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Religionsfreiheit vor Menschenrecht?


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Religionsfreiheit vor Menschenrecht?





Der Menschenrechtsrat der Uno ist ein Gremium mit wenig Tatkraft, aber viel Symbolwirkung. Umso schlimmer, dass er sich jetzt selbst damit ausgehebelt hat, indem er die islamische Scharia für sakrosankt erklärt. Wie weit darf Rücksicht auf Religion gehen, fragt Henryk M. Broder.

Alles, was man über den Menschenrechtsrat der Uno wissen muss, um verlässlich seine Arbeit beurteilen zu können, ist eine Episode aus dem Jahr seiner Gründung, 2006. Weil sich der Rat aufgrund der damals vorliegenden Berichte internationaler Menschenrechtsorganisationen nicht auf eine Verurteilung der sudanesischen Regierung wegen der Darfur-Krise verständigen konnte, setzte er eine eigene Untersuchungskommission unter dem Vorsitz der amerikanischen Friedensnobelpreisträgerin Jody Williams ein.

Als diese im März 2007 einen Bericht vorlegte, in dem die sudanesische Regierung beschuldigt wurde, für das Blutbad in Darfur verantwortlich zu sein, wurde der Bericht verworfen und eine neue Kommission eingesetzt. Die kam im Dezember 2007 zu den gleichen Erkenntnissen - und wurde kurzerhand vom Rat aufgelöst.

Immerhin hat der Menschenrechtsrat in anderen Fällen bewiesen, dass er auch entschlossen zur Tat schreiten kann und dabei keine Konfrontation scheut. Er empfahl beispielsweise England, die Monarchie abzuschaffen und endlich eine geschriebene Verfassung einzuführen. Die Schweiz wurde aufgefordert, den Rassismus im eigenen Land intensiver zu bekämpfen.

Und nun hat der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, dessen Mitglieder sich regelmäßig im schönen und weltoffenen Genf treffen, das Meisterstück seiner inzwischen zweijährigen Existenz abgeliefert und die Scharia, das islamische Gesetz, für sakrosankt erklärt.

Dabei waren es genau solche Eskapaden zwischen Impotenz und Selbstüberhebung, die dazu geführt haben, dass die alte Menschenrechtskommission der Uno aufgelöst und an ihrer Stelle der Menschenrechtsrat etabliert wurde. Die "Reform", die der letzte Uno-Generalsekretär Kofi Annan mit viel Aufwand durchgesetzt hatte, war von Anfang an nichts als Etikettenschwindel. Die Zahl der Mitglieder wurde von 53 auf 47 reduziert, sonst änderte sich eigentlich nichts. Schon gar nicht die Zusammensetzung des Gremiums, das über die Einhaltung der Menschenrechte in den 191 Uno-Mitgliedsstaaten wachen soll.

Die Organisation "Reporters sans frontières" (Reporter ohne Grenzen) nannte die Berufung von mindestens zehn Staaten, in denen die Meinungsfreiheit "massiv verletzt" wird, einen "Skandal": Algerien, Aserbaidschan, Bangladesch, China, Kuba, Nigeria, Pakistan, Russland, Saudi-Arabien und Tunesien. Allein die Tatsache, dass diese Staaten in dem Gremium sitzen, lasse "das Schlimmste" erwarten, hieß es in einer Erklärung von "Reporter ohne Grenzen".

Kartell der Täter

Wie in der alten Menschenrechtskommission sorgt also auch im neuen Menschenrechtsrat ein Kartell der Täter dafür, dass nichts debattiert oder beschlossen wird, das einem der ihren schaden könnte. Das Einzige, worauf man sich anscheinend mühelos und mehrheitlich einigen kann, sind Attacken auf den größten Dorn im Auge der Islamisten: 2007 hat sich der Menschenrechtsrat 120 Mal mit Israel befasst, doppelt so häufig wie mit jedem anderen Land.

Zwar kann der Menschenrechtsrat keine Sanktionen verhängen - das bleibt die Aufgabe des Uno-Sicherheitsrates -, er kann aber Druck ausüben, indem er Verurteilungen ausspricht und Empfehlungen gibt.

