Zum Inhalt wechseln

Welcome to Irrglaube und Wahrheit
Register now to gain access to all of our features. Once registered and logged in, you will be able to create topics, post replies to existing threads, give reputation to your fellow members, get your own private messenger, post status updates, manage your profile and so much more. If you already have an account, login here - otherwise create an account for free today!
Foto

Ein republikanischer Rebell schießt gegen Bush


  • Bitte melde dich an um zu Antworten
Keine Antworten in diesem Thema

#1
Rolf

Rolf

    Administrator

  • Administrator

  • PIPPIPPIP
  • 34223 Beiträge
  • Land: Country Flag

Please Login HERE or Register HERE to see this link!






Ein republikanischer Rebell schießt gegen Bush




Der republikanische Präsidentschaftskandidat Mike Huckabee bringt sich mit außenpolitischen Attacken gegen Bush in Stellung – und wird vom Establishment in Washington verlacht. Doch die Chancen des Hinterwäldlers aus Arkansas steigen täglich. Seit Ronald Reagan hat kein Republikaner die Arbeiter Amerikas derart angesprochen.


Der ehemalige Gouverneur von Arkansas verbringt wenig Zeit in Washington, dafür geht er gerne auf die Jagd. Ein Reporter der Zeitschrift Chicago Tribune berichtet, dass Huckabee in den letzten Tagen sogar einen Tross von Journalisten gefährdete, als er aufgescheuchten Fasanen in Iowa mit seiner Flinte nachstellte. Mike Huckabee bestreitet dies: die Fasanen wären circa 800 Yards von den Reportern entfernt gewesen. Außerdem, fügte er süffisant hinzu, wenn er wirklich auf die Reporter gezielt hätte, dann hätten die Journalisten kaum die Möglichkeit gehabt, die Anekdote anschließend aufzuschreiben.
Also, wer hat die bessere Story erzählt, der Reporter oder Mike Huckabee? In der Tat kann niemand soviel Kampflust hinter eine Unschuldsmiene verbergen wie der Mann, der zehn Jahre lang Gouverneur von Arkansas war, und einst denselben Kindergarten besuchte wie Bill Clinton in Hope, Arkansas.

Huckabee wurde in diesen Tagen als Kandidat schon abgeschrieben: als Heini aus dem Hinterland, der Bagdad oder Karachi auf einer Weltkarte wohl nicht finden würde. Dennoch trifft Huckabee den Nagel immer wieder auf den Kopf. Bereits im September warnte er ein Expertenpublikum in Washington, dass im Irak vielleicht der „heiße Krieg" von George W. Bush tobe, dass aber die Bush Regierung vor allem in Pakistan versagt habe. Denn Pakistan sei ein Land wo „kalt und kalkuliert mit Washington gespielt" werde. Für Teheran empfahl er schon vor dem CIA-Report keine Bombardierungs-Politik, sondern „aggressive Diplomatie."

Ein Sieg in Iowa scheint greifbar nahe für einen Mann nahe zu sein, der vor ein paar Monaten noch als „No Name" galt. Seine Finanzlage war bis vor kurzem aussichtslos, jetzt ist sie nur noch katastrophal. Auch das nutzt er geschickt zum eigenen Vorteil. Zwanzig mal soviel Geld als Huckabee hat der ehemalige republikanische Vorreiter in Iowa, Mitt Romney, schon ausgegeben. Nur genutzt hat es Romney nichts. Eine LA Times/Bloomberg Umfrage sieht Huckabee mit 38 Prozentvorn, Romney liegt mit nur noch 23 Prozent in Iowa hinten. In dem hoch professionalisierten High-Tech Wahlkampf, - von manchen schon als „Bodenkrieg" bezeichnet-, reüssiert Huckabee mit einfachen Mitteln: Mundpropaganda und ehrenamtlichen Helfern. Solches Selbstbewusstsein vermittelt er an die Wähler weiter: ihr Wert wird nicht unbedingt auf einem Kontostand wieder gespiegelt, charmiert er im Fernsehen. Sein Wahlkampfmanager dagegen ist alt gedient und hochprofessionell; Ed Rollins hat Reagans Wiederwahlkampagne 1984 geführt – erfolgreich, wie man weiß.


