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Gesteinigt, gestorben und begraben


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Rolf

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Gesteinigt, gestorben und begraben





Von Angelika Franz

Eine christliche Vereinigung will den Fall Jesus, König der Juden, kontra römische Besatzungsmacht erneut aufrollen. Die korrekte Strafe, so die Kläger, hätte Steinigung statt Kreuzigung sein müssen. Das kenianische Verfassungsgericht muss sich nun damit befassen.

Nairobi - Dola Indidis möchte ein Unrecht wieder gut machen. Ein Unrecht, das rund 2000 Jahre zurückliegt. Ein Unrecht so groß und so schwer, dass es seit damals die Herzen der Menschen bewegt - so sehr, dass noch heute Milliarden Christen jeden Sonntag davon sprechen. Dola Indidis möchte, dass Jesus von Nazareth eine ordentliche Gerichtsverhandlung bekommt.

Deshalb reichte Dola Indidis am 29. August eine Anklageschrift beim kenianischen Verfassungsgericht ein. Stellvertretend für die christliche Vereinigung "Friends of Jesus" verlangt er eine juristische Prüfung der Verhörmethoden, der Indizien, der Anklage, der Verhandlung und Verurteilung, sowie der anschließenden Vollstreckung des Urteils. Unter Anklage stehen die Republik Italien, der Staat Israel und eine Reihe illustrer Gesellen, deren Wirken der historischen Überlieferung nach zum bekannten Ende führte.

Weder vor weltlichen noch vor geistlichen Würdenträgern macht Indidis mit seinem Rundumschlag halt: Auf der Liste stehen Tiberius, seinerzeit Kaiser Roms, Pontius Pilatus, Präfekt der Provinz Judäa, der jüdische Hohepriester, der jüdische Ältestenrat, jüdische Rabbis und natürlich Herodes, König über Judäa, Galiläa und Samaria. Dem Gericht wird die kenianische Bürgerrechtsunion als "amicus curiae" beistehen.

Die Schwere des Falles veranlasste den Anwalt der Klägerpartei, Michael Chemwok von der Anwaltskanzlei Chemwok & Co., am Folgetag einen Eilantrag zu stellen. Er begründete ihn mit der Feststellung, dass die Anklage schwerwiegende Fehler in einer Strafverhandlung aufdecken will.

Zankapfel ist dabei allerdings nicht etwa der Ausgang der bekannten Geschichte, sondern vielmehr die Rechtsform, nach der Jesus verurteilt wurde. Um die Zeitenwende wandte man in Judäa nämlich zwei Rechtssysteme parallel zueinander an: das römische und das jüdische. Die Frage, um die es den "Friends of Jesus" geht, lautet demzufolge und verkürzt gesagt: "Regen oder Traufe?"

Der König der Juden fand sein Schicksal durch das römische Recht besiegelt. Er starb den Tod eines Räubers, Vergewaltigers oder Kriminellen - am Kreuz. Was aber, wenn er standesgemäß nach jüdischem Recht verurteilt worden wäre? Dann hätte die Anklage auf Blasphemie gelautet. Die Folge: Jesu Leben wäre im Steinhagel geendet. Ansonsten wäre wohl alles beim Alten geblieben: Maria Magdalena hätte geweint, um am dritten Tage wäre die Höhle leer gewesen.

Das Mutterschiff Kirche betrifft der Ausgang der kenianischen Verhandlungen also wenig. Jesus hätte trotzdem ungemein gelitten, stellvertretend für alle Christen, und die Lektoren künftiger Bibelausgaben hätten mit einem einfachen "Suche: gekreuzigt, ersetze durch: gesteinigt" den Schnitzer beheben können. Wirkliche Tragweite messen die "Friends of Jesus" vielmehr dem Fall in der weltlichen Sphäre bei. Denn sollte sich die Sache Jesus als Justizirrtum herausstellen, dann stünden sämtliche Schwüre, die je auf die Bibel geleistet wurden, in höchst fragwürdigem Licht da. Wo sollte das hinführen, wenn alle - vom kleinsten Zeugen vor Gericht bis hoch zum Präsidenten - ihre Hand zum Schwur auf fehlerhafte Gerichtsunterlagen legen?

Da von den Beteiligten niemand mehr strafrechtlich zu belangen ist, verlangen die Kläger von den Botschaftern Italiens und Israels sich stellvertretend für ihre Länder vor Gericht zu verantworten. Diese Staaten hätten sich schuldig gemacht, jegliche Korrektur der Missstände unterlassen und stattdessen das römische Recht, welches in Jerusalem so misslich angewandt wurde, in ihre bestehenden Gesetze integriert zu haben.
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