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Buße und Vergebung


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Rolf

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Buße und Vergebung
 

Roland Antholzer


 
Buße
 
Begriffe: hebr. „schub“ = hinwenden, zurückkehren; griech. „metanoein“ = den Sinn ändern.
Das Wort „Buße“ wurde von Luther im Zusammenhang mit seiner Bibelübersetzung eingeführt. Es heißt eigentlich: bessern, eine Lücke ausbessern. Von daher kommt das Wort „Lückenbüßer“. Es enthält auch die Bedeutung von Genugtuung und Sühne. In der katholischen Sühnelehre hat Buße auch den Sinn einer Gegenleistung. Man büßt seine Sünden ab. Statt dass die Buße zur Beichte führt, ist es dort umgekehrt: der Beichte folgt die Buße (z.B. in Form von 5 Vaterunser und 5 Ave Maria). In der Schrift hat Buße keinen Verdienstcharakter.

Am besten ist Buße zu verstehen anhand des Gleichnisses von dem verlorenen Sohn, welches ich lieber das „Gleichnis von dem wartenden Vater“ nenne. Es ist ein perfektes Abbild von dem, was die Bibel mit Buße meint. Vor allem zeigt es die Bekehrung auf. Ich meine aber, dass wir es auch auf die Situation beziehen können, wenn ein Gotteskind sich in Sünde verstrickt hat. Als der Sohn so richtig im Dreck steckte, da wurde ihm seine Schuld bewusst, und er trifft eine Entscheidung: „Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir, und bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße; mache mich zu einem deiner Tagelöhner!“
 
Und er machte sich auf den Weg. Und dann heißt es: „Da er aber noch ferne von dannen war, sah ihn sein Vater, und es jammerte ihn, lief und fiel ihm um seinen Hals und küsste ihn.“ Warum hatte er wohl ihn von ferne gesehen? Weil er jeden Abend am Fenster gestanden und Ausschau nach dem Sohn gehalten hat. Was sagt das? Der Vater war seinem Sohn während dessen Abwesenheit immer zugewandt gewesen. Er hat sehnsüchtig auf seine Rückkehr gewartet. Und doch war die Beziehung zwischen Vater und Sohn gestört, allerdings nicht von Seiten des Vaters, sondern des Sohnes. Da war ja z.B. keine Kommunikation möglich. Was musste also geschehen? Von des Vaters Seite gar nichts. Aber der Sohn musste seinen falschen Weg erkennen, nach Hause gehen und das dem Vater bekennen. Aber wie geht es weiter? Bevor der Sohn etwas sagen konnte, nahm ihn der Vater in die Arme und küsste ihn. Erst danach kam das Bekenntnis des Sohnes: „Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir und ich bin nicht mehr wert dein Sohn zu heißen.“ Mehr war nicht nötig. Der Satz „Mache mich zu einem deiner Tagelöhner“ blieb dem Sohn zu Recht im Hals stecken, weil er offensichtlich vom Vater völlig angenommen war. Er musste sich diese Annahme nicht erst durch eine Leistung erkaufen. Sein Vater war an irgendeiner Ableistung der Schuld gar nicht interessiert. Genauso ist es mit unserm himmlischen Vater: Die Schuldfrage ist erledigt.
 
Die Einsichten für Christen aus dieser Geschichte sind also folgende: 1. Wenn wir sündigen wendet sich der Vater nicht von uns ab. Unsere Sünde ist für Gott gesühnt und daher kein Grund mehr, von uns Abstand zu nehmen. 2. Wenn wir sündigen, wenden wir uns von Gott ab, was eine Beziehungsstörung mit sich bringt. Es ist keine Kommunikation möglich; 3. Gott kann uns nur noch eingeschränkt gebrauchen und durch uns Frucht wirken. Wir haben das Bleiben am Weinstock verlassen, anders gesagt: Der Zufluss von Seiten des Weinstocks ist gehemmt. 4. Um die Beziehung zum Vater wieder herzustellen müssen wir einsehen, dass wir einen falschen Weg eingeschlagen haben, diesen Weg verlassen (sprich: umkehren) und dem Vater die Sünde bekennen.
 
