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Altpietisten fordern: Debatte um Homosexualität versachlichen


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Altpietisten fordern: Debatte um Homosexualität versachlichen

 

 

In der Kontroverse innerhalb der evangelikalen Bewegung zum Thema Homosexualität hat sich einer der größten pietistischen Verbände zu Wort gemeldet. Der Vorsitzende des Evangelischen Gemeinschaftsverbands Württemberg "Die Apis", Steffen Kern, mahnte eine "Versachlichung und Besonnenheit in der Debatte" an.

Die Thematik sei sehr "sensibel", denn es gehe schließlich um Menschen, die "in unserer Mitte leben, in unserer Kirche und ja, auch in unseren Gemeinschaften", schreibt Kern auf der Homepage der "Apis". Homosexuelle Christen hätten "selbstverständlich einen Raum in unserer Kirche und in unseren Gemeinden wie alle anderen Christen auch", leitende Funktionen könnten sie jedoch nach Überzeugung des Verbandes nicht ausüben.

Der evangelische Pfarrer, der auch der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) angehört, weist darauf hin, dass auch die württembergische Landessynode die Segnung homosexueller Lebensgemeinschaften abgelehnt habe und sich grundsätzlich gegen Homo-Paare im Pfarrhaus ausspreche. Eine der Trauung von Mann und Frau ähnliche kirchliche Segenshandlung gebe es in Württemberg aus biblischen Gründen seit jeher für keine andere Lebensform - weder für Alleinlebende noch für Geschwister noch für polyamore Lebensgemeinschaften. Auch der Vorsitzende der Deutschen Evangelischen Allianz, Michael Diener, habe darauf hingewiesen, dass die Segnung homosexueller Beziehungen aus der Heiligen Schrift nicht herauszulesen sei.

Auslöser der Kontroverse sind Interviews Dieners, der auch dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) angehört. Darin hatte der pfälzische Pfarrer die evangelikalen Christen zu mehr Selbstkritik ermutigt, vor Abschottung gegen die Landeskirchen gewarnt und für mehr Toleranz auch gegenüber Homosexuellen geworben. Die Deutsche Evangelische Allianz ist der Dachverband für rund 1,3 Millionen evangelikal, pietistisch und charismatisch ausgerichtete Christen aus Landes- und Freikirchen.

"Neue Bekenntnissynode gänzlich unangemessen"

Konservative Evangelikale haben daraufhin auf Initiative von Ulrich Parzany, dem langjährigen Generalsekretär des Christlichen Vereins Junger Menschen (CVJM) und früheren ProChrist-Redner, ein "Netzwerk Bibel und Bekenntnis" gegründet. Es wendet sich gegen eine Pluralität in Lehrfragen und widerspricht der Ansicht, gegensätzliche Verständnisse der Bibel seien zu akzeptieren. Der Hauptvorstand der Deutschen Evangelischen Allianz will sich Anfang März mit dem Thema befassen.

Pietisten-Chef Kern hält Aufrufe zur Bildung einer neuen Bekenntnissynode für "gänzlich unangemessen", wie er schreibt. Gleichzeitig warnt er den Pietismus vor einer Fokussierung auf das Thema Sexualität. Jesus habe mindestens so häufig und eindringlich über Geiz und Neid, Armut und Reichtum, Gewalt und Frieden, Gerechtigkeit und Erbarmen gesprochen. "Darüber legen wir allzu oft den Mantel des Schweigens, während wir unangemessen einseitig die Fragen der Sexualität thematisieren", kritisiert Kern. Auch homosexuell empfindende Christen sollten in der Kirche ein Zuhause finden.


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Bibel – Ehe – Sexualität

 

