Zum Inhalt wechseln

Welcome to Irrglaube und Wahrheit
Register now to gain access to all of our features. Once registered and logged in, you will be able to create topics, post replies to existing threads, give reputation to your fellow members, get your own private messenger, post status updates, manage your profile and so much more. If you already have an account, login here - otherwise create an account for free today!
Foto

Depressionen


  • Bitte melde dich an um zu Antworten
Keine Antworten in diesem Thema

#1
Rolf

Rolf

    Administrator

  • Administrator

  • PIPPIPPIP
  • 34022 Beiträge
  • Land: Country Flag
Der folgende Text ist Ausschnitt aus einer Rede von Eberhard Müller für einen "Etwas anderen Sonntag Morgen", veranstaltet von der Freien evangelischen Gemeinde Göttingen an einem Sonntag, dem 01. Februar 1998 in Göttingen. Eberhard Müller ist Evangelist und Pastor der FeG Göttingen.



[Evangeliumsnetz] [FeG-Online] [Online-Predigtarchiv] [FeG Göttingen] [DeaS]




Depressionen



von Eberhard Müller

Sabines Gesicht wirkt maskenhaft. Bei der Arbeit wird ihr alles zuviel. Antriebsschwäche wechseln mit Phasen erregter Aktivität, die jedoch ins Leere verpufft. Sie hat große Schlafstörungen, und ohne äußeren Grund plagen sie Ängste unterschiedlichster Art. In der letzten Zeit häufen sich bei ihr Selbstmordgedanken. Die 17 jährige Schwesternschülerin hat Depressionen.

1. Aber was sind denn das -- Depressionen?

Das deutsche Wort stammt vom lateinischen presso ab. Es bedeutet pressen, drücken. Depression kann also als gedrückte Gemütshaltung beschrieben werden. Aber darunter kann sehr viel verstanden werden. Nicht alles davon ist im medizinischen Sinn eine Depression. Wenn wir das Wort im Sinn von vorübergehenden Schwierigkeiten benutzen, liegt hier keine echte Depression vor.

Wir sagen schon einmal: "du siehst heute aber deprimiert aus" oder: "es herrscht eine depressive Wirtschaftslage". Einfach mal eine gedrückte Stimmung zu haben - das ist völlig o.k. und gehört zur Wellenbewegung unserer Erlebnisbandbreite. Das muß nichts mit Depressionen im med. Sinn zu tun haben. Um Depressionen genauer verstehen zu können, müssen wir erst mal wissen, was Neurosen und Psychosen sind. Psychosen sind seltener und schwerwiegender. Ein Psychotiker hat keine Einsicht mehr in sein krankhaftes Verhalten. Das berühmte Beispiel: Da glaubt einer fest, er wäre Napoleon.

Der Neurotiker weiß, dass sein Verhalten irrational ist. Oft läuft es sogar seinen eigentlichen Interessen entgegen. So weiß er u.U. genau, dass er etwas Falsches tut, dass er aber von einer Flut von Gefühlen mitgerissen wird - und keine Macht hat, diese zu kontrollieren. Es gibt ein in der Fachliteratur oft vorkommendes Beispiel, das diesen Unterschied zusammenfassen kann: Der normale, gesunde Mensch könnte sagen: "Ich fühle mich heute wie ein Computer, der ohne irgendwelche Gefühle reagiert, aber technisch durchaus brauchbar ist..."

Der neurotische Mensch sagt gleichfalls: "Ich fühle mich heute wie ein Computer, der ohne irgendwelche Gefühle reagiert", aber er wird hinzufügen: ...der allerdings technisch unbrauchbar ist... Da stimmt was nicht. ..." Vielleicht wird er sagen: "Der PC ist irgendwie nicht abzustellen..."

Der Psychotiker sagt: "Ich bin ein Computer!" Es gibt also große qualitative Unterschiede zwischen Neurose und Psychose.

