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Kinderfragen zum Thema "Tod"


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Rolf

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Kinderfragen zum Thema "Tod" -




Von Almut Mensen-Etzold


I. Wann sterbe ich?
II. Abschied von Rune
III. Betrachten wir die vorgestellten fünf Bilderbücher
I. "Wann sterbe ich?"
"Warum läßt Gott auch kleine Kinder sterben?"
"Warum sterben wir"?
"Ist es nicht schrecklich, wenn der tote Mensch beerdigt wird, also unter der Erde liegt?"
"Kommen Tiere in den Himmel"? (2mal)
"Ist Tom (der tote Kater) jetzt auch bei Gott?"
"Wie schlüpft die Seele aus dem Körper?"
"Jesus ist doch gestorben? Und dann auferstanden? Wie geht das? Und die Uroma?"
"Haben die Toten alle ein eigenes Zimmer im Schloß von Gott?"
"Was ist, wenn ich tot bin - komme ich dann zu Gott?"
"Was passiert nach dem Tod?"
"Ist Opa jetzt im Himmel?"
"Wo geht die Seele des Menschen hin? Wie geht sie zum lieben Gott?"
"Ist Oma jetzt eine Wolke?"




Diese Kinderfragen wurden aufgezeichnet auf einem Elternabend in unserer Gemeinde, der unter dem Motto stand "Mit Kindern über Gott reden". Anwesend waren Eltern, hauptsächlich Mütter, von Kindern bis etwa zum Kindergartenalter. Der Referent hatte darum gebeten, Äußerungen der Kinder zum Thema Gott aufzuschreiben, die im Gedächtnis haftengeblieben waren. Von den insgesamt 38 allgemein zum Thema Gott aufgezeichneten Kinderäußerungen befaßten sich immerhin die oben genannten 15 mit dem Thema Tod bzw. Weiterleben nach dem Tod.

Wir versuchten an diesem Abend, gemeinsam kindgemäße Antworten auf die Fragen zu finden. Mir als Pastorin und meinen beiden Kollegen, die an diesem Abend zugegen waren, fiel das kaum leichter als den betroffenen Eltern.
Kinder stellen Fragen über den Tod und das Leben danach, die uns aufhorchen lassen und so manches Mal ratlos machen. Wie sollen wir antworten? Was können die Kinder verstehen, und was können wir zudem theologisch verantworten?
Neben unseren verbalen Antwortversuchen kam die Frage nach geeigneten Bilderbüchern auf, die sich ja gerade bei kleineren Kindern als Hilfsmittel anbieten. Für mich wurde das zum Anlaß, mich auf die Suche nach speziell solchen Bilderbüchern zu machen, die sich mit Tod und Weiterleben befassen.

Ich möchte hier einige dieser Bilderbücher vorstellen (ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben) und danach fragen, wie sie theologisch einzuordnen sind.

II. Ich beginne mit dem Buch "Abschied von Rune"(1). Die Autorin erzählt die Geschichte von den befreundeten Kindern Sara und Rune. Die beiden spielen zusammen an einem See. Rune fährt mit dem Boot heraus wie ein richtiger Fischer, während Sara kurz nach Hause läuft, um sich Handschuhe zu holen.

Als Sara zurückkommt, ist Rune nirgends zu sehen; nur das kleine Boot schaukelt auf dem Wasser. Plötzlich sieht Sara Rune, der mit dem Gesicht nach unten im Wasser liegt. Auf ihr Rufen antwortet Rune nicht. Sara rennt nach Hause und trifft unterwegs den Großvater, der noch versucht, Rune zu retten. Doch es ist bereits zu spät.
Später erklärt die Mutter ihrer Tochter Sara, was es heißt, daß Rune tot ist: "Er kann nichts mehr sehen und nichts mehr hören. Er kann nicht mehr gehen oder laufen oder spielen. Er wird Sara nie mehr anlächeln und sie nie mehr umarmen. Rune ist tot." ...

