Das Massen-Sterilisationsprogramm
Die Geschichte der Pubertätsblocker zeigt: Unter dem Einfluss der Translobby betrieben Ärzte gefährliche Scharlatanerie.
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Seit Jahren wurden weltweit Kinder, die ihre Geschlechtsidentität hinterfragten, mit Pubertätsblockern behandelt — ohne Evidenz, wie sich nun herausstellt. In praktisch allen westlichen Ländern war es Medizinern erlaubt, die Pubertät von Kindern medizinisch zu unterdrücken.
Diese Jugendlichen durften dann etwa ab ihrem dreizehnten Lebensjahr durch die Gabe von Gegenhormonen sterilisiert werden. Wer dies infrage stellte oder Studien verlangte, wurde von der Translobby als bigott und trans-phob gebrandmarkt. Nach Forschungsergebnissen aus einigen skandinavischen Ländern hat jetzt auch eine weg-weisende britische Studie festgestellt: Das, was weltweit als „Best Practice“ verkauft wurde, war in Wirklichkeit ideologisch getriebene Scharlatanerie. Zurück bleiben in England Fassungslosigkeit, Tausende von sterilisierten Kindern und ein Haufen Politiker, die wie aus dem Nichts alle Welt wissen lassen wollen, dass sie Pubertäts-blockern schon immer kritisch gegenüberstanden.
Der Tavistock-Skandal
Ab 2011 wurden in England standardmäßig Pubertätsblocker verschrieben, überwiegend in der Tavistock-Klinik in London. Etwa zwei Jahre später bekamen die Kinder Gegenhormone, dann Operationen. Nach und nach kamen Beschwerden auf. Wirklich bekannt wurden diese durch das Buch der BBC-Journalistin Hanna Barnes „Time to Think“. Sie führte Interviews mit fünfzig Ärzten und Pflegern, die alle die Tavistock-Klinik verlassen hatten. Ein Arzt hatte gleichzeitig 140 Patienten, Pubertätsblocker wurden nach ein bis zwei Sitzungen verschrieben.
Die Klientel hatte sich sehr verändert: Waren es im letzten Jahrtausend überwiegend feminine Jungs gewesen, die ihr Geschlecht wechseln wollten, so sind es jetzt zu über achtzig Prozent Mädchen. Diese haben im Durchschnitt drei Komorbiditäten; Selbstverletzung, Magersucht und Depressionen sind die häufigsten. Aber auch sexuelle Trauma-tisierungen, Autismus und ADHS sind alles andere als selten. Bei vielen Angestellten kam der Verdacht auf, dass viele der Kinder in Wahrheit nicht trans, sondern homosexuell waren. Daher das geflügelte Wort „Transing away the gay“. Oder dass viele Kinder seelisch so belastet waren, dass gar nicht klar wurde, was denn eigentlich mit ihnen los war.
Niemand zählte mit, wie oft Blocker verschrieben wurden, niemand überprüfte, was mit den Kindern dann geschah. Nebenwirkungen wurden nicht erfasst.
Wer aber in Tavistock Fragen stellte, wurde als transphob gebrandmarkt. Translobbygruppen hatten einen unglaub-lichen Einfluss auf die Klinikleitung. Als jedoch die ersten Kinder begannen, die Klinik zu verklagen, weil diese sie, ohne groß nachzufragen, auf Pubertätsblocker, später Gegenhormone und dann eine Genitaloperation gesetzt hatte, beschloss der Nationale Gesundheitsdienst 2020, eine Studie in Auftrag zu geben, wie ein sinnvoller Umgang mit transidentifizierten Jugendlichen aussehen könnte. Als Leiterin der Studie wurde Dr. Hillary Cass berufen, die frühere Präsidentin des Royal College of Paediatrics and Child Health Care (7). Nach dem Zwischenbericht 2022 beschloss der Nationale Gesundheitsdienst, die Tavistock-Klinik zu schließen. In der zweiten Aprilwoche 2024 ist die endgültige Version der Studie, bekannt unter dem Namen Cass-Report, erschienen, 388 interessante Seiten lang.
Der Cass-Report
Der Cass-Report sagt aus, genau wie zuvor schon ähnliche Berichte aus Norwegen, Schweden und Dänemark, dass es keine Evidenz für die Wirksamkeit von Pubertätsblockern gibt; Wirksamkeit wird hier definiert als eine Verbesserung der Gesamtsituation der Jugendlichen.
Die Hauptaussagen des Reports:
Natürlich sind Pubertätsblocker in dem Sinne wirksam, dass sie die Pubertät unterdrücken; sie wurden entwickelt, um Erwachsene chemisch zu kastrieren — und unterdrücken jegliche sexuelle Aktivität.
- Es gibt keine qualitativ auch nur halbwegs akzeptablen Studien, die zeigen, dass Pubertätsblocker die Probleme von transidentifizierten Kindern reduzieren.
- Die Aussagen von WPATH sind durch Ideologie getrieben, nicht durch Evidenz.
- Die Verweigerung von Pubertätsblockern führt nicht zu erhöhten Suizidraten.
- Die Standards in der englischen Gendertherapie waren so schlecht, dass die Verantwortlichen dafür zur Rechenschaft gezogen gehören.
- Kinder, die sich als trans benannten, bekamen keine Therapie für ihre teils schlimmen Komorbiditäten, nur noch Pubertätsblocker.
