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“Positiv” gegen die Sünde predigen


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Rolf

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“Positiv” gegen die Sünde predigen




Mit seinem Fernsehgottesdienst “Stunde der Kraft” erreicht er Woche für Woche zehn Millionen Zuschauer. Damit spricht der reformierte Pfarrer Robert Harold Schuller aus Kalifornien regelmässig zu mehr Menschen als der Papst. Angefangen hat er 1955 mit einem Gottesdienst in einem Autokino. Heute erreicht er mit seinen weltweit ausgestrahlten Gottesdiensten mehr als 180 Nationen auf allen Kontinenten. Finanziert wird die Arbeit durch Spenden, das jährliche Budget für den Kauf von Sendezeiten liegt bei 65 Millionen Euro. Schullers Botschaft ist erfolgreich – und umstritten. Marcus Mockler hat mit dem 76jährigen am Rande eines Deutschlandbesuches gesprochen.

Marcus Mockler: Herr Schuller, Ihr Dienst hat seit dem Beginn Ihrer Arbeit 1955 einen beispiellosen Aufschwung erlebt. Sie erreichen heute mit Ihrer Botschaft wöchentlich mehr Menschen als jeder andere christliche Prediger. Haben Sie nach diesem unglaublichen Erfolg überhaupt noch Ziele?

Schuller: Ich bin von der reformierten Theologie geprägt, und eine ihrer Aussagen ist: Alles was wir tun, sollen wir bestmöglich tun. Deshalb habe ich beispielsweise beim Bau unserer Glaskathedrale auf exzellente Architektur und hervorragende Materialien geachtet. Heute ist mein Ziel, unser weltweit gewachsenes Werk zu erhalten und auszuweiten. Das ist sehr teuer. Aber wenn wir den Dienst in dieser Grösse erhalten, dann wachsen wir bereits, weil wir unter den Zuschauern ja eine gewisse Fluktuation haben.

Ihr Sohn Robert tritt mehr und mehr als Ihr Nachfolger auf. Gibt es einen Termin, wann er die Leitung übernehmen wird?

Das geschieht nach und nach. Ich würde gerne mindestens bis 2005 im Amt bleiben. Dann feiere ich mein 50jähriges Dienstjubiläum.

Sie bauen derzeit neben Ihrer Kirche ein “Internationales Zentrum für Möglichkeitsdenken”. Was wollen Sie mit diesem Zentrum erreichen?

Schuller: Das wird ein Versammlungsraum für die ganze Gemeinde; so etwas wie die Lobby in einem Hotel, wo man sich unterhalten und austauschen kann. Kirchen haben keine Lobby, man steht sofort im Gottesdienstraum.

An der Wand dieses Zentrums soll der Spruch stehen: “Was Du träumen kannst, kannst Du auch tun.” (“If you can dream it, you can do it.”) Das wirkt überzogen. Es gibt doch viele Menschen, die aufgrund einer Behinderung, einer Krankheit, Verletzungen durch andere Menschen oder selbst durch das Eingreifen Gottes ihre Träume nicht leben können. Was ist Ihre Botschaft für solche Menschen?

Gott ist ein liebender Gott, der uns Möglichkeiten anbietet. Wenn wir diese positiven Möglichkeiten nutzen, werden wir vor ihm produktivere Menschen – und das ehrt ihn.

Glauben Sie nicht, dass es Menschen gibt, denen es verwehrt bleibt, ihre Träume zu leben?

Schuller: Es gibt Menschen, die aus ganz unterschiedlichen Gründen Misserfolge erleiden. Wir sollten solche Misserfolge als Hindernisse betrachten, deren Überwindung unsere Aufgabe und dann auch unser Erfolg ist. Meine Botschaft richtet sich ja an Menschen mit gesundem Verstand, nicht an Psychopathen oder schwer Depressive. Das bedeutet: Meine Zuhörer werden ihre Träume in der Realität verankern und nicht nur Phantastereien nachjagen. Träume sind gewählte Optionen. Sie lehren, in grösseren Dimensionen zu denken. Das halte ich übrigens für gute reformierte Theologie. Gott hat uns nach seinem Bild geschaffen, er stellt uns Herausforderungen vor Augen. Indem wir diese Herausforderungen bewältigen, machen wir ihm Ehre.

Ein Thema, das einem Amerikaner vermutlich noch mehr unter die Haut geht als einem Europäer: Die Beziehungen zwischen Christen und Muslimen sind seit den Terrorattacken des 11. September 2001 sehr angespannt. Haben wir uns über den Islam etwas vorgemacht?