2. Was für Depressionen gibt es?

Es gibt viele Versuche Depressionen einzuteilen. Kielholz unterscheidet die Depressionen folgendermaßen (ich fand den Namen so gut, daher habe ich seine Einteilung mitgebracht):

Nun will ich Sie nicht mit Fachchinesisch langweilen. Aber ein paar Worte sollten Sie einfach mal gehört oder gelesen haben. Das Problem bei den Depressionen ist, dass man nicht immer klar sagen kann: Da kommt sie her und so sieht sie aus - wie z.B. bei einem Knochenbruch.

Grob unterscheidet man Depressionen, die Reaktionen auf schwere Erlebnisse, sog. traumatische Erlebnisse, darstellen. Die vorhandene Kraft reichte nicht aus, die betreffende Situation zu meistern. Dauerbelastungen können zu Erkrankungen, sogar zum Zusammenbruch führen.

Echte Neurosen können bereits im frühen Kindesalter entstehen. Akute Erkrankung kann dann durch irgendeinen Auslöser erfolgen. Eine Depression kann übrigens in jedem Lebensalter - auch bei Kindern - und bei allen Menschen auftreten. Jeder kann Depressionen bekommen - auch der Glaubende (wie jeder Glaubende sich auch den Arm brechen kann). Auch der stärkste Strahlemann kann von Depressionen
befallen werden.

Weiter gibt es die endogenen Depressionen. Diese sind nicht erlebnisbedingt. Bis heute wissen wir nicht genau, wo sie herkommen. Endogen heißt einfach "von innen" - im Klartext: man weiß nicht, die Ursache klar zu nennen. Betroffen ist auf jeden Fall der Stoffwechsel. Nur ist nicht klar, ob die Stoffwechselstörung die Ursache der Depression oder eine Folge der Depression ist.

Übrigens kann diese Zeichnung falsch verstanden werden. Sie soll auf keinen Fall aussagen, dass man dann, wenn man eine Erschöpfungsdepression hat, irgendwann automatisch eine schizophrene Depression hat. Keineswegs geht man automatisch in eine immer tiefere Depression. Es entwickelt sich nicht automatisch aus einer Neurose eine Psychose.

3. Wie zeigen sich Depressionen?

Zusammenfassend: völlig unterschiedlich. Für uns Laien ist es nicht einfach durchzublicken. Ich kann einfach nur ein paar Beispiele nennen, die stellvertretend für viele andere Erscheinungsformen stehen sollen.

Da ist Peter, dem jegliche Lebenskraft fehlt. Er hat keinen Mut, keinen Schwung und leidet so sehr darunter, dass er sagt: "Lieber jetzt noch Krebs, als diesen schrecklichen Zusand noch länger ertragen müssen..!" Nicht nur die Gefühle sind betroffen, sondern auch der Körper. Selbst sein Denken ist nicht das alte.

Am häufigsten erleben wir diese traurige Form der Depression, bei der die Trauer allerdings oftmals gar nicht als solche empfunden wird. Der Depressive leidet an "einer tränenlosen Starre", wie es Michael Dieterich ausdrückt. Peter empfindet überhaupt nichts mehr - weder Trauer, noch Freude - noch die Nähe Gottes. Dumpf und ohne jeglichen Antrieb sitzt Peter häufig stundenlang in einer Ecke oder bleibt im Bett
liegen. Als Hauskreis wollen wir Peter besuchen. Er weiß, dass wir ihm ein Lied singen wollen. Wir kommen vor seine Wohnungstür und klingeln. Ich sehe deutlich die Gardinenbewegung: er hat uns kommen sehen. Aber er macht nicht auf. So singen wir das Lied eben draußen. Wochen später kann Peter seine Freude darüber ausdrücken. Aber an diesem Tag läßt er uns nicht zu sich rein.

Oder das ist Marina. Sie weint nicht nur viel - sie weint fast immer. Und immer wieder macht sie negative Äußerungen. Sie will an allem selber schuld sein, nichts ist gut, es kann auch in der Zukunft nicht gut werden....

Unterschiedlichste Anzeichen

Manche Patienten erzählen davon, sie hätten die Sünde gegen den Heiligen Geist getan - also eine so große Schuld auf sich geladen, dass sie nicht vergeben werden kann. Andere können eben nichts mehr empfinden. Sie können sich nicht mehr mitfreuen - aber auch nicht mehr trauern. Und sie haben den Eindruck, Gott ist ganz weit weg. Er hat sie verlassen.

