2004 haben wir mit dem JFI-Ältestenkreis einen Ausflug zur Herbstbibelschule in Röhrnbach gemacht. Wir hatten durchaus gemischte Erwartungen. Paddy und Taade waren vorher schon da und sehr begeistert von dem, was in der Schule ging. Wir anderen standen dem Ganzen auf jeden Fall aufgeschlossen gegenüber. Im Vorfeld fiel mehrfach das Wort „Erweckung“ und machte die Schule und die Bewegung für mich sehr interessant.
Meine Eindrücke waren sehr gemischt. Zuerst war ich total enttäuscht. Ich rief damals meine Frau an und sagte: „es ist dieselbe Kuh, die alle zehn Jahre durchs fromme Land getrieben wird.“ Tatsächlich war mir die Theologie sehr vertraut, schon von den Anfängen meines Christenlebens in einer Brüdergemeinde.
Danach wurde der Eindruck zunehmend negativ.
predigte und ich war entsetzt. Das war klassische Wirtschaftsrhetorik mit niedrigem theologischen Niveau. Mehrfach fiel die Aussage: „Du bist Gott“ in verschiedenen Paraphrasierungen: „Wir sind alle Gott“, „ich bin Gott“. Dazu eine logische Beweisführung die 2000 Jahre Theologiegeschichte ad absurdum führte: „das Kind vom Hasen ist ein Hase. Also ist das Kind Gottes ein Gott. Wenn Du ein Kind Gottes bist, bist Du Gott.“ Eigentlich ein spaßiger Syllogismus, aber niemand lachte, stattdessen wurde applaudiert. Ich hielt es für eine verbale Entgleisung, eine Stilblüte die aus der Begeisterung des Augenblicks geboren wurde. Danach predigt Helmut Bauer aber genau dasselbe. Wieder „ich bin Gott“. Ich kann leider keine Beweise vorlegen, weil ich keine Audios von der Schule habe. Falls jemand sie hat, kann er ja einen Kommentar hinterlassen.Bis heute frage ich mich, ob ich bei solchen Äußerungen hätte aufstehen sollen.
Keine Ahnung. Mich nerven ja auch die Leute, die mit Flyern vor der Halle stehen oder Gottesdienste stören. So jemand wollte ich noch nie sein. Andererseits machen manche Entwicklungen Zivilcourage erforderlich.
In Gesprächen mit anderen kritisch eingestellten Besuchern kamen wir immer wieder auf das Thema „Gehirnwäsche“. Was in der Schule (und mehr noch in der Fernbibelschule) passiert, wird oft als solche gewertet. In dieser speziellen ging es in der ganzen Woche im Grunde nur um einen oder zwei Bibelverse. Alles wurde immer und immer wiederholt und in den Anbetungszeiten dann noch mal emotional wiedergegeben. Besonders im Lobpreis hat mich das sehr gestört weil ich die Zeiten nicht als Anbetung empfunden habe. Es ging nicht in erster Linie um Gott sondern mehr um den Menschen, dass was wir können und wer wir sind.
Als ich später hörte, dass manche WuGler jeden Tag drei Kassetten mit der Lehre hörten wurde mir die Sache mit der Gehirnwäsche natürlich noch deutlicher. Allerdings gibt es da aber ein Problem in der Bewertung und wir sollten es uns nicht zu einfach machen.
ist seit 1975 international verboten. Man gebraucht das Wort als Sammelbegriff für manipulative Methoden einen Menschen seelisch umzuprogrammieren. Dazu gehört der Einsatz von Drogen und um Unerziehung durch Überzeugung oder ständige eines Propagandainhaltes. Entscheidend ist dabei natürlich, dass das Opfer der Gehirnwäsche nicht zustimmt, sich also nicht selbst dafür entscheidet. Zur Gehirnwäsche macht es nicht die Methode sondern der Zwang.
Die Methode des Wiederholens und die damit einhergehende seelische Programmierung ist Teil beinahe jeder religiösen Tradition die ich kenne (nicht nur der christlichen). Exerzitien zielen darauf ab, sich zu ändern. Rosenkranzgebete arbeiten mit Wiederholungen. Stundengebete und Proklamationen festigen geistliche Grundsätze. Will man sich seines Heils in Christus gewiss werden, „bombardiert man seinen Verstand mit entsprechenden Bibelstellen“ usw. Gottesdienste, Hauskreise, Gesprächsgruppen usw. zielen mindestens teilweise darauf ab, Christus ähnlicher zu werden, was immer auch etwas damit zu tun hat, sein Denken zu ändern. Das griechische Wort für Buße – metanoia – bedeutet „umdenken“, also sein Denken zu ändern. Römer 12,2 macht absolut deutlich, dass es wichtig ist, dass wir als Christen unser Denken ändern. Mit einer mehr weltlichen Konnotation kann man von NLP, „
“ reden, dass einmal sehr populär war. Sehr ähnlich funktioniert auch das .Die Bibelschulwoche und die Fernbibelschule verfolgen also zunächst einmal ein pädagogisches Konzept, das sich als sehr wirkungsvoll erweist wenn man sein Bewusstsein in eine bestimmte Richtung entwickeln will. In dem Sinne, dass sich die Besucher und Hörer dem freiwillig unterziehen, würde ich nicht von Gehirnwäsche reden sondern das System etwas neutraler als eine pädagogische Vorgehensweise sehen. Man darf immerhin nicht übersehen, dass es sich hauptsächlich um Erwachsene handelt, die sich dem Ganzen freiwillig unterziehen.
Schwierig fand und finde ich, dass Kontrollmechanismen gezielt ausgehebelt werden. Der Verstand kam bei WuG immer schon schlecht weg und sollte ausgeschaltet werden. Das Korrektiv anderer Glaubensgeschwister ist auch bereits sehr früh ausgeschaltet worden, denn sie wurden unter den Generalverdacht gestellt unter religiösen Geistern zu stehen. Mittlerweile gerät auch die Bibel zunehmend in Misskredit und die Botschaft, der man sich aussetzt wird so zunehmend beliebig.
Es ist immer bedenklich wenn eine Methode blind angewendet wird ohne dass man sich dessen bewusst ist. Noch bedenklicher ist es, wenn man bei der Methode bleibt aber die Inhalte sich verschieben. Ich bin sicher, dass 2004 niemand gewollt hätte, dass es sich im Laufe der Jahre in Richtungen entwickelt, die heute gelehrt werden. Psychisch hochwirksame Methoden sind immer mit Vorsicht zu genießen und man sollte sich ihnen auf keinen Fall ohne externe Sicherungsmechanismen aussetzen.
Problematisch sehe ich weniger die Methode, als mehr ihren unreflektierten Einsatz und die mangelnden Kontrollen.