Wissenschaftler: Woran die Gender-Sprache scheitern wird
18.01.2022
Bei der Gender-Sprache gibt es verschiedene Arten. Foto: IDEA/Hannah Kessler
Lengerich/Köln (IDEA) – Zwei Wissenschaftler sagen in einem neuen Buch das Ende der Gender-Sprache voraus. Allerdings werde es „sicher noch 10 bis 15 Jahre dauern, bis der gesellschaftlich weit verbreitete Genderzwang nachlassen wird“, schreiben der Psychologe Prof. Michael Klein (Köln) und der Kulturwissenschaftler Hendryk von Reichenberg (Pseudonym) in ihrer 321 Seiten starken Studie. Sie trägt den Titel „Das Ende der Gender-Sprache“ (Pabst Science Publishers/Lengerich). Klein lehrt an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen in Köln.
Den beiden Autoren zufolge tritt die „Gender-Sprache mit dem hypermoralischen Anspruch der Geschlechter- und inzwischen der Gesellschaftsgerechtigkeit“ auf. Dadurch gebe sie sich „einen fast übernatürlichen, religiösen Nimbus“. Das gehe an der Wirklichkeit vorbei, da die Gender-Sprache „ohne Not neue Ungerechtigkeiten und Diskriminierungen erzeugt“. Sie ziele in erster Linie darauf ab, Männer sprachlich weniger sichtbar zu machen, und nehme dabei keine Rücksicht auf Behinderte, sozial Benachteiligte, Menschen mit Migrationshintergrund und viele andere Personengruppen.
Gendersterne, Tiefstriche, Doppelpunkte inmitten von Wörtern und ähnliche Deformationen beschädigten die deutsche Sprache – auch im internationalen Kontext.
Öffentlich-rechtlicher Sender spricht von „Kanzler:inkandidat:innen“
Durch exzessives Gendern komme es zu immer unverständlicheren Wort- und Satzungetümen. So habe der öffentlich-rechtliche Sender Phoenix auf einer Internetseite im Vorfeld der Bundestagswahl die Wortschöpfung „Kanzler:inkandidat:innen“ verwendet. Sie zeige, dass insbesondere bei den öffentlich-rechtlichen Medien die Regeln der Rechtschreibung und das Empfinden für Sprachästhetik missachtet würden.
Aber auch „völlig inkorrekte Wortschöpfungen“ wie „Mitglieder*innen“ oder „Lots*innen“ tauchten immer häufiger auf. Dies mache deutlich, dass zunehmend exzessiv und unüberlegter gegendert werde. Dies führe letztlich zu einem „Zergendern“, bei dem Worte mit Sonderzeichen unaussprechlich würden.
Gender-Bewegung im Kern eine kleine Gruppe
Den Grund für den bisherigen Erfolg der Gender-Sprache sehen die Autoren in der „massiven Lobbyarbeit der entsprechenden Protagonisten“ und der „Nähe zum linken Zeitgeist“. In vielen Kreisen sei das Gendern Identitätsmerkmal, das über Zugehörigkeit oder Ausschluss entscheide.
Klein: „Die Gender-Bewegung ist im Kern eine kleine Gruppe in gesellschafts- und erziehungswissenschaftlichen Fachbereichen der Hochschulen.“ Dort gebe es mit staatlicher Förderung mehr als 220 Gender-Professuren. Dadurch sei „eine starke, gut vernetzte Powergroup entstanden, die in Kooperation mit mehr als 2.000 Gleichstellungsbeauftragten die Gender-Sprache propagiert“.
„Ideologisch betriebenes Elitenprojekt“
Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass die Absicht, mit dem Sprachgendern eine diskriminierungsfreie Gesellschaft zu erzwingen, gescheitert sei. „Sie war von Anfang an eine Illusion und ein einseitig ideologisch betriebenes Elitenprojekt.“
Der Sprachfeminismus und -genderismus wolle den Menschen aufzeigen, wie sie zu sprechen und in der Folge auch zu denken haben. Er habe sich damit selbst überhöht „und in ein unentwirrbares Dilemma immer neuer Inklusionszwänge gebracht. Kleine und kleinste Minderheiten sollen berücksichtigt und ‚sichtbar‘ werden.“ Dies läute das Ende der Gender-Sprache als kulturellen und politischen Irrweg ein. In dem „noch anhaltenden trotzigen Widerstand – vor allem von grünen Oberbürgermeisterinnen und Hunderten von Gleichstellungsbeauftragten in sicheren Positionen“ – zeige sich nicht das Streben nach Gerechtigkeit, sondern die Arroganz der Macht.