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„Kirche der Zukunft muss von Jesus fasziniert sein“


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Rolf

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„Kirche der Zukunft muss von Jesus fasziniert sein“
 
 
23. Februar 2022

 

Er ist das Gesicht der „Arbeitsgemeinschaft Missionarische Dienste“ (AMD): Andreas Schlamm. Im Interview mit dem Kirchenmagazin 3E spricht der Generalsekretär über das Spannungsfeld Mission und Diakonie, neue Kirchenmodelle und das Feuer für Jesus.

 

Herr Schlamm, was ist die Aufgabe der AMD?

 

Andreas Schlamm: Gemeinsam brennen wir für Mission und Evangelisation, Gemeinde- und Kirchenentwicklung. Wir haben ein Referat „bibelmissionarische Arbeit“. Seit zwei Jahren tragen wir gemeinsam mit EKD und Diakonie Deutschland die Evangelische Arbeitsstelle für missionarische Kirchenentwicklung und diakonische Profilbildung – midi. Dadurch haben wir unter anderem auch das Thema „Kirche und Diakonie im Sozialraum“ – ein wichtiges Thema der nächsten Jahre – mit auf der Agenda.

 

Wie viel Mission, wie viel Gemeinschaft, wie viel Zusammenarbeit steckt noch in der AMD?

 

Sehr viel! Und doch sehe ich hier noch Luft nach oben. Ich möchte die Zusammenarbeit unserer missionarisch gesinnten Mitglieder in den nächsten Jahren weiterentwickeln. Gemeinsam können wir mehr bewegen und den christlichen Glauben in der Gesellschaft zum Leuchten bringen. Ich habe zum Beispiel die Aufzeichnung des Hoffnungsfestes in Dortmund von unserem Mitglied proChrist besucht. Die arbeiteten hervorragend mit den missionarischen Diensten der evangelischen Kirche von Westfalen zusammen.

 

Also alles bestens?

 

(lacht) Die AMD hat ihre Wurzeln im landeskirchlichen Pietismus. Sie hatte eine starke Stimme in der kirchlichen Landschaft. Sie hat große und wichtige Theologenkongresse durchgeführt, war Taktgeber der Aktion „Kurse zum Glauben“.

 

Doch in den letzten Jahren ist es etwas ruhiger geworden …

 

Richtig. Das AMD-Magazin „Brennpunkt Gemeinde“ wurde eingestellt. Beim Kirchenmagazin 3E sind wir Mit-Herausgeber. Daneben brauchen wir aber noch andere Stimmen, um mit unseren Inhalten erkennbar zu bleiben. Hier müssen wir uns neu aufstellen.

 

Schlamm-1024x738.jpgAndreas Schlamm (Foto: 3E)

Mir geht es darum, in [der Kirche] missionarischen Pioniergeist zu erwecken und zu fördern.

Von 2002 bis 2013 haben Sie schon einmal bei der AMD gearbeitet. Sie waren der verantwortliche Kopf hinter der Kampagne „Kurse zum Glauben“.

 

Tatsächlich war ich schon einmal mit an Bord. (leidenschaftlich) Mein Herz brennt für die Kirche. Mir geht es darum, in ihr missionarischen Pioniergeist zu erwecken und zu fördern. Ich möchte Leute ermutigen, Neues anzufangen. Wir haben in der Kirchenentwicklung eine tiefe Zäsur vor uns. Wir erleben, dass die Kirche als Institution immer mehr an Kraft verliert. In diesem Wandel gilt es, nicht den Kopf in den Sand zu stecken, sondern mutig an einer neuen Kirchengestalt zu arbeiten. Dazu braucht es Mut, eine Fehlerkultur, brennende geistliche Herzen. Wir müssen neu lernen, Kirche im Kontext zu sein.

 

Sie meinen: mehr Kirche im säkularen Raum wagen?

 

(leidenschaftlich) Genau! Dieses Thema beschäftigt mich schon viele Jahre. Ich habe 2003 das Netzwerk „Christliche Kneipen und Cafés“ mitbegründet mit dem Ansinnen, dass sich Christen in die Lebenswelten hineinbegeben und dort Evangelium leben. In der Berliner Stadtmission habe ich 5 ½ Jahre den Bereich Bildung aufgebaut. Da hatte ich unter anderem mit Kitas zu tun. In der Erziehung stellen sich die Eltern die Frage: Welche Werte will ich meinen Kindern mitgeben? Hier sehe ich einen großen ungehobenen Schatz, Eltern in Erziehungsfragen zu unterstützen, aber eben auch sie und die Kinder mit dem Evangelium in Berührung zu bringen.

