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"Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust"?


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5 Antworten in diesem Thema

#1
Hebräer83

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Geist, Seele und Körper? – Was ist der Mensch?

(abschließend mit einer kritischen Betrachtung der Ausführung von Michael Stadler)

Was ist der Mensch? Auf diese wichtige Frage möchte ich in dieser Darlegung eingehen, die ich in überschaubaren Einzelbeiträgen, nacheinander hier veröffentlichen will. Dem interessierten Leser sollen dabei reichlich biblische Anknüfungspunkte geboten werden bieten, und es ihm gelingen lassen meine Argumentation zugunsten einer dichotomischen Sicht des Menschen nachzuvollziehen.

Das Alte Testament:
Bei der Erschaffung des Menschen – „Ru’akh“, „Neschamah“ und „Näfäsch“


„Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde. Und die Erde war wüst und leer, und Finsternis war über der Tiefe; und der Geist Gottes (Ru’akh Elohim) schwebte über den Wassern.“ (Gen. 1,1)
„Da bildete Gott, der HERR, den Menschen, aus Staub vom Erdboden (Afar min ha-Adamah) und hauchte in seine Nase Atem des Lebens (Nischmat Khayyim); so wurde der Mensch eine lebende Seele. (Näfäsch Khayyah)“ (Gen. 2,7)

In diesen beiden Versen stecken bereits die drei großen hebräischen Begriffe des AT für das „geistige Leben“ von Mensch und Gott: Ru’akh, Neschamah und Näfäsch.
Die Wortkunde zeigt uns, daß alle drei Begriffe ursprünglich zur Beschreibung von etwas Stofflichen, wenn auch schwer faßbaren, dienten, nämlich Hauch/Wind/Atem. Und in dieser Gebrauchsweise finden wir alle drei (besonders aber das Wort „Ru’akh“ für Wind) im AT:
„...da bebte sein Herz und das Herz seines Volkes, wie die Bäume des Waldes vor dem Wind (Rua’kh) beben.“ (Jesaja 7,2)
„Sein Atem (Nafsch-o) entzündet Kohlen, und eine Flamme fährt aus seinem Rachen.“ (Hiob 41,13)
(Neschamah (s.Gen 2,7: „Atem des Lebens“))
Darüberhinaus stehen sie aber auf einer abstrakten Ebene wesentlich für die Beschreibung von etwas, das man ebensowenig einfangen noch erhalten kann wie Atem und Wind, nämlich Geist/Seele/Leben:
„Sie greifen an, verstecken sich, sie beobachten meine Fersen, weil sie meiner Seele (Nafschi – „meinem Leben“) auflauern.“ (Ps 56,7)
„Der Geist des Menschen (Nischmat Adam) ist eine Leuchte des HERRN, durchforscht alle Kammern des Leibes.“ (Spr. 20,27)
(Ru’akh (s.Gen 1,1: „Geist Gottes“))
Der abstrakte Gebrauch von Ru’akh, Neschamah und Näfäsch kann oft ineinanderübergehen. Wir finden nicht selten synonyme Verwendungen und Fälle in denen man ein anderes Wort erwarten würde (in Spr. 20,27 eher Ru’akh denn Neschamah). Außerdem muß man dasselbe hebräische Wort im deutschen nicht selten ganz verschieden übersetzen. Das Bedeutungsfeld das ein Wort abdeckt, seine verschiedenen Aspekte, lassen sich nicht mit einem einzigen synonymen-deutschen Wort abdecken. Man muß zwangsläufig, dasselbe Wort des Urtextes an verschiedenen Stellen mit verschiedenen deutschen Worten übersetzen um die Bedeutung der jeweiligen Aussage richtig erfassen zu können. Dennoch läßt jedes der drei Worte in seiner abstrakten Bedeutung eine Tendenz erkennen und tritt in Aspekt-Opposition zu den jeweils anderen. Ich will nun provisorisch versuchen einen kleinen Überblick zu geben und Oberbegriffe zu finden.

Näfäsch, Ru’akh, Neschamah – Überschneidungen und Gegensätze

Beginnend mit Gen. 2,7 kann man das Wort Näfäsch/Seele eigentlich im Sinne „Leben“ verstehen. Darin sind verschiedene Aspekte eingeschlossen:

1. Ein lebendigmachende Prinzip: Nach Gen. 9,4f. wird der Näfäsch ein Sitz im Blut zugeordnet (Das Blut selbst wird bildlich selbst Näfäsch). Die Näfäsch kann „verhaucht“ werden (Jer. 15,9), „vergossen“ (in Analogie zum Blut, Jes. 53,12), oder „ausfahren“ (Gen 35,18).
2. Die Näfäsch wird geschaffen (Jes 57,16), lebt (Ps 119,175) und stirbt (Ri 16,30). Somit ist Näfäsch nicht nur ein einer Sache innewohnendes Prinzip, das lebendig macht. Es wird „Leben“ selbst:
3. Die Näfäsch hungert (Ps 107,9) und dürstet (Pr 25,25), sättigt sich (Pr 27,7) und trinkt (Jer 31,25), empfindet Freude (Ps 86,4), Betrübnis (Hi 19,2) und weint (Ps 119,28). Über das „Leben“ hinaus wird die Näfäsch persönlich; sie ist selbst die Person einschließlich der Bedürfnisse des Körpers und der Gefühle und Gedanken des menschlichen Geistes.
4. Die Näfäsch ist der Mensch (Gen 2,7, Gen 14,21, Ex 1,5, Dt. 10,22), als Geschöpf oder als Gruppe in Aufzählungen.

Der Mensch ist mit seiner Näfäsch – was ihn lebendig macht, seinem „Leben“, seiner Persönlichkeit als Ganzes – ein Mensch. Kein anderes Wort beschreibt dies so eindrücklich und wird dazu gebraucht zu zeigen, was wir alles als Menschen sind. Daß die Näfäsch tot sein kann und genauso den Gestorbenen selbst (seine Leiche) bezeichnet (3. Mose 21,11; 4. Mose 5,2; 6,6), zeigt, daß der Mensch von seiner Näfäsch untrennbar ist, insofern die Näfäsch kein Eigenleben führt. Der Mensch ist Näfäsch – Geist und Leib. Dies lehrt uns nicht nur der Schöpfungsbericht Gen 2,7.
Das Feld der Bedeutungen von Näfäsch erhält für uns ein größere Schärfe, wenn wir es mit dem Wort Ru’akh vergleichen. Für das Wort Ru’akh, das bereits im zweiten Vers der Bibel auf Gott angewendet wird, trifft zwar ein Teil der obigen Aspekte ebenfalls zu (lebendigmachendes Prinzip (Gen 6,3)), doch besteht auch eine Opposition zwischen beiden:

1. Ru’akh bezeichnet nie ausdrücklich den ganzen Mensch oder Menschen allgemein, sondern nur das Innere, den menschlichen Geist, der auch einer geschöpflichen Natur ist (Sach. 12,1). 2. Ru’akh wird auch benutzt um Gemütszustände auszudrücken: Unruhe (Gen 41,8), Kummer, Betrübnis (Jes 65,14), Ungeduld (Ex 6,9), doch nie, um körperliche Bedürfnisse wie Hunger oder Durst zu beschreiben.
3. Der Ru’akh leidet und ist zerschlagen, doch an keiner Stelle ist von einem sterbenden oder toten Ru’akh die Rede, sondern nur daß er zurückkehrt, übergeben wird (Ps 31,6, Pred. 12,7), was keineswegs seine Unsterblichkeit bedeutet. Dies bestärkt in der Ansicht, daß es sich bei Näfäsch um eine größere „Klammer“ handelt, die den inneren Ru’akh miteinschließt.
4. Der Ru’akh des Menschen wird von ha-Ru’akh, Ru’akh Elohim und ha-Ru’akh ha-Qodesch, unterschieden, denn diese sind neben den Gottesnamen Adonai und Elohim, die wichtigsten Bezeichnungen Gottes (Geistes). Diese Identität mit Gott finden wir weder bei Näfäsch (mit der Ausnahme, daß es benutzt wird um Gott (wie den Menschen) als Persönlichkeit zu beschreiben (Jes 42,1)), noch bei Neschamah, welche beide nur von Gott geschaffen werden oder von ihm ausgehen.

Für den Neschamah, der nur 24 mal vorkommt, läßt sich die in Gen 2,7 beschriebene Bedeutung eines „Hauches“, der von Gott ausgeht, den Menschen äußerlich wie innerlich, körperlich wie geistig belebt, ein Prinzip ist, gut aufrechterhalten. Sie ist nicht Gott, in 5 Fällen aber ein Zorneshauches Gottes, in dem Zerstörung liegt. Manchmal ist auch sie „der Mensch“, drückt aber nie Individualität oder Persönlichkeit aus, sondern nur die Tatsache, daß der Mensch „Odem“ hat.