Huckabee setzt mehr auf Außenpolitik


Über seine fundamentalistischen christlichen Überzeugungen redet Huckabee in letzter Zeit etwas weniger. Dafür mehr über die Außenpolitik, von der er nach Ansicht seiner Kritiker in Washington rein gar nichts versteht. Ein näherer Blick zeigt jedoch einen kritischen Beobachter der Weltpolitik, der sowohl von Bill Clinton wie von George W. Bush einiges gelernt hat.
Als Benazir Bhutto ermordet wurde, hat Huckabee fast sofort Alarm über die anarchischen Zustände an der amerikanischen Südwestgrenze geschlagen. Er behauptete sogar, dass Pakistanis - außer Menschen aus Zentralamerika – die größte Gruppe von illegalen Einwanderern bildeten: 660 im letzten Jahr. Er wurde sofort von der Presse widerlegt. 660 Pakistanis sind zwischen 2002 und 2005 illegal eingewandert. Huckabee entschuldigte sich, er mache eben solche Fehler ab und zu, was Wörter und Zahlen anbelange. Doch er behauptet von sich, dass er niemals „Fehler des Herzens" oder „Fehler in der Ehrlichkeit" begehen würde. So beansprucht er für sich das Recht, mit Fakten umzugehen wie er will. Gleichzeitig erkennt er, dass für die meisten Amerikaner Sicherheit vor allem eine innere Angelegenheit geworden ist, eine Sache nicht nur für Bagdad und Islamabad, sondern für Des Moines und Omaha.

Fast unbemerkt kam am Heiligabend in Seattle zu einem Blutbad in einer Familie. Eine erwachsene Tochter und ihr Mann haben ihre Eltern sowie zwei Kleinkinder vor dem Weihnachtsbaum mit Schüssen niedergestreckt. Mike Huckabee hält zwar an den tradierten amerikanischen Waffenrechten fest. Aber er macht sich öffentlich Sorgen um den moralischen Zustand der Nation, in der so etwas beinahe wöchentlich passiert.

Die Außenpolitik von Präsidenten Bush sei „arrogant und einzelgängerisch", kritisiert Huckabee. Diese Attacke bezeichnete Außenministerin Rice als im höchsten Massen „lächerlich." Die konservative Zeitschrift „The National Review" nennt eine eventuelle Nominierung von Huckabee „politischen Selbstmord" für die republikanische Partei. Doch Huckabee kann in der Tat zielsicher zurückschießen. Die kritische Lobby Gruppe „Club for Growth", die amerikanische Anti Steuer Lobby, nennt er schlicht die „Club of Greed" die Klub der Gier.


Ernsthaftigkeit gepaart mit realpolitischem Instinkt


In einer außenpolitischer Rede in Washington und in einem Aufsatz für den Council for Foreign Relations in New York zeigte er sich in den letzten Monaten weder ahnungslos noch lächerlich, sondern urteilskräftig wenn es um Musharraf oder den Mittleren Osten geht. Sein Ansatz berücksichtigt die existentielle Ernsthaftigkeit von Bush - gepaart mit der Polizeiarbeit von Bill Clinton. Realpolitische Instinkte gegenüber Iran, Unterstützung für General Petraeus im Irak sowie einen ehrgeizigen Plan, die Zusammenarbeit mit Pakistan auf völlig neue Füße zu stellen. Für Bildung und Lebensstandard der Armen in Pakistan müssten die Amerikaner sich wieder interessieren, um Islamismus zu verhindern – das klingt fast wie ein Satz der deutschen Entwicklungshilfeministerin.

Huckabee zeigt sich durchaus nicht als Isolationist; dennoch ist er eine Stimme der Heimatfront. Vor einem Jahr kritisierte er das Pentagon, weil es amerikanische Nationalgardisten im Irak zurückhalten wollte – die für wichtige Aufgaben in den USA fehlten. Als langjähriger Kritiker Rumsfeldes empfiehlt Huckabee eine Rückkehr zu der erfolgreichen Powell Doktrin von „Überwältigender Kraft" und Bodentruppen, bevor Washington leichtfertig und leichtbewaffnet in einen Bodenkrieg hineinrassele. Dass man mit Iran reden müsse, bringt er den Amerikanern auf dieser Weise nah: jeder wisse doch aus der eigenen Familie: wer mit Familienmitgliedern zu reden aufhöre, könne niemals Fortschritte erzielen. Er bemängelt, dass es seit 30 Jahren keine diplomatischen Beziehungen mit Teheran mehr gibt, „mehr als die Hälfte meines politischen Lebens," doch genutzt habe es nichts.

Huckabees These der letzten Tage scheint in der Tat aufzugehen: Islamabad und Iowa liegen politisch nicht weit auseinander. Der schwierige Krieg in Irak hat das außenpolitische Establishment schon lange in den Schranken gewiesen - und Platz geschaffen für wortgewandte Hinterwäldler wie Mike Huckabee.


  • 0