Zum ersten Mal haben weniger als die Hälfte der Deutschen evangelische oder katholische Kirchenzugehörigkeit. Die katholische Kirche in Deutschland hat im vergangenen Jahr mehr als eine halbe Million Mitglieder verloren. Zum Stichtag 31. Dezember hatten die 27 katholischen Bistümer rund 21,6 Millionen Kirchenmitglieder, wie die am Montag in Bonn mitteilte.
In Deutschland machen die Katholiken 26 Prozent der Gesamtbevölkerung aus, rund 23,7 Prozent sind Protestanten. Damit gehören erstmals in Deutschland weniger als die Hälfte der Bevölkerung der evangelischen oder katholischen Kirche an.
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hatte ihre Statistik bereits im März veröffentlicht. Demnach gehörten 19,7 Millionen Deutsche einer der 20 evangelischen Landeskirchen an. Die Zahl der Kirchenaustritte stieg im Vergleich zum Pandemiejahr 2020 um 60.000 auf rund 280.000.
Grund für hohen Rückgang sind Kirchenaustritte
Der Mitgliederverlust in den 27 katholischen Bistümern beläuft sich auf rund 547.000. Ein Grund für den hohen Rückgang ist die Zahl der Kirchenaustritte, die auf etwa 359.000 stieg. Damit verlor die Kirche fast 138.000 Mitglieder mehr als noch 2020, noch nie traten so viele Menschen aus der katholischen Kirche aus.
Die Austritte und Sterbefälle konnten durch Taufen und Kircheneintritte nicht kompensiert werden. Knapp 142.000 Menschen wurden 2021 getauft, 1.400 Menschen traten in die katholische Kirche ein.
Religionssoziologe Pollack: Trend zum Kirchenaustritt wird sich weiter beschleunigen
Der Münsteraner Religionssoziologe Detlef Pollack betonte, die 50-Prozent-Schwelle sei eine wichtige Marke. Wenn sich die Mehrheitsverhältnisse wandeln, dann stehe die Mitgliedschaft bei vielen infrage, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Der Trend zum Kirchenaustritt werde sich weiter beschleunigen. „Die Beschleunigung könnte noch einmal zunehmen, weil die Kirchenmitgliedschaft immer stärker der Rechtfertigung bedarf“, sagte Pollack. Die Kirchen könnten wenig tun, um den Trend aufzuhalten. „Wer weg ist, den kriegt man kaum wieder.“
Vor 15 Jahren waren noch über 60 Prozent katholisch oder evangelisch
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, der Mitgliederschwund ist schon seit Jahren Realität. Vor 15 Jahren waren noch 61,2 Prozent der Deutschen katholisch oder evangelisch. Doch hat sich der Mitgliederschwund in den vergangenen Jahren beschleunigt. Ein Grund dafür ist neben dem demografischen Wandel die gestiegene Austrittsrate.
In der katholischen Kirche hat sich 2021 der Anteil der Menschen, die aus der Kirche austraten, im Vergleich zu 2016 mehr als verdoppelt. Rechnet man orthodoxe oder freikirchliche Christen hinzu, gehören immer noch mehr als die Hälfte der Bevölkerung einer christlichen Konfession an.