AT: Näfäsch = lebendige Persönlichkeit; Ru’akh = geistiges Innenleben/Geist; Neschama = Hauch,Odem; Lev = Herz

Diese Oberbegriffs-Definitionen können wir getrost aus dem vorher beschriebenen Abgleich ziehen. An dieser Stelle sei noch das Wort „Lev“ in die Reihe aufgenommen. Es bedeutet Herz. Das Wort Lev beschreibt in einem natürlich Sinn selten das Organ, aber abstrakt aber um so häufiger den Sitz der Empfindung, der Gedanken und Vorstellungen, des Antriebes und der Neigungen, der Entschlüsse und Pläne, den Sitz des Verstandes und der Weisheit, das Zentrum des sittlichen Lebens, das Innere. Viel mehr noch als das Wort Ru’akh, daß sehr auf den Geist als Geist Gottes abzielt, steht Herz für die Persönlichkeit des Menschen, gewissermaßen seinen Geist, weshalb ich mich auch hier guten Gewissens entscheide, es seinen Funktionen nach, dem Geist gleich, als das Innere Leben des Menschen zu bezeichnen. Parallelistische Wendungen, wie „jeder, den sein Herz willig machte. Und jeder, dessen Geist ihn antrieb“ (Ex 35,21) oder „Die Opfer Gottes sind ein zerbrochener Geist; ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz wirst du, Gott, nicht verachten.“ (Ps 51,19), zeigen den synonymen Gebrauch.
Mit dieser Palette von Begriffen und Hintergrund stellen wir uns nun der Frage, inwieweit wir mit dieser Sicht eines Menschen als lebendger Seele aus Leib und Geist/Herz in Konflikt mit den Aussagen des Neuen Testamentes geraten, und uns der HERR dieses Bild korrigiert.
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#2
Hebräer83

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Das Neue Testament – eine Änderung des Menschenbildes?

Wer das neue Testament liest, der wird um die Worte „Seele“/psyche, „Geist“/pneuma, „Fleisch“/sarx, „Körper“/soma, und „Herz“/kardia nicht herumkommen. In den Schriften des Paulus wird v.a. der Gegensatz zwischen „Fleisch und Geist“ betont. Zweifelslos bedürfen diese Begriffe der Klärung und Definition, denn nicht wenig hängt davon das Gesamtverständnis der Schrift zu uns selbst und unserer Erlösung ab.
In dieser Form der Darstellung, in der ich mich herausragend dem Begriff „Seele“(gr.: Psyche) gewidmet habe, werde ich mich nur beschränkt zu den übrigen äußern. Zu dreien von ihnen seien hier nur kurze Umriß-Beschreibungen abgegeben. Die Übersetzung der Begriffe „pneuma“, „soma“ und „sarx“ ist im Deutschen recht eindeutig. Nur bei „sarx“/Fleisch ist manchmal größere Vorsicht angeraten, wenn es darum geht die natürliche (Synonym für „Leib“) von der abstrakten Bedeutung (Beschreibung des unerlösten Lebenswandels) zu scheiden.

1. „Soma“ = Leib
Auch im NT besitzt der Mensch noch einen stofflichen Körper zumeist „Leib“ (soma) genannt. Dies ist derselbe alte Tonklumpen, der „Staub von der Erde“, „Fleisch und Blut“ aus dem Mensch seit Adam geformt ist und in den Gott den Atem des Lebens gelegt hat, durch den der Mensch zu einer lebenden Seele wurde.
2. „Pneuma hagion“ = der Heilige Geist
Auch hier finden wir eine unveränderte Fortführung der alttestamentliche Terminologie, beginnend mit Rua’kh Elohim (Geist Gottes). Pneuma hagion ist die neutestamentliche Entsprechung des Geistes Gottes ab, der „Heilige Geist“, Gott selbst, durch den er in seiner Schöpfung wirkt. Wie auch im Alten Testament kommt es vor, daß „Pneuma“ ohne das Adjektiv „heilig“ steht, stattdessen aber mit Artikel. Wenn von „dem Geist“, die Rede ist, so ist damit meist auch Gott gemeint, so wie es auch für „ha-Ru’akh“ gilt.
3. „Sarx“=Fleisch
Daß „Fleisch“ meistens nicht den Leib des Menschen meint, sondern einen bestimmten Wandel, der Leib wie Geist, innere Einstellung wie äußeres Verhalten des Menschen, sehr oft beides zusammen erfaßt, manchmal aber sogar nur den „geistlichen“ Bereich, ist schnell gelernt und grundsätzlich richtig. „Fleisch“ meint die Verdorbenheit des Menschen, der in seinen Sünden lebt, hartherzig, getrennt von Gott, seinen Mitmenschen je nach eigenem Vorteil, Freund oder Feind. Fleisch ist das Code-Wort für die völlige Gefallenheit des ganzen Menschen, und ist keineswegs als eine Negativwertung der Materie zu sehen, sondern bezeichnet den ganzen, verdorbenen Menschen.

Die Seele und das Herz – zwei moderne Mißverständnisse

Der Apostel Paulus betont in seinen Briefen vielfach das Gegensatzpaar „fleischlich“-„geistlich“ (z.B. 1. Kor. 3,1-3). „Fleisch“ streitet mit dem „Geist“. Dieses Gegensatzpaar des alten, gottfernen und des neuen, erlösten Wandels verleitet, gemeinsam mit zwei beliebten Bibelstellen (1.Th 5,23 und Hebr. 4,12) und einer „Vergeistigung“ der „Seele“ dazu, das Bild vom Menschen dreiteilig umkonstruieren zu wollen. Eine solche Trichotomie sieht dann nichts selten so aus:
Seele und Leib werden als „Fleisch“ zusammengeworfen. Die Seele, als „geistig“ interpretiert, spiele demnach eine leidliche Rolle als Personenmitte des Menschen, seit Adam nach dem Sündenfall „geistlich“ gestorben sei. Die Seele wird ihre Beschreibung des ganzen Menschen damit genommen. Den seit dem Sündenfall toten „Geist“, entdeckt man im NT wieder als eine Art göttlicher Seelenfunken, der bei der Bekehrung des Menschen wiedererwacht aus seinem Todesschlaf, erweckt durch den dritten „Geist“ in der Runde, den „Heiligen Geist“, der Einwohnung im Menschen nimmt. So leben schließlich sogar 3 „Geist-Seelen“ in einer Brust. Was für ein Zustand!
Ob uns das NT, der HERR selbst, wirklich zu dieser oder ähnlichen Sicht zwingt, soll im folgenden untersucht werden. Im Laufe der Betrachtung wird dabei auch der Begriff „Herz“ eine gewichtige Rolle spielen, denn das Hauptprobleme liegt meines Erachtens nicht nur in der falschen Vorstellung davon, was „Seele“ ist, sondern auch in einer ähnlich einseitigen und begrenzten Vorstellung davon, was „Herz“ ist.
Der Begriff „Herz“ (gr. „Kardia“) wird nach meiner Zählung in 151 Versen des Neuen Testamentes nominal benutzt und wird deutlich am häufigsten gebraucht um das Innenleben des Menschen zu beschreiben; weitaus häufiger noch als der Begriff „Geist“, der in der Mehrzahl der 364 Verse, in denen eine Form des Nomens „Pneuma“ fällt, den Geist Gottes, den Heiligen Geist, bzw. böse Geister meint. Es wird sich zeigen, daß sich „Pneuma“ sogar wo es den Geist des Menschen, sein Inneres meint, genauso gut durch „Kardia“ vertreten lassen kann. Doch zunächst also zur „Seele“.

