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Auferstehungskirche Bayreuth über Wort und Geist


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#1
Rolf

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In der Predigt vom 5. März 2006 wird in der Auferestehungskirche in Bayreuth Stellung zu Lehren aus der Wort und Geist - Gemeinde Bayreuth genommen.



Paulus verteidigt sich



3 Wir geben in nichts irgendeinen Anstoß, damit unser Amt nicht verlästert werde; 4 sondern in allem erweisen wir uns als Diener Gottes: in großer Geduld, in Trübsalen, in Nöten, in Ängsten, 5 in Schlägen, in Gefängnissen, in Verfolgungen, in Mühen, im Wachen, im Fasten ..., 8 in Ehre und Schande; in bösen Gerüchten und guten Gerüchten. (2. Kor 6,3-8)


„Schon gut, schon gut, Paulus!“, möchte man seinen Wortschwall unterbrechen. „Musst du das alles so lang und breit aufzählen und in den Vordergrund stellen? Das ist ja fast wie bei manchem Gespräch unter Senioren, wo es nur um die Krankheiten geht, und man fast meint, sie würden wetteifern, wer nun der oder die kränkste ist.“

Um dem Apostel Paulus nicht Unrecht zu tun, muss man wissen, dass er sonst nie sich selbst, sondern ganz bewusst immer Christus in den Mittelpunkt stellt. Doch hier im 2. Korintherbrief schreibt er als ein Angegriffener, als einer, der gezwungen ist, sich zu verteidigen. Er schreibt mit dem Rücken gegen die Wand. Andere haben es ihm aufgedrängt.
11 Ich bin ein Narr geworden! Dazu habt ihr mich gezwungen. (2. Kor 12,11) So sagt er weiter hinten.


Positives Denken in Korinth

Auf einer langen und entbehrungsreichen Reise hatte er damals die christliche Gemeinde in Korinth gegründet. Die Korinther liegen ihm am Herzen. Sie sind für ihn wie die eigenen Kinder. Als er weiterreiste, war die Gemeinde noch nicht gefestigt. Und nach ihm kamen neue Apostel in die Gemeinde, die vorgaben, sein Werk fortsetzen zu wollen. Oder besser: In die richtige Richtung wollten sie es lenken. Sie machten sich groß, indem sie den Paulus klein machten: Eine armselige Erscheinung sei er gewesen. Körperlich schwach und kränklich. (Beides gibt Paulus an anderer Stelle auch gerne zu.) Seine Predigten nicht gelehrt genug. Seine geistlichen Erkenntnisse auf einer eher niedrigen Stufe. Kurzum: kein rechter Apostel. Und noch dazu war seine Botschaft sehr pessimistisch: Vom Kreuz und vom Leiden hatte er dauernd geredet. Und davon, dass das ewige Leben mit Freude, Freiheit und Frieden zwar fest versprochen ist, aber halt doch noch aussteht.
Die neuen Apostel – „Überapostel“ nennt sie Paulus sie spöttisch - sie scheinen eine gefälligere Botschaft gehabt zu haben: Alles ist gut. Und zwar jetzt schon, und nicht erst im Reich Gottes. Alles ist gut. Und zwar jetzt schon, wenn ihr es nur glaubt. Alles ist nur eine Frage der rechten Sicht. Positiv denken, heißt das heute.



„Alles ist möglich“ - Eine Art Toyota-Evangelium

Solches Positive Denken kann sich auch heute mit dem christlichen Glauben verbinden wie z.B. in der neuen Freikirche in Mistelbach, die sich „Wort-und-Geist-Zentrum“ nennt. Nach deren Verkündigung ist das Reich Gottes schon da. Die irdische Welt mit ihren Krankheiten und Zweifeln ist überwunden. Ich habe einmal in eine Predigt im Internet hineingehört. Da kann man Dinge hören wie: Wir haben Vollmacht über alles, auch über alle Krankheiten. Wir haben Gottes Natur in uns. Wir sitzen mit Christus zur Rechten Gottes.
Oder zum Thema Krankheit ist zu lesen: „Krankheit gehört somit nicht zu uns und hat bei keinem Menschen etwas verloren. Gottes Wille für dich ist ein Leben ohne Krankheit und ohne Schmerzen!“

Die Botschaft dieser neuen Apostel, die sich in Korinth breit gemacht haben, kommt dem Paulus zu Ohren: die Angriffe auf seine Person, die herabsetzenden Worte zu seinem Dienst als Apostel, und die schwärmerischen Höhenflüge, als sei der Himmel auf Erden heute schon da, wenn man nur richtig glaubt. Gegen beides versucht er in diesem 2. Korintherbrief anzuschreiben. Er will die Korinther wieder auf seine Seite ziehen. Nicht wegen seiner persönliche Ehre, sondern aus Sorge um ihren Glauben. Er hat Sorge, sie könnten auf dieses „Alles-ist-möglich“- Christentum der Überapostel hereinfallen und alles Bisherige verscherzen. Deswegen beginnt er seien Worte auch mit einer ernsten Warnung:

6 1 Als Mitarbeiter Gottes ermahne ich euch, dass ihr die Gnade Gottes nicht vergeblich empfangt.
Nehmt ernst, dass die Gnade und das Leben ein Geschenk sind. Macht die Gnade nicht zu einer billigen Gnade. Lasst euch von den Überaposteln nicht einreden, dass Glaube ein Höhenflug und ein Überflug ist, wenn man es nur richtig macht. Dass alle Hindernisse überwunden werden können, wenn man nur glaubt. Bewährt euch in den guten Zeiten und in den bösen Zeiten. Beide gehören zu der Welt, die noch nicht erlöst ist.


