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Wozu noch Freikirchen?


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Rolf

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Wozu noch Freikirchen?





Abendmahl mit dem EKD-Ratsvorsitzenden, Bischof Wolfgang Huber, während des Christivals. Foto: kairospress
Als vor drei Wochen das jetzt größte evangelikale Ereignis stattfand – das Christival –, wurde es von atheistischer, grüner und linksradikaler Seite heftig attackiert. Der oberste Repräsentant der Volkskirche, der EKD-Ratsvorsitzende Bischof Wolfgang Huber, verteidigte dann nicht nur das Jugendtreffen, sondern wirkte sogar mit. Dagegen sah sich die Vereinigung Evangelischer Freikirchen nicht in der Lage, in jenen kritischen Tagen eine öffentliche Erklärung pro Christival abzugeben. Warum viele Freikirchen liberal geworden sind und die EKD-Spitze konservativer erläutert idea-Leiter Helmut Matthies in seinem Kommentar.

Als in den 70er und 80er Jahren als Alternative zu den völlig pluralistisch gewordenen Kirchentagen die „Gemeindetage unter dem Wort“ stattfanden, gab es teilweise heftigen Widerstand von landeskirchlicher Seite. Fast alle Freikirchen freilich solidarisierten sich mit dem evangelikalen Großtreffen. Der damalige Bundesdirektor der größten Freikirche, des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (Baptisten- und Brüdergemeinden), und Vorsitzende der Deutschen Evangelischen Allianz, Manfred Otto, empfahl eine Teilnahme mit den Worten, das sei eben der „evangelikale Kirchentag“. Für viele verliefen damals die Fronten relativ einfach: auf der einen Seite die liberale, pluralistische Volkskirche und auf der anderen die mehrheitlich evangelikalen Freikirchen.

Rund 30 Jahre später hat sich die Situation geändert. Als vor zwei Wochen das jetzt größte evangelikale Ereignis stattfand – das Christival –, wurde es von atheistischer, grüner und linksradikaler Seite heftig attackiert. Der oberste Repräsentant der Volkskirche, der EKD-Ratsvorsitzende Bischof Wolfgang Huber, verteidigte dann nicht nur das Jugendtreffen, sondern wirkte sogar mit. Dagegen sah sich die Vereinigung Evangelischer Freikirchen nicht in der Lage, in jenen kritischen Tagen eine öffentliche Erklärung pro Christival abzugeben.

Eine verkehrte Kirchenwelt

Das war für viele überraschend, meinten sie noch immer, die Freikirchen stünden insgesamt der evangelikalen Bewegung näher als die Volkskirche. Doch das ist seit längerem nicht mehr so, wobei man unter den rund 30 Freikirchen sehr unterscheiden muss. Während sich beispielsweise die Mehrheit der Freien evangelischen Gemeinden und alle Brüdergemeinden als evangelikal verstehen, gilt dies im Blick auf die Evangelisch-methodistische Kirche und den Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden nicht mehr. Eine Reihe von freikirchlichen Theologen sind zumindest so liberal wie viele landeskirchliche. Jetzt hat sogar der Vorsitzende der Gesellschaft für Freikirchliche Theologie und Publizistik, Prof. Kim Strübind, in der Zeitschrift seines Verbandes scharfe Kritik an einer „bibeltreuen“ Auslegung der Heiligen Schrift geübt. Der Baptist meinte, zahlreiche große Ereignisse des Alten Testamentes hätten gar nicht stattgefunden. So etwas denken zwar die meisten Theologieprofessoren. Bäte man jedoch eine Kirchenleitung um eine Stellungnahme, lautete sie höchstwahrscheinlich: „Das ist eine Einzelmeinung, aber nicht die der Landeskirche insgesamt.“ Aber die Leitung des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (Baptisten- und Brüdergemeinden) sah keine Veranlassung, die Aussagen ihres prominenten Mitgliedes zu kommentieren.

Anpassung führte zu Schwund

Auch wenn man sich vor Generalisierung hüten muss, so ist doch festzustellen, dass große Freikirchen in den letzten Jahrzehnten viele Meinungen aus der Volkskirche übernommen haben – angefangen von der Frauenordination bis hin zur historisch-kritischen Bibelauslegung. Die Anpassung hat ihnen – egal, wie man sie beurteilt – jedenfalls keinen Zuwachs beschert. Im Gegenteil: Je mehr eine Freikirche inhaltlich „landeskirchlich“ wurde, umso mehr verlor sie, was das Beispiel der Methodisten zeigt (seit 1950 37,5% weniger Mitglieder). Die Baptisten gingen um fast 15% runter, zugenommen haben die Pfingstler (aber vor allem durch die Aufnahme zahlreicher Ausländergemeinden) und der Bund Freier evangelischer Gemeinden (prozentual um 68%, aber absolut nur um 15.000 Mitglieder). Wenn die Schätzung stimmt, dass etwa 10% der Kirchenaustritte aus Glaubensgründen erfolgten, dann hätten die traditionellen Freikirchen seit 1991 etwa 360.000 neue Mitglieder haben müssen. Wirklich gewachsen sind aber allein die völlig unabhängigen evangelikalen Gemeinden: von 200 im Jahr 1970 auf jetzt rund 2.250.

Keine Alternative mehr?

Offensichtlich haben viele Freikirchen noch gar nicht wahrgenommen, dass die EKD-Spitze und bereits einige Landeskirchen längst einen anderen Kurs fahren. Die Priorität liegt auf Mission und nicht mehr auf Gesellschaftspolitik. Theologische Aussagen der EKD sind wieder „bibeltreuer“ geworden. Wenn sich Freikirchen nicht mehr – wie noch vor 40 Jahren – als Alternative zu inhaltsleeren landeskirchen Zuständen verhalten, wird der Mitgliederschwund anhalten. Eigentlich schade, denn die Volkskirche brauchte zu ihrer weiteren Reformation ein profiliertes geistliches und theologisches Gegenüber.



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