 

Damit wären wir wieder bei Ihrem Steckenpferd „Kurse zum Glauben“.

 

(lacht) Aus der von mir angeregten missionarischen Bildungsinitiative ist das EKD-Reformprojekt „Erwachsen glauben“ geworden. Die Idee dahinter: Glaubenskurse sollten zu einem regelmäßigen Bestandteil evangelischer Gemeindearbeit werden. Unser Ziel: Jede und jeder in unserem Land sollte nicht mehr als 30 Minuten unterwegs sein, um einen Glaubenskurs zu erreichen.

 

Das Projekt lief von 2009 bis 2013 …

 

In dieser Zeit haben wir den Gemeinden acht verschiedene Kurse unterschiedlicher Prägung ans Herz gelegt. Ein Handbuch in einer Auflage von 27.000 Exemplaren erschien und wurde in jedes evangelische Pfarramt in Deutschland verschickt.

Wir brauchen Kirchenmodelle, die in völlig andere Kontexte eintauchen und dort Kirche leben.

Mit dem Ergebnis? Was ist zählbares dabei herausgekommen?

 

Die Aufmerksamkeit für Kurse zum Glauben ist damals in der Kirche signifikant gewachsen. Viele Kirchengemeinden wurden ermutigt, erstmals einen Kurs anzubieten, und sammelten Erfahrungen. Mission und Bildung rückten enger zusammen. Wo ein Dutzend oder mehr Gemeinden in einer Region in einem Aktionszeitraum verschiedene Kurse anboten und gemeinsam bewarben, war die öffentliche Resonanz größer. Es gelang dort besser, auch Menschen über den kirchlichen Kern hinaus anzusprechen.

 

Problematisch war: „Erwachsen glauben“ war als Projektfinanzierung angelegt. Vier Jahre reichen aber nicht, wenn man nachhaltig ein Instrument implementieren will.

 

Sie leben im Großraum Berlin. In welchem Gottesdienst sind Sie am ehesten zu finden?

 

Ich schätze die Junge Kirche Berlin-Treptow. 2007 als Wohnzimmerkirche gestartet, fühlen sich jetzt etwa 180 Leute U40 mit ihr verbunden. Vor Corona feierten sie zwei identische Gottesdienste hintereinander in einem Kino. Nach dem Lockdown im März 2020 schufen sie schnell einen attraktiven Online-Gottesdienst. Sie haben vorwiegend mit Menschen zu tun, die überhaupt keine kirchliche Sozialisation mitbringen. Sie verkörpern für mich ein Modell, wie Kirche in Zukunft sein kann und sein wird. Wir brauchen Kirchenmodelle, die in völlig andere Kontexte eintauchen und dort Kirche leben.

 

Sind Mission und traditionelle Ortsgemeinde zusammen denkbar? Wie kann es gehen?

 

Natürlich. Aus der anglikanischen Kirche stammt der Ansatz der „vitalen Kirche“. Diese Herangehensweise stellt die Frage nach der Gesundheit der Gemeinde. Verschiedene Kriterien stehen für Lebendigkeit. Diese Qualitätsmerkmale findet man sowohl in klassischen Kirchengemeinden wie auch in frischen Formen von Kirche, also Fresh X. Das Konzept „Vitale Kirche“ ist eine Art Fitnesstracker. Es hilft Gemeinden, fit zu bleiben oder eben wieder fit zu werden.

Pfarrerinnen und Pfarrer frage ich manchmal: Brennt das Feuer für Christus, mit dem ihr einst gestartet seid, noch in euch?

Gemeindeaufbau muss Ihrer Überzeugung nach neue Wege gehen. Wie könnte es gelingen, Gemeindeaufbau und Mission nicht nur an Fresh X & Co. auszulagern, sondern in der Mitte der Gemeinde zu platzieren?

 

Die Fresh X erfreuen sich gerade großer Aufmerksamkeit, aber Innovation ereignet sich auch in klassischen Parochien. Es fängt bei den handelnden Akteuren an. Wir müssen die Leidenschaft für den Glauben wiederentdecken. Das funktioniert aber nicht in einem System, in dem sie sich total überlastet fühlen, keine Luft mehr haben. Wir müssen loslassen lernen. Es braucht Freiräume und Begegnungen mit dem lebendigen Christus. Pfarrerinnen und Pfarrer frage ich manchmal: Brennt das Feuer für Christus, mit dem ihr einst gestartet seid, noch in euch? Warum macht ihr das, was ihr macht? Das sind für mich entscheidende Fragen. Wir brauchen als Einzelne, als Kirchenvorstände ein Zurück zu den Wurzeln, ein Zurück zu Jesus. Dort, wo Christus den Ton angibt, ist Lebendigkeit in der DNA, wird wieder Leidenschaft entfacht.