Die Seele („Psyche“) – von drei Bibel-Übersetzungen aus betrachtet

Wie ich bereits bezogen auf Übersetzungen des AT sagte, ist es oft nicht möglich für einen hebräischen Begriff, wie „Näfäsch“ eine einzige, in allen Kontexten sinngemäße, deutsche Entsprechung zu finden. „Näfäsch“ ist ein „lebendiges Wesen, nach seiner ganzen inneren wie äußeren Art“. Im konkreten Fall, bei der Übersetzung eines Verses, kann es aber oft nur darum gehen, daß etwas „lebendig“ ist, ein „Wesen/Person“, bzw. in einem bestimmten „inneren oder äußeren Zustand“ sich befindet. Also nur ein Aspekt von Näfäsch gemeint ist, je nach welcher „Art“ die Bibel dieses „Wesen“ gerade sieht.
Der Apostel Paulus, der von sich selbst sagt, er rede in mehr Sprachen als alle anderen, hat auch dem Übersetzer des Wortes „Näfäsch“ einen hilfreichen Schlüssel gegeben, indem er schrieb:
„Denn die da fleischlich sind, die sind fleischlich gesinnt; die aber geistlich sind, die sind geistlich gesinnt.“ (Römer 8,5, Lutherübersetzung)
So wie wir andere Menschen gewissermaßen nach dem „Fleisch“ oder nach dem „Geist“ sehen, so spricht auch das AT ganz unterschiedlich vom menschlichen Wesen. Mal meint Näfäsch den ganzen Menschen, nach seinem äußeres Dasein, seiner bloßen „Person(en)“ oder als Individuum, und mal nur seine inneren Regungen, alle Gefühle und Gedanken. Auch der Hunger ist da ganzheitlich: Mal ein Hunger des „Geistes“ (Ps 42,2f.) und mal einer des Leibes (Ps 107,9, Spr. 27,7, Jes 29,8).
Auch die „Perspektive Gottes“ auf den Menschen, ist mal ausdrücklich auf das in seinem Herzens Verborgene gerichtet, mal auf sein ganzes Wesen und Dasein, die eine Schöpfung Gottes ist.
Vor derselben Aufgabe, den jeweiligen Aspekt des Begriffes aus dem Kontext zu verstehen und in ein entsprechendes deutsches Wort zu übersetzen, stehen wir auch bei der Übersetzung des griechischen Wortes „Psyche“. Für den weniger Griechischkundigen, lohnt es sich dabei anzuschauen, wie das Wort „Psyche“ in drei bekannten und verbreiteten Übersetzungen (rev. Elberfelder (1993), Luther (1984), die Einheitsübersetzung (1980)) übersetzt wurde.

Übersetzung des Wortes „Psyche“

Von den nach meiner Zählung insgesamt 96 Versen, in denen man „Psyche“ nominal verwendet (davon 40 mal in den Evangelien), bilden sich in den genannten drei Bibelübersetzungen insgesamt 3 Haupt-Varianten ab:

1. Psyche wird mit „Seele“ übersetzt: In der Elberfelderübersetzung wird in 55 Versen das Wort „Seele“ für Psyche verwendet ( davon in den Evangelien 16 Mal). Die Lutherübersetzung kommt nur auf 45 Mal „Seele“ (17). In 4 interessanten Fällen steht dabei das Wort „Seele“, wo die rev. Elberfelder mit „Leben“ übersetzt (in Matt 16,26, Mk 8,36.37 und Hebr. 10,39). Die Einheitsübersetzung benutzt nur in 23 Fälle das deutsche Wort „Seele“ (davon 11 Mal in den Evangelien).
2. Psyche wird mit „Leben“/„jemand, der lebt“ übersetzt: In 35 Fällen verwendet die rev. Elberfelderübersetzung das Wort „Leben“ für psyche. Die Lutherübersetzung kommt auf 33 Mal. Die Einheitsübersetzung kommt hier auf ganze 43 Verse.
3. Psyche wird als „Mensch“ oder im Sinne von Person(en) – oft durch ein Personalpronomen – übersetzt: Die rev. Elberfelderübersetzung wendet nur 2 Mal diese Übersetzungsmöglichkeit an. In der Lutherübersetzung sind es immerhin 11 Verse. Die Einheitsübersetzung liegt mit 22 Mal weit vorne.

[4. Andere (u.a.): „Herz“ (ELB/LUT/EIN: Eph 6,6, Kol 3,23; EIN: 1.Petr 1,22; Off 18,14); ELB/LUT: „Wankelmütige/Zweifler“ (Jak 1,8; 4,8; EIN: „zwei Seelen“)]

Apostelgeschichte 3,23 – ein interessantes Zitat

Der Umgang mit dem Wort „Psyche“ ist besonders zwischen rev. Elberfelderübersetzung und Einheitsübersetzung sehr verschieden. Die Elberfelderübersetzung ist stets bemüht jedem tatsächlich im Griechischen stehenden Wort auch ein deutsches Wort zuzuordnen. Die Einheitsübersetzung demgegenüber versucht das Wort „Seele“ in Wendungen, in denen dem Verständnis nach die Person, der ganze Mensch gemeint ist, entsprechend durch ein Personalpronomen wiederzugeben.
In Apg 3,23 haben wir dabei einen interessanten Fall vor uns: Der Apostel Petrus predigt in seiner zweiten Predigt nach Pfingsten vor den Israeliten und zitiert dabei das Alte Testament: „Jede Seele, die auf jenen Propheten nicht hören wird, soll aus dem Volk ausgerottet werden.“ Die Einheitsübersetzung gibt hier den Sinn wieder: „Jeder“(jede Person). Dies wird dadurch gerechtfertigt, daß Petrus, bzw. Lukas hier 5. Mose 18,19 selbst interpretierend wiedergibt. Im hebräischen Text steht nämlich nicht „Näfäsch“, sondern „’Isch“, was „Mann“, „Person“ bedeutet. Und auch in der griechischen Übersetzung des AT, der Septuaginta, die Paulus in seinen Briefen durchweg heranzieht steht dort nicht etwa „psyche“, sondern getreu dem Hebräischen „anthropos“.
Die Wiedergabe seiner Worte, die sicher vor den Juden in Jerusalem nicht auf Griechisch gefallen sind, zeigt bereits eine Interpretation des Textes. Von einem modernistisch-femininisten Standpunkt aus gesehen könnte man meinen, Petrus möchte durch das geschlechtsneutrale Wort „Seele“ auch die Frauen miteinbinden. Doch spricht der Apostel hier nicht in „gerechter Sprache“, sondern zu den „Männern Israels“, „Brüdern“, „Söhnen“ und „Vätern“. Der Gebrauch des Wortes „Psyche“ anstatt „Anthropos“, zeigt nicht nur eine Synonymität der beiden, sondern auch eine Aspekt-Opposition: Offenbar beschreibt „Psyche“ den Menschen in einem Erlösungskontext, so daß es für die Predigt besser geeignet ist.
Mit den Worten des Jüngers wollen wir damit zu denen seines „Meisters“, des HERRn, hinüberleiten.
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#3
Hebräer83

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Die Seele in den Evangelien

In 40 Versen kommt das Wort Psyche in den Evangelien vor. 34 Mal kommt es dabei in den Worten Jesu selbst vor. Das Zentrum der Schrift sind die Worte des HERRn selbst. Aus seinen Worten ergibt sich meiner Ansicht nach ein ziemlich klares und volles Bild davon, was „Seele“ ist. Auf die Briefe der Apostel komme ich später zu sprechen.
Ich gehe hier zunächst nur auf einen Teil dieser Stellen ein, komme aber später noch bei der Besprechung des Artikels von Herrn Stadler auf ein paar andere wichtige Stellen zu sprechen.

Beginnen wir mit Matt. 6,25 (auch Lk 12,22.23). In den Worten der Bergpredigt spricht uns Jesus an:
„Seid nicht besorgt für euer Leben (Psyche), was ihr essen und was ihr trinken sollt, noch für euren Leib, was ihr anziehen sollt! Ist nicht das Leben (Psyche) mehr als die Speise und der Leib mehr als die Kleidung?“
Ein paar Verse zuvor sind wir aufgefordert uns „Schätze im Himmel zusammeln“(Matt. 6,20), und dennoch ist vom ewigen Leben, vom himmlischen Leben in diesen Versen nicht die Rede, sondern der Redeabschnitt endet mit den weltkennerischen Worten: „Jeder Tag hat an seinem Übel genug“ (Vers 34).
Es ist dieses unser irdisches Leben gemeint, und wie im Alten Testament hat auch die „Seele“/der Mensch sehr natürliche Bedürfnisse. Doch so, wie Jesus uns das Auge als die „Lampe des Leibes“ beschreibt (Vers 20), will er uns auch darauf hinweisen, daß es hinter dem offensichtlichen, ein tieferes, innere Wesen gibt, eine Wahrheit, die darüberhinaus geht, daß der Leib mit Essen und Trinken lebendig gehalten wird.
Dies ist der gleiche Inhalt den wir finden, wenn er uns sagt: „Nicht von Brot allein soll der Mensch leben, sondern von jedem Wort, das durch den Mund Gottes ausgeht.“ (Matt. 4,4, Lk 4,4). So wie hier die Doppelnatur des Menschen sichtbar wird – zusammengefügt durch Gott, aus einem Stofflichem und einem nicht-Stofflichen – erkennt der Leser, daß das Leben (die Seele) nicht allein, sondern mehr als Leib ist.
„Seid nicht besorgt um Euch... Ihr werdet durch mehr als Speise und Kleidung genährt.“ würde die Ganzheit des Menschen, den äußeren (Ps 107,9) wie inneren Hunger (Ps 42,2f.) der Seele gut treffen. Jesus schärft hier den Blick auf den inneren Menschen, „vergeistgt“ aber deshalb die „Seele“ nicht, sondern betont nur diesen einen vernachlässigten Aspekt gegenüber dem anderen.
Das Erinnern des inneren Aspektes, der tieferen Absicht Gottes, gegenüber einem hohlen äußeren Anschein, ist eine der großen Leitlinien des Evangeliums. Hier nur ein paar Beispiele:
Wenn Jesus das Gesetz zitiert und spricht: „Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist: Du sollst nicht töten; wer aber töten wird, der wird dem Gericht verfallen sein.“ (Matt. 5,21), legt er uns sofort aus, daß „jeder, der seinem Bruder zürnt, dem Gericht verfallen sein wird“(Vers 22). Der Mord beginnt schon ehe, daß Messer gefunden, oder die Pistole gezückt ist.
Wenn er spricht: „Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Du sollst nicht ehebrechen.“ (Matt. 5,27), warnt er uns, „dass jeder, der eine Frau ansieht, sie zu begehren, schon Ehebruch mit ihr begangen hat in seinem Herzen.“ (Vers 28)
„Da ist nichts, was von außerhalb des Menschen in ihn hineingeht, das ihn verunreinigen kann, sondern was aus dem Menschen herausgeht, das ist es, was den Menschen verunreinigt.“ (Mk 7,15f.) – In diesem Sinne warnt Jesus uns an vielen Stellen des Evangeliums, vor vielleicht Äußerem, schriftgemäßem Tun, aber doch gleichzeitiger innerer Verdorbenheit und Verstockung.