"'Sehe ich ihn wirklich nie, nie mehr wieder?' fragt Sara. 'Nein, nie wieder', antwortet Mama. 'Aber irgendwie ist er trotzdem nicht ganz fort, denn wenn wir an ihn denken, können wir ihn ja in uns drin sehen. Und dann können wir auch mit ihm sprechen. Mach mal die Augen zu und versuch es.'" Sara versucht es und sieht Rune genauso, wie er früher war.
Dann wird die Beerdigung geschildert: "Der Pfarrer kommt in seinem schwarzen Talar herein. Er spricht zu den Menschen in der Kirche und betet. Dann singen die Erwachsenen ein langsames Lied." Sara fühlt sich wohl beim Klang der Orgel, und in ihrer Phantasie fliegt sie durch eine hellblaue Umgebung. Als sie die Augen wieder öffnet, sieht sie, wie der Sarg hochgehoben wird und die Menschen ihm aus der Kirche heraus folgen. Runes Sarg wird in ein Loch hinuntergelassen; der Pfarrer sagt noch etwas und wirft mit einer Schaufel etwas Erde hinterher.

Sara kann nicht begreifen, daß Rune da unten drin sein soll. Sie fragt ihren Papa: "'Aber was ist, wenn er nun mal aufwacht und aufstehen will und er kriegt den Deckel vom Sarg nicht auf?' 'Rune wacht nie mehr auf', antwortet Papa leise. 'Er schläft für immer.'" Sara nimmt weinend Abschied am Grab.

Kurz darauf schneit es, und die Mutter verspricht Sara, Runes Grab im Frühjahr wieder zu besuchen. Als der Winter vergangen ist, fahren die zwei mit dem Fahrrad los zum Friedhof. Runes Grab sieht jetzt aus wie alle anderen Gräber. Darauf liegt ein Stein mit der Aufschrift RUNE und seinem Geburts- und Todestag.

"'Liegt sein Körper noch da unten?'fragt Sara. 'Irgendwie schon', sagt Mama. 'Aber Runes Körper wird nun zu Erde, damit Blumen wachsen können.'" Das kann Sara verstehen, denn auf dem Grab wachsen einige Anemonen. Als letztes pflückt Sara einen Blumenstrauß für das Grab und nimmt so endgültig Abschied von Rune.

Das Buch befaßt sich schwerpunktmäßig mit dem Tod, weniger mit dem, was dann kommt. Der Tod wird mit aller Brutalität beschrieben; die Kinderfragen, die sich angesichts des endgültigen Abschieds stellen, werden ausführlich behandelt. Alles, was zum Umfeld des Todes gehört, findet Berücksichtigung: der Sarg, die Beerdigung mit der Trauer der Betroffenen, Grab und Grabstein und nicht zuletzt der Friedhof. Die wunderschönen, in Pastellfarben gehaltenen Bilder, ergänzen sich hervorragend mit dem Text. Daß es nie mehr so sein wird wie vorher, wird in aller Härte deutlich. Die thematisierten Gefühle von Hilflosigkeit und Trauer bieten sich zur Identifikation an.

Für die Vorstellung eines Lebens nach dem Tod macht die Verfasserin zwei Vorschläge. Erstens: Rune lebt weiter in der Vorstellungskraft der Hinterbliebenen, und zweitens: Sein Körper zerfällt zu Erde, aus der dann wieder Blumen wachsen. Das angebotene Lösungsmodell ist neutral; mit spezifisch christlicher Theologie hat es kaum etwas zu tun.

Eine märchenhaft-weltanschauliche Antwort auf die Frage nach dem, was mit den Toten geschieht, bietet das Bilderbuch "Julia bei den Lebenslichtern"(2). Es beginnt mit einem aussagekräftigen Bild, das die innige Beziehung zwischen Julia und ihrer Oma zeigt: In Omas anheimelndem Zimmer sitzen die beiden einträchtig miteinander im Sessel und betrachten ein Bilderbuch.