Zur Orientierung in einer aktuellen Debatte

Liebe Apis, liebe Freunde,
 
in den letzten Wochen hat eine Debatte die Bewegungen aus dem Bereich des Pietismus und der Deutschen Evangelischen Allianz erschüttert, die inzwischen erhebliche Ausmaße angenommen hat. Anlass waren Äußerungen von Präses Dr. Michael Diener in der Tageszeitung „Die Welt“, in denen er sich unter anderem selbstkritisch gegenüber Gemeinschaften im Gnadauer Raum äußerte, die „wie hinter einer unsichtbaren Mauer“ lebten. So berechtigt diese mahnende Kritik an den eigenen Reihen sein mag – ihre wiederholte Äußerung über die Presse erschien vielen als unangemessen. Zugleich äußerte er Verständnis für die Segnung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften: Zwar vertrete er eine andere Position, habe aber gelernt anzuerkennen, „dass Menschen bei dieser Frage die Bibel anders lesen“ und plädierte für die Mitarbeit Homosexueller auch in evangelikalen Gemeinden. Daran wurden öffentlich kritische Rückfragen gestellt, unter anderem von Ulrich Parzany, der zur Gründung eines neuen Netzwerkes Bibel und Bekenntnis aufrief. Zugleich markierte Michael Diener im selben Pressegespräch wesentliche Positionen des Pietismus, etwa im Blick auf das Verständnis der Mission und dem Christuszeugnis gegenüber Juden, aber auch zu den Themen Bibelverständnis und Homosexualität, wozu er sich überdies in den letzten Jahren ausführlich und differenziert geäußert hatte, etwa in seinen Präsesberichten im Jahr 2011 und 2014. Nun aber haben wenige Sätze in der „Welt“ und in einem darauf folgenden Interview beim christlichen Mediendienst „pro“ für dicke Schlagzeilen und Verunsicherung in der eigenen Bewegung gesorgt. Michael Diener hat inzwischen um Entschuldigung dafür gebeten, wo er Menschen verletzt habe. Er bedauere die entstandenen Irritationen zutiefst: „Ich erkenne darin auch eine schmerzhafte Infragestellung meines Dienstes, den ich als einen verbindenden und die Einmütigkeit wahrenden Dienst ausüben will.“ Er bat außerdem darum, „die notwendigen inhaltlichen Diskussionen, gerade auch zu Hermeneutik und Sexualethik weniger personalisiert, sondern sachorientiert“ zu führen. Genau dazu sollen diese Zeilen einen kleinen Beitrag leisten.

Alte Fragen neu aufgeworfen

Alte Fragen sind neu aufgeworfen – zunächst zum Umgang mit der Bibel. Dann aber auch zur Fragen der Sexualethik, insbesondere der Segnung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften, der Position des Pietismus zu verschiedenen Lebensformen im Pfarrhaus und dem Umgang mit homosexuellen Menschen überhaupt. Insbesondere die zuletzt genannten Fragestellungen sind höchst sensibel, denn es geht dabei immer um Menschen, die in unserer Mitte leben, in unserer Kirche und ja, auch in unseren Gemeinschaften. Die öffentliche Debatte hat dabei Dimensionen angenommen, die teilweise weder den Sachfragen noch den beteiligten Hauptpersonen und schon gar nicht den Menschen gerecht wird, die jeweils betroffen sind. Es gibt verleumderische und persönlich verletzende Äußerungen in den sozialen Netzwerken, verschiedenste Stellungnahmen pro und contra, teils behutsam, teils bis hin zu gegenseitigen Verwerfungen. Christliche wie säkulare Medien, darunter Gazetten der ersten Reihe wie etwa die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, „Die Welt“, „Die Zeit“, berichteten in ausführlichen Artikeln über die vermeintliche Spaltung der Evangelikalen. Teilweise weiden sie sich an einem Streit der Frommen. Evangelikale werden einmal mehr mit den Schlagworten „Spaltung, Streit und Homophobie“ verbunden – wahrlich nicht das, was das christliche Zeugnis kennzeichnen sollte. Missionarische Kraft nach außen geht ebenso verloren wie das Vertrauen unter Geschwistern. Meist wird die Debatte verkürzt auf eine Kontroverse „Diener-Parzany“ – doch darum geht es nicht. Schon gar nicht darum, sich nun auf eine Seite zu schlagen. Vielmehr gilt es, in unserer Verantwortung vor Gott und den Menschen von der Schrift her zu fragen, was uns leitet und wie wir miteinander umgehen. Wir haben auch in Vorstand und Landesgemeinschaftsrat darüber beraten. Einige Zuspitzungen von Michael Diener teilen wir nicht; sie irritierten mehr als sie klärten. Auf der anderen Seite halten wir Aufrufe zur Bildung einer neuen Bekenntnissynode, wie sie gelegentlich laut werden, theologisch, geistlich und kirchenpolitisch für gänzlich unangemessen. Was wir dringend brauchen, ist eine klare Orientierung in den aufgeworfenen Fragen und eine Besonnenheit in der Debatte.

