen wir Sie ersuchen, im Sinne der Wahrung unserer Verfassung, der Aufrechterhaltung humanitärer und religiöser Werte und somit der freiheitlich demokratischen Grundordnung, den folgenden verständlichen Forderungen nachzukommen:

1. Die Veranstaltung muß aus dem Rathaus der Dietzenbacher Bürger in private Lokalitäten verlegt werden.
2. Jegliche Parteinahme einer oder mehrerer mit öffentlichen Ämtern betrauter Personen sollte durch ein Eildekret vorsichtshalber untersagt werden.
3. Für den Fall, daß es durch die im Zuge solcher Veranstaltungen gewöhnlich stattfindende Pogromhetze zu tätlichen Ausschreitungen oder aber zu

unsittlichen und faschistoiden Beschimpfungen gegen evtl. anwesende Mitglieder unserer Religionsgemeinschaft kommt, bitten wir um Bereitstellung von entsprechendem Polizeischutz.

In dem Wissen in Ihnen einen Verfechter der Verfassungs- und Menschenrechte zu adressieren, werden wir im Laufe des Nachmittags des 21. November 1978 endgültigen Bescheid zu unserem Ersuchen erbitten.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Bernhard Schmitt (i.A. H. Berrang)
Verantw. Leiter des Rechtsamts
SCIENTOLOGY KIRCHE DEUTSCHLAND

(Hervorhebungen durch den Herausgeber).

Zu dieser höchst merkwürdigen Auffassung von Religionsfreiheit ein Kommentar von kompetenter Stelle:

»Das Grundrecht der Religionsfreiheit schützt den einzelnen nicht nur gegen die Intoleranz seiner Mitmenschen, sondern verpflichtet ihn auch, ihnen gegenüber die gleiche Duldsamkeit zu erweisen, die er für seine eigene Überzeugung in Anspruch nimmt.«
(Bundesverfassungsgericht)
Der Stil des Schreibens vom 2O.11.1979 ist bei der Scientology-Sekte durchaus üblich. Es stört sie nicht, daß auch Kritikern das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung zusteht und es stört sie nicht, daß sie das Grundrecht der Religionsfreiheit anderer Religionsgemeinschaften dadurch verletzen, daß sie Kritik an der Scientology-Sekte mit der Zerstörung jüdischen Eigentums (»kristallnachtähnliche Verhältnisse«) vergleichen und damit wohl andeuten wollen, daß man demnächst dazu übergehen werde, Scientologen ins KZ zu stecken und zu ermorden.

Die Veranstaltung lief im übrigen fast normal ab: Scientologen besetzten die besten Plätze und versuchten lautstark, den Abend in eine Werbeveranstaltung umzufunktionieren. Dazu die FRANKFURTER RUNDSCHAU vom 22.1.1978:

»Doch mit Ingo Heinemann, dem Zweiten Vorsitzenden der Aktion Bildungsinformation (ABI) aus Stuttgart und dem Dietzenbacher Pfarrer Keller saßen den Scientologen Männer gegenüber, die dies nicht zuließen, zumal auch aus den Reihen des Publikums Unmut aufkam . . Nach dem Vortrag Heinemanns entwickelte sich eine hitzige Diskussion, in der er zu Anfang gefragt wurde, ,wieviel Geld' er für diese Veranstaltung erhalte. Zu diesem Zeitpunkt wußte der ABI- Mann noch nichts von einem Honorar - erst eine Sammlung am Ende der Veranstaltung sorgte dafür, daß seine Spesen ersetzt wurden. «

Soweit bekannt, wurde noch nie ein Scientologe geschlagen, getreten oder des Saales verwiesen. Die Befürchtung, »die im Zuge solcher Veranstaltungen gewöhnlich (!) stattfindende Pogromhetze (!)« werde zu »tätlichen Ausschreitungen führen«, ist also an den Haaren herbeigezogen. Bisher konnte sich die Scientology- Sekte lediglich über eine Stinkbombe beschweren, die angeblich ein Gegner in ihre Räume befördert haben soll.