Der im Anschluß an das Bild einsetzende Text macht dem idyllischen Eindruck rasch ein Ende. Als Julia mittags von der Schule kommt, findet sie die Oma im Bett liegend in einem immer noch verdunkelten Zimmer. Auf ihre ängstliche Frage: "'Oma, du bist doch nicht krank?'" erhält sie keine Antwort. Schnell läuft sie zum Telefon, um ihre Mutter im Büro zu sprechen. Diese ist zuerst ungehalten über die Störung, eilt aber nach Julias Beschreibung der Oma sofort nach Hause. Ein Krankenwagen kommt, Oma wird aus der Wohnung getragen, und Julia bleibt allein in der Wohnung. Abends kehrt die Mutter blaß und müde zurück. Auf Julias Frage, was mit der Oma sei, antwortet sie: "'Oma ist für immer eingeschlafen. ... 'Oma kann nie wiederkommen.'" Ihr Herz sei stehengeblieben "wie ein Uhrwerk, das abgelaufen ist." Julia weint und hofft, daß die Mutter sie tröstet, so, wie Oma es getan hätte. Doch sie bleibt allein.

Zwei Tage später ist die Beerdigung, zu der Julia entgegen ihrem eigenen Wunsch nicht gehen darf. "'Eine Beerdigung ist etwas sehr, sehr Trauriges' ... 'Viel zu traurig für ein Kind'", sagt ihr die Mutter, die selbst ihre Trauer kaum ausdrücken kann. Schon am nächsten Morgen muß sie wegen einer dringenden Angelegenheit wieder im Büro sein. Julia beschließt währenddessen, das Grab aufzusuchen.

Als sie weinend vor den vielen Blumen und Kränzen steht und fragt, "Oma, warum bist du so weit weg?", hat sie ein merkwürdiges Erlebnis: Ein kleines, blasses Kind erscheint und verspricht ihr, zu zeigen, daß die Oma immer noch bei ihr ist. Julia schließt die Augen und hört ein vertrautes Lied aus der Spieldose. Als sie wieder zu sich kommt, ist der Himmel schwarz. Vor ihr liegt ein See, auf dem auf verschieden großen Inseln unzählbar viele Kerzen brennen. Sie sei am "See der Lebenslichter", erklärt ihr das Kind. "'Jedes Licht ist ein Menschenleben'", fährt es fort, "'Wenn ein Mensch stirbt, stirbt auch sein Licht.'" Manche Lebenslichter zittern, weil die Menschen krank sind oder Kummer haben. So flackert auch Julias eigenes Licht aufgrund ihrer großen Trauer. Das Kind tröstet sie daraufhin mit den Worten: "'Aber deine Oma ist noch bei dir' ... 'Ihr Lebenslicht steht noch bei deinem auf der Lebensinsel.'" Und, so erläutert es weiter: "'Solange du sie liebst, wird ihr Lebenslicht nie untergehen.'" Erschrocken fragt Julia: "'Untergehen?'" und erfährt daraufhin: "'Ja. Wenn niemand mehr da ist, der deine Oma liebt - dann sinkt ihr Licht auf den Grund des Sees. Und aus den Lichtern, die dort unten ruhen, werden eines Tages neue Lebenslichter.'" Julia brennt darauf, die Oma nun endlich zu sehen, muß aber zur Kenntnis nehmen, daß das erst nach dem Verlöschen ihres eigenen Lebenslichtes möglich sein wird. Dann endlich begreift sie: "'Dann bist du ...der Tod?'", fragt sie. "'Ich habe viele Namen', sagt das Kind. ... Ich komme in vielerlei Gestalt zu den Menschen'". Julia zieht erleichtert die Schlußfolgerung: "'Vor dir brauche ich keine Angst zu haben!'"

Nachdem sie das verstanden hat, brennt nun auch ihr eigenes Lebenslicht wieder klar und ruhig.
Auf einmal erklingt wieder das Lied aus der Spieldose. Julia findet sich zurück in der Realität und steht vor dem Grab der Oma. "'Ich weiß jetzt, daß du noch immer bei mir bist', sagt Julia leise. Dann wendet sie sich ab und geht."
Eine Stärke dieses ebenfalls sehr anschaulich und schön bebilderten Buches ist die realistische Schilderung der Todessituation. Während die vermutlich alleinerziehende Mutter im Büro arbeitet, ist Julia die erste, die die reglose Oma vorfindet. Als sie in ihrer Hilflosigkeit die Mutter anruft, ist diese zunächst ärgerlich über die Störung. Nachdem sie den Ernst der Situation begriffen hat, handelt sie, indem sie kommt und den Notarzt verständigt. Von da an ist Julia ausgeschlossen. Sie bleibt allein, begreift auch nach dem Tod der Oma das Verhalten der Mutter kaum, darf nicht einmal zur Beerdigung. Die Mutter verkörpert die weit verbreitete Auffassung, Kinder dürfe man mit dem Tod nicht konfrontieren.

