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Israelis Souveränität und amerikanische Einmischung


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Rolf

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Israelis Souveränität und amerikanische Einmischung

 

 

 

 

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Die Entscheidung von Gegnern der Justizreform in diesem komplexen und schicksalhaften internen Wettbewerb zu US-Einmischung einzuladen, ja sogar darum zu betteln, schadet der israelischen Souveränität und Selbstverwaltung.

 

 

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Die Straßen kochen. Die Polizei hat Zusammenstöße mit Demonstranten und es hat nicht nur Verhaftungen gegeben, sondern auch einige Gewalt. Hunderttausende und vielleicht Millionen haben gegen vorgeschlagenes Regierungshandeln protestiert. Gewerkschaften haben zu landesweiten Streiks aufgerufen. Reaktionen der Regierung haben noch heftigerer Opposition gesorgt.

 

Israel? Nein, Frankreich. Gerade erst haben sich die Proteste intensiviert, als die Regierung das Parlament komplett umging, um per Erlass eine sehr unpopuläre Bestimmung durchgedrückt hat, die das Renteneintrittsalter nach oben schob. In Reaktion sagte Präsident Biden – exakt nichts; andere Leute aus seiner Administration (der US-Botschafter in Frankreich, der Außenminister, die Vizepräsidentin – sind genauso leise geblieben.

 

„Wir bleiben zutiefst besorgt wegen der aktuellen Entwicklungen, die aus unserer Sicht die Notwendigkeit zu Kompromisse weiter unterstreichen“, sagte Sprecher John Kirby vom Nationalen Sicherheitsrat am 27. März. Warum redete er über Jerusalem und nicht über Paris?

 

Was erklärt die Einmischung der Administration Biden in die israelische Politik, wo sich die oben erwähnten offiziellen Vertreter (Botschafter, Außenminister, Vizepräsidentin, Präsident) tatsächlich darauf gestürzt haben? Es können nicht die Fakten der Situation sein. In Israel hat die Regierung de facto nichts in Sachen Justizreform getan, während Frankreichs Präsident Macron sich einfach durch die Proteste durchgeboxt hat, um seinen Willen zu bekommen.

 

Es gibt vier Erklärungen, allesamt politisch und beunruhigend. Erstens ist dieser Streit in Israel auf bedeutende Weise ein Wettbewerb zwischen konservativen, eher religiösen Teilen der Gesellschaft und linken, stärker säkularen. Das ist offensichtlich eine Verallgemeinerung, aber es ist kein Zufall, dass der Vorsitzende des Knessetausschusses Recht und Justiz, der die Reform vorantreibt, von der Religiös-Zionistischen Partei ist. Und es ist auch weder Zufall noch überraschend, dass eine Administration der Demokratischen Partei in den USA die säkulare Linke gegen die religiöse Rechte unterstützt. Das ist ihre Position und auf manche Weise ihr Raison d’être.

 

Es ist auch weder Zufall noch überraschend, dass die wichtigsten medialen Unterstützer der Administration Biden wie CNN, die Washington Post und die New York Times diese Ansichten teilen und die Administration sogar puschen sie zu äußern. Autoren wie Thomas Friedman haben die Regierungskoalition in Israel bösartig angegriffen und sie haben Einfluss bei den Amtsträgern der Administration.

 

Ein Aspekt des Kampfs um die Justizreform ist ein Kulturkampf zwischen „fortschrittlichen“ Sektoren der Gesellschaft und denen, die von ihnen als rückständig angesehen werden. In amerikanischen Begriffen: 2016 beleidigte Hillary Clinton die „Bedauernswerten“ und Barack Obama sprach 2008 von Leuten, die „sich an Schusswaffen oder Religion oder Antipathien gegenüber Leuten, die nicht so sind wie sie“. Ob zurecht oder unrecht, die Amerikaner der Linken betrachten die israelische Debatte in ähnlichen Begriffen und sie wissen, auf wessen Seite sie stehen.