In Matt 11,29 spricht Christus:
„Nehmt auf euch mein Joch, und lernt von mir! Denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig, und "ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen";“
Auch an dieser Stelle, kann man die Betonung des geistigen Aspektes in der Ganzheit gut erkennen. Der letzte Teil der Aussage ist mal wieder ein Zitat aus dem AT, nämlich Jeremia 6,16. Es lohnt sich aber auch den atl. Kontext anzusehen, denn nichts ist hier zufällig gewählt. Gott warnt das unbußfertige und verkommene Jerusalem, mahnt es zur Umkehr, und droht mit Strafe und Vernichtung.
Was hat Gott an ihnen Schlechtes gefunden? Gott spricht: „Siehe, ihr Ohr ist unbeschnitten ... Siehe, das Wort des HERRN ist ihnen zum Hohn geworden“ (Vers 10), „sie [Priester und Propheten voll Falschheit] heilen den Bruch der Tochter meines Volkes oberflächlich und sagen: Friede, Friede! - und da ist doch kein Friede.“ (Vers 13) „...Doch sie schämen sich keineswegs, ja, Scham kennen sie nicht.“ (Vers 14).
Das Volk hat in der Tat das Gesetz damals auch äußerlich nicht gehalten. Doch benennt Gott dafür den genauen Grund: „innere“ Unbeschnittenheit (am Ohr, einem Sinnesorgan im Gegensatz zum „tauben“ Fleisch), Falschheit und „Oberflächlichkeit“, Schamlosigkeit.
Auch hier ist der Alte Bund ein Vorschatten des Neuen auf den Jesus zurückkommt. „Ruhe für die Seelen“ war dort wie hier ganzheitlich: „Denn was nützt es einem Menschen, die ganze Welt zu gewinnen und sein Leben (gr. Psyche) einzubüßen?“ oder nach Luther: „Denn was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme an seiner Seele Schaden?“ (Mk 8,36).

Wir sehen also: „Seele“ ist bei Jesus der Mensch ganzheitlich, doch legt er „den Finger in die Wunde“, wenn er die Zur-Welt-Gewandtheit der Menschen anprangert. Ich hatte oben bereits erwähnt, daß Luther in 3 Versen des NT „Psyche“ mit „Seele“ überstetzt, wo sich die rev. Elberfelder und die Einheitsübersetzung auf „Leben“ festgelegt haben. Am Ende des obigen Absatzes habe ich eine dieser Stellen zitiert. Hier nochmal aus Matthäus:
„Denn wer sein Leben (Psyche) retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben (Psyche) verliert um meinetwillen, wird es finden. Denn was wird es einem Menschen nützen, wenn er die ganze Welt gewönne, aber sein Leben (Psyche; LUT: „Seele“) einbüßte? Oder was wird ein Mensch als Lösegeld geben für sein Leben (Psyche; LUT: „Seele“)?“ (Matt 16,25f.)
Wer die rev. Elberfelder ohne Fußnoten liest, dem wird entgehen, daß hier viermal das Wort „Psyche“ steht. Wieder entgeht einem der ganzheitliche Aspekt der „Seele“ und wieder verliest man vielleicht „Leben“ zu „ewiges Leben“, welches aber stets griechisch „Zoe“ ist.
Die Lutherübersetzung will hier vor dieser Lesart bewahren. Die Rettung des Menschen geschieht hier und jetzt vor den verderblichen Lastern der Welt, doch noch nicht aus der Welt! Zudem ist dies etwas, das am inneren Menschen beginnt, und zuerst dort gewonnen wird.
Ähnlich steht der Satz aus Matt 16,25 und Mk 8,35, auch noch in Matt 10,39, Lk 9,24.25, 17,33 und Joh 12,25. In Matt. 10,39 und Lk 17,33 steht jeweils nur der erste Teil. Bei Lk 9,24.25 fällt dann auf, daß es heißt: „Denn was wird es einem Menschen nützen, wenn er die ganze Welt gewönne, sich selbst (gr.: „eauton“) aber verlöre oder einbüßte?“
Lukas, der seinen HERRn – der ja nicht auf Griechisch gepredigt hat – nicht wörtlich zitieren kann, versteht die Aussage so, wie sie heutige Übersetzer von AT und NT vielfach auch verstehen: So wie es heißt „die dem Kind nach dem Leben („Psyche“) trachteten“ (Matt 2,20), oder „der gute Hirte lässt sein Leben („Psyche“) für die Schafe.“ (Joh 10,11), wird eben der ganze Mensch verdorben und zerstört.
Johannes schließlich überliefert uns dann aber doch noch eine Verheißung Jesu’ auf das ewige Leben, die wieder mit ähnlichen Worten beginnt: „Wer sein Leben (Psyche) liebt, verliert es;“, dann aber in einem anderen Wort des HERRn endet: „und wer sein Leben („Psyche“) in dieser Welt hasst, wird es zum ewigen Leben („Zoe“) bewahren.“ (Joh 12,25)
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Kurzansicht: Das „Herz“ im Neuen Testament – das Innere des Menschen, sein Geist.

Das Herz: Heutige Ansichten und Betrachtungen dessen was „Herz“ ist, sind oft vernebelt durch romantische Vorstellungen, daß das Herz nur der Sitz der Gefühle, ein Art intuitiven Gegenpol zum Verstand im Hirn bilden würde. Tatsächlich heißt es nirgends im Neuen Testament: „Als sie aber das hörten, drang es ihnen durch den Kopf“, oder „sie dachten ihrem Schädel“, oder „sie verstockten ihr Gehirn“, wenn von den Gedanken und Absichten der Menschen die Rede ist.
Die Übertragungen des Gedanken- und Gefühlslebens hat die moderne Medizin ins Gehirn verortet. In der Sprache des NT aber ist das Herz der innere Mensch, Sitz der Gefühle und Gedanken, des Verstandes und des Gewissens und auch gleichbedeutend mit dem Geist des Menschen!
In unserem Sprachgebrauch hat sich wie gesagt zumindest die Vorstellung erhalten, daß „im Herzen“ das vom Gefühl betonte Entscheidungszentrum des Menschen sitzt, wohingegen das Gehirn einem überlegt-rationalem Puls folge. Doch meint auch heute niemand der sagt „Hör auf dein Herz“, das der Betreffende ein Kardiogramm des Organs machen sollte. Herz ist auch da etwas Abstraktes.
Das Wort „Kardia“ ist in Übersetzungen das Hauptwort, welches mit „Herz“ übersetzt wird („Psyche“ wird in Eph 6,6 und in Kol 3,23 auch als „Herz“ verstanden). Gleichermaßen wird überall wo „Kardia“ in der rev. Elberfelderübersetzung steht, es auch mit „Herz“ übersetzt. Die Verwendung und Gebrauchsweise ist also ziemlich eindeutig. Ich nenne hier nur ein paar Zitate, die meine obige Charakterisierung belegen.