Doch Julia findet ihren eigenen, phantastischen Weg zur Oma. Die Autorin greift dabei das Motiv der Lebenslichter auf, das auch aus dem Grimmschen Märchen "Der Gevatter Tod" bekannt ist.

Im Hintergrund steht, ähnlich wie auch in "Abschied von Rune", der Gedanke, der wirkliche Tod trete erst dann ein, wenn alle Liebe zur verstorbenen Person erloschen sei. Darüber hinaus klingt der Reinkarnationsgedanke an: Wenn ein Mensch endgültig stirbt, weil niemand mehr an ihn denkt, dann erst sinkt das Licht zu Boden, damit ein neues daraus werden kann.
Speziell christliche Aussagen über das, was uns nach dem Tod erwartet, werden ebensowenig wie bei "Abschied von Rune" gemacht. Während der Tod in Gestalt des Kindes als eigenständige Person dargestellt wird, ist Gott kein Thema.

In offensichtlich christlicher Absicht erzählt ist dagegen das Büchlein "Die Geschichte von der Larve Geronimo"(3). Weniger das Ereignis des Sterbens steht hier im Zentrum als die Vorstellung vom Leben danach:
Geronimo, eine junge Libellenlarve, lebt mit seiner Familie zusammen in einem kleinen Teich. Er beobachtet, wie ein Frosch immer wieder nach oben schwimmt, plötzlich nicht mehr zu sehen ist und ebenso unerwartet wieder auftaucht. Eines Tages faßt er sich ein Herz und fragt den Frosch, was über der Welt des kleinen Teiches ist. Der Frosch erzählt ihm daraufhin vom trockenen Land mit schönen grünen Wiesen, von Blumen, Bäumen, Wolken und Himmel und vom strahlenden Sonnenschein. Erstaunt muß Geronimo sich erklären lassen, daß es dort kein Wasser zum Schwimmen gibt. Gern möchte er das Licht kennenlernen, kann sich aber nichts darunter vorstellen. Damit Geronimo es mit eigenen Augen sehen kann, nimmt der Frosch ihn auf dem Rücken mit nach oben. Doch er muß die bittere Erfahrung machen, daß er, an der Wasseroberfläche angekommen, sofort zurückfällt in den Teich. Seine Schlußfolgerung ist: "Außerhalb unseres Teiches gibt es nichts als Tod." Der Frosch beharrt auf der Wahrheit seiner Erzählungen und wirft Geronimo vor: "Aber weil du nur diesen kleinen Teich kennst, willst du nicht glauben, daß es etwas darüber hinaus gibt."

Die beiden sehen sich einige Tage nicht. Dann kommt der Frosch plötzlich ganz aufgeregt heim und sucht Geronimo. Er hatte eine Larve beobachtet, die schlüpfte, und aus der ein wunderschönes Geschöpf, eine Libelle, wurde.
Im Frühjahr verspürt Geronimo eine außergewöhnliche Kraft, die ihn nach oben treibt. Sein Drang nach oben ist so unwiderstehlich, daß er seine Familie verläßt, ihr aber verspricht, sie wiederzusehen.

Tatsächlich schlüpft er aus seinem Larvenkörper und wird zu einer strahlenden Libelle mit glänzenden Flügeln. Zu gern würde er zu seiner Familie zurückkehren und ihr von seinen Erlebnissen berichten, doch es geht nicht; er kann nicht zurück ins Wasser.

Dafür sieht er endlich den blauen Himmel, die Wiesen und Blumen, und vor allem das Licht der Sonne.
Eines Tages klettern auch seine Brüder an Schilfstengeln hoch und schlüpfen aus ihren Larvenkörpern. Begeistert empfängt Geronimo sie, und sie alle sind voller Freude über das Wiedersehen und über ihr neues Leben.
Die christliche Erzählabsicht schimmert in diesem Büchlein überall durch. Leben hat seine Zeit, und ewiges Leben hat seine Zeit, so läßt sich die Aussage zusammenfassen.

