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Anglikaner streiten über die Ehe homosexueller Priester


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Anglikaner streiten über die Ehe homosexueller Priester





Von Sebastian Borger, London


Die anglikanische Kirche steht vor einer Zerreiß-Probe: Während liberale Vertreter schwule Priester sogar verheiraten, hält der konservative Flügel Homosexuelle für "minderwertiger als Tiere". Einem schwulen-freundlichen Pfarrer in England droht nun der Rauswurf.


London - Manchmal erinnert sich Martin Dudley mit Wehmut an seine Studienzeit. Am Londoner King’s College der siebziger Jahre seien die Studenten zu "umfassendem, genauem und kritischem" Denken erzogen worden. Dudley wurde in Theologie promoviert und machte Karriere in der anglikanischen Staatskirche von England. Diese aber, glaubt der 55-Jährige, habe kritisches Denken vergessen. Allzu viele Fundamentalisten in seiner Kirche würden biblische Texte "als 'Beweise' verwenden und sie damit aus ihrem theologischen und literarischen Zusammenhang reißen", sagt der Gelehrte und fügt bitter hinzu: "Starres Dogma führt zu dem Wunsch, die Non-Konformisten auszugrenzen."

Dudley spricht aus eigener Erfahrung. Gegen den Pfarrer der schmucken Bartholomäus-Kirche aus dem 12. Jahrhundert hat der Londoner Bischof ein Disziplinarverfahren eingeleitet, das schlimmstenfalls zur Entfernung des Theologen aus Amt und Würden führen könnte. Grund ist eine Bilderbuch-Zeremonie wie aus dem Film "Vier Hochzeiten und ein Todesfall", der teilweise in St. Bartholomäus gedreht wurde: Brautjungfern und Konfetti, schluchzende Verwandte und eine Lesung aus dem Korintherbrief des Paulus. Dudley sprach von einem "heiligen Vertrag der Liebe", die Heiratswilligen gelobten sich Treue "bis dass der Tod uns scheidet" und tauschten Ringe aus.

Was fehlte, war die Braut: Das liebende Paar besteht aus zwei anglikanischen Priestern.

Die spektakuläre Schwulen-Hochzeit sorgt in der Staatskirche für große Aufregung. Ihr geistliches Oberhaupt, der Erzbischof von Canterbury, spricht von "sehr ernster Besorgnis" und verweist auf die gültigen Vorschriften der Kirche, einem im Wortsinn scheinheiligen Kompromiss. Demnach dürfen homosexuelle Pfarrer zwar mit einem Partner zusammenleben, ja sogar zivile Partnerschaften eingehen. Sex haben aber dürfen sie nicht, und selbst zölibatären Paaren bleibt Gottes Segen versagt: "Öffentliche Segnungen ziviler Partnerschaften sind nicht autorisiert", betont Londons Bischof Richard Chartres. Pfarrer Dudley - eigener Aussage zufolge "robust heterosexuell" - tut so, als verstehe er die Aufregung nicht: "Das war eine freudige, gottesfürchtige Angelegenheit, keine Demonstration."

In Wirklichkeit birgt die Schwulen-Hochzeit von St. Bartholomäus Sprengstoff nicht nur für England, sondern für die weltweite Glaubensgemeinschaft. Schon seit Jahren stehen die rund 77 Millionen Anglikaner in 164 Ländern der Erde vor der Spaltung. Vordergründig geht es dabei - wie in vielen christlichen Gemeinschaften - um den richtigen Umgang mit der Homosexualität, aber auch um die Ernennung von Frauen zu Priesterinnen und Bischöfinnen. Dahinter verbirgt sich ein Globalisierungskonflikt, in dem ausnahmsweise der materiell arme Süden die Oberhand hat: Rund zwei Drittel der Anglikaner weltweit leben in Entwicklungsländern. Während die Mitgliederzahlen auf der Nordhalbkugel rückläufig sind, verzeichnen afrikanische und asiatische Gliedkirchen regen Zulauf.

"Wirbelwind von Hass"

Zwei Daten versetzen Rowan Williams, der als Erzbischof von Canterbury auch der Anglikanischen Gemeinschaft vorsteht, in Panik. Anfang Juli vergangenen Jahres berät die englische Synode in York über die Zulassung von Frauen in leitenden Kirchenämter. Was in Deutschlands lutherischen Kirchen selbstverständlich geworden ist, auch bei den Anglikanern Nordamerikas schon zum Alltag gehört, bleibt Frauen in England bisher verwehrt. Ein positives Votum würde die Traditionalisten in der Kirche verstören und für zusätzlichen Zoff sorgen auf der alle zehn Jahre stattfindenden Lambeth-Konferenz, zu der Ende Juli alle anglikanischen Kirchenfürsten eingeladen sind.

Freilich haben viele konservative Mitglieder des geistlichen Commonwealth ihren Boykott angekündigt. Als Anführer der Rebellen agiert der nigerianische Erzbischof Peter Akinola. Der hält Schwule für "minderwertiger als Tiere" und hat die Wahl des Homosexuellen Gene Robinson zum Bischof der winzigen Diözese von New Hampshire (USA) "einen Angriff des Satans auf Gottes Kirche" genannt. Was Canterbury zu sagen hat, interessiert Akinola schon lang nicht mehr. Umgekehrt scheren sich auch die US-Amerikaner nicht um theologische Gemeinsamkeiten: Die Anglikaner dort wählten nicht nur Robinson zum Bischof, sondern auch eine Frau zur Leiterin ihres Kirchenbundes.

Der Londoner Pfarrer Dudley will weiter über Jesus predigen, "der uns liebt trotz all unserer Unzulänglichkeiten". Das von ihm gesegnete Schwulen-Paar ist von dem "Wirbelwind von Hass" (Dudley) und den Disziplinar-Drohungen nur indirekt betroffen: Der eine gab zu Wochenbeginn seine Ordinationsurkunde zurück, der andere ist als Krankenhauspfarrer beim staatlichen Gesundheitsdienst angestellt.

Dort ist die Diskriminierung von Homosexuellen gesetzlich verboten.
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