Matt 9,4: „Und als Jesus ihre Gedanken sah, sprach er: Warum denkt ihr Arges in euren Herzen?“ (vgl. Lk 9,47)
Matt 12,40: „...so wird der Sohn des Menschen drei Tage und drei Nächte im Herzen (LUT: „Schoß“; EIN: „Innern“) der Erde sein.“
Matt 15,18f.: „Was aber aus dem Mund herausgeht, kommt aus dem Herzen hervor, und das verunreinigt den Menschen. Denn aus dem Herzen kommen hervor böse Gedanken: Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsche Zeugnisse, Lästerungen;“ (vgl. Mk 7,19-23, Lk 6,45)
Lk 16,15 „Und er sprach zu ihnen: Ihr seid es, die sich selbst rechtfertigen vor den Menschen, Gott aber kennt eure Herzen; denn was unter den Menschen hoch ist, ist ein Gräuel vor Gott.“
Joh 12,40: "Er hat ihre Augen (=äußeres Organ) verblendet und ihr Herz (=inneres „Organ“) verstockt, dass sie nicht mit den Augen sehen und mit dem Herzen verstehen und sich bekehren und ich sie heile."
Joh 16,6: „sondern weil ich dies zu euch geredet habe, hat Traurigkeit euer Herz erfüllt.“

Röm 2,15: „Sie zeigen damit, dass ihnen die Forderung des Gesetzes ins Herz geschrieben ist; ihr Gewissen legt Zeugnis davon ab, ihre Gedanken klagen sich gegenseitig an und verteidigen sich“ (EIN)

Einige Parallele Verwendung von „Herz“ in Verbindung mit „Geist“(menschlich), die für einen synonymen Gebrauch stehen (wie im AT, vgl. 2. Mose 35,21; 5. Mose 2,30; Ps 34,19; Ps 77,7; Spr. 17,22):

Röm 2,29 „sondern der ist ein Jude, der es innerlich ist, und Beschneidung ist die des Herzens, im Geist, nicht im Buchstaben.“
1. Petr 3,3f.: „Euer Schmuck sei nicht der äußerliche durch Flechten der Haare und Umhängen von Gold oder Anziehen von Kleidern, sondern der verborgene Mensch des Herzens im unvergänglichen Schmuck des sanften und stillen Geistes, der vor Gott sehr köstlich ist.“

„Herz“ faßt Gedanken und Gefühle, was wir heute auf Kopf und Bauch verteilen würden zusammen. Es ist in gewisserweise das gleiche Verständnisproblem aufgetreten, daß wir bei der Seele kennengelernt haben:
Neigen wir heute dazu – u.a. als Folge von mehr philosophischen denn biblischen Definitionen – die Seele nur noch als etwas „geistiges“ zu identifizieren, obwohl sie in ihren Aspekten, das ganze menschliche Wesen und Dasein abdeckt, ja damit identisch geht, so reden wir beim Herzen allein noch als vom Sitz der Gefühle, daß dem Verstand gegenübersteht und nicht Sitz des Verstandes und der Gedanken ist.
Wie ich oben schon sagte, gibt es keine Bibelstelle, die vom Kopf als Sitz des Verstandes spricht, oder davon, daß der Mensch mit seinem Haupt „denkt“. Wenngleich Christus das „Haupt des Leibes“ ist, so besagt dies nicht mehr, als daß er über alle anderen Glieder erhoben ist.
Damit möchte ich nun zu Paulus übergehen.

„Seele“ bei Paulus

Paulus hat den Menschen nicht anders gesehen als der HERR und er hat dessen Predigt ganz "dem Geiste nach" fortgesetzt, indem er in der „Seele“ den ganzen Menschen erblickte, manchmal aber nur das Innere, das Herz. Da nun mancher Schwärmer schon auf die Idee gekommen ist, die Evangelien samt dem Alten Testament würden zum Alten Bund gehören, wohingegen der Neue Bund, das "wahre Evangelium“, erst mit der Gabe des Geistes und den Unterweisungen des Paulus’ begönne, werde ich dem entgegen jetzt darüber schreiben, denn Paulus hat seinen eigenen Stil zu verkündigen, was durch Jesus Christus geschehen ist.
Paulus – wenn man bedenkt, daß fast alles in seinen Briefen eigene Rede ist, wohingegen die Evangelien vorwiegend Jesu’ Leben und Handeln beschreiben und nur einige kräftige Worte zitieren – verwendet „Seele“/„Psyche“ eigentlich recht selten (22 Mal (19 nominal, 3 adjektivisch)). Wenn man die Einheitsübersetzung als Indikator für die inhaltliche Bedeutung des Wortes nimmt, so steht es fast überall für einen personellen Ausdruck. Das Verständnis von „Seele“ als „Mensch“ ist bei Paulus demnach so klar, daß er sich ganz dem Gegenstück – Gott, Gottes Erlösungswerk, dem Heiligen Geist widmet; eine Unterweisung die nach Ostern und Pfingsten für die Mensch- und Christenheit unermesslich wichtig wird.
Auf Seiten des Menschen steht das Herz nunmehr im Vordergrund („Kardia“: 61mal). Wenn „Seele“ bei Jesus ausdrückt, daß der Mensch ein erlösungsbedürftig gewordenes Geschöpf Gottes ist, dann ist es das „Herz“, (das menschliche Innere, der Herz-Aspekt von Seele, der menschliche Geist) der zuallererst der Erneuerung bedarf.
Hier seien einmal die 4 Stellen im Römerbrief angeschaut an denen "Psyche" steht. Der Formtreue wegen übersetzt die rev. Elberfelder sehr oft „Seele“/“Leben“, wohingegen die Einheitsübersetzung auf personelle Weise übersetzt. In Röm 11,3 (Zitat aus dem AT: „...und sie trachten nach meinem Leben (Näfäsch)“) und 16,4 („die für mein Leben ihren eigenen Hals preisgegeben haben,...“) stiftet die rev. Elberfelder insofern Verwirrung, da sie nicht, wie an einigen anderen Stellen, darauf hinweist, daß hier im Griechischen „Psyche“ steht. In Röm 13,1 heißt es dann: „Jede Seele unterwerfe sich den übergeordneten Mächten!“ Der Sinn ist hier ganz klar („Jedermann“ (LUT)), und nicht etwa, daß sich nur der Geist unterwerfe und der Leib nicht (Gewöhnlich sagt man ja von unterdrückten Menschen/Völkern das Gegenteil, nämlich daß sich ihr Geist gegen alle äußere Gewalt aufbäume). Die Verwirrung wird so doppelt, daß dort wo „Seele“ steht (Röm 13,1) man es eigentlich weglassen könnte und dort wo „Psyche“ steht (Röm 11,3; 16,4) kein Hinweis darauf zu finden ist. An der letzten Stelle, nämlich Römer 2,9, heißt es, daß Gott „Bedrängnis und Angst über die Seele jedes Menschen, der das Böse vollbringt,“ bringen wird. Wenngleich die Einheitsübersetzung auch hier „Jeder“ sehen möchte und damit natürlich gut liegt, so kann man argumentieren, daß doch ein wenig mehr der Herzens-Aspekt von Seele im Vordergrund steht (vgl. V. 5), wie ihn auch Jesus betont hat, ohne dabei die „Seele“ irgendwie auszusondern, zu vergeistigen (s.o. Seele in den Evangelien).
Die Verwendung von Seele auf diese personelle Weise, wie es zur Redeweise des AT gehört, setzt sich so weiter in den Briefen fort, wobei die Verteilung nach Römer (4), 1. Korinther (4) und Hebräer (6) wie gesagt sehr dünn wird: 2 Korinther (2); Galater (0); Epheser (1: „Herz“); Philipper (2); Kolosser (1: „Herz“); 1. Thessalonicher (2); 2. Thessalonicher, 1.+2. Timotheus, Titus und Philemon jeweils (0); z.B.: „Ich aber rufe Gott zum Zeugen an gegen meine Seele“ (2. Kor 1,23, EIN: „bei meinem Leben“, d.h. „mich selbst“) oder: „Denn um des Werkes Christi willen ist er dem Tod nahe gekommen und hat sein Leben („Psyche“) gewagt, um den Mangel in eurem Dienst für mich auszugleichen.“ (Philp 2,30).
Zunächt mag diese Einordnung genügen. Zwei Stellen in Paulus’ Briefen (1. Thess 5,23 und Hebr 4,12) werden voranging benutzt um eine Trichotomie zu begründen. Ich werde im letzten Teil dieser Reihe darauf zurückkommen.

