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Die “Emerging Church” und ihre falschen Alternativen


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Rolf

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Die “Emerging Church” und ihre falschen Alternativen



Sebastian Heck

In einem ersten Artikel habe ich eine kleine Einführung in die sogenannte “Emerging Church”-Bewegung gegeben. Da der Begriff, die Bewegung und die damit verbundenen Namen in Deutschland noch kaum bekannt sind, ist man vielleicht verleitet zu denken, das Thema ginge uns nichts an.

Doch auch hierzulande ist die “Emerging Church” angekommen. Immer mehr Konferenzen (Köln / Basel und Ressourcen hier ) beschäftigen sich mit dem Thema bzw. der Bewegung. In Köln gibt es eine Initiative für EC in Deutschland. Neuerdings findet sich auf einem Blog auch eine schriftliche Arbeit über die Bewegung. Nun ist auch Dan Kimballs Buch “Emerging Church - die postmoderne Kirche” auf deutsch erhältlich.

Doch wenn wir uns ansehen, was die “Emerging Church” (EC) will, was ihre Anliegen sind und wie sie diese erreichen will, dann können wir einige dieser Element in wachsendem Ausmaß auch in unseren deutschen evangelikalen Kreisen entdecken.

Im Folgenden will ich einige inhaltliche Schwerpunkte der Bewegung nenne und beurteilen, in der Hoffnung, dass wir dann besser gewappnet sind, sowohl den falschen Alternativen der EC als auch dem unbiblischen Denken mancher evangelikaler Gemeindetheoretiker in Deutschland zu begegnen. Ich habe wenig Interesse an der (im großen und ganzen noch U.S.-amerikanischen und englischen) Bewegung an sich. (Angefangen damit, dass ich keine Kerzen mag und auch nicht den entsprechenden Haarschnitt habe.) Mein Interesse ist lediglich apologetischer Natur, um der Gemeinde Jesu zu helfen, anhand des Wortes Gottes auszusortieren - und das Gute zu behalten, das Schlechte aber zu verwerfen.

Ein paar Worte zur Begrifflichkeit. Spätestens mit Erscheinen von Dan Kimballs Buch ist die Entscheidung gefällt: die Bewegung wird einen englischen Namen behalten - “emerging church.” Ist vielleicht auch besser so, denn dann wissen wir wenigstens, wem wir das zu verdanken haben. Die Begriffe “emerging” oder “emerging church” sind untereinander austauschbar. Die Gurus der Bewegung in den USA bezeichnen sich selbst als “emerging church”, das ist also ihr Wahlname. Gemeint ist damit ursprünglich die kommende (“emergent”) Generation von Christen. Daher auch der Buchtitel von Robert Webber “The Younger Evangelicals.” “Emerging” meint eine neue Art und Form von Kirche, die kontextualisierte Kirche der Postmoderne. Das Anliegen ist, die Kultur zu lesen und zu interpretieren und daraufhin unser Modell von Kirche zu hinterfragen. es ist also in gewissem Sinne ein Reformanliegen. In einem anderen, ergänzenden Sinne beziehen sich EC-Vertreter jedoch auch auf soziologische oder sozialpsychologische Emergenztheorien.

Ein interessantes Zitat findet sich auf einem anderen Blog. Dort definiert Dr. Michael Welker den deutschen Begriff der “Emergenz” folgendermaßen:

Als »emergent« bezeichnen wir Konstellationen, Zustände und Strukturen, deren Auftreten nicht aus vorausgehenden Konstellationen, Zuständen und Strukturen abgeleitet werden kann, obwohl sich mannigfaltige, beide Zustände bestimmende Elemente in ihnen durchhalten. Von emergenten Ebenen der Realität aus »wird die Welt neu gesehen« (…). Neu gesehen wird aber auch die vergangene Welt und die vormalige Identität der Elemente der Emergenz. Und es muss hinzugefügt werden: Es bleibt auch gar nichts anderes übrig. (M. Welker, Gottes Geist, S. 38)

Nach dieser Definition ist die EC wirklich etwas ganz Neues (oder müsste es sein), das nicht aus der Vergangenheit heraus erklärt werden kann. Im Folgenden müssen wir uns fragen, ob diese hilfreiche Definition von Emergenz tatsächlich auch EC zutrifft oder ob die EC nicht vielmehr sehr stark von der Vergangenheit her definiert wird - sowohl positiv als auch negativ.