Der Scientologe, der - nach eigener Angabe - in der VHS »fünf Einführungsabende über Scientology mit praktischen Übungen« durchgeführt hat, beklagte sich höheren Ortes: an den Bundestags-Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit schickte er ein dreiseitiges Schreiben, eng betippt, mit Kopien an den Petitionsausschuß, den Ausschuß für Bildung und Wissenschaft, den Rechtsausschuß und an die Gesundheitsministerin Antje Huber. Originalton: »Versuchen Sie, zu verhindern, daß Menschen verfolgt werden, die nichts weiter tun, als ihre im Grundgesetz verankerten Rechte auf freie Meinungsäußerung und auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit zu gebrauchen. « Der Hintergrund: die Presse hatte von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht und die Meinung vertreten, daß dieser Scientologe seine Meinung nicht gerade in einer staatlich geförderten Einrichtung äußern brauche und seine Persönlichkeit wohl auch außerhalb der VHS entfalten könne. Den drei Seiten Scientology-Propaganda folgt ein PS: »Aufgrund möglicher Repressalien bitte ich um vertrauliche Handhabung dieses Schreibens.« Hier die Repressalie: der Mann heißt Winfried Männecke und nennt sich Dipl. rer. pol. (techn.) und Unternehmensberater. Er ist außerdem Gründungsmitglied der Scientology-Tarnorganisation »Kommission zum Schutz des Bürgers gegen Datenmißbrauch«.

Maßlose Übertreibungen

Vermutlich merken die Scientologen kaum noch, daß sie bei ihrer massenhaften Korrespondenz häufig in einer Weise übertreiben, die jedes Maß sprengt. Im oben zitierten Schreiben vom 20.11.1979 heißt es: »Ingo Heinemann, von der Stuttgarter ABI, ist bekannt für seine Fähigkeit zur Stimmungsmache und Aufheizung der Gemüter zu sorgen. «

Tatsächlich hatte Heinemann zuvor erst ein einziges Mal an einer derartigen Informationsveranstaltung mitgewirkt, auf Einladung der VHS Ulm. Wie ein Tonbandmitschnitt belegt, lief diese Veranstaltung ausgesprochen ruhig ab. Während dieser Veranstaltung wurde die These aufgestellt, die Scientology-Organisationen seien nur durch die Politik der GEZIELTEN DESINFORMATION aufrecht zu erhalten. Als Beispiel wurde angeführt, daß der neue Pressesprecher der Sekte, Kurt Weiland, seine Informationen nicht von der deutschen Sektenzentrale in München, sondern - entsprechend gefiltert - von der englischen Sektenzentrale (»WORLD WIDE«) brieflich empfangen habe.

Hierzu Kurt Weiland mit Schreiben vorn 22 10.1978:

»Bei mittlerweile zwei Gelegenheiten erwähnten Sie ein angeblich existierendes Schreiben, das - von der Mutterkirche in England ausgehend - irgendwelche Instruktionen oder Angaben für meine Arbeit beinhaltet haben soll. Lieber Herr Heinemann, ich beginne mich wirklich über Sie zu wundern. Was um Himmels willen fällt Ihnen denn ein, solch eine durch und durch haltlose Behauptung einfach so aufzustellen. Sie müßten doch mittlerweile am besten wissen, daß dies nicht so möglich ist.

Natürlich erhalte ich ab und zu Briefe von meinen Bekannten und Freunden in England, aber wie Sie auf eine ominöse fünfseitige briefliche Anweisung oder so kommen, ist mir schleierhaft. Haben Sie etwa ein Schreiben durch einen Einbruch erhalten, oder wurde mein Postgeheimnis verletzt, daß Sie an einen an mich adressierten Brief herankommen?

Ich bitte mit äußerstem Nachdruck, mir innerhalb 48 Stunden nach Erhalt dieses Briefes mitzuteilen, auf welche Art und bis zu welchem Grade in meine Intimsphäre eingedrungen wurde. Ein Stillschweigen würde - wie immer und Ihnen sicherlich bekannt - unweigerlich für sich sprechen.

Kurt Weiland, Presse- und Informationsamt.«

Mit Schreiben vom 30.10.1979 setzt Herr Weiland erneut eine 48-Stunden-Frist, denn es gehe »um den Schutz meiner Privatsphäre ..., um mein grundgesetzlich verbrieftes Postgeheimnis, sowie um die Rechte meiner Person im allgemeinen zu wahren«. Durch Schreiben vom 13.11.1979 setzt Weiland erneut eine 48-Stunden-Frist, vergeblich.

Dieses Mal muß also das grundgesetzlich geschützte Briefgeheimnis dazu herhalten, einen Scientology-Kritiker als Kriminellen abzustempeln. Ganz nach den Erkenntnissen des Sektengründers Hubbard:

»Jedesmal, wenn wir den Hintergrund eines Scientology-Kritikers ermittelt haben, haben wir Verbrechen gefunden, für welche diese Person oder Gruppe nach bestehenden Gesetzen eingesperrt werden könnte. Wir haben keine Scientology-Kritiker ohne kriminelle Vergangenheit gefunden. Wir haben dies noch und noch bewiesen.«
Weilands Briefe beweisen, daß Hubbards Anhänger diese dreiste Behauptung durchaus ernst nehmen.

