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Die Gier-Religion


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Rolf

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Die Gier-Religion





Klaus Zumwinkel, der ehemalige Boss der Deutschen Post AG, ist reich - und zwar sehr reich und das schon sehr lange. Bereits als Student fuhr er Porsche, weil seine Eltern eine Handelskette besaßen und Geld im Hause Zumwinkel genügend vorhanden war. Anfang der 1 970er Jahre verkauften Klaus Zumwinkel und sein Bruder Hartwig die Handelskette der Eltern an das Handelsimperium Rewe - 10 Kaufhäuser und 50 Supermärkte. Die Zumwinkel-Brüder sackten einen Haufen Millionen ein und hätten fortan ein finanziell sorgenfreies Leben als Playboys führen können. Doch das tat Klaus Zumwinkel nicht. Er studierte an der US-Kaderschmiede Wharton Business School und ging dann zu der internationalen Unternehmensberatung McKinsey. Von dort wechselte er zum Versandhaus Quelle und dann 1989 zur Deutschen Bundespost. Dort verdiente er allein in 2006 über vier Millionen Euro. Dr. Zumwinkel erhielt viele Ehrungen, sogar das Große Bundesverdienstkreuz. Ein Mann mit Geld wie Heu und mit öffentlichem Ansehen en masse. Was treibt einen solchen Menschen dazu, ein paar - aus seiner Sicht - läppische Milliönchen vor dem Finanzamt zu verstecken? Für den Normalbürger ist es unfassbar, wie der Postchef sein Ansehen so aufs Spiel setzen konnte, dass er vielleicht sogar ins Gefängnis gehen muss.

Etwa seit dem Jahr 2000 häufen sich Berichte über die Macht- und Geldgier von Managern. Verdiente früher ein Konzernboss etwa 40-mal mehr als sein Durchschnittsangestellter, so ist es heute 1 00-mal mehr, in einigen Unternehmen sogar 400-mal mehr. In den letzten fünf Jahren legten die Bezüge der VorstandsVorsitzenden der größten deutschen im Aktienmarkt notierten Konzerne (Dax-Konzerne) um sage und schreibe 50 Prozent zu.

Aber weshalb ist ein gewisser Teil der WirtschaftsElite so gierig? Weshalb verhält er sich moralisch wie Borstenvieh, obwohl Ethik-Vorschriften in vielen Firmen bereits eingeführt sind und jeder sie beschwört?

Der Arzt und Psychotherapeut Dr. Till Bastion glaubt, dass viele aus der sogenannten Elite die Ich-Kontrolle verloren haben. In einem Aufsatz über die Gier der Mächtigen schreibt er in Psychologie heute (08/04): „Manager wie Klaus Esser, Politiker wie Florian Gerster haben angesichts enormer Privilegien, die sie sich selbst zuschanzen, offenbar kein Unrechtsbewusstsein mehr. Im Gegenteil, sie scheinen fest davon überzeugt zu sein nur' das zu erhalten, was ihnen in ihrer Selbsteinschätzung als ,unentbehrliche Leistungsträger' gerechterweise zusteht! Das ist für Außenstehende oft schwer nachzuvollziehen, aber diese Logik ist offenbar höchst effektiv ins Selbstsystem eingepflanzt worden." Bastian spricht mit dem „Einpflanzen in ein Selbstsystem" einen zentralen Punkt an. Ein Beispiel:

70 der 100 größten deutschen Unternehmen werden mehr oder weniger von Strategien aus dem Hause der Unternehmensberatung McKinsey gesteuert. Unternehmensberater durchleuchten Konzerne und beraten sie, wie sie ihre Profite noch steigern können. Wohl kaum jemand kennt die deutsche Wirtschaft so gut wie die McKinsey-Leute. McKinsey-Leute durchforsten nicht nur die Wirtschaft, irgendwann steuern sie sie sogar selbst aktiv. So konnten über 300 ehemalige McKinsey-Leute Spitzenpositionen der deutschen Wirtschaft übernehmen. Einer von ihnen war Klaus Zumwinkel.

Diese McKinsey-Leute sind nicht ohne. Sie schieben sich nicht nur die Aufträge zu, sondern sind wie in einem Geheimbund fest zusammengeschweißt - auch über die aktive McKinsey-Zeit hinaus. Die „Jesuiten der Wirtschaft" -wie eine US-Wirtschaftszeitung es einmal formulierte - kreieren Ideen und entwerfen Gesetze für die Wirtschaft und versuchen, sie danach auszurichten. Der ehemalige Welt-Chef von McKinsey, der in Indien geborene Rajat Gupta, sagte einmal, McKinseys Mission sei es, eine einflussreiche Rolle in jeder wichtigen Volkswirtschaft der globalisierten Welt zu spielen. Anders formuliert: McKinsey-Leute (und auch andere Unternehmensberater) glauben, sie seien das Gesetz! Sie könnten nach ihrem eigenen Gutdünken die Welt -zumindest die Wirtschaftswelt-gestalten. Ein solches Denken prägt. Deshalb fehlt ihnen auch oftmals jegliches Unrechtsbewusstsein diesbezüglich, weil sich in ihrem Bewusstsein ein Denken festgesetzt hat, das ausschließlich auf Umsatz und Profit ausgerichtet ist. Geldliebe und Raffgier sind dort sozusagen standardmäßig einprogrammiert. Von daher mag sich McKinsey-Mann Zumwinkel gar nicht so viel dabei gedacht haben, als er seine Millionen nach Liechtenstein schaffen ließ. Die Raffgier gehörte einfach zu seinem System.

Dieses Raffgier-Denken hat sich mittlerweile aufgrund der Globalisierung in alle Welt ausgebreitet. Gier ist zum tragenden System der Weltwirtschaft geworden. Immer schneller soll immer mehr Geld aus der Arbeit von Menschen herausgepresst werden. „Aufträge müssen hereingeholt werden, hochprofitable Aufträge, um die Renditevorgaben der Konzernspitze zu erfüllen. Was zählt, ist allein der Erfolg, die Mittel interessieren nicht", schrieb der ehemalige Chefredakteur des manager magazins, Wolfgang Kaden, in einem Artikel mit der Oberschrift „Profit ohne Moral". Moral und Ethik seien etwas für feierliche Symposien. Im geschäftlichen Alltag gewinne der, der vor nichts zurückschrecke, so Kaden weiter.

In der Bibel sagt Jesus einmal: „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon (= Reichtum und Besitz)" (Matth. 6,24). Jesus deutet hier eine religiöse Parallele zwischen Gottes-Dienst und Mammon-Dienst an. Gerade heute wird diese Parallele sehr deutlich, weil die Marktwirtschaft zu einer Art Religion geworden ist. Man betrachtet den Markt als etwas Lebendiges, dem man sich zu unterwerfen habe. Man spricht von „der Markt gibt vor" oder „der Markt hat entschieden". Im Markt zu bestehen wird zum Sinn des Lebens.

Auf jedem US-Dollar-Schein steht: „In God we trust - auf Gott setzen wir unser Vertrauen". Eine wichtige Mahnung am richtigen Ort! Wer dies nicht beherzigt, sieht sich schnell mit dem Gegenteil dieser Aussage konfrontiert: einer Hölle, in der die Gier-Religion mit ihrem Gott des Geldes regiert und alles Gute ruiniert´

TOPIC Nr. 03/2008
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