Zunächst muss man ja neidlos anerkennen: die EC schreit nach Erneuerung, nach Umdenken, nach Reformation! runter mit den alten Zöpfen! Ich muss schon sagen, dass mich das anzieht. Jedem Christen sollte das Wörtchen Reformation warm die Gurgel runter gehen. Es sollte in unser tägliches Vokabular übergehen - Reformation in der Lehre und, wie die EC betont, auch im Leben.

Jahrhunderte lang, speziell seit der Reformation, war das Anliegen der wahren Kirche Jesu Christi semper reformanda (genauer: ecclesia semper reformanda est). Die Kirche muss ständig reformiert werden, erneuert werden in Substanz und Ausrichtung. Doch wonach und wodurch? Was ist der Standard - der Standard zur Beurteilung, was alt und veraltet ist und deshalb erneuert werden muss; und der Standard der Erneuerung, das Ziel der Reformation? Seit der Reformation war der Maßstab in beiden Fällen das Wort Gottes. Reformation war dann nötig, wenn die Kirche nicht mehr dem Maßstab der Schrift entsprach. Das Wort Gottes war gleichermaßen die Motivation wie das Ziel von Reformation.

“Emergent” will auch Reformation. Doch die Motivation und das Ziel sind völlig anders als in der Reformation. Die Motivation ist die Veränderung der Kultur um uns herum. Das Ziel ist auch die Kultur um uns herum. Weil sich die Zeiten geändert haben - wir leben in der Postmoderne - deshalb brauchen wir ein neues Modell für Kirche oder, wenn uns der Begriff “Modell” nicht gefällt, eine neue Art und Weise, wie wir Kirche sind und leben. C. Peter Wagner, kein Vertreter von EC, aber ein Befürworter von neuen Gemeindemodellen, hat es einmal so gesagt: “Traditionelle Gemeindemodelle funktionieren in unserer sich schnell verändernden Welt nicht mehr.”(in: “Church in Emerging Culture: Five Perspectives,” 112.) Was folgt daraus? Wir müssen die Gemeindemodelle überdenken und überarbeiten - oder über Bord werfen.

Zwei Grundsatzentscheidungen sind damit implizit gefällt, wenn sie auch in der EC-Literatur meines Wissen bisher nicht explizit thematisiert wurden:

(1) Gemeindemodelle sind Menschen gemacht. Die Bibel hat dazu nichts zu sagen. Sie gibt uns den Inhalt, das Evangelium, das sich nicht verändert. Doch die Form bestimmen wir - und die muss sich mit der Zeit verändern. Sie unterliegt ständigen Revolutionen; (2) es ist damit auch eine Grundsatzentscheidung in der Frage nach dem Verhältnis zwischen Kultur und christlichem Zeugnis gefällt: nicht wir sagen der Kultur wo’s langgeht, sondern die Kultur sagt uns wie wir’s zu machen haben.

Nummer (1) ist eine philosophische Entscheidung für eine Form/Inhalt-Dichotomie. Wir stellen damit einen biblischen aber formlosen Inhalt (das Evangelium) einer weltlichen, wertneutralen und weltanschauungsneutralen Form gegenüber. Diese Entscheidung ist nicht selbstverständlich hinzunehmen. Sie ist nicht christlich, sondern in erster Linie philosophisch.
Nummer (2) ist eine hermeneutische und theologische Entscheidung. Wir geben damit die kulturformende und -schaffende Kraft des Evangeliums praktisch auf und spielen sie gegen ein pragmatisches Missionsverständnis aus: Wir müssen kontextualisieren! Wir müssen den Griechen ein Grieche werden und den Postmodernen ein Postmoderner! - Doch wir verstehen das dann nicht mehr in einem biblischen Sinne (in dem Paulus ja nicht tatsächlich den Heiden ein Heide wurde - Gott bewahre!), sonder in einem metaphysischen Sinne. Was ist das anderes als Salz, das seine Würzkraft verloren hat?

