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Warum manche Eltern ihre Kinder misshandeln


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Rolf

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Warum manche Eltern ihre Kinder misshandeln



Was sind das für Eltern, die ihre Kinder systematisch vernachlässigen oder sogar missbrauchen? Psychologen sehen immer dasselbe: Die Eltern sind selbst nie erwachsen geworden, haben häufig eine infantile Persönlichkeit, meiden Verantwortung und haben kein stabiles Selbstkonzept.

Die Zahl der gemeldeten Fälle von Kindesmisshandlung stieg binnen acht Jahren um 50 Prozent: 1996 registrierte das Bundeskriminalamt (BKA) 1971 Fälle von Misshandlungen von Kindern bis 14 Jahre, 2004 waren es bereits 2916. Fälle von Verwahrlosung werden in der amtlichen Kriminalitätsstatistik nicht erfasst. Dabei machen gerade sie nach Ansicht der Bundespsychotherapeutenkammer den größten Anteil bei der Vernachlässigung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht aus.
Die „Mannheimer Risikokinderstudie“ von 2004 ermittelte einen niedrigen Status und eine niedrige Schulbildung der Eltern, ein unsicheres Bindungsverhalten und psychische Störungen der Mutter oder des Vaters als Risikofaktoren.

„Die Eltern haben meist eine infantile Persönlichkeit, meiden Verantwortung und haben kein stabiles Selbstkonzept“, sagt der Kinder- und Jugendpsychiater Eberhard Motzkau, Leiter der Düsseldorfer Kinderschutzambulanz. Sie seien extrem stressanfällig und haben selbst „ein Gefühl grenzenloser Bedürftigkeit“. Diese Eltern achten sich selbst nicht, und deshalb achten sie auch ihre Kinder nicht. „Selbst wenn die Familienmitglieder oft alle eng aneinander hängen, besteht zwar ein großes Loyalitätsgefühl, aber sehr viel weniger echte Elternliebe“, sagt der Arzt. Die Eltern haben ein depressives Menschen- und Familienbild, wehren aber gleichzeitig Bedürftigkeit oder Trauer ab.

„Wenn man sich um ihre Kinder kümmert, sind diese Eltern extrem neidisch. Man muss sie dann entschädigen wie Mitgeschwister beim Kindergeburtstag.“ Auch was ihre „narzisstische Wut“, Schuldzuweisung, Aggressions- und Opferbereitschaft angehe, so ähneln sie „kleinen trotzigen Kindern“.

Mit kleinen Kindern können sie dagegen oft nicht gut umgehen, es fehle ihnen an Einfühlungsvermögen und Kontinuität. Sie verkennen die kindlichen Bedürfnisse. Als „Hochrisikofaktoren“ für Misshandlung bei Säuglingen und Kleinkindern nennt der Arzt ein niedriges Geburtsgewicht, mütterliche Depression nach der Geburt des Kindes, Drogenmissbrauch der Mutter, unerwünschte Schwangerschaft und ein sehr junges Alter der Mutter (unter 20 Jahren) sowie eigene Missbrauchstraumata.
„Eine unbehandelte Traumaerfahrung bleibt ein schlummernder Risikofaktor“, sagt auch der Münchner Kinder- und Jugendpsychiater Karl-Heinz Brisch. Das Schreien eines Babys erinnere diese Eltern dann an Situationen, die sie selbst als Kind durchlebt haben. Und diese Situation wollen sie so rasch wie möglich abstellen. „Das Baby ist dann nur der Auslöser, den man beseitigen will.“ Deshalb drücken Eltern ihrem Baby ein Kissen ins Gesicht, packen oder schütteln es, um es ruhigzustellen. Meist seien die Eltern dann sehr betroffen über das, was passiert ist: Hatten sie sich doch vorgenommen, es mit ihren eigenen Kindern besser zu machen.

Das Bindungsverhalten dieser Eltern sei meist „unsicher-ambivalent“, sagt Motzkau. Das führe dazu, dass die Kinder ihre Eltern nicht einzuschätzen wissen und sie folglich nicht zufriedenzustellen sind. „Die Mutter ist verstrickt in ihrer kindlichen Persönlichkeit und macht dann das schreiende Baby für den Ärger verantwortlich“, sagt Motzkau. Sie kann keine Gefühle kommunizieren – eine für den Säugling aber existenzielle Sache. Stattdessen entwickelt die Mutter wechselnde Strategien in Stresssituationen: mal reagiert sie fordernd-klammernd, mal aggressiv-abwehrend. In der eigenen Beziehung komme es meist zu einer vollkommenen Idealisierung des Partners oder zu dessen völliger Entwertung.


Der Kinderarzt Eberhard Maaß vom Stuttgarter Olgahospital betont, dass es sich oft um sozial isolierte oder entwurzelte Familien handle, bedingt zum Beispiel durch Aussiedlung oder Wohnortwechsel. Auch beengte Wohnverhältnisse, Arbeitslosigkeit, finanzielle Probleme und eine allgemein kinderfeindliche Umgebung zählt er zum Humus für Misshandlung. Auch Maaß bekräftigt, dass Misshandlung gehäuft bei Eltern auftritt, die selbst als Kinder misshandelt wurden oder die in Heimen gelebt haben. Aber auch Ehescheidungen, deren Trennungsprobleme nicht bewältigt wurde, berufliche und psychische Überforderungen können maßgeblich sein.
Besonders gefährdet sind unerwünschte und uneheliche Kinder, Stief-, Pflege- und Adoptivkinder, Zwillings- und Mehrlingskinder, Frühgeborene sowie Kinder mit körperlicher Behinderung, chronischen Erkrankungen oder Gedeihstörungen. Motzkau beklagt die zu frühe Einstellung der Hilfen in den gefährdeten Familien: „Dadurch werden sie sinnlos. Sie müssen so lange bestehen, bis man weiß, dass die Eltern die erlernten Strukturen selbstständig leisten können. Doch das ist Aufgabe des Jugendamtes.“



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