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Mullah-Regime nimmt öffentliche Steinigungen wieder auf


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Mullah-Regime nimmt öffentliche Steinigungen wieder auf





Von Mohammad Reza Kazemi

Es ist eine überaus barbarische Tötungsform. Erstmals seit Jahren sind in Iran zwei Menschen zu einer öffentlichen Steinigung verurteilt worden - entgegen einer Verpflichtung, die das Regime der EU gegeben hat. Menschenrechtler sehen in dem Urteil eine politische Kampagne des Ahmadinedschad-Regimes.

Bonn – Auf einem Gelände gegenüber dem Hauptfriedhof von Takistan, einer kleinen Stadt im Norden Irans, sind vor einigen Tagen zwei Gräben angelegt worden. Für Leichen sind sie eigentlich zu schmal - dennoch sind sie für Menschen gedacht. Für lebende Menschen.

Ein iranisches Gericht hat einen Mann und eine Frau zum Tode durch Steinigung verurteilt. Iranischen Menschenrechtsaktivisten zufolge sollten ursprünglich morgen früh um 9 Uhr ein Mann und eine Frau, in Leichentücher gewickelt, in diese Gräben gesteckt und dann mit Steinwürfen getötet werden. Ihr Vergehen: Ehebruch.

Wie iranische Nachrichtenagenturen am Mittwoch meldeten, wurde allerdings eine Aussetzung der Hinrichtung angeordnet. Ob es dabei bleibt, ist nach Einschätzung von Menschenrechtsaktivisten fraglich.

Die iranische Frauenrechtsaktivistin Shadi Sadr, 32, die eine Kampagne gegen Steinigungen in der Islamischen Republik gestartet hat, erhielt die Nachricht von der geplanten Hinrichtung gestern Nachmittag. Die Anwälte der Angeklagten wurden von der Justiz unter Druck gesetzt und trauen sich nicht, mit Journalisten über den Fall zu sprechen. Sadr jedoch hat sich an die Öffentlichkeit gewandt, in der Hoffnung, die Hinrichtung stoppen zu können. "Öffentliche Steinigungen gab es in Iran in den ersten Jahren nach der Revolution", sagt Sadr im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. "Danach wurden Steinigungen nur noch unter Ausschluss der Öffentlichkeit in geschlossenen Räumen durchgeführt, etwa in Gefängnissen."

Zur Prostitution gezwungen - und gesteinigt

Von scharfer Kritik seitens der internationalen Gemeinschaft ließen sich die Mullahs in Teheran über zwei Jahrzehnte lang nicht beeindrucken. Erst im Jahr 2002, während der Menschenrechtsverhandlungen, erklärte sich die reformorientierte Regierung von Präsident Chatami, dem Vorgänger des jetzigen Präsidenten Ahmadinedschad, gegenüber EU-Vertretern bereit, diese Art von Hinrichtungen einzustellen. Unmittelbar danach ordnete der Chef der Judikative, Ajatollah Haschemi Schahrudi, alle Richter des Landes an, keine Steinigungen mehr zu vollstrecken. Im Gesetz ist die grausame Tötungsform jedoch bis heute vorgesehen. "Eine Anordnung ist nichts wert, solange das Gesetz nicht geändert worden ist", sagt Shadi Sadr. "Die Richter sind nicht verpflichtet, Anordnungen zu folgen, die gesetzeswidrig sind, selbst wenn sie von Schahrudi kommen."

Getreu dieser Devise handelte ein Richter in der nordöstlichen Stadt Maschhad, als er im April vergangenen Jahres einen Mann und eine Frau wegen Ehebruchs steinigen ließ. Sadr und ihre Kolleginnen wurden zu spät informiert, konnten aber den Fall hinterher recherchieren und genau dokumentieren. In einem Beitrag des Fernsehkanals Arte Ende März berichteten sie detailliert über den Fall.

Die Daten zu Steinigungen werden von der iranischen Justiz strikt geheim gehalten. Sadrs Gruppe ist es trotzdem gelungen, bislang mehr als zehn Personen im ganzen Land zu identifizieren, die zur Steinigung verurteilt wurden. Das sei aber nur die Spitze des Eisberges, sagen die Menschenrechtlerinnen.

Eine der jetzigen beiden Todeskandidaten ist Mokarameh Ebrahimi, 43, eine Mutter von drei Kindern, die wegen Ehebruchs seit elf Jahren im Gefängnis sitzt. Sie soll laut Gerichtsurteil und Bestätigung der Stadtfunktionäre von Takistan zusammen mit dem Vater ihres jüngsten Kindes gesteinigt werden. Ihr Ehemann soll drogensüchtig sein, seine Frau zur Prostitution gezwungen haben. Doch das ließ der Richter nicht gelten.

"Die jetzige Regierung betreibt eine sehr radikale Politik"

Während das iranische Regime in der Vergangenheit Steinigungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchführen ließ, um von internationaler Kritik verschont zu bleiben, soll die Hinrichtung in diesem Fall provokativ öffentlich durchgeführt werden. Menschenrechtler spekulieren, dass sie dazu dienen soll, die Iraner von "Unzucht" abzuschrecken. Die Frauenrechtlerin Sadr sagt, die neue Praxis der Justiz sei auf die Machtübernahme von Präsident Mahmud Ahmadinedschad zurückzuführen. "Wenn sich die politische Atmosphäre des Landes ändert, werden selbstverständlich auch die anderen Bereiche beeinflusst", sagt Sadr. "Die jetzige Regierung betreibt eine sehr radikale Politik. Die Folge ist, dass auch einige Funktionäre der Justiz sagen: Wir wollen die islamischen Strafen vollziehen. Nach ihrer Argumentation dürfen die göttlichen Strafen nicht ausgesetzt werden."

Die politische Atmosphäre in Iran hat sich tatsächlich stark geändert. Ahmadinedschad treibt nicht nur eine konfrontative Außenpolitik, etwa im Atomkonflikt, sondern auch eine repressive Innenpolitik. Seit einiger Zeit herrscht in Iran eine Art Ausnahmezustand. Der Druck auf Andersdenkende und Andersgläubige hat enorm zugenommen. Die Inhaftierung von mehr als tausend Mitgliedern eines Sufi-Ordens im Februar vergangenen Jahres in der Stadt Qom und die Festnahme Hunderter Anhänger des kritischen Geistlichen Ajatollah Borudscherdi (mehr...) im Oktober waren der Beginn. Im März dieses Jahres wurden über 30 Frauenaktivistinnen, darunter Shadi Sadr, während einer friedlichen Protestaktion festgenommen und einige von ihnen zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Zudem haben Polizisten unter dem Deckmantel der "Verbesserung der Sicherheit in der Gesellschaft" in den vergangenen Wochen landesweit Tausende "unislamisch", also leger, gekleidete Frauen und Männer auf den Straßen verwarnt, (mehr...) Hunderte wurden verhaftet.

Dass einfache Bürger Irans das Regime bei seiner neuen harten Linie unterstützen und an der Steinigung teilnehmen werden, bezweifelt Shadi Sadr: "Ich denke nicht, dass die Menschen heutzutage solche Strafen akzeptieren." Aber selbst wenn die Einwohner der Stadt Takistan der Aufforderung des Richters nicht nachgehen und die Todeszeremonie boykottieren - für solche Fälle gibt es engagierte Henker, die das Urteil vollstrecken: Der Richter selbst werde den ersten Stein werfen, sagt Shadi Sadr.







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