Nun aber ist der Menschenrechtsrat einen substantiellen Schritt weiter gegangen. Und im Gegensatz zu den bisherigen Beschlüssen, die, so bitter es ist, eher spielerischen Charakter hatten, könnten die Folgen erheblich sein.

Im vergangenen März stellte die "Organisation der Islamischen Konferenz" über eines ihrer Mitgliedsländer im Menschenrechtsrat den Antrag, der Rat sollte künftig über "Missbrauch der Meinungsfreiheit" berichten, wenn "rassistische oder religiöse Diskriminierung" vorliegen würde. Die Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) ist eine Vereinigung von 57 Staaten, "in denen der Islam Staatsreligion, Religion der Bevölkerungsmehrheit oder Religion einer großen Minderheit ist" (Wikipedia) und die den Anspruch erhebt, die islamische Welt zu repräsentieren. Der Antrag wurde übernommen und als offizielle Entschließung des Rats verabschiedet.

Natürlich ging es der Organisation nicht darum, Schmähungen des Christentums durch muslimische Fanatiker zu ahnden oder antisemitische Karikaturen in der iranischen Presse zu verurteilen. Es ging darum, jede Kritik an der Praxis des Islam mit einem Bann zu belegen, eine Diskussion über den Islam und die Menschenrechte im Keim zu ersticken.

"Die Scharia steht hier nicht zu Diskussion"

Hätte ein Vertreter des Papstes einen solchen Antrag lanciert, wäre die Empörung in den westlichen Medien wohl maßlos gewesen. Etliche Kommentatoren hätten von "Anmaßung" und "Zensur" geschrieben. Weil es aber darum ging, die islamische "Religion des Friedens" vor Zumutungen zu schützen und sie vor einer weiteren Belastungsprobe ihrer Friedfertigkeit zu bewahren, war in den westlichen Medien nur lautes Schweigen zu vernehmen. Denn vielen, die sich sonst gerne und heftig empören, wenn ein katholischer Geistlicher von "entarteter Kunst" spricht, waren noch die gar nicht mehr friedlichen Reaktionen der Muslime nach dem Karikaturenstreit, der Regensburger Rede des Papstes und der Ernennung von Salman Rushdie zum Ritter in guter Erinnerung. Einzig der Weltverband der Zeitungsverleger (World Association of Newspapers, WAN) protestierte Anfang April bei Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon gegen die fragwürdige Entschließung, bisher ohne Effekt. Anfang Juni wiederholte die Verleger-Vereinigung ihren Appell.

Und so schaute und hörte auch kaum jemand hin, als es vor knapp zwei Wochen im Menschenrechtsrat der Uno zu einer Debatte kam, die jede weitere Diskussion über das Thema "Der Islam und die Meinungsfreiheit" ad absurdum führte. Der britische Historiker David Littman wollte im Auftrag einer NGO eine Erklärung über die Steinigung von Frauen und die Verheiratung von Mädchen in Ländern, in denen die Scharia angewandt wird, verlesen.

Er kam aber nicht dazu, weil er von den Vertretern Ägyptens und Pakistans mit Rufen zur Geschäftsordnung daran gehindert wurde. Bis der sichtlich genervte rumänische Präsident des Rats, Doru Romulus Costea, schließlich jedes Räsonieren ("judgements and evaluations") über die Scharia im Kontext einer Debatte über Menschenrechte für unzulässig erklärte. Wohlgemerkt: alles im Einklang mit den Grundsätzen und der Geschäftsordnung des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen.

Wer glaubt, dass es sich um ein Missverständnis oder eine fehlerhafte Übersetzung handeln muss, kann sich den entscheidenden Teil der Diskussion auf der Homepage der International Humanist And Ethical Union ansehen.

Es ist der "Distinguished Representative of Pakistan", der den entscheidenden Satz sagt: "It is insulting for our faith to discuss Sharia here in this forum", und es ist der Vertreter Ägyptens, der ergänzt: "Sharia is not under discussion here." Es sei eine Beleidigung des Glaubens seines Volkes, wenn die Scharia in diesem Forum diskutiert werde. Und: "Die Scharia steht hier nicht zu Diskussion."