„Geist“ und „Fleisch“ im Römerbrief

Ich möchte hier noch das achte Kapitel des Römerbriefes anschauen, und mich mit „Fleisch“ und „Geist“ beschäftigen. Die vier Stellen an denen Paulus in Römer von „Seele“ spricht habe ich gezeigt. Nirgends wird die „Seele“ an sich problematisiert. Paulus hat kein grundsätzliches Problem mit der „Seele“, mit dem „Bau“ des Menschen, denn Gott hat den Menschen gut gemacht. Doch gibt es ein Problem mit dessen Ausrichtung.
Paulus schreibt, Gott hat „seinen eigenen Sohn in Gleichgestalt des Fleisches der Sünde“ gesandt. Heißt das nun das Jesus ein Sünder war? Nein, sondern, daß er auch ganz Mensch war, wie Johannes bezeugt (Joh 1,14; 1 Joh 4,2), alle Menschen aber Sünder sind. Fleisch ist der Mensch, aber dieser Mensch handelte weder nach dem äußeren, noch nach dem inneren Gesetz gut. Weder mit seinem Leib noch mit seinem Geist/Herz sinnt er auf das, was Gott wohlgefällig ist: „die Gesinnung des Fleisches [ist] Feindschaft gegen Gott. (8,7) Dabei ist aber nicht der Mensch, seine Person, seine Leibhaftigkeit das Problem („Fleisch“ wird wie „Seele“ von Paulus nicht selten eigentlich wertneutral für das „irdisches Leben“, den „Menschen“, die „Person“ verwendet (z.B. Röm 3,20)). Das Problem ist die „Gesinnung“, und diese falsche Ausrichtung konnte nur Gott beheben.
Paulus zeigt dies im 3. Kapitel sehr drastisch und möchte die Unmöglichkeit nachweisen, daß der Mensch ohne Gottes Gnade bestehen und gerecht werden kann. Wie oft hatte schon Mose, heißt es später, vor Gott um Gnade für das Volk Israel flehen müssen und Gott hatte geantwortet: „«Ich werde mich erbarmen, wessen ich mich erbarme, und werde Mitleid haben, mit wem ich Mitleid habe.» So nun nicht an dem Wollenden, auch nicht an dem Laufenden, sondern an dem sich erbarmenden Gott.“ (Röm 9,15f.). Gott hat sich in Jesus Christus, in dem die „Fülle der Gottheit leibhaftig“ wohnte (Kol 2,9) erbarmt und wir hängen alle an seinem Gnadenschatz.
Was also das „Fleisch“ angeht, so ist es nur schlecht und tot als der ganze Mensch schlecht und von Gott getrennt ist (Röm 6,13); gut aber und Gott dienend (Röm 6,19), wenn der Mensch Gottes Erbarmen in Christus gefunden hat. Man kann den Menschen als ein gutes oder schlechtes „Fleisch“ oder anders als eine gottferne oder gottnahe „Seele“ sehen, oder einfacher und dem Inhalt nach: als einen Gott liebenden oder Gott fernen, verwerfenden Menschen.
Für den Menschen gilt aber jeden Tag sich auf Gottes Willen auszurichten, den er kundtun durch sein Wort mit dem Heiligen Geist.
Wessen Geist ist gemeint nach dem wir wandeln sollen (Röm 8,4) – Unser oder Gottes Geist? Was ist das, was des Geistes ist (V. 5) – unser oder Gottes Wille? „Fleisch“ und (hl.)„Geist“, das ist Mensch und Gott.
„Denn ich weiß, daß in mir, das ist in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt; denn das Wollen ist bei mir vorhanden, aber das Vollbringen des Guten nicht.“ (Röm 7,18). – ohne Gott geht’s nicht. Der Mensch, der das Gesetz kennt und es sogar halten will, wird immer wieder von der in ihm wohnenden Trennung von Gott, der Sünde, davon abgehalten. Paulus handelt zwar nicht mehr „im Fleisch“ (z.B. Röm 7,5), lebt aber nach wie als ein „Fleisch“ und nicht etwa als ein „Geist“ (vgl. Philp 1,22-24). „Geistlich-ausgerichtet“: ja, aber die Geschöpflichkeit bleibt (Gal 2,20).
Es ist nicht nur eine grobe Verkürzung und schizophren, wenn nun gelehrt wird, der Mensch sei in seinem(!) Geist perfekt, sündlos und erlöst, müsse aber seine durch selbstsüchtige Verzärtelung verhärtete „Fleisch-Seele“ noch auf Kurs bringen um Gott auch außerhalb des Geistes dienen zu können. Der Mensch ist nicht ein perfekter Geist in einem unperfekten Körper mit einer gestreßten Seele. Auch ein fleischernes (nicht mehr steinernes) Herz bleibt ein menschliches Herz, worin der Apostel selbst Traurigkeit und unaufhörlichen Schmerz empfand (Röm 9,2). Und wenn Jesus selbst in seinem (menschlichen) Geist „erschüttert“ wurde und „aufseufzte“ (Joh 11,33, 13,21, Mk 8,12), tut die Menschlichkeit des Menschen-Geistes etwa der Göttlichkeit des Heiligen Geistes einen Abbruch?
Im 8. Kapitel ist fast ausschließlich von dem Geist Gottes die Rede, auf den das „Fleisch“ (der Mensch, darin eingeschlossen Leib und ml. Geist) ausgerichtet sein soll. Der Mensch als Fleisch ist gänzlich gefallen (mit seinem Leib und Geist/mit dem was sein Herz ersinnt (Röm 2,5)); in ihm wohnt nichts Gutes (7,18). Es nützt dem Menschen dann auch nichts, nur äußerlich „gesetzestreu“, aber innerlich „reuelos“ zu sein (s.o. Seele in den Evangelien, Jer 6,14-16) oder allein innerlich „rechtgläubig“, aber äußerlich „ein Übeltäter“ zu sein (Jak 2,14-18). Beides führt ins Verderben. So kann der Gott liebende Mensch nur ganz oder gar nicht Gott dienen (Röm 6,13.19; vgl. Mk 12,29ff.; 2. Kor 5,5-10).
Der Gegensatz zwischen Fleisch/Seele/Mensch/Herz/ml. Geist hier und hl. Geist dort ist letztlich der einfache – wenn auch gewaltige – zwischen Mensch und Gott. Nur Christus war ganz Mensch und ganz Gott (auf wen von uns trifft Kol 2,9 zu?). Richten wir durch den Heiligen Geist unser Sinnen und Trachten auf Gott/Jesus aus und gehen wir mit ehrlichem Herzens auf diesem Wege, der ein Schritt ist auf dem Weg zur Gottesherrschaft in der Liebe, wie Christus sie gelebt und gestorben hat, und die vollendet wird bei und durch seine Wiederkunft.
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Der 1. Korinterbrief: vom „natürlichen“[seelischen] Leib und vom „geistlichen“ Leib

Im 1. Korintherbrief kommt „Seele“ nominal nur ein einziges Mal vor, nämlich in 1. Kor 15,45. Doch diese Stelle ist sehr wichtig, denn hier paraphrasiert Paulus 1. Mose 2,7, die Erschaffung des Menschen: „So steht auch geschrieben: «Der erste Mensch, Adam, wurde zu einer lebendigen Seele»“ nachdem er im 15. Kapitel ein großes Glaubensbekenntnis abgegeben hat und an wesentliche Dinge des christlichen Glaubens erinnert hat. Nämlich, „daß Christus für unsere Sünden gestorben ist nach den Schriften; und daß er begraben wurde und daß er auferweckt worden ist am dritten Tag nach den Schriften“ (15,3+4). Von der Auferstehung Christi aus und seinem durch viele Jünger bezeugtem Erscheinen, kommt Paulus auf die verheißene Hoffnung auf die Auferstehung zu sprechen, die er als so zentral beschreibt, daß ohne den Glauben daran (zuerst daran, daß Christus auferstanden ist), der christliche Glaube tot wäre.
Ab Vers 35 beantwortet er die Frage: „Wie werden die Toten auferweckt? Und mit was für einem Leib kommen sie?“ Paulus beginnt dann den Unterschied zwischen irdischem und himmlischem Leib, vergänglichem und unvergänglichem Leib deutlich zu machen. In Vers 44 heißt es nach einer Reihe von Gegenüberstellungen:
„Es wird gesät ein natürlicher Leib, es wird auferweckt ein geistlicher Leib. Wenn es einen natürlichen Leib gibt, so gibt es auch einen geistlichen.“ Hier gereicht es zum Verdienst der Elberfelderübersetzung mit einer Fußnote deutlich zu machen, daß „natürlich“, im griechischen eigentlich „seelisch“ bedeutet. Was es nun damit auf sich hat, dazu komme ich gleich.

