FREI-/KIRCHEN
Theologen kritisieren rheinisches Impulspapier
22.01.2021
Der Vorsitzende des Lutherischen Konvents im Rheinland, Pfarrer Winfrid Krause. Foto: idea/ Waschkowitz
Düsseldorf (IDEA) – Das „Lobbyistin der Gottoffenheit“ der Evangelischen Kirche im Rheinland (Düsseldorf) stößt bei Theologen auf Kritik. Hintergrund: Der Ständige Theologische Ausschuss hatte das Papier auf der Landessynode vorgelegt. Es soll als Grundlage für Diskussionen über die Zukunft der Kirche in Gemeinden und Kirchenkreisen dienen.
In dem Text heißt es unter anderem, die Kirche müsse sich wegen sinkender Mitgliederzahlen vom Selbstverständnis als Volkskirche verabschieden. In Zukunft solle sie gezielt mit anderen Religionsgemeinschaften und zivilgesellschaftlichen Akteuren zusammenarbeiten. Die Kirche solle außerdem freiwillig auf staatliche Leistungen verzichten sowie sich für Muezzinrufe und den staatlichen Schutz muslimischer Feiertage einsetzen.
Krause: Dürftige theologische Grundlegung
Der Vorsitzende des Lutherischen Konvents im Rheinland, Pfarrer Winfrid Krause (Rohrbach), kritisierte in einem Gastkommentar für die Evangelische Nachrichtenagentur IDEA, das Impulspapier untersuche nicht die Ursachen des anhaltenden Mitgliederschwundes. So bleibe die Frage ausgeklammert „ob der bisherige kirchenleitende Kurs die Säkularisierungstendenz der Gesellschaft vielleicht noch verstärkt“.
Die theologische Grundlegung des Papiers sei „dürftig“ und „ohne jeden Bezug auf das Kreuz Christi“. Weiter schrieb Krause, die Forderung nach einer Unterstützung für Muezzinrufe und muslimische Feiertage zeuge „von erstaunlicher Naivität“.
Außerdem sei es eine falsche Zielsetzung, die Kirche als „Agentin des Wandels“ für eine linksliberal, rotgrün beschriebene „gesellschaftliche Transformation“ zu begreifen.Wer den Glauben an Jesus Christus mit einem politischen Projekt verwechsle, betreibe selbst aktiv den Untergang der Kirche.
Maurer: Ausdruck einer sehr verunsicherten Kirche
Der Vorsitzende des Rheinischen Pfarrvereins, Pfarrer Friedhelm Maurer (Gemünden), erklärte auf Anfrage von IDEA, das Papier sei „Ausdruck einer sehr verunsicherten Kirche, die sich sehr schwer tut, ihr eigenes Profil zu zeigen“. Positiv sei, dass der Text dazu anrege, die teilweise fragwürdigen Reformprozesse und Umstrukturierungen innerhalb der Landeskirche in den vergangenen Jahrzehnten kritisch zu hinterfragen.
„Darüber lohnt es sich das Gespräch zu suchen.“ Maurer warnte ferner davor, „das Ende der Volkskirche zu schnell auszurufen“. In den Diskussionen über die Zukunft der Kirche dürfe nicht vergessen werden, dass sie „Gemeindekirche“ bleibe.
Schmidt-Rost: „Minderheiten-Kirche“ ist Etikettenschwindel
Der emeritierte Theologieprofessor Reinhard Schmidt-Rost (Bonn) erklärte gegenüber IDEA, der in dem Impulspapier verwendete Begriff der „Minderheiten-Kirche“ sei ein Etikettenschwindel. „Die Kraft der Kirche als Gemeinschaft der Christen in ihren vielen Gestalten hängt nicht an den Zahlen, schon gar nicht an denen von McKinsey und anderen, sondern an ihrer geistigen Qualität und Intensität.“
Entscheidend sei, dass Menschen „innerhalb und außerhalb der organisatorischen Grenzen von Kirche die Liebe Christi suchen und sie aus eigener Kenntnis und eigenem Antrieb mit verbreiten“. Das Papier zeige außerdem „einen vorauseilenden Gehorsam der Kirche als ,Teamplayerin‘ in einer multikulturellen Zivilgesellschaft, in der aber bekanntlich nicht alle Mitspieler mit gleicher Offenheit und Gesprächsbereitschaft auftreten“.