Schuller: Sicher haben wir das. In unserer Wahrnehmung sind wir ohnehin voller Verzerrungen und Illusionen – positiv, aber noch mehr negativ. Wie viele Protestanten haben die verrücktesten Dinge über Katholiken gesagt – und umgekehrt. Ich meine aber, dass Christen heute zum Teil fürchterliche Dinge über den Islam sagen, die einfach nicht stimmen. In jeder Religion – auch bei den Christen – gibt es verschiedene Strömungen und Meinungen, die nicht unbedingt repräsentativ sind. Wenn Sie jemandem auf der Strasse begegnen, der sich selbst Christ nennt, vom Christentum aber weit entfernt ist, wird das Ihr Bild vom Christentum prägen! Es gibt schlimme, grausame Moslems. Aber die sind nicht repräsentativ für eine ganze Weltreligion.



Ihre guten Beziehungen zu Moslems, etwa zum Grossmufti von Damaskus, haben unter Christen teilweise ein kritisches Echo gefunden. Ist es für Sie von Bedeutung, ob einer Christ ist oder Moslem?

Schuller: Wenn ich nicht jedem Menschen mit Liebe und Respekt begegne, bin ich kein Nachfolger von Jesus Christus. Viele Christen handeln anders. Sie fragen den anderen zuerst: Bist du Christ? Antwortet er mit ja, bekommt er Liebe und Respekt, weil er den christlichen Glauben teilt. Das halte ich für falsch. Liebe und Respekt gebühren jedem Menschen. Es sind ja alle als Ebenbilder Gottes geschaffen.

Für den zwischenmenschlichen Umgang haben Sie natürlich recht. Doch wie steht es mit der biblischen Aussage, dass man an Jesus Christus glauben muss, um gerettet zu werden? Brauchen Muslime Jesus?

Schuller: Ich glaube, dass Jesus Christus der höchste Richter ist. Sünder und Gerechte, Ungläubige und Gläubige werden nach ihrem Tod vor Jesus stehen. Es gibt viele Menschen, die in diesem Leben aufrichtig, ernsthaft, gewissenhaft lebten, denen aber nie erklärt worden ist, wer Jesus Christus ist. Und da stehen sie nach ihrem Tod vor Jesus Christus, und seine Gegenwart wird sie, bildlich gesprochen, umhauen. Sie werden sagen: “Oh, du bist Jesus Christus? Warum hat mir nie jemand von dir erzählt? Manche haben etwas von dir gesagt, aber wie sie von dir redeten und wie sie lebten, fand ich abstossend. Hätte ich dich gekannt, es wäre ein wunderbares Leben mit dir geworden.” Das wird geschehen. Und was wird Jesus dann antworten? Wird er sagen: “Tut mir leid, aber du hast kein Bekehrungsgebet gesprochen. Du hast mich nicht vor Deinem Tod angenommen. Jetzt hast du keine Chance mehr, fahr’ zur Hölle”? Das kann man doch gar nicht glauben.

Aber predigt nicht genau das ein Mann wie Billy Graham. Er sagt doch, dass Menschen heute Busse tun müssen, Christen werden müssen, um das ewige Leben zu bekommen?

Schuller: Diesen Fokus haben die meisten Evangelikalen. Ich betrachte mich selbst als Evangelikalen. Aber in diesem Punkt ist die Bewegung zu eng, zu gesetzlich. Ich glaube nicht, dass Gott jemanden nur deshalb zur Hölle schickt, weil er Jesus Christus nie richtig kennengelernt hat. Heute ist meine Überzeugung: Unsere letzte Chance haben wir nicht im Augenblick unseres Todes, sondern in dem Moment, wo wir vor Jesus Christus stehen. Da kommt es auch nicht mehr darauf an, ob man vorher Predigten von Robert Schuller, Billy Graham oder dem Papst gehört hat. Christus ist der Erlöser. Im Himmel wird keiner sein, der ihn nicht anerkennt und liebt.

Mir fällt auf, dass Sie nicht über Sünde und Busse predigen, sondern vor allem über Selbstachtung. Nehmen Sie die Realität der Sünde ernst?