 

Wir achten die Bibel als Gottes Wort

 

Wie gehen wir also grundsätzlich mit der Bibel um? Wir achten sie als Gottes Wort, auf das wir hören und dem wir im Leben und Sterben vertrauen. Mit den Vätern der Reformation und des Pietismus halten wir fest: Die Heilige Schrift allein ist der Maßstab für all das, was wir glauben und verkünden. Sie ist „Regel und Richtschnur“ für unsere Lehre und für unser Leben. Durch sie offenbart sich uns Gott auf einzigartige Weise und spricht in unser Leben hinein. Nur durch die Schriften des Alten und Neuen Testaments wissen wir vom Handeln Gottes in dieser Welt, das uns den Weg zum Heil eröffnet. Wir erkennen Jesus Christus, seine Person und sein Wirken als die Mitte der Schrift. Aufgrund der Bibel glauben wir an Jesus Christus als Sohn des lebendigen Gottes und bekennen uns zum dreieinigen Gott. Die Bekenntnisse der Alten Kirche und der Reformation sind die Basis unseres Glaubens. Darum erheben wir uns nicht über die Schrift, indem wir Sachkritik üben oder andere Maßstäbe zum letzten Kriterium machen. Vielmehr vertrauen wir der Bibel grundlegend. Wir versuchen, sie vor ihrem historischen Hintergrund zu verstehen, und legen die jeweiligen Texte in ihrem jeweiligen literarischen und gesamtbiblischen Kontext aus. Dabei bleiben immer wieder Fragen offen; zugleich sind wir mit den Reformatoren der Überzeugung, dass die wesentlichen Aussagen der Schrift klar und verständlich sind. Die Bibel lässt sich nicht einfach beliebig auslegen und für vorgefasste Meinungen instrumentalisieren, vielmehr ist sie es, die unsere Positionen und Meinungen hinterfragt und orientiert.

Wir sind „Bibelbeweger“

Als Apis verstehen wir uns im besten Sinne des Wortes als „Bibelbeweger“, denn wir bewegen die Bibel und lassen uns von ihr bewegen. Wir forschen in der Schrift und leben täglich mit ihr. Als Bibelbewegung stehen wir in der Tradition, die etwa durch Johann Albrecht Bengel, Adolf Schlatter oder Gerhard Maier wertvolle Impulse erfahren hat. Dieses Grundvertrauen gegenüber der Schrift wird auch deutlich in der Glaubensbasis der Evangelischen Allianz, in der es heißt, dass wir uns „zur göttlichen Inspiration der Heiligen Schrift, ihrer völligen Zuverlässigkeit und höchsten Autorität in allen Fragen des Glaubens und der Lebensführung“ bekennen.

 

Die Begrenztheit unserer Erkenntnis

 

Im Ringen um das rechte Verständnis der Schrift halten wir Unterschiede aus, die es nicht nur in unserer Kirche, sondern auch innerhalb des Pietismus immer gegeben hat und bis heute gibt. Wir wissen um die Begrenztheit unserer eigenen Erkenntnis. Unsere eigene Auslegung findet im Verständnis der Brüder und Schwestern immer wieder eine hilfreiche Korrektur. Eine bleibende Orientierung für unsere Bibelauslegungen sind die Bekenntnisse unseres Glaubens. So leben wir mit der Bibel, lesen sie regelmäßig und tauschen uns über das Wort Gottes an uns aus. Dabei halten wir uns im Umgang mit der Schrift an die Grundregel von Johann Albrecht Bengel: „Wende dich ganz dem T

 

Die Ehe – eine Stiftung Gottes für unser Leben

 

Wenn wir uns jetzt einmal mehr den Fragen rund um Ehe und Sexualität zuwenden, dann ist das der aktuellen Debatte geschuldet. Von der Bibel her müssen wir zunächst einmal festhalten, dass dieser Themenbereich längst nicht die einseitige Aufmerksamkeit erfährt, wie dies in unserer weltlichen, aber auch der christlichen Medienkultur häufig der Fall ist. Jesus hat mindestens so häufig und eindringlich über Themen wie Geiz und Neid, Macht und Dienst, Armut und Reichtum, Gewalt und Frieden, Gerechtigkeit und Erbarmen gesprochen. Darüber legen wir allzu oft den Mantel des Schweigens, während wir unangemessen einseitig die Fragen der Sexualität thematisieren. Gleichwohl sind diese keineswegs belanglos. Auch hier gibt uns die Bibel eine lebensdienliche Orientierung. Wenn wir nach ihr fragen, müssen wir beim Stichwort „Ehe“ beginnen. 