In der Auseinandersetzung mit der EC tritt also eine fundamentalere Frage zutage: wie verhält sich der christiche Glaube zu der Kultur, dem Zeitgeist. Wie ist das Verhältnis zu bestimmen?
Richard Niebuhrs fünf Typologien sind hier, wie immer, hilfreich, wenn man sie zu gebrauchen weiß. Sie lauten folgendermaßen:

(1) Christus gegen die Kultur: diese tragische Gegenüberstellung wird v.a. propagiert von bestimmten christlich-fundamentalistischen Gruppen, aber auch mancherlei reklusiven Gruppen mit einem Heiligungsverständnis, das sie in die Abgeschiedenheit drängt. Die “Welt” ist schlecht, die “Kirche” gut. Sie hat dazu geführt, dass die Christenheit das kulturelle Feld den Heiden überlassen hat.

(2) Christus der Kultur: dieser Christus geht in die Kultur über und umgekehrt. Kultiviert sein bedeutet “christlich” sein. Christus ist die höchste Erhebung des kulturellen Gefühls und Bewusstseins. Die Kirche ist hier nicht Kontrastgesellschaft, sondern geht nahtlos in die Welt über. Der Kulturprotestantismus des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts (insbesondere Schleiermacher), doch auch so manche “kirchliche Landschaft” oder Beweung (wie der Weltkirchenrat ÖRK) von heute, sind hier anzusiedeln. Es gibt auch Gruppen, die zwar nicht sagen würden, dass Christus mit der Kultur gleichzusetzen sei, sie definieren aber die Art und Weise wie Christen leben durch das “kulturelle Mandat”. Kultur bestimmt Christus und schafft sich Christus nach ihrem Bilde.

(3) Christus über der Kultur: diese Theorie hat eine hohe Sicht von Christus. Er ist der Sieger, der Überwinder der Kultur. Christen stehen in gewissem Sinne über der Kultur, doch sie haben ihr nichts weiter zu sagen. Deshalb wird sie entweder ignoriert oder unkritisch hingenommen.

(4) Christus und Kultur in Paradox: eine dualistische Gegenüberstellung und native Feindschaft. Starvertreter: Martin Luther und seine Zwei-Reiche-Lehre.

(5) Christus als Verwandler der Kultur: klingt besser als es gemeint ist. Gemeint ist, dass die Welt und Kultur einfach dadurch verändert wird, dass möglichst viele Menschen möglichst schnell bekehrt werden. Missionseifer, der ja nicht verkehrt ist. Aber ein Missionseifer, der nur das private Seelenheilchen des Einzelnen und nicht die bösen und guten Strukturen der Kultur und Gesellschaft als Ganzem im Blick hat. Dies ist ein verkürztes Evangelium, da Jesus Christus mehr Interesse an dieser Welt hat als diese Menschen.

Jetzt erwartet ihr vielleicht, dass ich alles in Bausch und Bogen verwerfe. Doch nichts davon. Die Kategorien sind so gut, dass einiges davon ganz unvermeidbar wahr ist und bleiben wird, zumindest diesseits der Herrlichkeit. Es gibt Punkte, an denen Christen (bzw. Christus) immer in Paradox zu der Kultur sein werden. Es gibt Bereiche, in denen Christus die Kultur verwandelt durch Bekehrungen vieler Menschen oder einer ganzen Volksgruppe. Schwierig wird es, wenn wir uns auf eine der Niebuhrschen Kategorien festlegen. Und das scheint mir, je mehr ich lese, bei der EC der Fall zu sein. Und zwar finden wir hier viele Vertreter der Kategorie “Christus der Kultur.” Ich meine damit nicht, dass die EC-Leute Kulturprotestanten sind. Natürlich finden wir auch hier keine Kategorie in Reimform. EC betont gelegentlich auch die persönliche Bekehrung. EC betont auch gelegentlich den Aspekt der Gegenkultur. Doch im Großen und Ganzen finde ich die EC-Bewegung dadurch definiert, dass man sich die Kultur anschaut, sie analysiert und aus dieser Analyse darüber Schlüsse zieht, wie Kirche heute aussehen sollte und was sie tun sollte. Und das ist Kategorie zwei. Die Kultur wird zum hermeneutischen Schlüssel und zur Autorität in Glaubensfragen. Kulturell relevant zu sein ist oberstes Gebot.

