BW: Kritik an Maskenpflicht in Pflegeheimen wächst
REGELUNG GILT AB OKTOBER
BW: Kritik an Maskenpflicht in Pflegeheimen wächst
"Grottenschlecht" und "außerhalb jeder Realität": Sozialverbände und Pflegeeinrichtungen kritisieren das neue Covid-19-Schutzgesetz und fordern eine Aufhebung der Maskenpflicht.
Die Kritik an der ab 1. Oktober geltenden gesetzlichen Maskenpflicht in Pflegeheimen reißt nicht ab. Am Donnerstag haben sich nun auch Wohlfahrtsverbände, Pflegeeinrichtungen und Caritas ablehnend dazu geäußert, dass Heimbewohner außerhalb ihres Zimmers Maske tragen müssen. "Die Maskenpflicht ist ein massiver Verstoß gegen das Recht auf Selbstbestimmung und soziale Teilhabe der betroffenen Menschen, schreiben der "Paritätische", der Sozialverband VdK sowie verschiedene Einrichtungen in einer gemeinsamen Mitteilung.
Bis zu 16 Stunden Masketragen am Tag
Menschen in besonderen Wohnformen müssten bis zu 16 Stunden pro Tag eine FFP2-Maske tragen, kritisierte Ursel Wolfgramm, Vorstandsvorsitzende des "Paritätischen" Baden-Württemberg. Konkret treffe dies zum Beispiel auf Menschen mit Behinderungen in der Eingliederungshilfe zu, da die Maskenpflicht sowohl in deren Arbeits- und Ausbildungsstätten als auch in betreuten Wohngemeinschaften gelte, wie Wolfgramm dem SWR erläuterte.
"Wenn das Gesetz in Kraft tritt, müssen diese Menschen fast ihr ganzes Leben mit Maske verbringen", so Wolfgramm weiter. Faktisch dürften die Betroffenen die Maske nur noch zum Schlafen absetzen - das sei unzumutbar, so die Vorstandsvorsitzende des "Paritätischen" Baden-Württemberg. Die Testpflicht für Betreuungs- und Pflegepersonal bezeichnete sie als "Misstrauensvotum" gegenüber der gesamten Branche.
Eine weitere Abwanderungswelle von Mitarbeitern sei dann nicht mehr aufzuhalten, so ihre Befürchtung.
VdK sieht Widerspruch zu Lockerungen im öffentlichen Leben
Hans-Josef Hotz, Landesverbandsvorsitzender des VdK Baden-Württemberg, schreibt: "Es ist mehr als verwunderlich, dass sich beim Oktoberfest oder fremde Menschen ohne Masken treffen und feiern dürfen, wohingegen die Bewohnerinnen und Bewohner in Pflegeheimen ab sofort eine FFP2-Maske tragen sollen."
Nach Ansicht von Boris Strehle und Wolfgang Wasel, Sprecher des "Netzwerks Alter und Pflege" im Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart, ist eine Maskenpflicht in den Alten- und Pflegeheimen "schlichtweg nicht umsetzbar". Es sei einfach nicht möglich, die älteren Menschen in den Gemeinschaftsunterkünften zum Maskentragen zu verpflichte
Caritas: Umsetzbarkeit in der Pflege fraglich
"Insbesondere für Demenzerkrankte ist eine Maskenpflicht oft nicht nachvollziehbar", erklärte Eva-Maria Bolay, die Pressesprecherin des Caritasverbandes Rottenburg-Stuttgart auf Nachfrage des SWR. Ein weiteres Problem sei in dem Zusammenhang auch die Durchsetzbarkeit der Maskenpflicht. "Was soll das Pflegepersonal denn tun, wenn eine demenzkranke Person die Maske immer wieder entfernt?", fragt Bolay. Das Gesetz sei am Schreibtisch entworfen worden, meint die Pressesprecherin.
Maria Bolay, Pressesprecherin des Caritasverbandes Rottenburg-Stuttgart