 

Es war damit vorhersagbar, dass am 9. März 92 Demokraten im Repräsentantenhaus an Biden schrieben und forderten, dass er „alle zur Verfügung stehenden diplomatischen Mittel einsetzen soll, um Israels Regierung davon abzuhalten die demokratischen Institutionen des Landes weiter zu schädigen…“

 

Zweitens und ähnlich sollte es nicht überraschen, dass eine Administration der Demokratischen Partei kritisiert, was sie als rechte Regierung und Führer in anderen Ländern betrachtet. Es hat jede Menge offizielle Kritik an den Regierungen in Polen und Ungarn gegeben und Kritik der liberalen Medien an Premierminister Modi in Indien. Melonis Wahlsieg in Italien wurde von der amerikanischen Linken als gefährlicher Schritt zurück in den Faschismus aufgenommen, aber linke Herrscher wie Petro in Kolumbien oder Lula in Brasilien rufen keinerlei Alarm hervor.

 

Boris Johnson bekam die den herzigen Umgang von Biden, weil er rechts stand. Politico formulierte es so: „Johnson sollte kaum Trost von Biden erhalten. Die beiden Männer hatten in der Vergangenheit Differenzen sowohl wegen Stil als auch Inhalten.“

 

Wir haben diesen Film früher schon gesehen, wenn es um Demokratien und Israel geht. Jimmy Carter verachtete Menachem Begin. 1996 und 1999 mischte sich die Administration Clinton in die israelischen Wahlen ein, um Shimon Peres gegen Benjamin Netanyahu zu unterstützen.

 

In einem Interview wurde Clinton 2018 gefragt, ob es fair sei zu sagen, er habe versucht Peres die Wahl zu gewinnen; er antwortete: „Es wäre fair das zu sagen. Ich versuchte das auf eine Weise zu tun, die mich nicht allzu stark involviert.“ 2015 brachte das Magazin Foreign Policy einen Artikel mit dem Titel: „Obama betreibt in Israel Regime-Change“.

 

Damals handelte es sich um die Bemühung den damaligen Avoda-Parteichef und heutigen Präsidenten Isaak Herzog gegen Netanyahu zu unterstützen und der Artikel schloss: „Sowohl Obama als auch Kerry hätten es sehr gerne gesehen, dass Netanyahu das Amt verliert und das Avoda-Duo Herzog und Tzipi Livni übernimmt. Und sie tun alles, was ihnen halbwegs möglich ist – fehlte nur, dass sie Wahlwerbung schalten – um das herbeizuführen.“

 

Damals wie heute wurde Netanyahu ein Treffen im Weißen Haus verweigert, während sie höchste Vertreter mit Herzog trafen. Die New York Times schrieb am 29. März über Biden und Netanyahu: „Zwischen den beiden Führern gibt es keine Liebe…“ Danach gefragt, ob Netanyahu ins Weiße Haus eingeladen würde, antwortete der Präsident scharf: „Nein. In nächster Zeit nicht.“

 

Drittens ist das Thema Oberster Gerichtshof für die linken Amerikaner ein neuralgisches Thema. Der US Supreme Court ist in den Vereinigten Staaten schon lange eine linke Ikone gewesen, von Demokraten seit Jahrzehnten verklärt, weil er von einer aktivistischen Mehrheit beherrscht wird. Demokraten applaudieren Urteilen zu Dingen wie Abtreibung und Schwulenehe, die den Demokraten Siege gaben, die sie an der Wahlurne nicht gewinnen konnten. Gerade erste haben Demokraten das Gericht attackiert, weil es jetzt eine konservative Mehrheit hat.

 

Demokraten sehen, dass Israels Oberster Gerichtshof aktivistisch ist und „progressive“ Urteile spricht, also glauben sie, er müsse unterstützt werden. Sie sympathisieren komplett mit den politischen Kräften, die Israels Gericht vor Israelis Wählern und gewählten Führungskräften schützen wollen. Es kümmert sich nicht, dass der israelische Oberste Gerichthof sich seine Mitglieder weitgehend selbst aussuchen oder zumindest gegen diejenigen ein Veto einlegen kann, die nicht zum Elite-Club gehören.

 

Schließlich muss gesagt werden, dass amerikanische Einmischung von vielen Israelis gefordert wurde, die gegen die Justizreform sind. Sie haben sie über ihre Rhetorik eingeladen, indem sie sagen, dieser amerikanische Freund und Verbündete stehe am Rande zum Faschismus.

 

Als Präsident Isaak Herzog einen Kompromiss vorschlug, twitterte Ehud Barak

schändlicherweise ein altes Foto von Hitler und Neville Chamberlain mit Herzogs Gesicht statt dem von Chamberlain. Ehud Olmert und tausend weitere Kommentatoren benutzten das Wort „Staatsstreich“, aber noch mehr sprachen von einem „Blitzkrieg“. Oppositionsführer Yair Lapid sprach von einer „Reise in die Vernichtung der israelischen Demokratie“.