Bekennen: griech. „homologeo“ = dasselbe sagen. Wenn unser Gewissen oder eine Person uns wegen eines Vergehens anschuldigt, dann erkennen wir das an ohne uns zu rechtfertigen, d.h. wir sagen dasselbe.  Worin unterscheidet sich Vergebung von Reinigung? Vergebung ist etwas, was ich nicht selbst tun kann. Wenn ich schuldig geworden bin, dann muss mir der vergeben, an dem ich mich schuldig gemacht habe! Reinigung dagegen ist etwas, wozu ich selbst aufgefordert bin. Sie hat es mit unserem Gewissen zu tun. 1Joh 1,9: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von jeder Ungerechtigkeit.“ Der Ungläubige erfährt Vergebung und Reinigung, der Gläubige nur Reinigung.
 
Im AT ist es vorgeschattet: Die Priester mussten sich reinigen, wenn sie sich in die Nähe Gottes begeben wollten. Reinigung bezieht sich auf die praktische Heiligung: „Weil wir nun diese Verheißungen haben, Geliebte, so wollen wir uns reinigen von aller Befleckung des Fleisches und des Geistes zur Vollendung der Heiligkeit in Gottesfurcht!“ (2Kor 7,1). Praktische Heiligung setzt aber die Wiedergeburt voraus. Bei der Wiedergeburt geschah Vergebung und Reinigung (1Jo 1,9), wobei die Vergebung die ganze Lebensschuld einschloss, während die Reinigung des Gewissens nur für die vergangene Schuld erfolgte. Bei jeder neuen Sünde wird das Gewissen wieder verunreinigt (Tit 2,14 und Hebr 9,14), so wie die Füße schmutzig werden, wenn man in Sandalen über staubige Straßen läuft. Es geht deshalb bei der Fußwaschung nicht primär um Demut und Dienst, wie es häufig gesagt wird. Es geht vielmehr darum, dass Jesus mit der Fußwaschung ein Beispiel gegeben hat und uns auffordert, auch einander die Füße zu waschen. Nun können wir aber nicht einem anderen seine Sünden, mit denen er sich gegen Gott schuldig gemacht hat, vergeben. Sehr wohl aber können wir ihm helfen, seine Sünde zu erkennen, zuzugeben und abzulegen. Damit hätten wir dazu geholfen, dass sein Gewissen gereinigt und seine Beziehung zu Gott wiederhergestellt wird. Also geht es beim Füße waschen nicht um Vergebung, sondern um Reinigung, was das Bild vom Waschen ohnehin nahelegt. Also ist „Füße waschen“ ein seelsorgerlicher Akt, der von Liebe und Dienstbereitschaft zeugt.
 
Worum geht es Gott? Ganz gewiss nicht um eine religiöse Handlung. Wir neigen dazu, aus allem, was wir als richtig ansehen, religiöse Akte zu machen, die wir dann schön regelmäßig und völlig sinnentleert ausführen. Das könnte auch mit dem Bekennen passieren. Es geht ihm um Umkehr, um die Hinwendung im Glauben zu ihm. Auch John MacArthur betont, dass das Bekennen nicht als eine Art „sakramentaler Routineübung“ missverstanden werden darf: „Müssen wir eine Art Sündenliste führen und jede einzelne Verfehlung bekennen, um wieder rein zu werden? Auch das kann ich nicht aus diesem Vers ableiten. Mit Gott übereinstimmen in der Beurteilung und Verurteilung unserer Sünde, das ist eine dauerhafte, innerliche Haltung und nicht vergleichbar mit dem mechanischen Abhaken einer Sündenliste.“
 
Vergebung
 
Definition: Vergebung ist ein Versprechen, auf Sühne oder Vergeltung zu verzichten. Wenn jemand sagt „Ich vergebe dir“, dann verspricht er dreierlei: 1. Ich werde diese Sache dir gegenüber nie mehr erwähnen; 2. ich werde diese Sache gegenüber andern nie mehr erwähnen; 3. ich werde diese Sache vor mir selbst nie mehr aufrollen, d.h. mich nie mehr gedanklich damit beschäftigen bzw. die Sache nicht mehr zum Anlass für Selbstmitleid und Groll machen. Die Antwort: „Ja, ich vergebe dir“, ist also mit einer ziemlich weitgehenden Verpflichtung verbunden. Es ist ein Versprechen, an das man von Menschen und von Gott wieder erinnert werden kann.
 
