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"Die beten und haben ein Messer in der Hose"


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Rolf

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"Die beten und haben ein Messer in der Hose"





In Köln wird um den Bau einer großen Moschee gestritten. Die Gräben zwischen Gegnern und Befürwortern scheinen unüberbrückbar. Und darum scheitert Kölns Oberbürgermeister bei dem Versuch, mit einer Podiumsdiskussion die Debatte zu beruhigen. Die deutschen Moschee-Gegner erregen sich zunehmend – und werden immer radikaler.


Waltraut Höhn hat sich nach vorne durchgekämpft. Die schmächtige 59-jährige Dame hat sich erst durch das Publikum gezwängt, dann vorbei an den Fotografen, bis an das umkämpfte Mikro. Denn mit ihrem Viertel, mit Köln-Ehrenfeld, da liegt einiges im Argen, findet Frau Höhn: Müll und Verkehr, vor allem aber diese geplante Moschee.

Denn die macht den Menschen Angst, das will sie dem Oberbürgermeister sagen. Aber während Waltraut Höhn so im Gedrängel steht, da schnappt sie etwas auf, was ihr gar nicht gefällt: Ein türkischer Junge redet mit seinen Freunden türkisch. Und als sie dann das Mikrofon bekommt, sagt sie zuerst: "Wie kann es eigentlich sein, dass es heißt, die Ausländer seien alle Ehrenfelder, und dann reden die hier Türkisch."

Radio Köln und die Boulevardzeitung "Express" haben Oberbürgermeister Fritz Schramma und den Ehrenfelder Bezirksbürgermeister Josef Wirges eingeladen. Auf einem Podium am Barthonia Forum in Ehrenfeld sollen sie mit den Bürgern über die geplante Zentralmoschee diskutieren. Nicht weit von dort soll das Gebäude Anfang nächsten Jahres stehen. Die Kuppel ragt dann 35 Meter in die Höhe, die beiden Minarette jeweils 55 Meter. Bis zu 2000 Moslems sollen darin beten können. Es wird die größte Moschee in Deutschland. Der Express fragt: "Wird es Verkehrsprobleme geben? Darüber wollen wir mit Ihnen reden." Doch es wird schnell klar: Die Autos sind für viele im Publikum gar nicht das Problem. Sondern die Türken, die in den Autos fahren.

Es fallen an diesen Mittag hässliche Sätze. Sätze, für die Johannes B. Kerner einen schon aus dem Studio verwiesen hätte, noch bevor sie ganz ausgesprochen wären: "Die beten und haben ein Messer in der Hose", ruft eine ältere Dame. Bald schon teilt sich das Publikum in zwei Lager. Deutsche und Türken keifen sich an. Eine Frau hat sich eine Liste gemacht: "Armenien" steht unter anderem darauf. Sie hat das Wort umkringelt. Aber weil sie das Mikrofon nicht bekommt oder weil sie sich nicht traut, öffentlich zu sprechen, brüllt sie eine Gruppe türkischer Jugendliche an: "Ihr Moslems habt die Armenier abgemetzelt. Und das waren Christen!"

Auf dem Podium philosophieren Schramma und Wirges unterdessen über Integration. "Die Moschee soll zeigen, dass die Muslime in der Gesellschaft angekommen sind", sagt Schramma. Der Ober- und der Bezirksbürgermeister reden über den Rechtsstaat und darüber, dass die Religionsfreiheit auch den Bau von Moscheen garantiert. Doch Gewissheit, dass überhaupt noch jemand zuhört, gibt es erst wieder, als Wirges gehässig ausgelacht wird: Zuvor hatte er gesagt, er träume von einer Gesellschaft, in der Muslime in den Vorständen von Karnevals-Vereinen sitzen. Wirges sieht schon ein bisschen verzweifelt aus, seine Stimme rutscht manchmal ins Piepsige. Applaus bekommt er fast nur von den Türken.

Laut einer Umfrage des "Kölner Stadt-Anzeigers" sind rund knapp zwei Drittel der Kölner für die Moschee. Doch an diesem Mittag lässt sich kaum ein Befürworter blicken, zumindest kein deutscher. Präsent sind die Anhänger der "Bürgerbewegung Pro Köln", eine Wählergemeinschaft, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Nach der Diskussion wird Schramma sagen, er kenne einige der Gesichter schon. Die seien fast immer da, wenn es um die Moschee gehe. "Darunter sind bestimmt auch einige Geisteskranke". Warum er trotzdem mit ihnen diskutiert? "Manchmal habe ich das Gefühl, dass Einzel-Gespräche eine gewisse Einsicht erzeugen."

Mehmet Günet und Hassan Ingo Schmiede von der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib) stehen etwas abseits von Podium und betrachten die Szene. Die Ditib ist die Bauherrin der Moschee. Günet ist der Justiziar des Vereins, Schmiede der Vorsitzende. Günet hält einen dicken Aktenordner dabei. Er sagt, er habe alles berechnet. Wie viele Parkplätze man bräuchte, zum Beispiel.

Er sagt, er könnte alle Fragen zu den Plänen beantworten. Nur fragt ihn niemand. "Damit habe ich aber schon gerechnet", sagt Günet, "die öffentlichen Diskussionen laufen meistens so ab. Da sind einige Irre, die wollen eben alles zerstören." Schon bei einer Diskussion im Mai wurden einige Radikale von der Polizei hinausgeworfen. Während Günet sich beklagt, kommt ein türkischer Jugendlicher und zeigt ihm und Schmiede ein Flugblatt, das im Publikum kursiert. Darauf steht: "Nicht die Moschee ist das Problem, sondern der Islam."
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