Die Ehe als Schöpfungsgabe Gottes

Im ersten Kapitel der Bibel wird die Erschaffung des Menschen erzählt, 1Mo 1,26-28: Als Mann und Frau ist der Mensch Ebenbild Gottes. Im Hebräischen heißt es: „als Männliches und Weibliches“. Dabei ist nicht nur die Sozialität des Menschen festgehalten, also dass der Mensch auf ein anderes „Du“ angelegt und angewiesen ist, vielmehr ist dieses Gegenüber als ein andersgeschlechtliches Gegenüber gekennzeichnet. Die Polarität der Geschlechter ist elementarer Bestandteil der Schöpfung. Unabhängig davon, ob ein Mensch in einer Ehe oder allein lebt, hat er als Mann oder Frau seine unbedingte und unverlierbare Würde als Ebenbild Gottes. Beide sind völlig gleichwertig, ohne Rangunterschied. Wir haben nicht die Wahl, anders Mensch zu sein als in diesem Gegenüber von Mann und Frau.

 

Ein besonderer Segen und ein besonderer Auftrag

 

Gemeinsam erhalten Mann und Frau Gottes besonderen Segen. Fruchtbarkeit wird ihnen verheißen und damit Nachkommenschaft. Zu Gottes besonderem Segen kommt der Auftrag. Mann und Frau bekommen gemeinsam Verantwortung für die Welt übertragen, die der Schöpfer ihnen anvertraut. Der Mensch wird wie alle Lebewesen von Gott ins Leben gerufen. Er wird jedoch als einziges Lebewesen angesprochen und beauftragt. Durch das Wort ist er geschaffen und zur Antwort gerufen. Er ist das Gegenüber Gottes, das sich selbst ein Gegenüber wählt, um mit diesem sein Leben zu teilen. Wir sehen mit Juden und Christen aller Zeiten hier in der Schöpfung die Ehe angelegt. Martin Luther konnte folgerichtig sagen: „Gott hat die Ehe selbst eingesetzt … Darum gefällt ihm der Stand an sich mit all seinen Wesen, Werken, Leiden und was darinnen ist.“ (WA 10 II, 294, 27-33) Die Ehe ist eine Schöpfungsgabe Gottes, eine gute Ordnung und eine hilfreiche Orientierung für unser Leben.

 

Gleiches Wesen, gleicher Wert, gleiche Würde

 

„Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei ...“ (vgl. 1Mo 2,18.24), heißt es im zweiten Kapitel der Bibel. Der einzelne Mensch ist auf Ergänzung, auf Stärkung, auf Hilfe durch eine Person des anderen Geschlechtes angelegt und angewiesen. Mann und Frau bedürfen der Ergänzung durch den jeweils anderen. Gott hat beide füreinander geschaffen. Das entscheidende Merkmal des Menschen ist übrigens nicht, dass er über den Tieren stünde, sondern dass er in einzigartiger Weise unter Gott und damit in Beziehung zu ihm steht. Er braucht eine Ergänzung seinesgleichen, anderen Geschlechtes und doch gleichen Wesens und gleicher Würde. Mann und Frau verlassen ihre Herkunftsfamilie, um durch die unlösliche Verbindung mit dem Ehepartner eine neue soziale und ganzheitlich körperlich-seelische Einheit (ein Fleisch) zu bilden, aus der eine neue Familie erwachsen kann.

Es ist ganz erstaunlich, dass in den Zehn Geboten, die Gott selbst in Stein schreibt und seinem Volk als lebensdienliche Orientierung gibt, die Ehe eigens erwähnt und in besonderer Weise gewürdigt wird. „Du sollst nicht ehebrechen“, heißt es in 2Mo 20,14. Die Ehe von Mann und Frau zu schützen, ist offenbar im Alten Testament für so wichtig und wesentlich angesehen, dass diese Weisung zu den zehn grundlegenden Geboten gehört.

