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Wer bin ich?


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Rolf

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Wer bin ich?




Roland Antholzer


Wer bin ich? Welch eine Frage! Kaum ein Mensch stellt sie sich direkt und doch handelt es sich hier um die zentrale Frage unseres Lebens, die Frage, die uns mehr als alles andere umtreibt. Es ist die Frage nach unserer Identität. Identität ist ein moderner Begriff, ein Begriff der in aller Mun-de ist. Jeder weiß oder meint doch zu wissen, was «Identität» ist. Dennoch wäre es gut, diesen Begriff zunächst einmal zu definieren. Meine Definition ist einfach: «Identität ist die Antwort, die ein Mensch sich selbst gibt, wenn er vor der Frage steht: ‘Wer bin ich!‘»

Um so fragen zu können «Wer bin ich?» muss der Mensch natürlich erst ein Ichbewusstsein ha-ben. Wenn ein Mensch geboren wird, kann er ja zunächst noch nicht unterscheiden zwischen Ich und Nicht-Ich. Nach der Geburt sieht der Säugling sich und seine Umwelt als eine Einheit. Sobald er erkennt, dass er eine von der Umwelt unterscheidbare Größe ist, eine Person, fängt er an, sich mit sich selbst zu beschäftigen. So spielt er z. B. mit seinen Fingern oder Zehen und wundert sich, ob das wohl auch zu ihm gehört. Wenn das Kleinkind sprechen lernt, spricht es von sich selbst zunächst noch in der dritten Person. Die zunehmende Ausgestaltung des Ichbewusstseins zeigt sich nicht zuletzt darin, dass es sagen kann «Ich». Und bald schon fängt der junge Mensch an zu fragen: «Wer bin ich?»

Diese Frage wird ihn zeitlebens nicht mehr loslassen.
Jeder stellt sie, auch wenn ihm das nicht so bewusst ist. Diese Frage kennzeichnet das Problem der Identität. Sie ist nicht immer gleich drängend, aber sie wird nie aus dem Leben verschwinden. Während sie in der Pubertät besonders bestimmend ist, tritt sie später wieder etwas zurück. Ist man dann in Beruf und Familie etabliert, hat man sich meist eine vorläufige und einigermaßen befriedigende Antwort gegeben. Später, bei einer Scheidung, bei Eintreten von Arbeitslosigkeit oder Rente, tritt diese Frage wieder mehr in den Vordergrund. Auch der Alterungsprozess stellt die Identität von so manchem in Frage, der seine Bedeutung in Jugend und Schönheit, Gesund-heit oder Schaffenskraft gefunden hat. Jeder Identitätsverlust bewirkt eine Lebenskrise, die prinzi-piell eine positive Lösung finden könnte, leider aber öfter eine negative Entwicklung einleitet und zu erheblichen Störungen führen kann.

Es gibt nur eine Person, die kein Identitätsproblem hat: Gott! Sein Name ist JAHWE, was über-setzt wird «Ich bin, der ich bin». Das heißt doch nicht zuletzt: Gott hat seine Identität in sich selbst. Er lässt sie sich nicht von andern Personen definieren.
Da es sich hier wie gesagt um ein Grundproblem des Menschen schlechthin handelt, müssen wir die Frage nach der Lösung des Problems zunächst von der Anthropologie her angehen. Eine Rei-he anthropologischer Fragen klären sich am Schöpfungsbericht. So auch die Frage der Identität.

Der Mensch wusste sich zunächst im Bilde Gottes geschaffen. Durch täglichen, direkten Umgang mit seinem Schöpfer konnte er sich in Ihm wiedererkennen, sich mit Gott identifizieren. Er hatte gewissermaßen seine Identität in Gott bzw. im Gottessohn. Weil das Bild Gottes in ihm noch un-beschädigt war, konnte er sich Gott in völliger Unschuld und Unbefangenheit nähern. Er wollte, was Gott wollte und begehrte nichts über das hinaus, was ihm von Gott gegeben war. Er wusste um seine Vollkommenheit und lebte in einem ungebrochenen Vertrauen an seinen Schöpfer.

