Berlin (idea) – Die Bundesregierung möchte Therapie-Angebote für homosexuell empfindende und darunter leidende Menschen nicht verbieten; auch nicht, wenn es sich um Minderjährige handelt. Das geht aus einer Antwort auf eine kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor. Zwar vertrete die Bundesregierung „im Einklang mit dem Weltärztebund und der Bundesärztekammer“ die Auffassung, dass Homosexualität keine Krankheit sei und daher keiner Behandlung bedürfe, heißt es darin. Regelungen der ärztlichen Berufsausübung fielen laut Grundgesetz aber in die Zuständigkeit der Länder. Die Gestaltung entsprechender Berufsordnungen sei weitgehend den Ärztekammern überlassen.
Regierung hat keine Kenntnis über Organisationen, die Therapien anbieten
Gestellt hatte die kleine Anfrage unter anderem der religionspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck. Wie es darin heißt, hat die Weltgesundheitsorganisation Homosexualität 1990 aus ihrem Diagnosekatalog gestrichen. Der Weltärzteverband habe das 2013 bekräftigt. Therapien, die angeblich die sexuelle Orientierung ändern können, habe der Verband damals als „Verletzung der Menschenrechte“ bezeichnet. Dennoch gibt es laut Beck auch in Deutschland Einrichtungen, die solche Kurse anbieten. Konkret nennt Beck den Verein „Gesellschaft für Lebensorientierung – LEO“ (Bennungen/Südharz), die Kommunität „Offensive Junger Christen“ (OJC, Reichelsheim/Odenwald) sowie die württembergische Seelsorgeeinrichtung „Wüstenstrom“ (Tamm bei Stuttgart). Beck wirft ihnen vor, Homosexualität als Krankheit zu betrachten und folglich Homosexuelle heilen zu wollen. In ihrer Antwort teilt die Regierung mit, dass ihr keine Erkenntnisse über die Aktivitäten der drei Vereine vorliegen. Auch seien ihr keine Organisationen bekannt, die „Reparations- bzw. Konversionstherapien für Homosexuelle“ anböten.
Beck: Gruppierungen sind „überwiegend im evangelikalen Spektrum zu Hause“
Beck vermutet „parteipolitische Rücksichtnahme“ hinter der Antwort der Bundesregierung. Die Gruppierungen seien „überwiegend im evangelikalen Spektrum zu Hause“. Weil die CDU versuche, diese potenziellen Wähler an sich zu binden, scheue sie vor der Auseinandersetzung „auch mit den obskursten und abstrusesten Positionen“ zurück. Auch in islamistischen Kreisen verbreiteten sich solche Ansichten zunehmend, so Beck weiter. Für ihn drückt sich das CDU-geführte Bundesgesundheitsministerium vor seiner Verantwortung. Die könne man nicht einfach auf die Standesorganisationen der Ärzte und Psychotherapeuten abschieben. Beck: „Wir fordern, zumindest das Anpreisen solcher gefährlichen Therapien für Jugendliche zu untersagen.“ Es gehe um Jugendschutz und Suizidprophylaxe. Er erwarte eine Distanzierung „von dieser gefährlichen Scharlatanerie“, so Beck: „Parteitaktische Rücksicht auf religiöse Fundamentalisten ist völlig fehl am Platz, ob sie nun christlich oder muslimisch sind.“