Für manche Kranken ist die Depression wie diese Kanzel: Von allen Seite drücken und zwicken Schraubzwingen. Er steht unter einer schier unerträglich drückenden Spannung. Auch kranke Christen können dann von Selbstmordabsichten geplagt werden - die wir sehr ernst nehmen sollten. Wichtig ist, dass Selbstmordversuche häufiger zu Beginn und am Ende einer Depressionsphase auftreten. In der Tiefe einer Depression ist der Kranke in der Regel dazu nicht in der Lage. Aber auch hier ist Vorsicht geboten. Manche täuschen vorhandenes Leid als nicht bestehend vor - einfach um aus dem Gewahrsam einer Klinik rauszukommen - und sich dann was anzutun.

Oft gibt es auch körperliche Anzeichen. Da hat einer durch seine Depression starke Verstopfung oder heftige Schlafstörungen.

Symptome

Beck hat eine Zusammenfassung, die ich hier mitgebracht habe:

Emotionaler Bereich


Niedergeschlagenheit, Verlust jeder Befriedigung, Weinkrämpfe, Abneigung gegen sich selbst, Verlust der Bindungen, Verlust der Fröhlichkeit..

Kognitiv-motivationaler Bereich


Negative Erwartungen, Suizidverlangen, verzerrtes Selbstbild, Wertlosigkeit, Unentschlossenheit, Verlust an Motivation, niedrige Selbsteinschätzung, Selbstvorwürfe, Selbstkritik, Versündigungsideen...

Vegetativ-körperlicher Bereich


Appetitlosigkeit, Schlafstörungen, Müdigkeit, Verlust an sexuellem Interesse, Stuhlverstopfung, verlangsamtes Reden, gebeugte Haltung, trauriger Gesichtsausdruck, eingeschränkte Spontaneität...

Ob in der Bibel Depressionen im medizinischen Sinn vorkommen, ist nicht ganz klar. Vielleicht hatte Saul eine Depression als er David um helfende Harfenmusik an Hof holen läßt. Vielleicht klingen Depressionen in den Psalmen an, wenn wir lesen: "Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir.."

4. Hilfe durch Ärzte

Bei den gerade aufgezeigten unterschiedlichen Erscheinungsweisen von Depressionen ist eine gute Diagnose sehr wichtig. Sie können sich an 5 Fingern abzählen, dass eben zu unterschiedlichen Depressionsformen auch ganz unterschiedliche Therapien nötig sind. Jede Art von Depression erfordert eine andere Therapie. Viele Depressive bekommen vom Arzt angemessene Medikamente - und erleben auf diese Art und Weise echte Hilfe. Es ist gut, dass es solche Medizin gibt!

Daher ist eine gute Diagnose eine Heilungsvoraussetzung. Sie erfordert viel Erfahrung und genaue Kenntnisse der verschiedenen Krankheitsbilder und -ursachen. Hier sind wir Laien überfordert. Auch jemand, der ein paar - sicher gute - Kurse besucht hat, kann das nicht. Hier ist also die echte ärztliche Hilfe nötig.

Aber ein Laie oder auch der Seelsorger kann mit dem Kranken vereinbaren, ZUSAMMEN mit ihm einen Arzt aufzusuchen und dann in Zusammenarbeit mit dem Arzt dem Kranken beizustehen. Das stellt die Grundsatzfrage nach dem Arzt.

Anfragen an die Psychologie

Depressionen sind etwas höchst Seltsames. Sie können einem unerfahrenen Laien schon Angst machen. Sie haben manchmal etwas Unheimliches. Daher wurden Depressionen in vorigen Jahrhunderten der Sünde zugeteilt. So war für die Mystikerin Hildegard von Bingen die "schwarze Galle", wie sie es nannte, kein natürlicher Körpersaft mehr, sondern ein diabolisches Gift, das durch unsere Adern rinnt, seit Adam und Eva den Einflüssen des Satans erlagen. Auch Thomas von Aquin weist der Melancholie einen Platz unter den Todsünden zu, weil "sie das geistliche Leben aufhebt, das in der Liebe gründet, durch die Gott in uns wohnt" - O-Ton von Aquin.