Eine bloße Entschuldigung oder gar neudeutsch „Sorry“ ist bestenfalls ein humanistischer Ersatz für die Vergebung. Die Aussage „Es tut mir leid“ kann Ausdruck von Reue sein, ersetzt aber auch nicht die Bitte um Vergebung. Wenn Reue nicht zum Bekenntnis führt, dann bleibt sie nicht mehr als „Traurigkeit der Welt“, die den Tod wirkt (2Kor 7,10). Vielleicht tut ihm die Sache nur deshalb leid, weil er die negativen Konsequenzen für seine Person vor sich sieht. Es ist etwas ganz Anderes, wenn man sagt: „Ich habe dir Unrecht getan. Bitte verzeih' mir!“ Überhaupt existieren bei der Vergebung zum Teil falsche Vorstellungen.
 
So kann man immer wieder hören, dass jemand sagt: „Ich kann nicht vergeben!“ Das ist immer falsch! Subjektiv mag er das so empfinden, aber hinter diesem nicht Können steht ein nicht Wollen. Im tiefsten Herzen will er seinen Wunsch nach Genugtuung nicht aufgeben. Wenn Gott uns auffordert „Vergebt einander, gleichwie auch Gott euch vergeben hat in Christus“ (Eph 4,32), kann ein Christ nicht sagen „Gut und schön, aber ich kann es nicht“. Wo es um den Willen Gottes geht, schenkt er das Gelingen. Auch gibt es verschiedene Auffassungen darüber, unter welchen Voraussetzungen wir dem andern vergeben sollen. Oft wird „vergeben“ verwechselt mit „vergessen“ nach dem Motto „Schwamm drüber!“ Oder man verwechselt Vergebung mit Versöhnung.
 
 
Sieben Grundsätze über Vergebung:
 
Vergeben ist nicht gleich Vergessen. Vergebung ist mit einer ziemlich weitgehenden Verpflichtung verbunden. Es ist ein Versprechen, an das man von Menschen und von Gott wieder erinnert werden kann. Wenn es eingehalten wird, führt es dazu, dass die Schuld vergessen wird. Also: Nicht „vergeben und vergessen“, sondern „vergeben, um zu vergessen“. Das Vergessen haben wir schließlich nicht in der Hand. Wenn wir aber die Sache nicht mehr in unserm Gedanken bewegen, führt das dazu, dass die Schuld zunehmend in Vergessenheit gerät. Der Ausspruch „vergeben und vergessen“ ist eigentlich falsch. Richtiger wäre es zu sagen „vergeben, um zu vergessen“. Denn je mehr man sich bemüht, an etwas nicht zu denken, desto mehr wird es unsere Gedanken erfüllen. Darum kann es also nicht gehen. Das heißt, ich werde den Gedanken an die Schuld des andern keinen Raum mehr geben, nicht darin baden und wühlen, mich selbst bedauern und mir mit Rachegedanken eine gewisse Genugtuung verschaffen.
 
Vergeben ist keine Gefühls-, sondern eine Willenssache. Gott hat gesagt: „Ich will eurer Sünden nicht mehr gedenken!“ Gott hat sicher keine Gedächtnislücken. Er hat einfach eine Willensentscheidung getroffen. Auch wir sollten Gott nicht um eine Amnesie bitten, sondern uns entscheiden zu vergeben. Wäre Vergebung eine Gefühlssache, dann hätte Gott uns nicht dazu aufgefordert. Sein Gebot richtet sich an unsern Willen. Natürlich ist das Ganze eng mit unseren Gefühlen verwoben und das macht es auch so schwierig. Deshalb müssen wir es lernen, nicht so sehr auf unsere Gefühle schauen. Es geht ja schließlich nicht darum, dass wir gegenüber dem, der uns weh getan hat, gute Gefühle haben. Wir haben unsere Gefühle so wenig im Griff wie unser Vergessen.
 