Die Schönheit und Freiheit des ewigen Lebens, die wir im irdischen Leben nur erahnen können, ist erst dann zu erreichen, wenn die Zeit reif ist. Dann, d.h. im Tod, wird die Verwandlung in den der Ewigkeit entsprechenden Körper vollzogen (vgl. 1. Korinther 15, 35 ff. bzw. Philipper 3,21). Ein Wiedersehen mit verstorbenen Verwandten gehört ganz selbstverständlich dazu.

Wichtig ist auch das Lichtmotiv, das aus dem biblischen Kontext vertraut ist als Wesensmerkmal Gottes.
Der Tod als solcher spielt so gut wie keine Rolle; er ist schlicht Übergang in eine andere, bessere Existenzform. Die mit ihm einhergehende Grausamkeit findet allenfalls Beachtung im Trennungsschmerz, den sowohl Geronimo als auch seine Familie erleben.

Ich halte dieses Büchlein für geeignet, um Kindern allgemein die Hoffnung auf das Leben nach dem Tod zu vermitteln. Sind Kinder jedoch aktuell mit einem Todesfall konfrontiert, so scheint es mir zu wenig auf die vorhandene Trauer einzugehen.
Eine ebenfalls sehr positive Sicht vom Tod vermittelt "Das Sommerland"(4): Der Tod wird verglichen mit einem dunklen Tal, das sich die ganze Lebenszeit unsichtbar neben uns Menschen befindet. Erst im Todesmoment betreten wir es, um dann nur noch in eine einzige Richtung weitergehen zu können. Das Tal ist finster, jedoch nicht pechschwarz. Hindurch führt ein leicht ansteigender Weg, der auf ein Licht zuführt, das im Verlauf der Wanderung immer näher kommt. Am Ende des Tales beginnt eine große Wiese, genannt die Sommerwiese. Frühlingsgärten, Herbstfeld und Winterwald sind Bestandteil der Sommerwiese, so daß jeder, der sie erreicht, eine Jahreszeit nach Wunsch wählen kann. An einem Tag lassen sich alle Jahreszeiten durchwandern. Nächte gibt es nicht. Nach dem Weg durch das dunkle Tal ist es sehr wohltuend, auf der Sommerwiese anzukommen.

Am Ausgang des dunklen Tales steht "Der Immer Wartet" (S.15), um in Begleitung von drei Engeln alle, die das Tal durchwandert haben, in Empfang zu nehmen. Einer von ihnen, der Engel des Lichts, weist den Wanderern mit einer Fackel die Richtung zur Sommerwiese hin. Der zweite, der Engel der Hoffnung, spielt auf einer Flöte und bringt damit die Vögel zum Singen. Durchwandert ein Kind das dunkle Tal und wird dabei müde, so machen ihm die singenden Vögel Mut zum Weitergehen. Ist das Kind trotz allem zu erschöpft, oder ist es noch zu klein zum Laufen, so macht sich "Der Immer Wartet" selbst auf den Weg, um es abzuholen und behutsam zur Sommerwiese zu bringen. Dort setzt er sich neben das Kind und paßt auf, daß ihm nichts passiert. Wenn es aufwacht, lächelt er es an und streichelt es mit seinen Händen, die warm und leicht sind wie die Flügel eines Schmetterlings.

Plötzlich sieht das Kind große Tränen in den Augen von "Der Immer Wartet". Es weiß nicht, warum - aber es weint mit. Es ist wegen der Trauernden daheim, an die sich das Kind in seiner neuen Geborgenheit schon gar nicht mehr bewußt erinnert. Nicht das Kind ist eigentlich traurig, sondern es weint zusammen mit "Der Immer Wartet" die Tränen der Trauernden.
Das ist der Moment, in dem der dritte Engel herbeigeeilt kommt. Er, der Engel des Trostes heißt, schmiegt sich ganz eng an "Der Immer Wartet". Behutsam und sanft sorgt er dafür, daß die beiden Weinenden getröstet werden.
Nachdem er leise verschwunden ist, sitzt das Kind noch lange im Schoß von "Der Immer Wartet". Es schläft und träumt noch lange, und als es aufwacht, sieht es immer noch in das Gesicht von "Der Immer Wartet".
"'Du bist Ingvil', sagt er, wenn das Kind so heißt. ... 'Und du bist Jesus', sagt Ingvil laut. Und dann läßt sie seine Hand los und springt barfuß hinaus auf die Sommerwiese. (S.42)"

