Verständnis für Netanjahus Absage an Gabriel
Jerusalem (idea) – Israelfreundliche Organisationen haben mit Verständnis auf das Vorgehen der israelischen Regierung beim Besuch von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) reagiert. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte am 25. April kurzfristig ein Treffen mit Gabriel abgesagt. Grund war eine Diskussionsrunde des Ministers mit regierungskritischen israelischen Organisationen, darunter den Gruppen „Breaking the Silence“ (Das Schweigen brechen) und Betselem. Die Nichtregierungsorganisationen verurteilen das israelische Vorgehen in den palästinensischen Gebieten. Der Geschäftsführer der Sächsischen Israelfreunde, Wilfried Gotter (Schönborn/Dreiwerden), erklärte gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea, er könne die Absage Netanjahus nachvollziehen. Offenbar habe die Bundesregierung schlechte Berater in punkto Israel. Sonst hätten sie den Außenminister zuvor darüber aufgeklärt, dass die umstrittene Organisation „Breaking the Silence“ versuche, israelischen Soldaten Kriegsverbrechen anzudichten. Laut Gotter gibt es mehr als 150 selbstfinanzierte Nichtregierungsorganisationen, die in Israel für eine Wiedergutmachung deutscher Schuld arbeiten und den Staat Israel unterstützen: „Dort wären die wirklichen Berater einer Regierung zu finden.“
Gerloff: Gabriel weigerte sich, mit Netanjahu zu telefonieren
Der in Jerusalem tätige Journalist und Theologe Johannes Gerloff sagte idea, aus Netanjahus Sicht sei die Absage nachvollziehbar gewesen. Das Treffen mit der Organisation „Breaking the Silence“ sei entgegen diplomatischer Gepflogenheiten nicht mit dem israelischen Außenministerium abgesprochen gewesen: „Israel wurde hier vor vollendete Tatsachen gestellt.“ Was die Angelegenheit noch brisanter mache, sei die Tatsache, dass die Organisation nicht nur eigene Soldaten kritisiere, sondern in der Vergangenheit bereits wiederholt Lügen in die Welt gesetzt habe. So habe der Gründer von „Breaking the Silence“ einst das Gerücht in die Welt gesetzt, jüdische Rabbiner vergifteten das Wasser der Palästinenser. Gerloff: „Das erinnert an das Mittelalter, als behauptet wurde, Juden vergifteten die Brunnen von Christen.“ Ferner habe Netanjahu nach seiner Absage versucht, Gabriel telefonisch zu erreichen, um ihm die Gründe für seine Entscheidung darzulegen. Der deutsche Außenminister habe sich allerdings geweigert, das Gespräch anzunehmen.
Deutsch-Israelische Gesellschaft: Mehr Fingerspitzengefühl Gabriels nötig
Auch die Deutsch-Israelische Gesellschaft hat Verständnis für die Reaktion Netanjahus auf Gabriels Treffen mit den beiden regierungskritischen Organisationen. „Ich hätte mir mehr Fingerspitzengefühl des Ministers gewünscht“, sagte die Vize-Präsidentin der Gesellschaft, Gitta Connemann (CDU), der „Rheinischen Post“. „Breaking the Silence“ prangere an, lege aber seine Quellen nicht offen: „Damit können israelische Behörden die Vorwürfe und Anschuldigungen nicht überprüfen.“ Das Treffen mit dem Außenminister komme für die Organisation einem Ritterschlag gleich, so Connemann: „Deshalb verstehe ich die Kritik der israelischen Seite.“ Der frühere Botschafter Israels in Deutschland, Avi Primor, hält innenpolitische Gründe für ausschlaggebend für die Absage Netanjahus. Der Ministerpräsident habe die „extreme Rechte“ in seiner Regierungskoalition berücksichtigt, sagte Primor dem Bayerischen Rundfunk. „Insofern wollte er den Eklat haben, weil das für ihn günstig ist in seinem Machtkampf gegen Konkurrenten innerhalb des rechten Lagers in Israel.“ Mit Deutschland habe das wenig zu tun.