Vergebung ist unverdient. Wenn ich darauf warte, dass der andere auf mich zukommt, dann will ich, dass er sich die Vergebung verdient. Diese Erwartung ist aber eine sündige Haltung. Vergebung heißt, auf Genugtuung zu verzichten. Wir hätten es gern, dass der andere zu Kreuze kriecht und uns untertänigst um Vergebung anfleht. Wir meinen, das wäre Balsam für unser empfindliches Seelchen. Auf diese Genugtuung sollten wir verzichten. Auch wir haben uns ja schließlich die Vergebung Gottes nicht verdient. Wenn wir dem andern irgendwelche Bußübungen und Reuebezeugungen abverlangen, handeln wir unrecht.
 
Ermahnung setzt Vergebung voraus: Vielleicht wollen wir ja dem andern sagen, womit er sich schuldig gemacht hat und ihn ermahnen. Bei Verfehlungen, die schwerwiegend sind oder regelmäßig vorkommen, wäre grundsätzlich eine Ermahnung angebracht. Wie sonst sollte der andere sich ändern können. Hier müssen wir aber eines wissen: So lange ich dem andern nicht vergeben habe, kann ich an ihm keinen Seelsorgedienst ausüben. Dann habe ich ja noch einen Balken im Auge. Dann sollte ich mich erst mal mit meinem Balken befassen und dann erst mit dem Splitter im Auge des andern. Wenn wir jemanden ermahnen, weil wir Genugtuung suchen, dann wird der andere das schon merken und für unsere Ermahnung gewiss nicht aufgeschlossen sein.
 
Biblische Vergebung ist eine Vergebung von vorneherein. Vergebung sollte eigentlich nicht etwas sein, wozu ich mich von Fall zu Fall durchkämpfen muss. Es sollte zunehmend zu einer Grundhaltung werden. Ich sollte grundsätzlich in einer Haltung der Vergebung leben, d.h. die Bereitschaft in mir haben, grundsätzlich zu vergeben und zwar unmittelbar. Wenn Christen nicht bereit sind zu vergeben, ist das eine schlimme Sache. Dann sind sie wie jener Schalksknecht.
 
Vergebung schließt Erziehung nicht aus. Gott wird einem ungehorsamen Christen Seine Liebe dadurch zeigen, dass Er ihn züchtigt, obschon er vergeben hat. Auch in der Kindererziehung sind wir gefordert, aus der Haltung der Vergebung heraus zu strafen und nicht unsern Groll an dem Kind auszuleben. Wenn das so gehandhabt würde, hätten wir kaum mit Kindesmisshandlung zu tun. Die passiert nicht selten bei solchen Eltern, die erst einmal alles laufen lassen (laissez faire) und schließlich – weil das Kind penetrant die Grenzen missachtet – die Nerven verlieren. Das Prinzip „Vergebung plus Züchtigung“ gilt natürlich auch für die Gemeindezucht. Obwohl wir persönlich dem sündigenden Christen vergeben haben, sollen wir aus der Motivation der Liebe heraus Zucht üben. Also halten wir es fest: Vergebung schließt Erziehung nicht aus.
 

Vergebung ist nicht dasselbe wie Versöhnung. Vergebung muss nicht unbedingt die Versöhnung einschließen. Wenn der andere in seiner ablehnenden Haltung verharrt, wird unsere Beziehung – obwohl ich dem andern vergeben habe – gestört bleiben. Doch davon darf Vergebung nicht abhängen. Vergebung ist etwas, was ich unabhängig von der anderen Person tun kann. Dazu muss der andere weder die Einsicht in sein Fehlverhalten haben, noch gar um Vergebung bitten. Versöhnung ist dagegen von all dem sehr wohl abhängig. Bei der Vergebung ist nur einer gefragt, nämlich der, der gegen einen anderen Groll hat. Bei der Versöhnung sind immer zwei gefragt.

Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von Roland Antholzer.

Buchempfehlung: Roland Antholzer,

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