Das Büchlein nimmt bezug auf einen realen Todesfall -den des fünfeinhalbjährigen Mädchens Ingvil- und ist deshalb für Menschen gedacht, die sich unmittelbar mit dem Tod eines Kindes auseinandersetzen müssen. In der Ich-Form erzählt, versucht es, die Leser und Leserinnen direkt anzusprechen und Trost zu vermitteln.
Der Tod ist ein dunkles Tal, an dessen Ausgang Jesus und die Engel die Menschen in Empfang nehmen. Insofern vermittelt es die christliche Hoffnung des ewigen "mit Christus sein" (Philipper 1,23), ohne dabei die angsterregende Seite des Todes außer Acht zu lassen. Auch die Trauer der Angehörigen hat ihren Platz, wird jedoch geschickt in den tröstenden Kontext eingearbeitet.

Die einleitenden Sätze "Ich weiß nicht, wie ich dir das erzählen soll. Denn es ist kein Märchen, und gleichzeitig ist es doch so etwas wie ein Märchen. Es ist niemals passiert, und doch passiert es immer wieder. Es handelt von jemand, den du gekannt hast, und doch handelt es von keinem, den du kennst" (S.9) spiegeln die Schwierigkeit, über den Tod angemessen zu sprechen. Sie machen deutlich, daß die folgenden Aussagen eine Mischung zwischen christlich-eschatologischer Hoffnung und Märchen sind, in der anscheinend auch Motive aus der Todesnäheforschung Platz gefunden haben: das Licht am Ende des dunklen Tales bzw. Tunnels, die Blumenwiese oder die Engelsgestalten.(5)

Insgesamt scheint mir die anschauliche Mischung gelungen zu sein; aus theologischer Sicht muß jedoch darauf hingewiesen werden, daß sich nicht alle Aussagen exegetisch belegen lassen.
Nahe am biblischen Kontext bleibt Carolyn Nystrom in dem Buch "Was kommt nach dem Tod?"(6). Lisa, die Hauptfigur, erlebt, wie ein Vogel gegen die Fensterscheibe fliegt und sich nicht mehr rührt. Sie möchte ihm helfen, wieder zu fliegen - doch er bleibt still. Die Mutter gibt ihr daraufhin die Auskunft, das Vögelchen sei tot und könne nicht mehr lebendig werden. Die beiden machen ihm ein kleines Grab im Garten. Lisa kommen viele Fragen über den Tod, etwa: "Wie lange dauert der Tod?", "Will Gott, daß die Menschen sterben?", "Tut sterben weh?" oder "Wie kann ich in den Himmel kommen, wenn ich unter der Erde liege?" (S.8). In den Armen der Mutter weint Lisa und spricht ihre Fragen aus.

Die Mutter antwortet, indem sie Lisa zunächst die Schöpfungsgeschichte kindgemäß erzählt: Weil der erste Mann und die erste Frau auf dieser Welt vom Baum der Erkenntnis gegessen haben und damit Gott ungehorsam geworden sind, ist das Paradies zerstört. Von da an müssen "jeder Mann und jede Frau, jede Pflanze und jedes Tier einmal sterben" (S.12). Gott will aber nicht, daß die Menschen für immer tot sind, und deshalb schickt er seinen Sohn Jesus auf die Erde. Er soll das Böse wieder gutmachen. Jesus lebte wie alle Menschen, nur mit dem einen Unterschied: Er wurde Gott niemals ungehorsam. Er starb auch wie alle anderen. "Aber auch sein Tod war völlig anders. Er wurde wieder lebendig!" (S.13).

Die Körper von Tieren und Menschen werden begraben, weil sie mit dem Tod leblos werden. Doch: "Ganz tief drinnen in mir, da ist mein wirkliches 'Ich', wie ich denke und fühle und liebe und mich von jedem anderen Menschen unterscheide. Das nennt man die Seele. Wenn ein Mensch, der Gott lieb hat, stirbt, dann kommt seine Seele in den Himmel zu Jesus" (S.17), wo man sehr glücklich ist und sich wohlfühlen kann. Sogar einen neuen Körper bekommen die verstorbenen Menschen von Gott, der vollkommen ist, also weder verletzt, häßlich oder krank. Das alles ist nur möglich, weil Jesus selbst auf der Erde lebte, starb und wieder auferstand.