Alles wird gut, es ist aber noch nicht

Zuerst redet Paulus von den Nöten, die er erlebt hat, und durch die ihn Gott hindurchgetragen hat. Seine persönlichen Nöte zwar, aber welche, die die Korinther damals auch kannten. Nöte, die der heutige Bibelleser und Predigthörer auch kennt. Nöte, in denen sich Christen nicht von anderen Menschen unterscheiden:

4 ... in allem erweisen wir uns als Diener Gottes: in großer Geduld, in Trübsalen, in Nöten, in Ängsten, 5 in Schlägen, in Gefängnissen, in Verfolgungen, in Mühen, im Wachen, im Fasten.
Niemand hat ein Anrecht, in der Familie oder im eigenen Leben von Tod, Leid und Krankheit verschont zu bleiben. Christen sind noch nicht im Himmel, wie es die Überapostel in Korinth anscheinend gelehrt haben. Nach ihrer Vorstellung hätte sich ein Christ von all dem gelöst. Oder andersherum: Wer so etwas erlebt, der sei in seinem Glauben halt noch nicht weit genug. Ein solches „Alles-ist-möglich“-Christentum übersieht das Kreuz. Jesus hat denen, die den Glauben Ernst nehmen, keine Höhenflüge versprochen.

„Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig

Ich weiß nicht, wie solche Gruppen wie dort in Mistelbach mit dem Jesuswort vom letzten Sonntag umgehen:
Wer mir nachfolgen will, der nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. (Mk 8,34)
Oder mit Worten des Paulus:
7 ... mir ist gegeben ein Pfahl ins Fleisch, nämlich des Satans Engel, der mich mit Fäusten schlagen soll, damit ich mich nicht überhebe. 8 Seinetwegen habe ich dreimal zum Herrn gefleht, dass er von mir weiche. 9 Und er hat zu mir gesagt: Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig. (2. Kor 12,7-9)

Für die heutigen Überapostel gibt es solche Not nicht. Weil Gott mit seiner Kraft in einem wohnt, lässt man sie einfach verschwinden. Man glaubt sie weg. Es ist alles nur eine Frage der Sicht. Für Paulus ist die Not Realität, doch Gott trägt durch sie hindurch.

Ähnlich Dietrich Bonhoeffer in den Worten, die Sie auf dem verteilten Kärtchen finden:
Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen.
Gott macht auch stark

Doch nicht nur von der Not redet Paulus, sondern auch von all dem Guten, was er mit Gott erlebt hat und was ihm geschenkt worden ist:
... in allem erweisen wir uns als Diener Gottes: ... 6 in Lauterkeit, in Erkenntnis, in Langmut, in Freundlichkeit, im heiligen Geist, in ungefärbter Liebe, 7 in dem Wort der Wahrheit, in der Kraft Gottes, mit den Waffen der Gerechtigkeit zur Rechten und zur Linken.

Auch mit seinen Stärken wollte er sich als Christ bewähren. Gott hatte sie ihm geschenkt zum Nutzen anderer. Lassen wir uns von seiner Aufzählung nicht entmutigen, als sei sie ein Maßstab für alle, die Christen sein wollen. Jedem schenkt Gott andere Fähigkeiten. Geistesgaben, Gaben aus Gottes Gnade, Charismen, wie Paulus sagt. Dem einen mehr, dem anderen weniger; dem einen diese, dem anderen jene. Nur die Verantwortung vor Gott ist die gleiche: Wer Freundlichkeit geschenkt bekommen hat, der setze sie auch ein und mache andere damit froh. Wer die Gabe hat, ein Wort der Erkenntnis zur rechten Zeit zu sagen, der tue es um Gottes willen. Wer Geduld hat, der setze sie ein; wer Liebe in sich hat, der gebe sie weiter. Nur, um Gottes willen, sagt Paulus, vergeudet nicht, was Gott euch geschenkt hat, und verwendet es nicht, um euch selbst groß zu machen.

Gott trägt hindurch

Und dann gleichsam als ein sprachlicher Höhepunkt noch einmal sein Fazit: Wir sind noch nicht im Himmel. Zum irdischen Leben gehören Not und Anfechtung. Gott lässt sie nicht einfach wie durch Zauberhand verschwinden. Er trägt uns nicht über sie hinweg oder an ihnen vorbei, aber er trägt uns hindurch:
9 ... als die Sterbenden und siehe, wir leben. Als die Gezüchtigten, aber doch nicht getötet. 10 Als die Traurigen, aber allezeit fröhlich. Als die Armen, aber die doch viele reich machen. Als die nichts haben und doch alles haben.
Wenn man doch im Glauben so eine Gelassenheit entwickeln könnte: dass man trotz all dem, was passiert, sich in Gottes Hand weiß. Dass man Trauriges erleben und es doch fröhlich und gelassen annehmen kann. Dass man nicht alles haben muss und damit umso glücklicher ist. Das wäre dann ein Glaube, wie er nach Paulus dem gekreuzigten Jesus entspricht: ein Glaube, der die Not dieser Welt nicht totschweigt, der aber auch nicht resigniert. Ein Glaube, der erfahren hat, dass Gott einen durchträgt, und deswegen mit Gottes Hilfe tut, was zu tun ist, und sich dadurch als Christ bewährt. Das schenke Gott uns allen.

Amen
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