 

Treu – ein Leben lang

 

Auch Jesus äußert sich zur Ehe. Angesprochen auf die Frage nach der Ehescheidung, die im rabbinischen Judentum unterschiedlich streng bewertet wurde, verweist er auf den ursprünglichen Willen Gottes: „Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden“ (vgl. Mt 19,4-6). Damit macht Jesus deutlich, was wir bislang unterstrichen haben: Die Ehe von Mann und Frau entspricht Gottes Schöpferwillen. Sie ist auf lebenslange Dauer angelegt. Beides wird gelegentlich in Frage gestellt oder explizit bestritten. Hier ist ein Einspruch notwendig, der einen tiefen biblisch-theologischen Grund hat. Wir finden hier ein typisches Beispiel dafür, wie die biblischen Texte durch ihren Bezug aufeinander deutlich machen, wie sie zu verstehen sind. Wie ein roter Faden zieht sich das grundlegende Verständnis der Ehe als einer Schöpfungsgabe Gottes durch die Bibel.

Dabei ist nicht zu übersehen, dass wir Menschen immer auch aneinander schuldig werden. Wir scheitern. Wir erleben auch als Christen Brüche in unserem Leben. Weil wir aber aus der Vergebung Gottes leben, ist auch nach dem Scheitern einer Ehe ein Neuanfang möglich. Manche Paare erleben, dass sie nach einer tiefen Krise einander vergeben und noch einmal neu gemeinsam beginnen können. Andere bleiben nach einer schmerzlichen Trennung allein, andere wiederum wagen auf Gottes Gnade hin einen Neubeginn mit einem neuen Ehepartner. Gerade im Wissen um unser Scheitern sehen wir jedoch deutlich, dass Gottes ursprünglicher Wille eine auf lebenslange Dauer angelegte Ehe ist.

Besonders deutlich wird dies dadurch, dass das Verhältnis Gottes zu seinem Volk des alten, aber auch des neuen Bundes immer wieder mit der Ehe verglichen wird (etwa Mt 9,15; 22,1-14; 25,1-13; Lk 12,35-38; Joh 3,29; Eph 5,22-33, wo auch 1Mo 2 zitiert wird). Dazu wäre im Blick auf die Gemeinde vieles auszuführen – für die Frage nach der Lebensform der Ehe können wir nach unserer biblisch-theologischen Besinnung festhalten: Die Ehe von Mann und Frau ist jenseits zeitlich bedingter Rollenverständnisse die grundlegende Form menschlichen Zusammenlebens.

 

Gleichgeschlechtliche Partnerschaften

 

Mit der Frage nach dem praktischen Umgang mit gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften sind nicht nur wesentliche ethische Fragen aufgeworfen. Vielmehr sehen wir hermeneutische und anthropologische Grundfragen berührt. Es geht nicht nur darum, wie wir die biblischen Aussagen aus ihrem historischen Kontext verstehen, sondern auch darum, welche Relevanz wir der Heiligen Schrift in unserer Kirche beimessen.

Zunächst ist festzustellen, dass es Christinnen und Christen gibt, die homosexuell empfinden, dabei aber unterschiedliche Konsequenzen für ihre Lebensgestaltung ziehen. Homosexuell empfindende Christinnen und Christen haben selbstverständlich einen Raum in unserer Kirche und in unseren Gemeinden wie alle anderen Christen auch. Sie sollen in unserer Kirche ein Zuhause finden. Allen Menschen gilt die Liebe Gottes gleichermaßen ohne Vorbedingung. Das soll in unseren Gemeinden und Gemeinschaften erfahrbar sein. Homosexuelle erleben das oft anders; hier haben wir eine große Aufgabe.

Wir nehmen jedoch eine Spannung wahr zwischen dem biblischen Befund und dem Leben in einer homosexuellen Beziehung. Auch auf der Basis verschiedener Bibelverständnisse lassen sich biblische Aussagen über den Willen Gottes und eine homosexuelle Praxis nicht in Einklang bringen. Leitend sind für uns darin nicht nur die verschiedenen Stellen im Alten und Neuen Testament, in denen Homosexualität explizit angesprochen und durchgängig negativ bewertet wird. Für entscheidend halten wir vielmehr auch die aufgezeigte schöpfungstheologische Grundlinie, die sich durch die Bibel zieht.