- Es gibt keine zuverlässige Methode, um vorauszusagen, welche Kinder als Erwachsene noch immer im anderen Geschlecht leben wollen. Pubertätsblocker schaffen aber Tatsachen.
- Der Report listet mögliche Nebenwirkungen: niedrigere Knochendichte (sicher), Probleme in der Gehirnreifung, die während der Einnahme (gesichert) oder auch langfristig (dazu fehlen Studien) auftreten können. Cass fordert hier dringend langfristige Studien.
Eine erstaunliche Aussage des Reports ist, dass Dr. Cass eine Follow-up-Studie machen wollte: Wie hatten sich die Kinder, die mit Pubertätsblockern behandelt worden waren, in späteren Jahren entwickelt? Diese Untersuchung wurde von den Verantwortlichen auf allen Ebenen blockiert. Sie bekam weder Zugang zu den Daten noch zu den neuen Versicherungsnummern der Erwachsenen.
Pubertätsblocker, Gegenhormone und Operationen sind mittlerweile in England für Minderjährige verboten. Cass empfiehlt einen Übergang für junge Menschen von 18 bis 25, da erst dann das Gehirn völlig ausgereift ist.
Deutschland
Während Pubertätsblocker und Gegenhormone für Minderjährige mittlerweile in fast allen europäischen Ländern verboten wurden, sind sie in Deutschland noch immer ohne jede Alterseinschränkung zugänglich.
In Deutschland wird die medizinische Zulassung von Medikamenten über Leitlinien geregelt. Eine neue S3-Leitlinie für die Behandlung von Kindern mit Genderdysphorie war angekündigt worden. S3, das bedeutet höchster evidenzbasierter Standard. Das hat die Leitlinienkommission letzten Monat leise geändert auf S2k — eine solche Leitlinie ist nicht mehr evidenzbasiert, sondern beruht nur noch auf einem Konsens. Denn dass die Gabe von Pubertätsblockern nach dreißig Jahren Praxis noch immer den Nachweis ihrer Wirksamkeit schuldig geblieben ist, lässt sich nach dem Cass-Report nur mehr schwer ignorieren.
Trotzdem empfiehlt diese neue Leitlinie, die momentan im Review-Prozess ist, weiterhin den Einsatz von Puber-tätsblockern und Gegenhormonen ohne Altersbeschränkung (8). Auch der Deutsche Ethikrat sieht eine Gabe von Pubertätsblockern noch immer positiv. Claudia Wiesemann, Direktorin des Instituts für Ethik und Geschichte der Medizin, Universitätsmedizin Göttingen und Mitautorin der Leitlinie meinte, die Kinder seien in schweren Krisen-situationen. Und die Pubertätsblockade ermögliche ihnen einen Entwicklungsraum für eine reflektierte Entscheidung über die eigene Zukunft.
Ein weltweiter Medizinskandal
Eine Behandlungsmethode, das klingt wunderbar. Eine internationale Berufsvereinigung von Gendermedizinern empfiehlt diese Methode und sagt, sie sei evidenzbasiert. Das Akronym WPATH klingt so ähnlich wie WHO (Weltgesundheitsorganisation), und die meisten Regierenden wissen gar nicht, dass es sich bei WPATH eher um eine Aktivistenvereinigung handelt. Ihnen wird erklärt, dass sie gute Menschen sind, wenn sie der Verschreibung von Pubertätsblockern zustimmen. Sollten sie jedoch ablehnen, würden sich Transkinder massenweise umbringen, und die Regierenden würden als die Schuldigen benannt werden. Russland oder Saudi-Arabien beispielsweise bleiben unbeeindruckt, aber in den westlichen Ländern werden Pubertätsblocker für Transkinder flächendeckend freigegeben. Ohne Zulassungsstudie. Nicht eine einzige Zulassungsstudie in einem einzigen Land. Ohne Evidenz.
Whistleblower weltweit verlieren ihre Jobs, wenn sie sich zu den Praktiken in den Genderkliniken äußern (9). Man kann nicht sagen, dass niemand etwas gemerkt hat. Kritiker gab es einige, aber sie wurden systematisch diskreditiert. Und zehn, fünfzehn Jahre später stellen alle diese Länder dann fest, dass Pubertätsblocker den Kindern gar nicht helfen. Nie geholfen haben. Die Menschen reiben sich die Augen. Und die Politiker behaupten schnell, sie seien schon immer dagegen gewesen. Translobbygruppen nehmen ihre Hassreden gegen Kritiker der Pubertätsblocker von ihren Websites und sagen, sie seien schon immer für Dialog gewesen.
Zehn Jahre lang werden Kinder mit Pubertätsblockern auf eine Einbahnstraße zur Transition gesetzt — unter dem Vorwand, es gebe ihnen Zeit, nachzudenken. Dann werden sie über Gegenhormone sterilisiert.
Alle Länder? — Nein, ein recht großes Land in der Mitte Europas leistet noch immer Widerstand gegen den Pubertätsblocker-Bann. Nicht mehr mit der Behauptung, dass diese evident sinnvoll seien, aber doch mit einem Konsens. Und der Ethikrat stimmt zu.
Quellen und Anmerkungen:
(1) Helen Joyce, Fakten über Transgender
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(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
(8)
(9)
Anne Burger ist Hochschullehrerin für Mathematik und Logik. Sie lebt mit Mann und Kindern in Süddeutschland.