An dieser Stelle setzte die Schlange an. Sie pflanzte einen Zweifel in das Herz des Menschen, Zweifel an seiner Vollkommenheit. Sie suggerierte ihm ein: «Gott hat dir etwas vorenthalten». «Da sagte die Schlange zur Frau: Keineswegs werdet ihr sterben! Sondern Gott weiß, dass an dem Tag, da ihr davon esst, eure Augen aufgetan werden und ihr sein werdet wie Gott, erkennend Gutes und Böses.» (1. Mose 3,4.5)

Von dem Moment an, wo der Gedanke geboren war, dass ein Mangel vorhanden ist, sah Eva die Dinge um sich herum plötzlich mit andern Augen. Bis heute wird ja unsere Wahrnehmung ganz wesentlich davon bestimmt, was wir denken, erwarten und glauben, also von unserer Einstellung. «Und die Frau sah, dass der Baum gut zur Speise und dass er eine Lust für die Augen und dass der Baum begehrenswert war, Einsicht zu geben; und sie nahm von seiner Frucht und aß, und sie gab auch ihrem Mann bei ihr, und er aß.» (1. Mose 3,6) Die Frucht, die sie ja nicht zum ers-tenmal sah, konnte nur deshalb ihr Begehren wecken, weil sie schon vorher Zweifel an ihrer Voll-kommenheit bekommen hatte, einen Mangel entdeckt zu haben glaubte. Ein Bedürfnis setzt im-mer einen Mangel voraus. Dabei ist es nicht entscheidend, ob der Mangel objektiv vorhanden ist oder nur vermutet wird. Im Prinzip genügt es schon, dass man meint, einen Mangel zu haben. Das ist ja der uralte Trick der Werbefachleute: Erst reden sie uns einen Mangel ein, um uns dann das Produkt anzubieten, das diesem Mangel abhelfen soll. Genau so hat es die Schlange mit den ersten Menschen gemacht.

Was hat der Sündenfall in Bezug auf das Problem der Identität bewirkt? Durch ihren Unglauben und Ungehorsam brachten die ersten Menschen genau das in ihr Leben, was sie zuvor fälschli-cherweise vermuteten, nämlich Mangel, den Verlust ihrer Vollkommenheit. Der Mensch wusste nun, was gut und böse ist. Vorher war er gut, aber er wusste es nicht. Man weiß ja nur dann, was warm ist, wenn man auch weiß, was kalt ist. Man weiß nur, was hell ist, wenn man auch die Dunkelheit kennt. Der Mensch wusste jetzt, was gut ist, aber er war böse geworden. Gott wollte verhindern, dass der jetzt böse Mensch ewig leben und sich so auch die Bosheit und Gottlosigkeit verewigen sollte. Daher vertrieb er ihn aus dem Garten Eden und ließ den Zugang zum Baum des Lebens versperren: Ein Cherub mit einem flammenden Schwert stellte sich davor. Mit dem Menschen wurde die ganze Schöpfung der Vergänglichkeit unterworfen.

Wir haben gesehen, dass der Mensch durch den Sündenfall seine Identität in Gott verloren hat. Seither erhebt sich für ihn die bange Frage: Wer bin ich? Das ist die große Frage des Menschen. Seit dem Fall lebt der Mensch ja immer noch mit der unbewussten Erinnerung an seine frühere Vollkommenheit, aber auch mit dem Wissen um seine jetzige Unvollkommenheit. Der gefallene Mensch kann seinen Wert und seine Sicherheit nicht mehr in seinem Schöpfer finden. Daher muss er sich seiner Identität anderweitig vergewissern.

Adam und Eva suchten eine neue Identität. Vor dem Fall hatten sie ihre Identität in Gott. Er war ihre Bedeutung. Er war ihre Sicherheit. Es wurde ihnen eingeflüstert: «Ihr könnt eine andere, bes-sere Identität finden, unabhängig von Gott.» Indem Adam und Eva auf dieses Angebot eingingen, brachten sie sich in die Lage, jetzt ihre Bedeutung und Sicherheit tatsächlich außerhalb von Gott finden zu müssen. Der Fall machte bald offenbar, dass sie einem Betrug aufgesessen waren: In sich selbst fanden sie keine Identität, vielmehr verloren sie ihre Sicherheit und ihre Bedeutung. Das wird deutlich an der Antwort, die sie Gott im Garten gaben, als er sie suchte: «Ich hörte deine Stimme im Garten, und ich fürchtete mich, weil ich nackt bin, und ich versteckte mich.» (1. Mose 3,10) Sie fürchteten sich, weil sie ihre Sicherheit verloren hatten; sie versteckten sich, weil sie ihre Bedeutung verloren hatten. Die aufgekommene Scham signalisiert ja den erlittenen Bedeutungs-verlust. Wären sie ihrer Vollkommenheit sicher gewesen, hätten sie keinen Grund zur Scham ge-habt. Es waren also Bedürfnisse entstanden, die sie vorher nicht kannten.