 

Die Kirche hat auch eine ethische Identität

 

Diese Haltung prägt die christliche Gemeinde von Beginn an. Von Anfang an hat die Kirche auch eine ethische Identität. Insbesondere die ersten Christen waren an ihrer alternativen Lebensweise erkennbar. Bis heute können wir feststellen: Weil Gott die Ehe von Mann und Frau in besonderer Weise segnet, segnet auch unsere Kirche Ehepaare. Das unterscheidet die Ehe seit jeher von anderen Lebensformen: Weder Alleinlebende, Verwitwete, füreinander sorgende Geschwister, die pflegende Tochter und ihr pflegebedürftiger Vater oder eine polyamore Lebensgemeinschaft erfahren eine der Trauung vergleichbare kirchliche Segenshandlung. Das gilt zunächst unabhängig von der ethischen Beurteilung der jeweiligen Lebensform. Der Trausegen ist ein einzigartiger Segen für die eheliche Gemeinschaft von Mann und Frau. Er kann darum nicht auf eine andere Lebensform übertragen werden. Unabhängig davon gilt allen Menschen der persönliche Segen Gottes, wie er am Ende des Gottesdienstes zugesprochen wird.

Übrigens hat Michael Diener neben seinen umstrittenen Äußerungen auch in der „Welt“ klar formuliert: „Ich vermag aus der Heiligen Schrift nicht herauszulesen, dass es einen Auftrag an die Kirche zur Segnung homosexueller Beziehungen und deren Gleichstellung mit der Ehe von Mann und Frau gäbe.“ Diese Position bringen wir nach wie vor auch in unsere Kirchen ein.

 

Pfarrdienst und Mitarbeit in unserem Verband

 

Das Wort Gottes eröffnet einen Raum der Freiheit für Christen und ihre Gemeinden (vgl. Gal 5,1). Diese durch Christus geschenkte Freiheit bedeutet jedoch keine Orientierungslosigkeit. Gesetze und Ordnungen der Kirche orientieren sich auch in dieser Frage an Schrift und Bekenntnis. Darum hat sich die Württembergische Synode gegen die Segnung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften und grundsätzlich gegen gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften im Pfarrhaus entschieden.

Wir sind dankbar für die Position unserer Landeskirche und unterstützen sie ausdrücklich. Denn insbesondere im Blick auf den Pfarrdienst ist damit dem Umstand Rechnung getragen, dass Leben und Lehre zueinander gehören und einander entsprechen sollen. Das gilt auch für den geistlichen Dienst und die leitende Mitarbeit in den Gemeinschaften und Gemeinden, Werken und Initiativen unseres Verbandes: Weil die Art und Weise, wie wir leben, immer auch „mit spricht“ und „mit redet“ können Menschen, die in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft leben, keinen geistlichen Dienst oder eine leitende Mitarbeit in unserem Verband übernehmen. Dabei wissen wir, dass auch verantwortliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in gleicher Weise Fehler machen und auf Vergebung angewiesen sind, wie alle anderen Christen auch. Weil aber Leben und Lehre zusammen gehören, soll die Lebensform von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dem entsprechen, was wir in der Verkündigung weiter geben.

 

Freiheit und Verantwortung

 

Als Christen sind wir in eine große Gemeinschaft der Glaubenden gestellt. Wir halten miteinander aus, dass wir in diesen wie in vielen anderen Fragen verschiedene Einsichten haben. Wir leben miteinander von der Vergebung unseres Herrn. Und wir wissen, dass wir nicht „unter dem Gesetz“ leben, wie es Paulus mehrfach formuliert, sondern durch Jesus Christus in Freiheit. In dieser Freiheit fragen wir nach Gottes Willen. „Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten“, sagt Jesus. So wollen wir leben: in der Liebe zu Jesus und untereinander. In einer Liebe, die sich von anderen ermahnen lässt und auch Spannungen aushält. In einer Liebe, die sich Menschen vorbehaltlos zuwendet. Die Art und Weise, wie Jesus Menschen begegnete, die von anderen zu Recht angeklagt und beschuldigt wurden, leitet uns dabei (vgl. etwa Joh 4 oder 8). Wir brauchen den klaren Standpunkt der Gebote Gottes und das weite Herz seiner Liebe. So wollen wir für die biblische Wahrheit eintreten und unseren Mitmenschen in Liebe begegnen. Und das alles in dem Wissen, dass wir uns vor Gott verantworten und alle einmal „vor dem Richterstuhl Christi offenbar werden“ müssen.

Seien Sie herzlich gegrüßt

Ihr

Steffen Kern


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