Schuller: Meine Berufung ist es, in unserer Zeit neu zu definieren, was Sünde, Busse, Wiedergeburt und ein geheiligtes Leben ist. Die traditionelle Theologie beschreibt Sünde als “Rebellion gegen Gott”. Ich halte das für oberflächlich. Sünde ist ein Zustand und nicht zuerst eine Handlung. Denken Sie an ein neugeborenes Baby: Es hat keines der Zehn Gebote gebrochen, keine Sünde begangen. Gemessen an seinen Taten, wird jedes Baby sündlos geboren. Und doch wird es bereits in Sünde geboren, weil es sich bei der Sünde um einen Zustand handelt. Es fehlt der Glaube! Wir werden ohne Glaube geboren. Aber nach der Bibel ist es ohne Glaube unmöglich, Gott zu gefallen (Hebräer 11,6). Ohne Vertrauen in Gott kann ich nicht seine Träume träumen.

Und warum geht es bei Ihnen um Selbstachtung?

Schuller: Dadurch kann ich hervorragend mit Menschen kommunizieren, die meinen Glauben und meine Moral nicht teilen. Wenn ich ihnen mit grossem Respekt begegne, habe ich die Chance zum Dialog. Und das führt mich zur bestmöglichen Form der Evangelisation. Gegen Sünde kann ich predigen, indem ich die Zuhörer ermutige, ihren Glauben zu stärken. Damit predige ich auf positive Weise gegen die Sünde. Und wenn sie von der Sünde der Glaubenslosigkeit umkehren und anfangen, Gott und seinen Träumen zu vertrauen, dann werden sie in dieser Welt aufbauend und schöpferisch tätig. Busse wird dadurch eine psychologisch gesunde Sache und wirkt nicht zerstörerisch auf die Seele. Negativ wirkt Busse, wenn man sich selbst herabwürdigt und sich für einen schlechten Menschen hält.

Hat denn der Apostel Paulus falsch gepredigt, wenn er seine Zuhörer an ihre Sünden erinnert und zur Umkehr gerufen hat?

Schuller: Die Frage ist doch, was man unter Busse versteht. Muss ich dazu sagen “Ich bin ein schlechter Mensch”, oder muss ich nicht vielmehr anerkennen, dass ich ein vorgegebenes Ziel nicht erreicht habe? Ausserdem geht mein Blick in erster Linie auf Jesus Christus. Er steht höher als Paulus. Evangelisation, die von Jesus kommt, unterscheidet sich an manchen Stellen von Evangelisation, die von Paulus kommt. Jesus war vollkommen und rein, Paulus blieb ein Sünder – wenn auch gerettet durch den Glauben.

In Ihrem Verständnis von Busse unterscheiden Sie sich von der Auffassung der meisten Evangelikalen.

Schuller: Ich betrachte mich als Evangelikalen, aber in diesem Punkt bin ich ein einsamer Rufer. Dabei hat niemand zu mehr Menschen über Jesus Christus gesprochen als ich, wöchentlich zu Millionen! Keiner kommt in dieser Hinsicht Schuller auch nur nahe. Billy Graham hat zeitlich begrenzte Grossevangelisationen, ich sende 52 Wochen im Jahr. Ich wünschte, die Evangelikalen würden mehr auf mich hören. Ich weiss sehr gut, wo die Ungläubigen stehen und wie sie für das Evangelium zu gewinnen sind.

Glauben Sie, dass Menschen verloren gehen und in die Hölle kommen können?

Schuller: Ich glaube an den Himmel. Mein Verständnis von Hölle liegt nahe bei dem, was der evangelikale Theologe John Stott sagt. Hölle nicht als Ort unendlicher Qualen in einem unauslöschlichen Feuer, sondern ein Tod der Seele. Der Lohn der Sünde ist der Tod, sagt Paulus. Wir können der Welt doch nicht predigen, dass Gott einen Menschen, weil er nicht Christ geworden ist, in alle Ewigkeit quälen wird. Das ist lächerlich und unbiblisch.

Wie ist das bei der Szene vom Jüngsten Gericht, wo Jesus die Sünder ins “ewige Feuer” schickt (Matthäus 25,41)? Hier scheint es doch um ewige Qualen zu gehen.

Schuller: Das ist meiner Ansicht nach bildliche Sprache. Jesus sagt auch, dass in der Hölle “der Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht verlöscht” (Markus 9, 48). Das kann nicht wörtlich genommen werden. Im ewigen Feuer können Würmer nicht leben. Es ist ein Bild.

Und was ist dann Erlösung?

Schuller: Erlösung ist die Garantie, in Gemeinschaft mit Jesus Christus in alle Ewigkeit ein Leben voller Freude zu führen.

Marcus Mockler
idea Deutschland. Christliches Nachrichtenmagazin
Datum: 16.12.2002

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