Auf so einem Mist gedeihen natürlich viele Pflänzchen, die auch heute in Abwandlungen noch aktuell sind. Bei manchen Erscheinungsformen von Depressionen wittern Unkundige gleich die Sünde oder sogar den Okkultismus. Das ist schlimm. Oder den Kranken wird ihre Krankheit vorgeworfen: "Du hängst nur rum - tu endlich was. Du bist faul! Reiß dich zusammen und ändere dich! Kopf hoch, du schaffst das schon... usw." Aber - etwa bei der Erschöpfungsdepression - sind es ja gerade die Fleißigen, die die Depression bekommen haben. Es wird übersehen, dass es sich um eine seelische Krankheit handelt.

Ein weiteres Gift-Pflänzchen ist das, dass es Christen gibt, die dann eine Behandlung durch einen Seelen- bzw. Nerven-Arzt ablehnen, weil sie meinen, mit ein paar Bibelworten klappt die Heilung schon. Auch in diesem Fall wird übersehen, dass es eine echte Krankheit ist, die einen echten Fachmann braucht. Einen Tumor oder einen Knochenbruch behandelt man auch nicht mit Bibelgespräch. Hier kommt die grundsätzlich Abneigung einiger enger Christen zutage, die grundsätzlich Anfragen an die Psychologie und - therapie haben. Klar: eine Knochenbruch kann man sehen und kann noch ein"sehen", dass ein Arztbesuch angesagt ist. In die Seele kann man nicht hineinschauen und über"sieht" daher, dass
es sich um eine Krankheit handelt - wie körperlich Leiden auch. Daher tun sich manche schwer damit.

Ja - es gibt in der Psychologie bei einigen Vertretern einen ideologischen Überbau, der der Bibel widerspricht. Aber das gibt es bei den Schulmedizinern auch - ebenso wie es umgekehrt gläubige Psychologen und gläubige Allgemeinmediziner gibt. Wichtig ist, dass sie was von ihrem Fach verstehen! Ich habe auch noch keinen engen Christen getroffen, der kein Gehalt wollte, - nur weil der Erfinder des Rechnens und der Zahlenwelt ein heidnischer Philosoph war.

5. Was können wir tun?

5.1: Zuerst mal jedem Patienten Mut machen, einen Arzt aufzusuchen und die Medikamente zu nehmen und sie nur in Absprache mit dem Arzt nach Heilung abzusetzen. Das wird nicht immer leicht sein, weil viele Depressive sich gar nicht für richtig krank halten. Oder weil es vielen einfach peinlich ist, sich eine seelische Krankheit einzugestehen. Oft sind Depressionen mit Schamgefühlen überlagert, weil manche meinen, dass einem so was doch nicht passieren darf. Ein Christ darf doch nicht seelisch krank sein - oder?

Hier gilt es zu helfen, indem aufgezeigt wird, dass eine Depression eine Krankheit ist, wie jede andere körperliche Krankheit auch. Das ist nicht so einfach für den Patienten einzusehen - aber wichtig für die Heilung. Also: Mut machen, zum Doktor zu gehen - eventuell Begleitschutz anbieten. Oft ist es einfach hilfreich, wenn Ärzte, Psychotherapeuten und Gemeindeleute zusammenarbeiten. Nur selten haben die Ärzte Bedenken gegen hilfreiche Seelsorge. Das sind dann auch selten gute Ärzte.

5.2 Überhaupt Mut machen. Ein großer Teil der Depressionen hat gute Heilungsaussichten. Ein Kranker kann genau das kaum fassen. Zu tief sitzt er drin im Loch der Depression. Deshalb ist Zuspruch einfach wichtig.