Um Weigands Gedächtnis nachzuhelfen: der fragliche Brief (»WORLD WIDE«) datiert vom 5.1.1976, hat nicht nur fünf, sondern neun Seiten und ist von »R.E.B. Boulding Rechtsabteilung WORLD WIDE« unterzeichnet. Weiland selbst hat diesen Brief zusammen mit einer Ergänzung selben Datums und Übersetzungen an einen Dritten weitergegeben. Die Sekten-Bosse haben ihm dies vermutlich böse angekreidet, was ein Engramm bewirkt haben wird, welches wiederum den Gedächtnisverlust erklären könnte.

Die Behauptung der gezielten Desinformation beruht u.a. auf der Tatsache, daß an keiner Stelle des ,,WORLD WIDE-Briefes auch nur eine Andeutung darüber gemacht wird, daß Scientology-Deutschland nicht weniger als zehn Prozesse gegen die ABI verloren hatte. So wird verständlich, daß innerhalb der Sektenzentrale offenbar stets behauptet wurde, die ABI habe alle Prozesse verloren.

Noch eins an Herrn Weilands Adresse: nach seiner Lesart wurde durch die Veröffentlichung dieser Briefe wiederum das Postgeheimnis verletzt, denn die Briefe wurden durch die Post transportiert. Und in seine Intimsphäre eingedrungen, da Intimes sich bei ihm beruflich abzuspielen scheint.

Eine besonders kuriose Auffassung von der Religionsfreiheit vertritt Luise Buhl, Schriftführerin der Scientology-Tarnorganisation »Gesellschaft zur Förderung religiöser Toleranz und zwischenmenschlicher Beziehungen e.V.«. In einem Brief an die FDP-Fraktion in Bonn beschwert sie sich über eine Pressekonferenz, die von zwei FDP-Mitgliedern des Hessischen Landtages veranstaltet wurde und in der es u.a. um die Verunglimpfung der Psychiatrie durch die Scientology-Sekte ging. Frau Buhl stellt dies als den Kampf der Sektenexperten und der Psychiater dar und folgert:

»Mit unserem Schreiben möchten wir die dringende Bitte verbinden, alles zu tun, um die Politiker aus diesem Konflikt herauszuhalten. Wir machen den beiden Politikern noch keinen Vorwurf aus ihrem Verhalten, da sie sicherlich falschen Informationen aufgesessen sind. «
Das Grundrecht der Religionsfreiheit umfaßt selbstverständlich auch das Recht, sich mit einer Religion kritisch auseinanderzusetzen. Dieses - jedermann zustehende - Recht soll nun ausgerechnet den gewählten Vertretern des Volkes abgesprochen werden, garniert mit versteckten Drohungen. Eine geradezu groteske Verdrehung der Rechtswirklichkeit in einem demokratischen Staat.

Zu ähnlichen Ansinnen äußerte sich der Bundestagsabgeordnete Klaus Immer aus Altenkirchen in einem Schreiben vom 3.7.1978 zugleich abgewogen und deutlich:
»Es bleibt das Recht jedes Deutschen, seine religiöse Meinung zu bekennen,

die eines anderen jedoch zu bestreiten. Das gilt ja in gleicher Weise für die Parteien in ihrer politischen Auseinandersetzung. Es wäre grundgesetzwidrig, wollte man Gesetze schaffen, die eine solche Auseinandersetzung verhindern könnten. (Anm.: dies war offenbar von den Abgeordneten erwartet worden.) Toleranz kann nicht Gleichgültigkeit oder Indifferenz bedeuten. Die von Ihnen als bedroht bezeichneten Gruppen grenzen sich in ihren Grundsätzen eindeutig und sehr massiv gegen die großen Kirchen ab. Sie führen einen ständigen harten Kampf gegen die Kirchen. Das ist ihr gutes Recht. Aber sie dürfen sich dann nicht beklagen, wenn sich diese Kirchen ebenfalls kritisch, manchmal polemisch mit ihnen auseinandersetzen. «
Vermutlich war auch diese Belehrung über das Wesen eines demokratischen Rechtsstaates vergebliche Liebesmüh. Für Scientologen sind Grundrechte nun einmal die Allzweckwaffe gegen die Meinungen Anderer. Dazu Sektengründer Hubbard's Meinung:

»Der Demokratie verdanken wir nur die Einkommensteuer und die Inflation.«
Des Volkes Meinung ist gelegentlich ähnlich simpel: tagtäglich hört man die Forderung, dergleichen Sekten einfach zu verbieten.
Eben das aber verbietet das Grundrecht der Religionsfreiheit.[size=12]

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