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Amerika als Supermarkt der Religionen


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Rolf

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Amerika als Supermarkt der Religionen






Eine neue Studie zeigt, dass 44 Prozent der Amerikaner schon einmal den Glauben gewechselt haben
New York - Geht man den Eastern Parkway in Brooklyn, New York, entlang, dann sieht man mit eigenen Augen den Flickenteppich aus Religionen und Ethnien, der Amerika ausmacht: Man passiert eine Kirche, dann eine Moschee. Dann eine Synagoge. Wieder eine Moschee. Dazwischen das Zentrum der Lubawitscher Chassiden - das Haus, in dem Rabbi Josef Jizchak Schneerson gewohnt hat. Gleich um die Ecke eine Kirche, die vor allem von Betenden aus der Karibik frequentiert wird.

Und so immer weiter fort. Indessen ist das noch nicht die ganze Wahrheit: Eine neue Studie zeigt jetzt, dass 44 Prozent der Amerikaner ihren Glauben wenigstens einmal im Leben gewechselt haben.Die "US Religious Landscape Survey" basiert auf Interviews mit mehr als 35 000 Amerikanern. Sie gebe bisher, so heißt es, das klarste Bild vom Trend der vielfältigen Konversionen: Amerika erscheint dabei als Supermarkt der Religionen, in dem man mit dem Einkaufswagen - seinem persönlichen Lebensentwurf - shoppen geht. Wenn einem das spirituelle Produkt, das man einmal in den Wagen gelegt hat, nicht mehr passt, stellt man die Ware zurück ins Regal der abgelegten Dogmen und sucht sich etwas Besseres aus.Die Übertritte finden dabei aber, wie die Studie zeigt, vor allem innerhalb der christlichen Religion statt.

Die großen Verlierer sind die Katholiken - netto gerechnet treten aus der römischen Weltkirche am meisten Mitglieder aus. Aber auch die Protestanten sämtlicher in den USA vertretenen Konfessionen haben Mitglieder verloren. In den 70er-Jahren waren zwei Drittel aller Amerikaner protestantische Christen; heute sind davon gerade noch 51 Prozent übrig. Die meisten von ihnen gehören evangelikalen Richtungen an, hatten also ein persönliches Erweckungserlebnis in ihrem Leben und halten die Bibel in irgendeinem buchstäblichen Sinn für Gottes Wort. Wenn sowohl die Katholiken als auch die Protestanten verloren haben - wer sind dann die Gewinner des großen Kommens und Gehens unter den Konfessionen?

Jene, die man in Amerika "unaffiliated" nennt, die also keiner Kirche, Moschee oder Synagogengemeinschaft angehören. Zu ihnen gehören laut der neuen Umfrage heute 16,1 Prozent der erwachsenen Amerikaner.Es wäre aber ein Fehler, wollte man diese Leute "ohne religiöse Bindung" samt und sonders für Agnostiker oder Atheisten halten. Die meisten von ihnen glauben sehr wohl etwas; nur glauben sie nichts Bestimmtes mehr. Sie haben - um in dem Bild mit dem Supermarkt zu bleiben - die Waren aus dem Regal verwendet, um sich ihren eigenen religiösen Mix zusammenzustellen.Auf Europäer mögen die Ergebnisse jener Studie aus zwei Gründen seltsam wirken.

Erstens befremdet, welch enorme Rolle die Religion in der amerikanischen Gesellschaft spielt (wobei Staat und Kirche in den USA strenger voneinander geschieden sind als in Deutschland). "Die Religion ist der wichtigste Einzelfaktor, der Haltung und Taten der Amerikaner bestimmt", sagt Michael Lindsay von der Rice University in Houston, Texas. "Sie ist ein mächtiger Hinweis darauf, wofür Amerika sich letztlich in der Politik, der Kultur, im Familienleben entscheiden wird. Wer Amerika verstehen will, muss die Religion in Amerika verstehen."

Es gibt aber noch einen Unterschied zwischen Europa und den USA, den die Studie deutlich macht: Identität ist in Amerika nichts Starres oder Festgelegtes, sondern etwas Fließendes. Es ist für einen Amerikaner nichts Ungewöhnliches, im Lauf seines Lebens vier oder fünf verschiedene Berufe hintereinander auszuüben. Man kann sich in jedem Lebensalter "neu erfinden". Es ist ohne nennenswerten bürokratischen Aufwand möglich, Mitglied eines Klubs oder einer politischen Partei zu werden. Man zieht häufig um, auch über große Entfernungen hinweg. Und so findet auch niemand etwas dabei, wenn man in den USA nicht beim "Glauben der Väter" bleibt, sondern munter draufloskonvertiert.
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