So weit also können religiöse Empfindlichkeiten gehen. Allein schon eine Diskussion über die Scharia ist eine Beleidigung, die nicht hingenommen werden kann. Was im Umkehrschluss hingenommen werden muss, sind diverse Akte der praktizierten Barbarei, wie die Steinigung von Ehebrecherinnen, das öffentliche Erhängen von Homosexuellen und Frühehen mit Kindsfrauen, die alle ganz offenbar im Einklang mit der Scharia stehen. Und die deswegen vom Menschenrechtsrat der Uno unter dem Label der Religionsfreiheit respektiert werden müssen. Andere Länder, andere Unsitten.

Man könnte glatt von einer "schleichenden Islamisierung" des öffentlichen Lebens sprechen, wenn das nicht wieder so eine "Beleidigung" wäre, die man sich verkneifen muss, um das friedliche Zusammenleben der Kulturen nicht zu stören.






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Kritik an Sharia oder Fatwas verboten






01.07.2008 | 18:32 | ANNE-CATHERINE SIMON (Die Presse)


Der UN-Menschenrechtsrat stellt den Schutz religiöser Gefühle über die Meinungsfreiheit.

Der Schutz der religiösen Gefühle geht vor Meinungsfreiheit: So sieht es zumindest der Menschenrechtsrat der UNO. Während der Westen eine Hauptaufgabe eines solchen globalen Gremiums darin sieht, gegen Meinungszensur durch autokratische Regime einzutreten, empfindet die Mehrzahl der in diesem Gremium vertretenen Staaten das als eher unwesentliche Aufgabe – kein Wunder, viele dieser Regierungen müssten in diesem Fall gegen sich selbst antreten.

Der Schutz religiöser Gefühle hat es in dieser Zusammensetzung aus 47 Mitgliedern – darunter 13 afrikanische und 13 asiatische Staaten – leichter; sein eifriger Hüter ist die Organisation der Islamischen Konferenz (OIC), die als Zusammenschluss von 57 Staaten den Anspruch erhebt, die Islamische Welt zu repräsentieren. Im März beantragte sie erfolgreich, der Menschenrechtsrat müsse künftig über „Missbrauch der Meinungsfreiheit“ berichten, wenn „rassistische oder religiöse Diskriminierung“ im Spiel sei. Das verstoße „gegen den Geist“ der Aufgaben des Sonderberichterstatters, empörte sich Anfang Juni der in Paris ansässige Welt-Zeitungsverleger-Verband (WAN). Der Rat müsste sich nicht auf den „Missbrauch“, sondern im Gegenteil auf die rapide wachsende Einschränkung der Meinungsfreiheit weltweit konzentrieren.



Religiöse Gesetze sind sakrosankt

Auch bei den Zusammenkünften des UN-Menschenrechtsrates wird Sprechern künftig das Wort verboten, wenn sie „religiöse Gefühle verletzen“. Als der britische Historiker David Littman in einer Sitzung am 16.Juni die Steinigung von Frauen und die Verheiratung neunjähriger Mädchen in Ländern verurteilte, wo die Sharia angewendet werde, wurde er zunächst von IOC-Delegierten durch ständige Wortmeldungen zur Geschäftsordnung daran gehindert, seine Erklärung zu verlesen. Anschließend verbot der rumänische Präsident des Rats, Doru Romulus Costea, künftig jegliches Urteil über eine Religion, ein religiöses Gesetz oder ein religiöses Dokument.

Schon der Vorgänger des UN-Menschenrechtsrats, die UN-Menschenrechtskommission, hatte einen miserablen Ruf; der New Yorker Völkerrechtler Simon Chesterman nannte sie 2006, im Jahr ihrer Ablöse, den „größten Papierkorb der Geschichte“. Der neue Menschenrechtsrat brachte schärfere Aufnahmebedingungen, Mitglieder können nun auch ausgeschlossen werden, wenn sie eklatant gegen die Menschenrechte verstoßen. Nur: Wie diese Menschenrechte aussehen sollen, darüber gehen die Meinungen immer noch weit auseinander, wie das Beispiel Religion versus Meinungsfreiheit zeigt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2008)


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