„Zoe“ und „Psyche“ – und ihre Opposition

Wir haben mit der Frage begonnen „Was ist der Mensch?“, doch hat sich diese Frage zunehmend gewandelt zu „Was ist die Seele?“. Das Alte Testament stellt uns die „Seele“ als den geschaffenen Menschen vor. Insofern ist dieser Wandel nicht so verwunderlich. Jesus macht auf das Erlösungsbedürfnis des Menschen aufmerksam, die Rettung seines Lebens (seiner „Seele“; Matt. 16,26), hier und jetzt und zum ewigen Leben (Joh. 12,25). Paulus, der die Schriften nicht minder kannte und ein Apostel des HERRn war, predigt uns in 1. Kor. 15,35-50 über den Unterschied zwischen der irdischen, der seelischen Existenz, dem „Seelen“-Leben und dem „ewigen Leben.“
„Zoe“ (gr. „Leben“, ergänzt um „äonios“ als „ewiges Leben“) ist vor einiger Zeit zum Modewort geworden und kursiert auch als weiblicher Vorname. Es leiten sich davon weitere Nomen (z.B. „Gestalt/Tier“), und natürlich das Adjektiv „lebendig“ und das Verb „leben“ ab. Sie alle werden auch ganz gewöhnlich gebraucht. Die „lebende Seele“, wie sie in 1. Kor 15,45 steht, ist sprachlich eine Verbindung des Nomens „Psyche“ mit dem Adjektiv von „Zoe“. „Psyche“ wird in der rev. Elberfelderübersetzung in 35 Versen als „Leben“ übersetzt, aber das griechische Wort hat kein equivalentes Verb. Man kann nicht „seelen“ oder „seelenleben“, sagen daß jemand „seelt“ (ich seelte, du seelst, er/sie/es seelt...). Man kann nur eine „Seele“ sein, oder etwas kann „seelenartig“ sein, „zur Seele gehörend“, „seelisch“.
Die Aspekt-Opposition zwischen „Seele“ und „Zoe“ zeichnet sich nun dadurch aus, daß an keiner Stelle von einer „ewigen Seele“, einem „ewigen Seelenleben“ die Rede ist. Das geht nur mit „Zoe“. Jesus spricht oft davon, daß er (am Kreuz) sein Leben geben werde (Matt. 20,28; Mk 10,45; Joh 15,13), hier wiederum steht dann „Psyche“.
Wenngleich „Zoe“ sehr oft, aber nicht immer das ewige Leben meint, sondern auch das dem Gläubigen in Christus geschenkte „geistliche“, auf Gott/Christus und seinen Willen ausgerichtet Leben, so reicht es uns zu wissen, daß „Psyche“ beim Menschen nie(!) dafür steht. Dieser Aspekt fehlt. Dies ist nun ein dienliche Abgrenzung der beiden.


„Es wird gesät in Vergänglichkeit, es wird auferweckt in Unvergänglichkeit.“

„Es wird gesät ein natürlicher Leib („soma psychikon“ ), es wird auferweckt ein geistlicher Leib („soma pneumatikon“). Wenn es einen natürlichen Leib gibt, so gibt es auch einen geistlichen. (44)
So steht auch geschrieben: «Der erste Mensch, Adam, wurde zu einer lebendigen Seele», der letzte Adam zu einem lebendig machenden Geist. (45)
Aber das Geistliche („pneumatikon“) ist nicht zuerst, sondern das Natürliche („psychikon“), danach das Geistliche. (46)
Der erste Mensch ist von der Erde, irdisch („choikos“); der zweite Mensch vom Himmel ("ouranos"). (47)“


Bedenken wir die den Gegensatz der Bedeutungen von „Zoe“ und „Psyche“ (daß „Psyche“ nie das ewige Leben meint), und Jesus sein „Leben“(„Psyche“) gegeben hat aber das (ewige)„Leben“(„Zoe“) hat, so wird verständlich, daß der „psychische“ Leib, Fleisch und Blut, das Himmelreich nicht erben können (Vers 50). Niemand kann ohne zu sterben das Fleisch, den „seelischen“, natürlichen, irdischen Leib ausziehen. „Was du säst, wird nicht lebendig, wenn es nicht stirbt.“ (LUT, V.36)
„Mit ihm begraben worden durch die Taufe“ sein (Röm 6,4), heißt auch „mit der Gleichheit seines Todes“ verwachsen (6,5) und dem HERRn bis in den selbigen getreu nachzufolgen: „Wenn jemand mir nachkommen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf und folge mir nach!“ (Matt 16,24). In diesem Sinne ist klar, daß in den Versen 25 und 26 eben noch nicht vom totalen „Zoe“-Leben sondern vom „Seelen“-Leben die Rede ist: „Denn wenn jemand sein Leben (Psyche) erretten will, wird er es verlieren; wenn aber jemand sein Leben (Psyche) verliert um meinetwillen, wird er es finden.“(25, s. auch o. Seele in den Evangelien). Die Nachfolge beginnt hier und jetzt, in diesem Leben, und diese Herausforderung ist vielfach nicht geringer als das Kreuz. Das hat nichts mit Werkegerechtigkeit zu tun, sondern ist das, was der hl. Geist uns eingibt.
[b]In diesem unserem „psychischen“ Leben, wird trotz des „Zoe“ des hl. Geistes nie der „psychischen“ Körper vergeistigt, seine Alterung stoppt, seinen Tod verhindert, er selbst verewigt. Die Vergänglichkeit kann nicht die Unvergänglichkeit erben![b]

Meiner Ansicht nach stellt sich Paulus also hier eindeutig zum von Anfang an überlieferten Menschenbild als einer Seele – der Mensch mit einem Leib aus Staub von der Erde (und einem ml. Geist) – die vom Geist Christi neu zu Gott geleitet wird.
Im wahrscheinlich letzten Beitrag, werde ich mich ausführlich mit den Argumenten Herrn Stadler’s widmen und alles was ich bis jetzt versprochen habe einzulösen versuchen. Das Thema ist sehr komplex und das Wort „Seele“ gehört zu den vielfältigsten Begriffen, so wie auch der Mensch vielfältig sein kann.
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#6
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Betrachtungen zu Michael Stadler's „Wie kann man die Bibel im Geist lesen? – Neutestamentliche Anthropologie und pneumatische Schriftrezeption“ (unter:

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)

Wie angekündigt gehe ich nun im letzten Beitrag auf einen Beitrag des Th.M Bacc.phil. Michael Stadler ein. Stadler bemüht sich im zweiten Teil seines Aufsatzes sehr um den Nachweis eines trichotomen Menschenbildes insbesondere bei Paulus, von dessen Schriften aus er eine solche Anthropologie begründet sehen möchte. Da Herr Stadler es leider vorgenommen hat in seinem persönlichen Erfahrungsbericht (Juli 2006) – er ist Anhänger der WORT+GEIST-Bewegung – solche Arbeit, die sich kritisch mit deren Lehre auseinandersetzt als „pseudotheologisches Gerede“(S.1, zu finden hier:

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) abzuwerten, möchte ich ihm als angehender Wissenschaftler in einem inhaltlich nahestenden Fachbereich (Jüdische Studien) darauf antworten, daß ich seine Ausführungen für z.T. „pseudo-wissenschaftlich“ halte. Da er aber Sachkritik nicht für Lieblos hält (Personenkritik schon, wobei die auch sehr sachlich sein kann, s.S.3), kann er mir diese hier nicht verdenken.
Der Beitrag an sich ist wohl maßgeschneidert, um WORT+GEIST ideologisch den Rücken zu stärken (man beachte die persönliche Widmung an Helmut Bauer in Fußnote 1 und natürlich den Verweis auf 2. Kor. 5,17). Man stellt den theologischen Abschluß des Autors natürlich genauso sehr in den Vordergrund, wie man allen anderen trotz Theologie-Studiums selbige Qualifikation abspricht (selbst im Artikel kommt diese Meinung (durch den Mund eines unbekannten zitiert) zum Ausdruck, Pastoren und Pfarrer seien Schriftgelehrte und „geistlich“ abgestumpft (S.1)). Die Beschäftigung damit soll jetzt nicht hier Thema sein, doch sei dies gesagt, um zu veranschaulichen, welcher Drang und welche Intention zu einem guten Teil dahinter steckt.

Ich zähle hier nun einige nicht näher bezeichnete Punkte auf, die ich mit meinen Anmerkungen versehen habe:

1. „Es ist zwar richtig, dass die Begriffe Geist, Seele und Leib in der Bibel so gebraucht werden, dass jeder von ihnen den ganzen Menschen bezeichnen kann [7]...“ (S. 4)
-
In Fußnote 7 werden Beispiele gegeben, wo „pneuma“, „psyche“, und „soma“ im NT stellvertretend für den ganzen Menschen stehen. Es fällt auf, daß für das alte Testament nur „näfäsch“ genannt wird. Ich sehe hierin die notgedrungene Bestätigung, daß das AT ganz klar vom Menschen als einer „Seele“ spricht.

2. „Es fällt auf, dass der anthropologische Gebrauch von Geist – selbst innerhalb eines neutestamentlichen Buches – nicht einheitlich ist.[10]“ (S.5)
-
Als Beispiele nennt Stadler Joh 11,33 und 13,21, wo es von Jesu menschlichem Geist heißt, daß dieser ergrimmt sei und erschüttert wurde. Stadler möchte hier wohl (negative) menschliche Emotionen und Affekte der „Seele“ aufdrücken, wie es mit dem von ihm genannten Beipiel wohl deutlich werden soll (Joh 12,27). Da er von der Existenz eines geschaffenen menschlichen Geistes weiß (s.S.6), stellt sich hier natürlich auch die Frage welches Bild er von Jesu Natur hat, denn da er auch ganz Mensch war und zu Menschlichkeit fähig, sehe ich nicht, daß mit „Geist“ hier der Heilige Geist gemeint sein soll und nicht vielmehr Jesu Inneres, sein menschliches Herz, sein menschlicher Geist eben. Ich weise dazu noch auf den Abschnitt „Fleisch und Geist“ hin, bzw. auf „Näfäsch, Ru’akh, Neschamah – Überschneidungen und Gegensätze“, wo ich bei der Charakterisierung des menschlichen Ru’akh’s (Geist) Beispiele nenne, die eine ähnliche Verwendung wie in Joh. zeigen.