Ich denke, es gibt auch die Möglichkeit (und das ist natürlich auch schon vor mir gedacht worden), den Kanon der Kategorien zu erweitern bzw. eine neue einzuführen. (Ist ja nicht verboten - auch bei Niebuhr nicht!) Und hier würde ich die Kategorie einführen: Christus, eschatologischer Verwandler der Kultur! Das klingt vielleicht etwas schräg und hat Anklänge an Kategorie 5.
Was meine ich damit? Wir Christen haben tatsächlich ein kulturelles Mandat. Das besteht weder darin, dass wir die Kultur (sprich: Welt) meiden, noch dass wir sie beherrschen und besiegen, noch dass wir ihr gleich werden. Es ist auch nicht damit erfüllt, dass Menschen sich bekehren. Bekehrte Menschen machen noch keine neue Gesellschaft. Der Inhalt des Evangeliums ist in der Tat die Rettung von Menschen durch die erlösende Tat Jesu. Doch die Bibel spricht auch von der Berufung eines neuen Volkes, einer neuen Priesterschaft, von der Erneuerung der Erde bis die neue Weltordnung hergestellt sein wird und das eschatologische Friedensreich anbricht. Eschatologisch heißt hier einfach: schon und noch nicht. Es beginnt schon hier - das soll uns Mut machen. Doch es wird zu dieser Weltzeit nicht vollendet sein - das soll uns vor jeglichem christlichen Triumphalismus und falschem Aktivismus bewahren. Diese Kategorie bemüht sich auch, die Kultur zu kennen und zu analysieren, um sie dann umso besser verstehen zu können und Einfluss nehmen zu können. Aber sie lässt die Kultur, den Zeitgeist, die Gesellschaft nicht diktieren, wie Kirche und Christsein in der neusten Modeerscheinung auszusehen hat.

Vieles, was die EC sagt und will, kann ich teilen. Da EC in ihren Wurzeln vor allem eine Protestbewegung gegen etablierte, moderne Kirchen- und Megakirchenmodelle ist, finden wir viele kritische Worte gegen vieles. Und vieles davon ist mehr als berechtigt. Doch Kritik braucht immer einen Maßstab und eine Vorstellung davon, welches Ziel man mit der Kritik anvisiert. Und hier scheint mir emergent am schwächsten zu sein. Es gibt viele Ideen, einen Eifer Neues auszuprobieren und Altes über Bord zu werfen. Einen Eifer, der leicht zu Übereifer führen kann und dazu, dass mit emergent das Pendel in eine neue Richtung schwingt, weg von der Moderne und hin zur Postmoderne. Doch ist das besser? Ist mit so einem Pendelschwung nicht vorprogrammiert, dass das Pendel in zehn, fünfzehn Jahren wieder ganz woanders hin zurückschwingt? (Manche reden schon vom Niedergang der Postmoderne, von der Post-Postmoderne, etc.) Und diesen Maßstab finden wir sicherlich nicht in der schwankenden Kultur. Der Maßstab muss sein und bleiben: die Kirche muss reformiert sein nach dem Wort Gottes! Wenn wir diesen Maßstab nicht haben, sind wir vor falschen Analysen der Kultur ebenso wenig gefeit wie vor vorschnellen und falschen Antworten sowie falschen Strategien.
Ein Hauptproblem von EC sind falsche Alternativen, die uns vor Augen gemalt werden, die meines Erachtens sowohl aus einer falschen Analyse der Zeit (und Geschichte) als auch, konsequenterweise, aus der falschen Behandlungsmethode resultieren.

Das Buch “The Younger Evangelicals” von Robert E. Webber beispielsweise ist struktierert um eine lange Liste von solchen Alternativen. Eine Auswahl der Kapitelüberschriften (in Übersetzung):

• Geschichte: von Geschichtslosigkeit zu Tradition
• Theologie: von Propositionalismus zu Narration
• Apologetik: von Rationalismus zu Verkörperung (oder Ausleben?)
• Ekklesiologie: von unsichtbar zu sichtbar
• Pastoren: von Macht zu Dienst

In zahlreichen Tabellen stellt Webber drei Zeiten, Gruppen und Ansätze einander gegenüber (z.B. S.18).
Die Zeiten sind: (a) die traditionellen Evangelikalen (von 1950-1975); (B) die pragmatischen Evangelikalen (von 1975-2000) und © die “Younger Evangelicals”, die junge Generation, die “emerging church.” Einege Beispiel, wie er die jeweiligen Gruppen charakterisiert und damit falsche Dilemmas aufbaut:

Theologisch sind die traditionellen Evangelikalen dem Rationalismus verhaftet, die pragmatischen dem Therapiedenken, die EC aber dem christlichen Glauben als einer Glaubensgemeinschaft im reformatorischen Sinne. Ha! EC hat gewonnen!