Der Gesunde kann sich kaum in die Lage eines Depressiven versetzen. Daher werden Depressive oft in ihren Familien und Freundeskreisen falsch behandelt. ("Reiß dich zusammen, laß dich nicht hängen, arbeite, du mußt nur glauben und mehr beten und in der Bibel lesen...") Das kann im wahrste Sinn des Wortes tödlich sein. Forderungen gegenüber fühlt sich der Depressive nicht gewachsen. Er empfindet sie als unüberwindlichen Berg. Sie stürzen ihn tiefer in die Krankheit - bis hin zur Selbstmordgefahr. Daher braucht der Depressive einfach Verständnis. Es ist wichtig, zuzuhören - auch dann wenn der Depressive 100x dasselbe erzählt. Noch einmal: Mut machen ist wichtig, ihm gute Dinge sagen - auch dann, wenn unser Beistand scheinbar keine Beachtung findet. Ihn ernst nehmen und akzeptieren, dass der Depressive sich z.Z. wirklich so fühlt.

Viele Depressionen verlaufen wellenförmig - d.h. nach Zeiten der tiefen Krankheit kommen gesunde Phasen. Wie oft habe ich schon in den guten Phasen gehört, dass Patienten sich bedankt haben für die Zuwendung - obwohl sie in den schlimmen Phasen den Eindruck machten, nichts wäre zu ihnen durchgedrungen. So auch Peter, der sich für unseren Hauskreisgesang bedankte und erzählte, dass das halbe Haus ihn später angesprochen hatte auf die netten Leute, die ihm da in seiner Krankheitszeit ein Ständchen gebracht haben....

5.3 Zuspruch der Vergebung

Depressive leiden oft an Schuldgefühlen. Ihr Gewissen klagt sie an. Hilfreich kann es sein, Mut dazu zu machen, diese Schuld, die der Kranke empfindet, Gott im Gebet zu bekennen. Gleichzeitig ist es wichtig, ihm deutlich zu machen, dass einmal gebeichtete Sünden dann auch endgültig vergeben sind. Häufig vermuten Depressive, dann "noch nicht alles vorgekommen sei" und sie denken, dass da noch "verborgene Sünden" in ihrem Leben für die Depression verantwortlich sein könnten - als Strafe sozusagen.

Hier dürfen wir biblisch antworten und mit den Kranken Psalm 19 beten lassen. Hier heißt es: "Sprich mich frei von verborgenen Sünden!" (Vers 13) Wir dürfen dem Depressive dann im Namen Gottes die Vergebung zusprechen. Denn die Bibel sagt, dass dem, der Schuld bekennt, auch wirklich von Gott vergeben worden ist. (1. Joh 1, 5ff). U.U. müssen wir das Zusprechen oft wiederholen.

Manche kranken Christen haben keine Gewißheit mehr, dass Gott sie angenommen hat. Hier sollten wir ihnen den Schluß von Römer 8 vorlesen. Paulus sagt hier: Nichts kann uns von der Liebe Gottes trennen - auch kein Depression. Ja - der Depressive kann Gott im Moment nicht fühlen - das ist ja gerade seine Krankheit. Daher müssen wir für ihn glauben und vertrauen und hoffen und ihm im Namen Gottes sagen,
dass Gott ihn liebt und annimmt - auch wenn er nichts spüren kann.

In den seltensten Fällen liegt übrigens tatsächlich eine okkulte Belastung vor - auch wenn der Kranke es annimmt. Um hier zu helfen, muß man schon ein erfahrener Seelsorger sein. Aber auch dann ist Vergebung und echte Befreiung möglich.

Wenn einer sagt, er habe gegen den Heiligen Geist gesündigt, dann sage ich dem Kranken auf den Kopf zu, dass das sicher nicht der Fall ist. Denn wer diese Sünde getan hat, der will ja gerade keine Vergebung und Hilfe - was beim Depressiven aber der Fall ist.

5.4: Die Vergangenheit aufarbeiten

Einige Depressionen hängen eng mit der Vergangenheit zusammen. Irgend etwas ist nicht verarbeitet worden. Vielleicht ist es eigene Schuld - vielleicht Verletzungen durch andere. In einer akuten Phase sollte nicht an der Vergangenheit gearbeitet werden, da in der Konfrontation der Absturz vorprogrammiert ist. Eine Aufarbeitung kann aber - und muß sogar - in einer Phase erfolgen, die nach dem Abklingen einer akuten Depressionsphase liegt. Hier kann dann z.B. Vergebung, aktiv und passiv, geschehen.