3. „Zunächst legt sich ein gewisser Dualismus nahe, da Paulus, Jakobus, Lukas und Jesus zwischen innerem und äußerem Menschen bzw. zwischen Seele oder Geist einerseits und Leib oder Fleisch andererseits unterschieden.[12]“(S.5)
-
Hier würde ich wie gesagt einwenden, daß „Seele“ mehr umfaßt als „Geist“, wie ich es in den obigen Beiträgen gezeigt habe und auch daraufhinweisen, daß eigentlich sogar „Fleisch“ verschiedentlich für den ganzen Menschen steht (nicht zuletzt ja auch in Röm 8, wo wir vom „fleischlichen Fleisch“ oder vom „geistlichen Fleisch“ sprechen könnten). Das eigentlich sehenswerte ist wieder die Fußnote, in der der Verfasser alle namhaften Kirchenväter und spätere Autoritäten zitiert und feststellen muß, daß sie mit Jesus, Paulus, Jakobus und Lukas zusammen die klare Dichotomie lehren.

4. „...so wird doch nur vom Menschen ausgesagt, dass Gott selbst ihm „Atem der Leben“ (Plural) einhauchte (Gen 2, 7), was ein Hinweis darauf sein könnte, dass der Mensch mehrere Arten von Leben, eben nicht nur Seelen-Leben, sondern auch Geist-Leben in sich hat.“ (S.6)
-
Stadler weist zurecht im Satz daraufhin, daß auch Tiere in der Genesis als „lebende Seelen“ bezeichnet werden, erwähnt aber nicht, daß auch ihnen der "Atem der Leben" gegeben wird (Gen 6,17, 7,15 und 7,22). Der Hinweis auf ein inneres Geist- und ein Seelen-Leben löst sich damit in einem Hauch auf.

5. „Nur unter der Bedingung des Sündenfalls (infralapsarisch) ist das Adjektiv „seelisch“ im Neuen Testament negativ konnotiert (vgl. 2 Kor 2, 14 [korrekterweise 1 Kor 2,14]; Jud 19) so dass zwischen Seele und Geist, trichotomisch gedacht, nicht generell und auch nicht essentiell ein unversöhnlicher Widerspruch besteht.“ (S.9)
-
Richtig: Weder „Seele“ noch „seelisch“ sind grundsätzlich negativ. Paulus stellt sich ja grundsätzlich hinter den Menschen als „Näfäsch hayyah“, der im Tod in ml. Geist und Leib zerfällt, bei der Auferstehung aber statt wieder zu einer „vergänglichen Psyche“ durch den hl. Geist zum „unvergänglichen Zoe“ aufersteht. Der Hauptverständnisproblem ist hier – wie so oft – die Vergeistigung von „Näfäsch“/„Psyche“, die aber Paulus durch seine Ausführungen und sein paraphrasiertes Zitat von Gen 2,7 hier auch nicht vornimmt. (Siehe auch „Fleisch und Geist“).

6. „Was spricht ferner für das christliche Menschenbild als Trichotomie bzw. Trinität? Nicht nur, weil es längst nicht bewiesen ist, dass die beiden klassischen biblischen Belegstellen 1 Thess 5, 23 bzw. Hebr 4, 12 für Trichotomie nicht aussagekräftig seien,[46]...“(S.9f.)
-
Zunächst zu 1. Th 5,23. Die Aussage ist, daß der Mensch ganzheitlich ist. Ist er nun aber dreiteilig? Der Gebrauch von „Psyche“ bei Paulus ist selten und gewöhnlich („Leben“, personelle Ausdrücke mit „Seele“, 2x „Herz“). Eine ausgearbeitete Abgrenzung von „geistlichem“ und „seelischem“ bietet eigtl. nur 1. Kor. ohne aber wie beschrieben den inneren Mensch nach Geist und Seele zu zertrennen. Stattdessen unterscheidet Paulus dichotom zwischen „Leib“ und ml. „Geist“ (1. Kor 7,34; Kol 2,5, (v.a. auch als Leib und Geist im „Leib Christi“ (1. Kor 12,13; Eph 4,4)) und zwischen Mensch und Gott (s.o. „Fleisch und Geist“). „Seele“ bekommt dann hier nur den beide Seiten (Geist und Leib) integrierenden Charakter als übergreifende Klammer, weil es beides einschließen kann. Diesen integrativen Charakter möchte ich nochmals deutlich machen: Wenn es heißt: „Leib und Seele“ (Matt 10,28), dann steht Seele mit(!) für den im Leib wohnenden ml. Geist. Heißt es „Herz und Seele“(Apg 4,32), dann steht Seele mit(!) für den Leib, in dem das Herz ist. Nur „Seele“ kann dies leisten.
Zu Hebräer 4,12: Hier kann ich mich nur der in Fußnote 46 abgegebenen Erklärung anschließen, daß nicht Geist von Seele, sondern jeweils Seele und Geist geschieden werden, d.h. der Mensch in seinem ganzen Sein von Gottes schneidendem Wort erfaßt wird.

7. „Gemäß einer nur dichotomischen Differenzierung von Geist-Seele und Körper, wären jedoch der menschliche Geist und der menschliche Verstand nicht unterscheidbar, sondern Teil einer gemeinsamen inneren Wirklichkeit. [...] Wo ist denn der Locus unserer Begegnung mit Gott? Gewiss nicht in unserer Seele, in der sich sonst alles vermischen würde, sondern im menschlichen Geist.“ (S.10)
-
Hatte Stadler auf S.8 noch Karl Barth zitiert und kritisiert, daß dieser die Gefahr der Aufspaltung der Person durch ein Trichotomisches Verständnis notwendig gegeben sehe, so sehe ich hier u.a. schon die entstandene Schizophrenie. Stadler will notwendig dem „Bau“ des Menschen zwei Innenleben zugestehen, wenn es doch ausreicht von verschiedenen Funktionen und Aspekten zu sprechen (so wie es auch das NT tut. (Verstand, Gefühle, Gewissen, Wille, Gesinnung))
Wenn Stadler den nicht mehr zur Sünde fähige ml. Geist (S.11) propagiert und dagegen die umsomehr alles vermischende und mit dem Fleisch einige „Seele“ gegenprojeziert, dann produziert er – ob er will oder nicht – zwei „Seelen“ in einer Brust, von denen sich eine für geistlich hält, für die reine Liebe, womöglich für eine Inkarnation Christi, und für sündlos. Er wird womöglich unbelehrbar, und selbst wenn sündigt, dies nicht seinem sündlosen, sondern seinem sündigen Ich zuschreiben und darüberhinweggehen. So etwas wird zum Krankheitsbild, das in der W+G-Bewegung leider weit verbreitet ist.
Die eine(!), innere Wirklichkeit des Menschen, der eine von Gott geschaffene Persönlichkeit ist, kann nicht auf zwei Pole verteilt werden, so wie man nicht zwei Herren dienen kann, so wie man nicht zwei Leben führen kann.
Jeder Mensch muß sich sicher einmal zwischen Verstand und Gefühl, Willen und Gewissen entscheiden. Diese sind manchmal, aber nicht immer notwendige Gegensätze, sondern alle Teile unseres komplexen inneren Lebens, unseres Geistes.
Der Wankelmütige in Jak 1,8 und 4,8 heißt im griechischen „Di-Psychos“. Er ist jemand mit „Zwei Seelen“. Bei Jakobus ist dieses Bild auf Menschen angewendet, die zum Glauben keine wirkliche Entscheidung treffen können. Macht man sich aber nicht auch dann zu einem „Di-Psychos“, wenn man damit solche einen Weg geht wie im obigen Beispiel?
Und noch ein Beispiel, denn aus Sicht der Heiligung und der Seelsorge ist diese Anthropologie problematisch: Beim „Wechseln der Pferde im Galopp“ stürzt man schnell und ich kenne Menschen, die daran fast zerbrochen sind, weil sie sich immer wieder verleugnet haben und versucht haben sich auf den sündlosen Geist in ihnen zu konzentrieren, Trauer, Betrübnis und Ärger in sich hineingefressen und überlächelt haben und innerlich vernarbt sind. Das Krankheitsbild ist dasselbe; es ist schizophren.

8. „Das trichotomische Menschenbild ergibt für den Christen die Konsequenz, aus der Dominanz des menschlichen Geistes zu leben, und nicht aus der der Seele.“ (S.11)

Hat Paulus, hat Jesus uns dies wirklich so lehren wollen? Der Leser urteile selbst.
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