Nun begann das, was den Menschen seither umtreibt: Er sucht seine Bedürfnisse nach Bedeutung und Sicherheit zu befriedigen. Er ist bemüht, sich eine passable Identität außerhalb der Bezie-hung zu Gott zu schaffen. Jean-Paul Sartre schrieb in seinem Essay über Baudelaire: «Der Mensch leidet nicht aus diesem oder jenem Grunde, sondern weil nichts auf dieser Welt seine Sehnsucht stillen kann!» Sartre war sich wohl nicht klar darüber, welche tiefe Wahrheit er damit aussprach. Eben nur etwas oder jemand außerhalb dieser Welt ist dazu in der Lage, doch das wollte Sartre nicht wahrhaben.
Wir halten also fest: Unsere seelisch-geistlichen Bedürfnisse nach Sicherheit und Bedeutung sind die Folge unseres durch den Sündenfall erlittenen Identitätsverlustes. Sie sind nicht Teil der Schöpfung Gottes, nicht eigentlich gottgewollt. Ihre Befriedigung auf horizontaler Ebene ist nicht natürlich, sondern widergöttlich. Wir schaffen uns eine falsche Identität, eine Identität ohne Gott!

Folgende amüsante Begebenheit fand sich mal in der Zeitung: Lassie stieg als Schäferhund aus Wanne. Salzburg. Als «falscher Hund» hat sich dieser Tage ein vermeintlich reinrassiger Collie erwiesen, als sein Frauchen dem erst kürzlich erworbenen jungen Vierbeiner ein reinigendes Bad verpasste. Der junge Hund stieg als «Lassie» in die Badewanne und tauchte als Schäferhund wie-der auf - zurück blieb nur rot gefärbtes Badewasser. Die enttäuschte - und vor allem getäuschte - Hundebesitzerin erstattete daraufhin Betrugsanzeige gegen eine Salzburger Tierhandlung. Dort hatte sie für immerhin etwa 1000 Mark den «reinrassigen» Collie-Welpen erworben.

Dieser Schäferhund hatte eine falsche Identität. Das Bad brachte es an den Tag. Wie war es bei uns? Durch das «Bad der Wiedergeburt» wurde auch unsere falsche Identität abgewaschen. Die Frage ist aber: Was blieb im Badewasser übrig? Sind unsere Lebenslügen, unser überhöhtes Selbstbild, unser Image zurückgeblieben oder haben wir das alles durchs Bad der Wiedergeburt hindurchgerettet? Ich fürchte, dass es bei den meisten Christen so ist. Zwar wird diese Identität etwas modifiziert, sie wird aber nicht völlig aufgegeben. Sonst gäbe es ja bei Christen keine Prob-leme mit dem Selbstwert.
Wie kann das Identitätsproblem beim Christen zu einer echten und befriedigenden Lösung kom-men? Wir haben gesehen, dass der Mensch ursprünglich seine Identität in Gott bzw. in Christus hatte.

Damit wäre der Weg zur Lösung schon gewiesen. Durch die Wiedergeburt ist Christus un-ser Leben geworden und damit wurde uns auch eine neue, ja perfekte Identität geschenkt. Diese neue Identität müssen wir uns aber durch Glauben zu eigen machen. Durch Identifikation mit Christus können wir dahin kommen, dass wir mit Paulus sagen können: «Und nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir; was ich aber jetzt im Fleisch lebe, lebe ich im Glauben, und zwar im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat.» (Ga-later 2,20) Indem wir unser Eigenleben loslassen und Christus unser Leben sein lassen, finden wir unsere Sicherheit und unsere Bedeutung in Ihm. In Ihm finden wir unsere neue Identität, eine viel bessere Identität, als alles, was wir uns bisher selbst zurechtgemacht hatten. In Christus dürfen wir uns als Kinder des lebendigen Gottes wissen, gerecht, heilig und vollkommen gemacht. In Chris-tus bleibt kein Raum für Minderwertigkeit oder Selbstzweifel. Unser Selbstwert darf sich nur eben nicht auf unser natürliches Leben gründen, sondern auf Christus in uns. Unser Fleisch ist zu nichts nütze.

Daher sollen wir es ja auch am Kreuz entsorgen (Galater 5,24). Unsere «Hoffnung der Herrlichkeit» soll Christus in uns sein (Kolosser 1,27). Ist denn eine bessere Identität denkbar? In Christus findet jedes Identitätsproblem seine Lösung!
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