Was die Verteidigung des Glaubens (Apologetik) sind die Traditionellen auf klassische Gottesbeweise aus, die Pragmatiker auf Erfahrung, die EC aber wollen einen apologetischen Glauben in einer authentischen Gemeinschaft verkörpern. Ha! EC gewinnt wieder!

Was das kirchliche Modell angeht (Ekklesiologie) sind die traditionellen Evangelikalen eher Konstantinisch (sprich: staatskirchlich) orientiert, die pragmatischen “Seeker-sentive” und “Market-driven”, die EC aber verkörpert die missionarische Kirche. - Da haben wir ja nochmal Glück gehabt!

Alles in allem muss man sagen: die “traditionellen Evangelikalen”, die Webber nennt, sind Strohmänner, die noch kein Mensch lebendig gesehen hat. Die pragmatischen Evangelikalen sind die bösen Jungs - da stimmt Webber heute jeder zu - und deshalb keine ernstzunehmenden Beispiele und die EC als die große Patentlösung? Dazu muss man sagen, dass viele der Charakteristika der EC in dem Buch tatsächlich gut und biblisch sind. Doch was daran gut ist, ist mindestens 500 Jahre alt und nennt sich reformatorisch-protestantisch. Im besten Falle also ist die EC eine Bewegung zurück zur Reformation. Doch wir haben zu Beginn des Artikel bereits gesehen, dass es keine Reformation gemäß dem Wort Gottes sein kann und will.

Jede Menge falsche Dilemmas finden wir auch in Brian McLarens hochgepriesenem Buch “A Generous Orthodoxy” mit dem vielsagenden Untertitel “Why I Am a Missional, Evangelical, Post/Protestant, Liberal/Conservative, Mystical/Poetic, Biblical, Charismatic/Contemplative, Fundamentalist/Calvinist, Anabaptist/Anglican, Methodist, Catholic, Green, Incarnational, Depressed-yet-Hopeful, Emergent, Unfinished CHRISTIAN.”

Was immer wieder auftaucht in EC-Kreisen, ist die (durchaus biblische) Betonung auf “community” - Gemeinschaft. Das ist gut! Doch Gemeinschaft, die jeden willkommen heißt, muss, so EC, die konfessionellen Barrieren überwinden lernen, Lehre um der Liebe willen beiseite schieben. Das jedoch ist ein falsches Dilemma: Gemeinschaft, die keinen festen Kanon hat, um den sie sich versammelt ist keine Gemeinschaft mehr, da sie überhaupt nichts mehr “gemein” haben kann - außer Gemeinschaft. Was auch immer es dann ist, es ist gewiss keine “christliche” Gemeinschaft mehr.

Auf Platz zwei der Hitliste der wichtigsten Anliegen der EC ist “narrative.” Nun, in unserer postmodernen Zeit ist “Geschichte” tatsächlich ein wichtiges Mittel der Kommunikation. Narratives Predigen kann tatsächlich ein wichtiges Modell sein, den entkirchlichten und biblisch analphabetischen Menschen von heute wieder die christliche Botschaft in ganzer Breite nahezubringen. Doch auch hier gibt es - selbstverständlich - ein falsches Dilemma bei EC: “Geschichte”(narrative) wird propositionaler Wahrheit gegenübergestellt. Der Wahrheitsbegriff wird umdefiniert, wie das postmoderne Literaturwissenschaft und Philosophie ja ganz allgemein längst getan hat. Auch hier muss ich energisch widesprechen. Was ist den eine Geschichte ohne propositonalen Kern? Mythos? Heiße Luft? Das eine muss und darf das andere nicht ausschließen.

Was EC anstoßen will und was anfänglich gut und lobenswert klingt, entpuppt sich als der schnellste Weg in eine Gemeinschaft ohne Gemeinsamkeit (was letztlich nur in Anarchie enden kann) die auf einer Geschichte basiert ohne Geschichtlichkeit und Wahrheitskern (und deshalb genauso gut nicht angehört werden kann).

Fazit: Was hat uns EC zu sagen? In der anfänglichen Kritik der modernen Einflüsse in Kirche und Verkündigung, eine ganze Menge und wer weise ist, hört hier zu. In der Analyse der postmodernen Kultur und den missionsstrategischischen Schlüssen, die sie daraus zieht denke ich wenig bis nichts und wer weise ist, verschwendet hier nicht seine Zeit.
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