5.5 Das Denken über das Fühlen dominieren lassen

Das Gefühl des Depressiven ist erkrankt und belügt ihn ständig über ihn selber und über seine Umgebung.

Das logische Denken klappt aber oft noch. Für den Kranken ist es eine Hilfe, ihn vom Gefühl wegzuholen und zum Denken zu bringen. Michael Dieterich gibt in seinem Buch "Depressionen" konkrete Hilfen. Das Denken soll über das Fühlen herrschen lernen. Wenn immer wieder negative Gedanken hoch kommen wollen, hat er die Methode des "Gedankenstopps" beschrieben.

5.6 Trost durch Gebet, Bibel und Mittragen

Die meisten Depressiven, die Christen sind, - auch die früher ganz aktiven - verlieren den Zugang zum Gebet und zur Bibel. Von vielen Passagen der Schrift fühlen sie sich verurteilt. Daher sollten wir eine Auswahl für den Kranken treffen und ihm diese Texte vorlesen und mit und für ihn beten - auch wenn er sich selber nicht beteiligen kann. Ich erinnere mich an eine Kranke, die mir in gesunden Phasen immer wieder sagte, wie gut es ihr getan habe, dass ich praktisch für sie geglaubt, gelesen und gebetet hatte.

Manchmal ist es einfach gut, unter Handauflegung für den Depressiven zu beten. Jesus hat die Kranken auch angefaßt. Depressionen verschwinden nicht schnell. Heilung braucht Zeit - wie eine körperliche Krankheit auch.

Manche Depressiven möchten, dass wir immer bei ihnen sind - am besten Tag und Nacht. Das geht natürlich nicht. Daher ist es wichtig, Zeiten abzusprechen und einzuhalten, wenn irgend möglich. Zentral ist es, dass der Depressive weiß: Hier trägt einer mit, hier liebt mich einer und steht mir bei. Wir können den Kranken nicht genug gute und hoffnungsvolle Dinge sagen. Das brauchen sie. Und wenn sie nicht ans Telefon gehen - schreiben! Laßt die Depressiven nicht fallen - auch dann nicht, wenn sie abweisend reagieren. Vermittelt Hoffnung. Seid einfach da.

Und wenn einer noch kein Christ ist?

Und wenn einer noch kein Christ ist? Dann nichts wie hin zu Jesus. Vor aller Heilung der Krankheit kommt das Heil - also die Heilung des gestörten Verhältnisses zu Gott. Er ist der Heiland, der Sohn Gottes, in die Welt gesandt, um die Schuld und Gleichgültigkeit Gott gegenüber wegzunehmen. Er möchte, dass wir unser Mißtrauen ihm gegenüber aufgeben. Durch sein stellvertretendes Leiden am Kreuz können Menschen Frieden mit Gott bekommen und Anschluß an Gottes Welt. Der Psychologe und Psychotherapeut Dr. Michael Dieterich schreibt dazu: "..wer in die am Kreuz durchbohrten Hände einschlägt und Christus sein Leben ganz hingibt, darf mit froher Gewißheit sagen: "Es ist in keinem anderen Heil... als in dem Namen Jesu" (Apg 4, 12) Die Aufnahme einer solchen Verbindung zu Gott über seinen Sohn Jesus Christus bedeutet einen großen Schritt zur Heilung von Depressionen. ... Die Begegnung mit Jesus Christus liefert allerdings kein Freirezept für Gesundheit. Davon steht nichts in der Bibel. ... Dass eine geheilte Beziehung zu Gott bei einem ganzheitlichen Verständnis der Persönlichkeit Rückwirkungen auf das Denken, Fühlen und Handeln hat, braucht hier nur noch einmal angemerkt zu werden. Dies muß aber ... nicht heißen, dass zwingend eine Heilung der Depression eintritt... "

Also, sollte jemand diesen Text lesen, der noch keine persönliche Beziehung zu Jesus hat - egal, ob gesund oder krank: ich lade Sie ein, ein Leben mit Jesus zu wagen.

Eberhard Müller
© 1998 Eberhard Müller, FeG Göttingen;

































  • 0