In der Berliner Stadtmission habe ich erlebt, dass Mission und Diakonie wunderbar zusammengehen.

Sind Mission, Jesus Nachfolge, Gottesdienst usw. von gestern? Müssen wir nicht mehr auf Diakonie und Gemeinwohl setzen?

 

In der Berliner Stadtmission habe ich erlebt, dass Mission und Diakonie wunderbar zusammengehen. Aber um diese Verbindung muss gerungen werden. Das Risiko ist groß, auf der einen oder anderen Seite vom Pferd zu fallen. Hand aufs Herz: Wie oft gehen unsere evangelistischen Aktionen über den Inner Circle hinaus? Und ja, man kann sich verlieren in der Arbeit mit Bedürftigen und dabei das Evangelium ausblenden. Gerade darin sehe ich auch eine Aufgabe der AMD: Fürsprecherin für qualifizierte soziale Arbeit zu sein, aber darin auch das Evangelium zur Sprache zu bringen. In der Verbindung von Mission und Diakonie liegt die eigentliche Stärke. Wir erleben in der Gesellschaft eine Relevanzkrise, weil die Leute meinen, dass die Kirche nichts mit ihrem Leben zu tun hat.

 

Doch in den Blütezeiten der Kirche hat das Evangelium immer dafür Sorge getragen, dass Menschen die Chance hatten, Gott kennenzulernen, es aber auch zu einer Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse kam. Kirche hat keinen Selbstzweck, sondern ist Kirche für andere, wie Bonhoeffer es sagte. Die Gesellschaft ist uns zugewiesen. Der Rückbau unserer vielfach zu groß gewordenen Strukturen erfordert viel Kraft, aber wir müssen wegkommen von zu viel Selbstbeschäftigung hin zu mehr Auftragsorientierung.

Ich bin fasziniert von Jesus. Diese Faszination ist für mich sozusagen der Motor. Das macht meinen Glauben aus.

Wie lautet Ihr Idealbild von Kirche? Welche Rolle räumen Sie Jesus ein?

 

Ich bin fasziniert von Jesus. Diese Faszination ist für mich sozusagen der Motor. Das macht meinen Glauben aus. Kirche der Zukunft wird nur eine Kirche sein, die von Jesus fasziniert ist. Es gilt, Jesus in seiner Vielfalt erfahrbar zu machen. Wir brauchen Räume, in denen Menschen eine Ahnung bekommen, wer Jesus Christus für ihr Leben sein kann. Ich bin auch Referent für Kirchenentwicklung. Natürlich geht es um Entwicklung der Kirche, aber im Kern geht es immer um Nachfolge Jesu.

 

Sie beschäftigen sich viel mit dem Thema Kirche. Nehmen wir an, Sie befinden sich im Jahr 2050 und dürfen einen Brief an „die“ Kirche 2021 schreiben. Was würden Sie rückblickend loben und was würden Sie anmahnen?

 

Loben würde ich, dass der jüngeren Generation heute mehr Gehör geschenkt wird. Sie sind nicht nur die Zukunft, sondern bereits die Gegenwart. Doch beim Übergang von der Jugendarbeit in die Gemeinschaft der Erwachsenengemeinde gibt es viele Abbrüche. Dass für diese Schnittstellen eine neue Aufmerksamkeit wächst, finde ich sehr gut.

 

Anmahnen würde ich, dass die mehr Gehör bekommen sollen, die keine kirchliche Sozialisation genossen haben und erst als Erwachsene zum Glauben gekommen sind. Ihre Stimme verdient mehr Gewicht. Sie können uns sagen, was in unseren Abläufen, in unserem „Kirche sein“ heute irritiert, ja überholt ist. Und wir müssen unbedingt der Frage mehr Raum einräumen, wie Erwachsene zum Glauben finden.

 

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Die Fragen stellte Rüdiger Jope, Chefredakteur des Kirchenmagazins 3E und des christlichen Männermagazins MOVO.

 

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Das vollständige Interview mit Andreas Schlamm ist im Kirchenmagazin 

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 erschienen (Ausgabe 1/22). 3E wird vom SCM Bundes-Verlag herausgegeben, zu dem auch Jesus.de gehört.


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