Wir alle wissen nicht so richtig, wie es im Himmel sein wird, aber wir wissen aus der Bibel, daß es schön ist. Um eine Vorstellung davon zu bekommen, werden die kleinen Leserinnen und Leser aufgefordert, sich das allerschönste vorzustellen, das sie bisher in ihrem Leben gesehen haben. Anschließend sollen sie sich an die bisher glücklichsten Momente zu erinnern und sich vor Augen führen, was ihnen am allermeisten Spaß macht. Der Himmel -so ist die Schlußfolgerung- ist die Steigerung all dieser schönen Dinge, Erinnerungen und Begebenheiten. Im Himmel gibt es auch keinen Streit; die Menschen verstehen und lieben einander. Alle Kinder Gottes sind dort versammelt, und deshalb kann man dort auch die eigenen Vorfahren oder biblische Figuren wie David oder Paulus kennenlernen.

Zum Abschluß möchte Lisa wissen, ob sie auch das tote Vögelchen im Himmel wiedertreffen wird. Nach einem Augenblick des Zögerns gibt die Mutter ihr die ehrliche Auskunft: "'Lisa, das weiß ich nicht.' ... 'Aber ich weiß, daß Jesus es für uns im Himmel ganz schön macht. ...'" Damit gibt Lisa sich zufrieden. Angst und Traurigkeit sind von ihr gewichen.
Gegenüber den bisher besprochenen Geschichten hat dieses Bilderbuch den Vorzug, sich dicht an den biblischen Vorlagen entlangzubewegen. Für interessierte Erwachsene sind jeweils über den Erzählabschnitten die entsprechenden Bibelstellen angegeben. Der theologische Hintergrund von Sündenfall, Versöhnung in Jesus Christus und ewigem Leben wird einfach und verständlich wiedergegeben. Auch den Versuch, das Wort "Himmel" mit der Phantasie der Kinder zu beleben, halte ich für eine gelungene Umsetzung der biblischen Kontexte von Jesaja 65,17 und Offenbarung 21. Wer Wert auf Einfachheit und Bibelnähe legt, ist mit diesem Buch gut bedient.

III. Betrachten wir die vorgestellten fünf Bilderbücher insgesamt, so werden bis auf die ersten beiden alle der eingangs erwähnten Kinderfragen berührt. Daß dabei die erste Frage nach dem eigenen Todesmoment der Kinder keine Antwort finden kann, versteht sich von selbst. Ebensowenig kann von einem Bilderbuch erwartet werden, die bei der zweiten Frage nach dem Tod kleiner Kinder mitschwingende Theodizeefrage zufriedenstellend zu lösen - das vermag auch die beste "Erwachsenen"theologie nicht zu leisten.

Wer in Kirchengemeinde oder Religionsunterricht viel mit Kindern arbeitet, für den empfiehlt es sich sicherlich, alle fünf besprochenen Bücher zur Verfügung zu haben und sie je nach Schwerpunkt und vorgegebener Situation zu verwenden.
"Abschied von Rune" und "Julia bei den Lebenslichtern" haben den Vorzug, gründlich auf die Situation des Todes eines vertrauten Menschen einzugehen und die dabei entstehenden Gefühle der Kinder einfühlsam aufzunehmen. Spezifisch christliche Vorstellungen vom Leben nach dem Tod vermitteln sie -wie bereits besprochen-jedoch nicht.
Genau an diesem Punkt aber haben die Bücher "Die Geschichte von der Larve Geronimo", "Das Sommerland" und "Was kommt nach dem Tod?" ihre Stärke, wobei die Nähe zur biblischen Überlieferung variiert und die eigene Phantasie der Autorinnen verschieden stark einfließt. Wer diese Bücher verwenden will, muß also selbst entscheiden, wo die eigenen Schwerpunkte gesetzt werden sollen.

Ich hoffe, die Besprechung der Bilderbücher gibt dazu ausreichend Hilfestellung.
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