 

Alle sprachen auf Englisch zu einem US-Publikum und bei den Demonstrationen in Israel gab es auch viele Schilder auf Englisch – alles, um zum Eingreifen amerikanischer Juden und der US-Regierung aufzurufen. Privat forderten zahlreiche israelische Führungspolitiker und Kommentatoren ausdrücklich nach amerikanischer Intervention; sie argumentieren, dass die Israelis sich in einer Sackgasse gebracht hatten und vor sich selbst gerettet werden müssten. Solche Gespräche und das Bild eines Israels, das kurz vor dem Kollaps in eine dunkle Tyrannei steht, hatten zweifelsohne ihre Auswirkung auf Biden und seine Administration.

 

Und aus all diesen erwähnten Gründen fielen diese Einladungen auf fruchtbaren amerikanischen Boden. Nehmen Sie zum Beispiel die Worte von Rabbi Eric Yoffie, dem langjährigen Leiter der Reformbewegung. Am zweiten März schrieb er in Ha’aretz: „Ich habe nie gegen eine israelische Regierung Stimmung gemacht. Aber Netanyahus Justiz-Staatsstreich, eine Offensive gegen die Demokratie müssen aufgehalten werden. Das bedeutet, dass die US-Juden das Undenkbare tun und bei Israel auf eine starke amerikanische Hand drängen müssen.“

 

Das ist ein gefährlicher Präzedenzfall. Als Clinton sich (zweimal) bei israelischen Wahlen einmischte, versuchte er sein Handeln zu verbergen; er wusste, es wäre unentschuldbar, sollte das herauskommen. Jetzt haben wir ein neues Modell, das Einmischung aus dem Ausland rechtfertigt und sogar idealisiert – das fordert, dass die USA in innenpolitische Angelegenheiten in Israel auf eine Weise eingreifen, wie es bei keiner anderen Demokratie der Fall ist.

 

Die Linken – ob nun Israelis, die gegen die Justizreformen sind oder Amerikaner, die Washingtons Gewicht in die Waagschale werfen wollen, weil ihre Seite die letzten Wahlen in Israel nicht gewannen – sollten erst einmal erkennen, dass zwei Seiten dieses Spiel spielen können. Es ist nicht schwer sich einen konservativen republikanischen Präsidenten in den USA und einen Mitte-Links-Premierminister in Israel vorzustellen, die zur gleichen Zeit im Amt sind. Werden konservative Amerikaner fortan Einmischung in Abstimmungen der Knesset oder bei israelischen Wahlen fordern, weil die Rechten heftig gegen irgendeine versprochene Politik sind?

 

Die Justizreform ist das so ziemlich höchst „innenpolitische“ oder „interne“ Thema, das man sich vorstellen kann. Wenn Einmischung von außen in diese Angelegenheit legitim ist, gibt es dann noch irgendwelche Dinge, bei denen Einmischung aus dem Ausland, ob nun durch Diaspora-Gemeinschaften oder Auslandsregierungen, als illegitim betrachtet werden sollten?

 

Während Israel auf seinen 75. Geburtstag in ein paar Wochen zusteuert, muss man sich fragen, was diejenigen, die amerikanische Einmischung pflegen, vom zionistischen Projekt denken.

Sollen Israelis „Herren ihres eigenen Schicksals“ sein (so Ben-Gurions Worte), außer wenn Wahlverlierer die US-Regierung beschwatzen können sich in den Kampf zu stürzen? Soll Israel eine Art beeinträchtigte Souveränität haben, die amerikanischen Launen unterworfen ist?

 

Der aktuelle Kampf um die Justizreform hat viele Aspekte. Die Entscheidung derer, die gegen die Reform sind, eine amerikanische Einmischung in diesen komplexen und schicksalhaften Streit einzuladen, sogar darum zu betteln, schadet der israelischen Souveränität und Selbstverwaltung.

 

Man kann nur hoffen, dass die Israelis, wenn sich der Staub gelegt hat, sich – unabhängig von ihren Ansichten zum Obersten Gerichtshof – darauf einigen werden, dass der Ruf nach Einmischung aus dem Ausland in die internen politischen Strukturen des jüdischen Staates ein schädlicher Fehler und ein gefährlicher Präzedenzfall war.


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